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2023-03-06 15:36:57 +01:00
BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 118/16
Verkündet am:
22. März 2018
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
BGHZ:
BGHR:
ja
nein
ja
Hohlfasermembranspinnanlage II
UWG § 3 Abs. 1, §§ 3a, 17 Abs. 2 Nr. 2; ZPO § 253 Abs. 2 Nr. 2
a)
Ein auf Unterlassung des Herstellens, Anbietens und Inverkehrbringens einer technischen Anlage
gerichteter Klageantrag, der auf das Verbot der unbefugten Verwertung von Betriebsgeheimnissen
gemäß § 17 Abs. 2 Nr. 2 UWG gestützt ist, ist hinreichend bestimmt, wenn sich das vom Kläger
begehrte Verbot gegen eine konkrete Verletzungsform richtet, auch wenn er keine verbale Beschreibung der Umstände enthält, aus denen der Kläger eine Rechtsverletzung herleitet.
b)
Die konkreten Maße und Anordnungen von Düsenkörper und Düsenblöcken einer Hohlfasermembranspinnanlage, die in Konstruktionsplänen und im Endprodukt selbst verkörpert sind, kommen
als Betriebsgeheimnis im Sinne von § 17 UWG in Betracht.
c)
Für den Schutz als Betriebsgeheimnis kommt es darauf an, ob die maßgebliche Tatsache, mag sie
auch zum Stand der Technik gehören, nur mit einem großen Zeit- oder Kostenaufwand ausfindig,
zugänglich und dem Unternehmer damit nutzbar gemacht werden kann. Danach können Konstruktionspläne, in denen Maße und Anordnungen technischer Bauteile einer Maschine verkörpert sind
und deren Erstellung einen erheblichen Aufwand erfordert, als Betriebsgeheimnis geschützt sein.
d)
Liegen einem ausgeschiedenen Mitarbeiter während der Beschäftigungszeit angefertigte schriftliche Unterlagen - beispielsweise in Form privater Aufzeichnungen oder in Form einer auf dem privaten Computer abgespeicherten Datei - vor und entnimmt er ihnen ein Betriebsgeheimnis seines
früheren Arbeitgebers, verschafft er sich damit dieses Geheimnis auch dann unbefugt im Sinne von
§ 17 Abs. 2 Nr. 2 UWG, wenn er aufgrund seiner Ausbildung und Erfahrung in der Lage ist, das als
Verletzung des Betriebsgeheimnisses beanstandete Verhalten ohne Nutzung dieser Unterlagen
vorzunehmen.
BGH, Urteil vom 22. März 2018 - I ZR 118/16 - OLG Koblenz
LG Koblenz
ECLI:DE:BGH:2018:220318UIZR118.16.0
-2-
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 22. März 2018 durch die Richter Prof. Dr. Koch, Dr. Löffler, die Richterin
Dr. Schwonke, den Richter Feddersen und die Richterin Dr. Schmaltz
für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 9. Zivilsenats des
Oberlandesgerichts Koblenz vom 4. Mai 2016 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch
über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
1
Die Klägerin ist Teil des F.
-Medical-Care-Konzerns. Sie vertreibt
im Rahmen des Konzerns in Deutschland Dialysefilter, die als Einmalartikel bei
der Hämodialysebehandlung von nierenkranken Patienten eingesetzt werden,
um Schadstoffe aus dem Blut zu entfernen. Die Hohlfasern, die in diesen Dialysefiltern verwendet werden, werden auf speziellen Spinnanlagen aus einer flüssigen Polymerlösung im Endlosverfahren hergestellt und zu Filtern verarbeitet.
Diese Spinnanlagen werden von der Klägerin seit 1981 stetig fortentwickelt und
in ihrem Auftrag hergestellt. Die Produktion der Fasern in den Spinnanlagen
erfolgt mithilfe von Düsenblöcken, auf die Düsen (Düsenkörper) verbaut sind.
Etwa im Jahr 1990 nahm die Klägerin die Spinnanalage "HEIDI II" mit Düsenblöcken mit jeweils 32 Düsen und einer Kapazität von 1024 Fäden ("Ends") in
Betrieb. Die Düsenblöcke bestehen aus drei Platten, nämlich Ober-, Mittel- und
-3-
Unterplatte, auf denen 32 Düsen bzw. Düsenkörper angebracht sind. Die Faserspinnanlagen verkauft die Klägerin nicht an außerhalb des Konzernverbunds
stehende Dritte. Im Jahr 1999 errichtete die Klägerin nach etwa zwei Jahre andauernden Vorarbeiten die weiter entwickelte Faserspinnanlage "HEIDI I" mit
einem Düsenblock mit 48 Düsen und einer Kapazität von 1536 Fäden.
2
Die Beklagte zu 1 stellt her und vertreibt Faserspinnanlangen zur Produktion synthetischer Hohlfasern für Dialysefilter. Der Beklagte zu 2 ist Chemiker, der über die Herstellung von Kohlenstoff-, Hohl- und PAN-Fasern promoviert hat. Er war in der Zeit von 1982 bis 1989 bei einem Wettbewerber der Klägerin mit der Herstellung von Lösungsspinnanlagen für Membranhohlfäden befasst. Von November 1990 bis Juni 1993 war er bei der Rechtsvorgängerin der
Klägerin als Produktionsleiter für den Bereich "Membranherstellung" beschäftigt
und mit der Herstellung von Düsen betraut. In diesem Zusammenhang hatte er
Zugang zu technischen Zeichnungen und Datensätzen der Rechtsvorgängerin
der Klägerin. In seinem Arbeitsvertrag war er zur Geheimhaltung verpflichtet.
3
Die Anstellung des Beklagten zu 2 wurde durch einen Auflösungsvertrag
nach Ablauf einer Freistellungsperiode zum Sommer 1993 beendet. Der Auflösungsvertrag enthielt eine Stillschweigensverpflichtung über alle Geschäfts- und
Betriebsgeheimnisse, die dem Beklagten zu 2 während des Arbeitsverhältnisses bekannt geworden sind. Seit Juli 1993 ist der Beklagte zu 2 für die Beklagte
zu 1 tätig, mittlerweile als deren Geschäftsführer. 1996 bot die Beklagte zu 1
erstmals eine Faserspinnanlage mit 128 Düsen an. Mit Angebot vom 29. September 2004 (Anlage K 1) bot die Beklagte zu 1 erstmals eine Hohlfasermembranspinnanlage mit 1536 Fäden auf dem Markt an.
4
Die Klägerin macht geltend, die Beklagten hätten Hohlfaserspinnanlagen
mit 1024 und 1536 Fäden unter Verwendung von Konstruktionszeichnungen,
Plänen und anderen Informationen der Klägerin unzulässig nachgebaut. Sie
-4-
sieht darin eine rechtswidrige Verwertung von Betriebsgeheimnissen sowie
einen Verstoß gegen die vertragliche Geheimhaltungsvereinbarung.
5
Das Landgericht hat den Beklagten, soweit für das Revisionsverfahren
von Bedeutung, unter Androhung von Ordnungsmitteln verboten,
Faserspinnanlagen des Typs "Hollow Fiber Membrane Spinning System 1536
Ends" bestehend aus den Komponenten, die sich aus der Anlage A [= Anlage K 1] ergeben, sowie des Typs "1024 Ends" herzustellen, anzubieten
und/oder in den Verkehr zu bringen.
6
Das Landgericht hat die Beklagten außerdem zur Auskunftserteilung
verurteilt und die Verpflichtung zum Schadensersatz festgestellt. Die Beklagten
haben gegen die Verurteilung Berufung eingelegt. Die Klägerin hat im Berufungsverfahren zuletzt beantragt,
die Berufung zurückzuweisen,
hilfsweise,
das angegriffene Urteil mit der Maßgabe aufrecht zu erhalten, dass den Beklagten unter Androhung von Ordnungsmitteln untersagt wird, Faserspinnanlagen
der Typen "Hollow Fiber Membrane Spinning System 1536 Ends" sowie des
Typs "1024 Ends" bestehend aus den Komponenten, die sich aus der Anlage A
ergeben, herzustellen, anzubieten oder in den Verkehr zu bringen, wenn diese
über Spinndüsen nach Maßgabe einer der folgenden Konstruktionszeichnungen
verfügen: [es folgen Abbildungen]
sowie
unter Aufhebung der angefochtenen Entscheidung den Beklagten zu verbieten,
Faserspinnanlagen des Typs "Hollow Fiber Membrane Spinning System 1536
Ends" bestehend aus den Komponenten, die sich aus der Anlage A des Klageantrags ergeben, sowie des Typs "1024 Ends" herzustellen, anzubieten oder in
den Verkehr zu bringen, wenn diese über Düsenblöcke mit 32 oder
48 Spinndüsen verfügen, die einer oder mehrerer der folgenden Abbildungen
entsprechen: [es folgen Abbildungen]
7
Das Berufungsgericht hat das landgerichtliche Urteil teilweise abgeändert und die Klage abgewiesen. Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision
verfolgt die Klägerin ihre in der Berufungsinstanz gestellten Klageanträge weiter. Die Beklagten beantragen, das Rechtsmittel der Klägerin zurückzuweisen.
-5-
Entscheidungsgründe:
8
A. Das Berufungsgericht hat die Klageanträge, einschließlich der Hilfsanträge, als unbegründet angesehen. Die Klägerin habe weder ein Betriebsgeheimnis noch eine Verletzungshandlung im Sinne von § 17 UWG hinreichend
konkret vorgetragen. Dazu hat es ausgeführt:
9
Die Verletzung eines Betriebsgeheimnisses gemäß § 17 UWG liege nicht
vor. Tatsachen, für welche Geheimnisschutz beansprucht werde, seien von der
Klägerin konkret zu bezeichnen. Vorliegend gehe es um eine 30 m lange Anlage, die aus einer Vielzahl technischer Bauteile und Anordnungen mit unterschiedlichen Funktionen im Rahmen des Produktionsprozesses bestehe. Es sei
von der darlegungs- und beweisbelasteten Klägerin nicht konkret dargetan,
welcher Teil oder welches Element ihrer Anlagen des Typs "1024 und 1536
Ends" ein Betriebsgeheimnis darstelle. Die Klägerin habe auch nicht ausgeführt, welcher Konstruktionsplan der Spinnanlagen, gegebenenfalls in welchem
einzelnen Teil oder Bereich, ein Betriebsgeheimnis enthalte.
10
Die Klägerin habe ferner nicht hinreichend dargetan, dass der Beklagte
zu 2 von der Klägerin erlangte Kenntnisse unbefugt verwertet habe. Allein der
Umstand, dass die Anlagen der Parteien Übereinstimmungen aufwiesen, lasse
einen solchen Schluss nicht zu. Ein Schutz vor Geheimnisübernahme bestehe
nicht, solange die Übernahme auf redlich erworbenem Erfahrungswissen beruhe und Übereinstimmungen der Anlagen das Ergebnis zulässiger Entwicklungsarbeit sein könnten.
11
Die Klägerin habe nicht dargelegt, dass das behauptete Betriebsgeheimnis interessierten Fachkreisen nicht bekannt sei und von ihnen nicht als technisch sinnvolle Lösung eines Problems angewendet werde. Sie habe das von
ihr ohnehin nicht konkret bezeichnete Betriebsgeheimnis auch nicht von einem
seitens des Beklagten zu 2 redlich erworbenen Erfahrungswissen abgegrenzt.
-6-
Den Beklagten sei es deshalb nicht möglich, der Behauptung einer unbefugten
Verwertung eines Betriebsgeheimnisses rechtswirksam entgegenzutreten.
12
Der Klägerin stünden auch keine vertraglichen Ansprüche zu. Da die
Klägerin kein Betriebsgeheimnis aufgezeigt habe, das über das offenkundige
Wissen eines Fachmanns hinausgehe, sei nicht erwiesen, dass der Beklagte
zu 2 eine vertragliche Pflicht zur Geheimhaltung von Betriebsgeheimnissen verletzt habe.
13
Die im Berufungsverfahren geltend gemachten Hilfsanträge der Klägerin
seien zwar zulässig, aber ebenfalls unbegründet. Die Bezugnahme auf die
Konstruktionszeichnungen der Spinndüse und des Düsenkörpers entsprächen
nicht den Anforderungen an die Darstellung eines konkreten Betriebsgeheimnisses, da die Klägerin nicht dargelegt habe, welches Element der in den Konstruktionszeichnungen enthaltenen Teile der Spinndüse bzw. des Düsenkörpers
ein Betriebsgeheimnis darstelle.
B. Die gegen diese Beurteilung gerichtete Revision der Klägerin hat Er-
14
folg. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung
der Sache an das Berufungsgericht. Die Annahme des Berufungsgerichts, die
Klägerin habe weder ein Betriebsgeheimnis noch eine unbefugte Verwertung im
Sinne von § 17 Abs. 2 UWG hinreichend konkret vorgetragen, hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
15
I. Der Unterlassungshauptantrag der Klägerin ist hinreichend bestimmt.
16
1. Nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO darf ein Verbotsantrag nicht derart undeutlich gefasst sein, dass Gegenstand und Umfang der Entscheidungsbefugnis des Gerichts (§ 308 Abs. 1 ZPO) nicht erkennbar abgegrenzt sind, sich der
Beklagte deshalb nicht erschöpfend verteidigen kann und letztlich die Entschei-
-7-
dung darüber, was dem Beklagten verboten ist, dem Vollstreckungsgericht
überlassen bliebe (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 2. März 2017 - I ZR 194/15,
GRUR 2017, 537 Rn. 12 = WRP 2017, 542 - Konsumgetreide; Urteil vom
5. Oktober 2017 - I ZR 184/16, GRUR 2018, 203 Rn. 10 = WRP 2018, 190
- Betriebspsychologe). Eine hinreichende Bestimmtheit ist für gewöhnlich gegeben, wenn eine Bezugnahme auf die konkrete Verletzungshandlung oder die
konkret angegriffene Verletzungsform antragsgegenständlich ist (vgl. nur BGH,
Urteil vom 4. September 2003 - I ZR 23/01, BGHZ 156, 126, 131 [juris Rn. 19]
- Farbmarkenverletzung I; Urteil vom 16. Juli 2009 - I ZR 56/07, GRUR 2009,
1075 Rn. 10 = WRP 2009, 1377 - Betriebsbeobachtung; Urteil vom 6. Oktober
2011 - I ZR 54/10, GRUR 2012, 405 Rn. 11 = WRP 2012, 461 - Kreditkontrolle;
Urteil vom 17. Juli 2013 - I ZR 21/12, GRUR 2013, 1052 Rn. 12 = WRP 2013,
1339 - Einkaufswagen III) und der Klageantrag zumindest unter Heranziehung
des Klagevortrags unzweideutig erkennen lässt, in welchen Merkmalen des angegriffenen Erzeugnisses die Grundlage und der Anknüpfungspunkt des Wettbewerbsverstoßes und damit des Unterlassungsgebots liegen soll (BGH, Urteil
vom 12. Juli 2001 - I ZR 40/99, GRUR 2002, 86, 88 [juris Rn. 54] = WRP 2001,
1294 - Laubhefter; BGH, GRUR 2013, 1052 Rn. 12 - Einkaufswagen III).
17
2. Nach diesen Grundsätzen ist der Unterlassungsantrag hinreichend
bestimmt gefasst.
18
a) Das von der Klägerin mit dem Hauptantrag zu I begehrte Verbot bezieht sich auf Faserspinnanlagen der Beklagten zu 1 gemäß der Angebotsbeschreibung nach Anlage A mit 1536 Fäden und damit auf eine konkrete Verletzungsform. Der Klagevortrag lässt unzweideutig erkennen, in welchen Merkmalen des angegriffenen Erzeugnisses die Grundlage und der Anknüpfungspunkt
des Wettbewerbsverstoßes und damit des Unterlassungsgebots liegen soll (dazu unter B II 1 c).
-8-
19
b) Der Klageantrag ist nicht deshalb unbestimmt, weil er keine verbale
Beschreibung der Umstände enthält, aus denen der Kläger eine Rechtsverletzung herleitet (vgl. BGH, Urteil vom 13. Dezember 2007 - I ZR 71/05, GRUR
2008, 727 Rn. 9 = WRP 2008, 1085 - Schweißmodulgenerator; BGH, GRUR
2013, 1052 Rn. 12 - Einkaufswagen III). Eine solche Beschreibung ist nicht erforderlich, wenn sich - wie im Streitfall - das vom Kläger begehrte Verbot gegen
eine konkrete Verletzungsform richtet (BGH, Urteil vom 1. Juli 1960
- I ZR 72/59, GRUR 1961, 40, 42 = WRP 1960, 241 - Wurftaubenpresse; BGH,
GRUR 2008, 727 Rn. 9 f. - Schweißmodulgenerator; BGH, Urteil vom 24. Januar 2013 - I ZR 136/11, GRUR 2013, 951 Rn. 11 = WRP 2013, 1188 - Regalsystem). Insoweit ist zu berücksichtigen, dass der Bestimmtheitsgrundsatz nicht
dazu führen darf, dass der Kläger unter Hintanstellung seiner berechtigten Geheimhaltungsinteressen gezwungen ist, im Klageantrag Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse zu offenbaren (vgl. zum Spannungsverhältnis von Bestimmtheitsgrundsatz und Geheimnisschutz Köhler in Köhler/Bornkamm/Feddersen,
UWG, 36. Aufl., § 17 Rn. 64; Harte-Bavendamm in Harte/Henning, UWG,
4. Aufl., § 17 Rn. 60; Ohly in Ohly/Sosnitza, UWG, 7. Aufl., § 17 UWG Rn. 53).
c) Im Streitfall ist nicht ersichtlich, dass die Beklagten im Unklaren dar-
20
über gelassen werden, welche konkrete Ausführungsform den Gegenstand des
begehrten Verbots bildet. Die Konfiguration der im Unterlassungsantrag beschriebenen Spinnanlage der Beklagten zu 1 ist zwischen den Parteien nicht
streitig. Insbesondere haben die Beklagten nicht behauptet, dass die Beklagte
zu 1 Spinnanlagen gemäß dem in der Antragsanlage A niedergelegten Angebots nicht oder allein mit für den Streitfall bedeutsamen unterschiedlichen technischen Spezifikationen herstelle oder hergestellt habe.
21
d) Der Antrag erfasst die konkrete Verletzungsform auch, soweit er sich
auf eine Faserspinnanlage mit 1024 Fäden bezieht. Zwar bezieht sich die im
Antrag in Bezug genommene Anlage A ausdrücklich nur auf eine Anlage mit
-9-
"1536 Ends". Nach dem Klagevorbringen ist die Spinnanlage mit 1536 Fäden
aber lediglich eine einfache Vergrößerung der Anlage mit 1024 Fäden; die Spezifikationen sind für beide Spinnanlagen bis auf die Anzahl der Fäden identisch.
Abweichendes hat das Berufungsgericht nicht festgestellt und wird auch von
der Revisionserwiderung nicht geltend gemacht.
22
3. Die Klägerin hat auch den Klagegrund bestimmt bezeichnet.
23
a) Die Klägerin hat ihre Klageanträge sowohl auf deliktische Ansprüche
wegen Verletzung von Geschäfts- oder Betriebsgeheimnissen gemäß § 17
UWG als auch auf vertragliche Ansprüche wegen Verletzung einer Geheimhaltungsabrede gestützt. Dabei handelt es sich um unterschiedliche Klagegründe
und damit um verschiedene Streitgegenstände (vgl. BGH, GRUR 2013, 397
Rn. 14 - Peek & Cloppenburg III; Büscher in Fezer/Büscher/Obergfell, UWG,
3. Aufl., § 12 Rn. 277; Köhler in Köhler/Bornkamm/Feddersen aaO § 12
Rn. 2.23l). Gemäß § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO muss die Klageschrift die bestimmte
Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruchs enthalten. Die Klägerin hat daher klarzustellen, in welcher Reihenfolge sie die Streitgegenstände geltend macht (vgl. BGH, Beschluss vom 24. März 2011
- I ZR 108/09, BGHZ 189, 56 Rn. 8 - TÜV I; Urteil vom 23. September 2015
- I ZR 78/14, GRUR 2015, 1201 Rn. 38 = WRP 2015, 1487 - Sparkassen-Rot/
Santander-Rot; Urteil vom 2. Juni 2016 - I ZR 75/15, GRUR 2017, 75 Rn. 11 =
WRP 2017, 74 - Wunderbaum II). Diese Klarstellung kann noch in der Revisionsinstanz erfolgen (BGH, Urteil vom 12. Januar 2017 - I ZR 253/14, GRUR
2017, 397 Rn. 28 = WRP 2017, 434 - World of Warcraft II).
b) Diese Voraussetzungen liegen vor. Die Klägerin hat in der Revisions-
24
verhandlung klargestellt, dass sie ihre Klageanträge in erster Linie auf § 17
Abs. 2 UWG stützt, in zweiter Linie auf allgemeines Deliktsrecht und weiter
hilfsweise auf die vertragliche Geheimhaltungsverpflichtung.
- 10 -
II. Der mit dem Hauptantrag geltend gemachte Unterlassungsanspruch
25
wegen unbefugter Verwertung von Betriebsgeheimnissen gemäß § 3 Abs. 1,
§ 4 Nr. 11, § 8 Abs. 1 UWG aF bzw. § 3 Abs. 1, §§ 3a, 8 Abs. 1 UWG, jeweils in
Verbindung mit § 17 Abs. 2 Nr. 2 UWG kann nicht mit der vom Berufungsgericht
gegebenen Begründung verneint werden. Das Berufungsgericht hat zum einen
zu hohe Anforderungen an die Darlegung eines Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisses gemäß § 17 UWG gestellt (dazu unter B II 1). Die Beurteilung des
Berufungsgerichts im Hinblick auf die gemäß § 17 Abs. 2 Nr. 2 UWG maßgebliche Verletzungshandlung hält der rechtlichen Nachprüfung ebenfalls nicht stand
(dazu unter B II 2). Damit fehlt auch der Verneinung vertraglicher Ansprüche
durch das Berufungsgericht eine tragfähige Grundlage (dazu unter B II 3).
26
1. Die Annahme des Berufungsgerichts, die Klägerin habe bereits kein
Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis dargelegt, welches die Beklagten verletzt
haben könnten, ist nicht frei von Rechtsfehlern.
27
a) Nach § 17 Abs. 2 Nr. 2 UWG ist es untersagt, ein Geschäfts- oder Betriebsgeheimnis unbefugt zu verwerten oder jemandem mitzuteilen, das durch
eine Mitteilung nach § 17 Abs. 1 UWG erlangt wurde oder durch eine eigene
oder fremde Handlung nach § 17 Abs. 2 Nr. 1 UWG sich unbefugt verschafft
oder gesichert worden ist, wenn zu Zwecken des Wettbewerbs, aus Eigennutz,
zugunsten eines Dritten oder in der Absicht gehandelt wird, dem Inhaber des
Unternehmens Schaden zuzufügen. Bei diesem Tatbestand handelt es sich,
soweit ein Handeln im geschäftlichen Verkehr betroffen ist, um eine Marktverhaltensregelung im Sinne von § 4 Nr. 11 UWG aF und § 3a UWG nF (vgl. BGH,
Urteil vom 27. April 2006 - I ZR 126/03, GRUR 2006, 1044 Rn. 17 = WRP 2006,
1511 - Kundendatenprogramm; Urteil vom 26. Februar 2009 - I ZR 28/06,
GRUR 2009, 603 Rn. 22 = WRP 2009, 613 - Versicherungsuntervertreter; Urteil
vom 23. Februar 2012 - I ZR 136/10, GRUR 2012, 1048 Rn. 22 = WRP 2012,
- 11 -
1230 - MOVICOL-Zulassungsantrag; Köhler in Köhler/Bornkamm/Feddersen
aaO § 17 Rn. 52; Harte-Bavendamm in Harte/Henning aaO § 17 Rn. 43).
28
Ein Geschäfts- oder Betriebsgeheimnis im Sinne von § 17 UWG ist jede
im Zusammenhang mit einem Geschäftsbetrieb stehende Tatsache, die nicht
offenkundig, sondern nur einem begrenzten Personenkreis bekannt ist und
nach dem bekundeten, auf wirtschaftlichen Interessen beruhenden Willen des
Betriebsinhabers geheimgehalten werden soll (vgl. BGH, GRUR 2006, 1044
Rn. 19 - Kundendatenprogramm; GRUR 2009, 603 Rn. 13 - Versicherungsuntervertreter, jeweils mwN). Betriebsgeheimnisse technischer Natur sind insbesondere Konstruktionen, Konstruktionszeichnungen, Rezepte, Herstellungsverfahren, technische Zusammensetzungen sowie die Funktionsweise einer Anlage (vgl. BGH, Urteil vom 10. Juli 1963 - Ib ZR 21/62, GRUR 1964, 31, 32 [juris
Rn. 16] = WRP 1963, 333 - Petromax II; Urteil vom 19. November 1982
- I ZR 99/80, GRUR 1983, 179, 180 [juris Rn. 11] = NJW 1984, 239 - StapelAutomat; Urteil vom 7. November 2002 - I ZR 64/00, GRUR 2003, 356, 358 [juris Rn. 38] = WRP 2003, 500 - Präzisionsmessgeräte; Köhler in Köhler/Bornkamm/Feddersen aaO § 17 Rn. 12a mwN).
29
b) Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, dass die Klägerin ein
solches Geschäfts- oder Betriebsgeheimnis nicht ausreichend dargelegt habe.
Es hat angenommen, die darlegungs- und beweisbelastete Klägerin habe nicht
konkret dargetan, welcher Teil oder welches Element ihrer Spinnanlagen der
Typen "1024 und 1536 Ends" ein Betriebsgeheimnis darstelle. Die Klägerin habe auch nicht ausgeführt, welcher Konstruktionsplan der Spinnanlagen, gegebenenfalls in welchem einzelnen Teil oder Bereich, ein Betriebsgeheimnis enthalten solle. Die Beklagten wüssten nicht, welche Teile innerhalb der 30 m langen und aus 15 Baugruppen bestehenden Anlage geändert werden müssten,
um dem von der Klägerin beanspruchten Verbot zu entgehen.
- 12 -
Diese Beurteilung hält einer rechtlichen Überprüfung nicht stand. Entge30
gen der Ansicht des Berufungsgerichts hat die Klägerin konkret vorgetragen,
welche Teile ihrer Spinnanlagen sie als Betriebsgeheimnis ansieht.
31
aa) Das Landgericht hat auf der Grundlage der eingeholten Sachverständigengutachten angenommen, dass es sich bei der Spinnanlage der Klägerin, insbesondere bei den Maßen und Anordnungen der Düsenkörper und Düsenblöcke, um ein Betriebsgeheimnis handele. Die Düsenkörper und Düsenblöcke stellten zentrale Elemente für den technischen Betriebsablauf der Spinnanlage dar und seien für Außenstehende nicht offenkundig, sondern nur einem
begrenzten Personenkreis innerhalb des Betriebs der Klägerin bekannt. Die
Klägerin habe auch ein erhebliches wirtschaftliches Interesse an der Geheimhaltung dieser Umstände. Die Gestaltung der Düsenblöcke und Spinndüsen sei
sehr "know-how-intensiv". Die Anordnung und Gestaltung der Spinndüsen auf
den einzelnen Düsenblöcken stellten die Kerntechnologie der gesamten Anlage
dar. Auch der Düsenblock an sich gehöre zum "Key-Equipment".
32
Mit dieser Beurteilung hat das Landgericht Betriebsgeheimnisse festgestellt. Die konkreten Maße und Anordnungen der Düsenkörper und Düsenblöcke, die in Konstruktionsplänen und im Endprodukt selbst verkörpert sind,
kommen als Betriebsgeheimnis in Betracht (vgl. BGH, GRUR 2003, 356, 358
[juris Rn. 38] - Präzisionsmessgeräte).
33
bb) Das Landgericht hat seine Beurteilung auf der Grundlage des erstinstanzlichen Vortrags der Klägerin und den zu seinem Beweis eingeholten
Sachverständigengutachten getroffen. Die Klägerin hat sich zudem das Ergebnis der Sachverständigengutachten und in der Berufungsinstanz die für sie
günstigen Feststellungen des Landgerichts zu Eigen gemacht. Dadurch hat die
Klägerin konkrete Tatsachen dargetan, die nach ihrer Ansicht Betriebsgeheimnisse darstellen. Der auf das Verbot von konkreten Spinnanlagen gerichtete
- 13 -
Unterlassungsantrag ist begründet, wenn die beanstandeten Spinnanlagen Düsenkörper und Düsenblöcke mit den von der Klägerin vorgetragenen Maßen
und Anordnungen enthalten. Eine weitere Präzisierung im Klagevorbringen,
durch welche Einzelheiten das Betriebsgeheimnis verkörpert wird, hat entgegen
der Ansicht des Berufungsgerichts keine Bedeutung für die Begründetheit des
auf das Verbot der konkreten Verletzungsform gerichteten Antrags, sondern nur
für dessen Reichweite, namentlich die Frage, ob auch im Kern gleichartige Verletzungshandlungen vom Unterlassungsgebot erfasst werden (vgl. BGH, GRUR
2008, 727 Rn. 17 f. - Schweißmodulgenerator).
34
c) Das Berufungsgericht ist außerdem von einem unzutreffenden rechtlichen Maßstab für die Beurteilung ausgegangen, wann eine Tatsache nicht offenkundig ist und daher als Geschäfts- oder Betriebsgeheimnis in Frage kommt.
35
aa) Das Berufungsgericht hat angenommen, die Klägerin habe im Hinblick auf den Gesichtspunkt der fehlenden Offenkundigkeit nicht dargelegt, dass
das behauptete Betriebsgeheimnis interessierten Fachkreisen nicht bekannt sei
und von ihnen nicht als technisch sinnvolle Lösung eines Problems angewendet
werde. In diesem Zusammenhang sei zu berücksichtigen, dass Offenkundigkeit
auch durch Versendung von Angeboten, Werbung, Patentanmeldungen usw.
herbeigeführt werden könne. Die Klägerin habe das von ihr geltend gemachte
Betriebsgeheimnis auch nicht von einem durch den Beklagten zu 2 redlich erworbenen Erfahrungswissen abgegrenzt. Es sei den Beklagten deshalb nicht
möglich gewesen, der Behauptung einer unbefugten Verwertung eines Betriebsgeheimnisses wirksam entgegenzutreten. Die Beklagten seien nicht in der
Lage, ihre Behauptung zu belegen, dass ihre Spinnanlagen auf eigenem Erfahrungswissen beruhten, dem Stand der Technik entsprächen oder aber offenkundig seien.
36
bb) Diese Beurteilung ist nicht frei von Rechtsfehlern.
- 14 -
(1) Das Berufungsgericht ist von einem unzutreffenden Begriff der Offen37
38
kundigkeit ausgegangen.
Eine den Geheimnischarakter einer Tatsache ausschließende Offenkundigkeit liegt vor, wenn die Tatsache allgemein bekannt ist (BGH, GRUR 2008,
727 Rn. 19 - Schweißmodulgenerator; GRUR 2012, 1048 Rn. 31 - MOVICOLZulassungsantrag; Köhler in Köhler/Bornkamm/Feddersen aaO § 17 Rn. 7).
Dass die Tatsache einem begrenzten - wenn auch unter Umständen größeren Personenkreis zugänglich war, steht der Annahme eines Betriebsgeheimnisses
nicht entgegen (BGH, GRUR 2012, 1048 Rn. 31 - MOVICOL-Zulassungsantrag). Insbesondere wird der Geheimnischarakter im Allgemeinen nicht
dadurch aufgehoben, dass Vorgänge in einem Produktionsbetrieb den dort Beschäftigten bekannt werden (BGH, GRUR 2003, 356, 358 [juris Rn. 40] - Präzisionsmessgeräte).
39
Die vom Berufungsgericht als maßgeblich erachtete Zuordnung einer
Tatsache zum Stand der Technik ist für die Frage einer den Geheimnischarakter ausschließenden allgemeinen Bekanntheit dagegen ohne Bedeutung. Auch
wenn der allgemeine Stand der Technik regelmäßig durch Veröffentlichung bekannt ist, kann eine Offenkundigkeit von den zugrunde liegenden Fertigungsmethoden nicht ohne weiteres angenommen werden (BGH, GRUR 2003, 356,
358 [juris Rn. 39] - Präzisionsmessgeräte). Für den Schutz als Betriebsgeheimnis kommt es vielmehr darauf an, ob die maßgebliche Tatsache, mag sie auch
zum Stand der Technik gehören, nur mit einem großen Zeit- oder Kostenaufwand ausfindig, zugänglich und dem Unternehmer damit nutzbar gemacht werden kann (vgl. BGH, GRUR 2008, 727 Rn. 19 - Schweißmodulgenerator; GRUR
2012, 1048 Rn. 21 - MOVICOL-Zulassungsantrag). Insbesondere die auch im
Streitfall in Rede stehende Nutzung von Konstruktionsplänen, in denen Maße
und Anordnungen technischer Bauteile einer Maschine verkörpert sind, wird
regelmäßig in erheblichem Umfang eigene Konstruktionsarbeit ersparen (vgl.
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BGH, GRUR 1964, 31, 33 [juris Rn. 26] - Petromax II; GRUR 2003, 356, 358
[juris Rn. 38] - Präzisionsmessgeräte). Deshalb können solche Konstruktionspläne als Betriebsgeheimnis geschützt sein.
40
Das Berufungsgericht hat zudem rechtsfehlerhaft angenommen, für die
Darlegung eines Betriebsgeheimnisses sei erforderlich, dass die Klägerin die
als geheim behaupteten Tatsachen von einem redlich erworbenen Erfahrungswissen des Beklagten zu 2 abgrenze und dazu Vortrag halte. Für die Prüfung
des Vorliegens eines Betriebsgeheimnisses ist es ohne Belang, ob ein Mitarbeiter die entsprechenden Umstände kennt. Der Geheimnischarakter einer Tatsache wird regelmäßig nicht dadurch aufgehoben, dass Vorgänge in einem Produktionsbetrieb den dort Beschäftigten bekannt werden (BGH, GRUR 2003,
356, 358 [juris Rn. 40] - Präzisionsmessgeräte). Ob ein (ehemaliger) Mitarbeiter
fachliches Erfahrungswissen hat, das ihn auch ohne Benutzung von während
seines Beschäftigungsverhältnisses erhaltenen oder selbst gefertigten Unterlagen in die Lage versetzt, das als Verletzung eines Betriebsgeheimnisses beanstandete Verhalten vorzunehmen, ist allenfalls für die Frage erheblich, welche
Verwertungshandlungen rechtlich zulässig sind (vgl. unter B II 2).
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(2) Das Berufungsgericht hat im Hinblick auf das Merkmal der Offenkundigkeit zudem entgegen § 286 Abs. 1 ZPO die Umstände des Streitfalls sowie
das Vorbringen der Parteien nicht hinreichend gewürdigt.
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Das Berufungsgericht hat festgestellt, dass die Spinnanlagen der Klägerin Eigenentwicklungen darstellen, die nicht verkauft werden; verkauft werden
lediglich die mit diesen Anlagen hergestellten Dialysefilter. Es hat ferner festgestellt, dass der Beklagte zu 2 im Anstellungsvertrag eine - auch nachvertragliche - allgemeine Geheimhaltungsvereinbarung mit der Klägerin eingegangen
war, die im Auflösungsvertrag ebenfalls zu finden war. Hinzu kommt, dass nach
den Feststellungen des Landgerichts, die es aufgrund der sich von der Klägerin
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zu Eigen gemachten Ausführungen der gerichtlichen Sachverständigen getroffen hat, die Maße und Anordnung der Düsenkörper und -blöcke sowie zahlreiche weitere übereinstimmende Umstände nicht allgemein bekannt, sondern nur
einem eng begrenzten Personenkreis innerhalb der Belegschaft der Klägerin
zugänglich waren. Nach den Ausführungen des Sachverständigen hätten sich
die vom Beklagten zu 2 erlangten Vorteile in der Entwicklungs- und Konstruktionszeit hinsichtlich des gesamten Spinnsystems auf etwa 1.000 Stunden belaufen. Abweichende Feststellungen hat das Berufungsgericht nicht getroffen. Soweit das Berufungsgericht auf eine mögliche Offenkundigkeit durch "Angebote,
Werbung oder Patentanmeldungen" abgestellt hat, rügt die Revision mit Erfolg,
dass es im Hinblick auf solche Umstände an entsprechenden Feststellungen
fehlt.
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2. Die Beurteilung des Berufungsgerichts im Hinblick auf die gemäß § 17
Abs. 2 Nr. 2 UWG maßgebliche Verletzungshandlung hält der rechtlichen Nachprüfung ebenfalls nicht stand.
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a) Das Berufungsgericht hat angenommen, allein der vom Landgericht
nach entsprechender Beweisaufnahme festgestellte Umstand, dass die Anlagen der Parteien Übereinstimmungen aufwiesen, lasse nicht den Schluss zu,
dass der Beklagte zu 2 von der Klägerin erlangte Kenntnisse unbefugt verwertet
habe. Die Feststellung konstruktiver Übereinstimmungen könne allenfalls ein
Indiz für eine unlautere Übernahme sein, wenn und soweit sich die Übereinstimmungen nicht durch Erfahrungswissen erklären ließen und nicht offenkundig seien. Es bestehe kein Schutz vor Geheimnisübernahme, solange die
Übernahme auf redlich erworbenem Erfahrungswissen beruhe und nicht feststehe, dass Übereinstimmungen der Anlagen das Ergebnis zulässiger Entwicklungsmaßnahmen sein könnten. Der Beklagte zu 2 habe sich über viele Jahre
mit Faserspinnanlagen und -technologie befasst. Nach den Ausführungen der
erstinstanzlich gehörten Sachverständigen sei der Beklagte zu 2 in der Lage,
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aufgrund seines Erfahrungswissens nicht nur eine Faserspinnanlage insgesamt, sondern auch selbständig, ohne Zuhilfenahme von Konstruktionszeichnungen, einen Düsenblock zu fertigen. Im Hinblick darauf, dass der Beklagte zu
2 im November 1992 bei der Klägerin ausgeschieden sei und ein erstes Angebot der Beklagten zu 1 für eine Faserspinnanlage mit 128 Düsen erst 1996 erfolgt sei, komme auch dem wettbewerbsrechtlichen Erhaltungsinteresse der
Beklagten, das heißt der Möglichkeit, eigenes Erfahrungswissen weiter zu benutzen und zu vertiefen, besondere Bedeutung zu.
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b) Diese Beurteilung ist nicht rechtsfehlerfrei.
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aa) Allerdings darf ein ausgeschiedener Mitarbeiter die während der Beschäftigungszeit erworbenen Kenntnisse auch später unbeschränkt verwenden,
wenn er - was das Berufungsgericht nicht festgestellt hat - keinem Wettbewerbsverbot unterliegt (vgl. BGH, GRUR 2002, 91, 92 [juris Rn. 47] - Spritzgießwerkzeuge; GRUR 2006, 1044 Rn. 13 - Kundendatenprogramm). Das Berufungsgericht hat jedoch nicht berücksichtigt, dass sich dies nur auf Informationen bezieht, die der frühere Mitarbeiter in seinem Gedächtnis bewahrt (BGH,
Urteil vom 14. Januar 1999 - I ZR 2/97, GRUR 1999, 934, 935 [juris Rn. 26] =
WRP 1999, 912 - Weinberater; BGH, GRUR 2006, 1044 Rn. 13 - Kundendatenprogramm; GRUR 2009, 603 Rn. 15 - Versicherungsuntervertreter). Die Berechtigung, erworbene Kenntnisse nach Beendigung des Dienstverhältnisses
auch zum Nachteil des früheren Dienstherrn einzusetzen, bezieht sich dagegen
nicht auf Informationen, die dem ausgeschiedenen Mitarbeiter nur deswegen
noch bekannt sind, weil er auf schriftliche Unterlagen zurückgreifen kann, die er
während der Beschäftigungszeit angefertigt hat (BGH, Urteil vom 19. Dezember
2002 - I ZR 119/00, GRUR 2003, 453, 454 [juris Rn. 26] = WRP 2003, 642
- Verwertung von Kundenlisten; BGH, GRUR 2006, 1044 Rn. 13 - Kundendatenprogramm; GRUR 2009, 603 Rn. 15 - Versicherungsuntervertreter). Ein
ausscheidender Mitarbeiter ist nicht berechtigt, sein erlangtes Wissen durch die
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Mitnahme oder Entwendung von Konstruktionsunterlagen aufzufrischen, zu sichern und als in diesen Unterlagen verkörpertes Know-how für eigene Zwecke
zu bewahren und weiterzuverwenden (vgl. BGH, GRUR 2003, 356, 358 [juris
Rn. 30] - Präzisionsmessgeräte; GRUR 2006, 1044 Rn. 14 - Kundendatenprogramm; GRUR 2009, 603 Rn. 15 - Versicherungsuntervertreter). Liegen dem
ausgeschiedenen Mitarbeiter derartige schriftliche Unterlagen - beispielsweise
in Form privater Aufzeichnungen oder in Form einer auf dem privaten Notebook
abgespeicherten Datei - vor und entnimmt er ihnen ein Geschäfts- oder Betriebsgeheimnis seines früheren Arbeitgebers, verschafft er sich damit dieses
Geheimnis unbefugt im Sinne von § 17 Abs. 2 Nr. 2 UWG (BGH, GRUR 2006,
1044 Rn. 14 - Kundendatenprogramm; GRUR 2009, 603 Rn. 15 - Versicherungsuntervertreter). Ein solcher Makel verliert nicht schon deshalb an wettbewerbsrechtlicher Bedeutung, weil der Beklagte in der Lage ist, solche Geräte
oder Geräteteile selbst zu entwickeln (vgl. BGH, GRUR 2003, 356, 358 [juris
Rn. 28] - Präzisionsmessgeräte).
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bb) Das Berufungsgericht hat ferner die vom Landgericht nach umfangreicher Beweisaufnahme getroffenen Feststellungen zu der Frage außer Acht
gelassen, ob der Beklagte zu 2 die streitgegenständlichen Düsenkörper und
Düsenblöcke aus dem Gedächtnis konstruieren konnte. Nach den Feststellungen des Landgerichts war der Beklagte zu 2 während seiner Arbeitstätigkeit für
die Klägerin als Produktionsleiter nur indirekt mit den Düsenblöcken der Spinnanlagen befasst gewesen. Das Landgericht hat angenommen, angesichts der
Vielzahl der Übereinstimmungen bei den streitgegenständlichen Spinnanlagen
und insbesondere den Layouts und Einzelmaßen der jeweiligen Düsenblöcke,
erscheine eine nachschaffende Übernahme ohne Verwendung von Konstruktionszeichnungen, Spezifikationen, Fotos oder Detailskizzen als ausgeschlossen.
Es bestehe keine realistische Möglichkeit, dass der Beklagte zu 2 nach dem
Ausscheiden aus dem Unternehmen der Klägerin in der Lage gewesen sei, die
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Detailmaße und Anordnungen der Spinnanlage aus dem Kopf nachzuarbeiten.
Insgesamt ließen sich die zahlreichen technologischen und geometrischen
Übereinstimmungen bezüglich der Hohlfasermembranspinnanlagen mit 1014
und mit 1536 Fäden, die in den detaillierten und gut nachvollziehbaren Darlegungen der gerichtlichen Sachverständigen im Einzelnen beschrieben worden
seien, sowie die Mitteilung des Beklagten zu 2, auf den Konstruktionszeichnungen seien die Fertigungstoleranzen seitens der Beklagten zu 1 vor Übergabe
der Pläne an die Sachverständigen bewusst entfernt worden, in der Gesamtschau nur den Schluss zu, dass die von der Beklagten zu 1 zum Zwecke der
Gewinnerzielung auf dem Markt angebotenen Anlagen unter Verwendung von
Plänen, Konstruktionszeichnungen oder anderen verkörperten Informationen
der Klägerin hergestellt worden seien.
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Abweichende eigene Feststellungen hat das Berufungsgericht nicht getroffen. Es ist vielmehr selbst im Einklang mit den Feststellungen des Landgerichts davon ausgegangen, dass der Beklagte zu 2 im Zusammenhang mit seiner Tätigkeit bei der Klägerin Zugang zu technischen Zeichnungen und Datensätzen hatte.
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3. Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass der Annahme des Berufungsgerichts, die Klägerin habe kein Betriebsgeheimnis dargelegt, so dass dahinstehen könne, ob die in Rede stehenden Anträge wegen einer Verletzung
von wirksam getroffenen vertraglichen Abreden über eine Geheimhaltung gerechtfertigt sein können, ebenfalls eine tragfähige Grundlage fehlt.
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III. Die Sache ist zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Der Senat ist an einer eigenen Sachentscheidung gehindert, weil das Berufungsgericht wesentliche zur Beurteilung des Klagebegehrens erforderliche tatrichterliche Feststellungen noch nicht getroffen
hat. Die Voraussetzungen des § 563 Abs. 3 ZPO, wonach das Revisionsgericht
in der Sache selbst zu entscheiden hat, wenn die Aufhebung des Urteils nur
wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte
Sachverhältnis erfolgt und nach Letzterem die Sache zur Endentscheidung reif
ist, liegen nicht vor, wenn das Sachverhältnis bisher nur vom erstinstanzlichen
Gericht festgestellt worden ist und das Berufungsgericht noch nicht gemäß
§ 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO geprüft hat, ob konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der
Richtigkeit der Feststellung des erstinstanzlichen Gerichts begründen (vgl.
BGH, Urteil vom 30. Oktober 2007 - X ZR 101/06, NJW 2008, 576 Rn. 27).
51
IV. Für das wiedereröffnete Berufungsverfahren weist der Senat auf Folgendes hin:
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1. Nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO besteht grundsätzlich eine Bindung des
Berufungsgerichts an die Tatsachenfeststellungen des Erstgerichts. Diese Regelung dient der Konzentration der Tatsachenfeststellung in der ersten Instanz
(BGHZ 162, 313, 315 [juris Rn.13]). Die in dieser Vorschrift geregelte Bindung
entfällt, sofern konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten. Konkrete
Anhaltspunkte können sich aus Fehlern ergeben, die dem Eingangsgericht bei
der Feststellung des Sachverhalts unterlaufen sind (vgl. BGHZ 159, 254, 258
[juris Rn. 15]; BGH, Beschluss vom 2. Juli 2013 - VI ZR 110/13, NJW 2014, 74
Rn. 7 mwN). Aber auch verfahrensfehlerfrei getroffene Tatsachenfeststellungen
sind für das Berufungsgericht nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO nicht bindend, wenn
konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Feststellungen unvollständig
oder unrichtig sind (BGHZ 162, 313, 317 [juris Rn. 6]). Sofern die Tatsachen-
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feststellungen auf der Grundlage eines Sachverständigengutachtens getroffen
wurden, kann auch die Unvollständigkeit des Gutachtens Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der Feststellungen wecken (Saenger/Wöstmann,
ZPO, 7. Aufl., § 529 Rn. 4).
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Wenn sich das Berufungsgericht im fortzusetzenden Berufungsverfahren
aufgrund konkreter Anhaltspunkte von der Richtigkeit der erstinstanzlichen Beweiswürdigung nicht zu überzeugen vermag, so ist es zu einer erneuten Tatsachenfeststellung nicht nur berechtigt, sondern verpflichtet (BGHZ 162, 313, 317
[juris Rn. 7]; BGH, Beschluss vom 24. März 2010 - VIII ZR 270/09, BauR 2010,
1095 Rn. 6). Beim Sachverständigenbeweis gilt im Grundsatz nichts anderes.
Auch dort bedarf es einer erneuten Anhörung des Sachverständigen durch das
Berufungsgericht, wenn es dessen Ausführungen abweichend von der Vorinstanz würdigen will und insbesondere ein anderes Verständnis der Ausführungen des Sachverständigen zugrunde legen und damit andere Schlüsse aus
diesen ziehen will als der Erstrichter (vgl. BGH, BauR 2010, 1095 Rn. 8 mwN).
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2. Das Berufungsgericht hat bislang keine Feststellungen dazu getroffen,
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ob die vom ersten Hilfsantrag erfassten Dimensionierungen der Spinndüse und
des Düsenkörpers oder die vom zweiten Hilfsantrag erfassten Maße und Ausgestaltung der Düsenblöcke Schutz als Betriebsgeheimnis der Klägerin beanspruchen können. Hierzu wird es die bereits vom Landgericht getroffenen Feststellungen zu bewerten oder eigene Feststellungen nachzuholen haben, sofern
es auf eine Entscheidung über die Hilfsanträge ankommt.
Koch
Löffler
Feddersen
Schwonke
Schmaltz
Vorinstanzen:
LG Koblenz, Entscheidung vom 30.10.2013 - 10 O 354/05 OLG Koblenz, Entscheidung vom 04.05.2016 - 9 U 1382/13 -