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BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
AnwZ (B) 8/03
vom
1. März 2004
in dem Verfahren
wegen Widerrufs der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft
-2-
Der Bundesgerichtshof, Senat für Anwaltssachen, hat durch den Präsidenten des
Bundesgerichtshofs
Prof. Dr. Hirsch,
die
Richter
Basdorf,
Dr. Ganter
und
Dr. Ernemann, den Rechtsanwalt Dr. Kieserling und die Rechtsanwältinnen
Dr. Hauger und Kappelhoff
nach mündlicher Verhandlung am 1. März 2004
beschlossen:
Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluß
des Anwaltsgerichtshofs Berlin vom 12. Dezember 2002 wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen und
der Antragsgegnerin die ihr im Beschwerdeverfahren entstandenen notwendigen außergerichtlichen Auslagen zu erstatten.
Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf
50.000 € festgesetzt.
Gründe:
I.
Der Antragsteller, dessen Aufenthaltsort unbekannt ist, ist seit 1978 zur
Rechtsanwaltschaft und als Rechtsanwalt bei dem Landgericht B.
zugelas-
sen. Mit Verfügung vom 13. März 2002 hat die Antragsgegnerin die Zulassung
des Rechtsanwalts wegen fehlender Unterhaltung einer Berufshaftpflichtversicherung gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 9 BRAO widerrufen und die sofortige Vollziehung der Verfügung angeordnet. Den Antrag auf gerichtliche Entscheidung hat
-3-
der Anwaltsgerichtshof mit am 12. Dezember 2002 verkündetem Beschluß zurückgewiesen. Ausweislich der Postzustellungsurkunde war unter der Anschrift
B.
, P.
Straße 35, die Übergabe des den Beschluß enthaltenden
Schriftstücks in der Wohnung/in dem Geschäftsraum nicht möglich; es wurde
deshalb am 1. Februar 2003 in den zur Wohnung gehörenden Briefkasten eingelegt. Hiergegen richtet sich die am 17. Februar 2003 beim Anwaltsgerichtshof
eingelegte sofortige Beschwerde des Antragstellers.
Vorsorglich beantragt dieser, ihm die Wiedereinsetzung in "das Verstreichen der mündlichen Verhandlung" zu gewähren.
II.
1. Die sofortige Beschwerde ist zulässig (§ 42 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 4
BRAO), sie ist insbesondere form- und fristgerecht eingelegt. Dabei kann dahinstehen, ob der Beschuß des Anwaltsgerichtshofs im Wege der Ersatzzustellung (nach § 40 Abs. 4 BRAO i.V.m. § 16 Abs. 2 FGG, § 180 Satz 1, 2. Alt. und
Satz 2 ZPO in der seit dem 1. Juli 2002 geltenden Fassung) durch Einlegen des
Briefes in den Briefkasten am 1. Februar 2003 wirksam zugestellt und damit die
Frist zur Einlegung der sofortigen Beschwerde in Lauf gesetzt worden ist.
a) Ist die Frist zur Einlegung der sofortigen Beschwerde am 1. Februar
2003 wirksam in Gang gesetzt worden, so hat der Antragsteller diese mit dem
am Montag, dem 17. Februar 2003, beim Anwaltsgerichtshof eingegangenen
Beschwerdeschriftsatz vom 15. Februar 2003 gewahrt. Gegebenenfalls ist die
zweiwöchige Frist nicht am 15. Februar 2003, einem Samstag, abgelaufen,
sondern am Montag, dem 17. Februar 2003 (§ 193 BGB).
-4-
b) Ist die Ersatzzustellung durch Einlegen des Schriftstückes in den
Briefkasten als unwirksam anzusehen, weil nicht feststeht, daß der Adressat
der zuzustellenden Sendung die Wohnung oder die Geschäftsräume, in denen
der Zustellungsversuch unternommen wurde, auch tatsächlich inne hatte (vgl.
BGH, Beschl. v. 12. Februar 2001 - AnwZ (B) 14/00, BGHR 2001, 481), ist der
Zustellungsmangel nach § 189 ZPO geheilt. Der angefochtene Beschluß ist
dem Antragsteller zugegangen. Er lag ihm bei Abfassung des Beschwerdeschriftsatzes vom 15. Februar 2003 vor, wie dessen Inhalt und die Anlage (die
Fotokopie des Briefumschlages) zeigen. Daß der Antragsteller von dem Inhalt
des zuzustellenden Schriftstückes tatsächlich Kenntnis genommen hat, verlangt
§ 189 ZPO nicht. Für den tatsächlichen Zugang reicht es aus, daß der Adressat
die Möglichkeit zur Kenntnisnahme hatte.
c) Da die Beschwerdefrist in jedem Fall gewahrt ist, geht der von dem
Antragsteller vorsorglich gestellte "Antrag auf Wiedereinsetzung in das Verstreichenlassen" der mündlichen Verhandlung vor dem Anwaltsgerichtshof ins Leere.
2. Das Rechtsmittel hat in der Sache jedoch keinen Erfolg.
a) Der Antragsteller macht geltend, er sei nicht ordnungsgemäß zur
mündlichen Verhandlung am 12. Dezember 2002 vor dem Anwaltsgerichtshof
geladen worden. Die Ladung sei an die Anschrift B.
, H.
straße 52, im
Wege der Ersatzzustellung durch Niederlegung (§ 181 ZPO) erfolgt. Unter dieser Anschrift, der Wohnung seiner am 24. Juli 2002 verstorbenen Mutter, sei er
letztmalig im Jahre 1987 polizeilich gemeldet gewesen; er habe sich dort nur
zeitweilig aufgehalten und sei abends regelmäßig weggegangen, um anderswo
zu nächtigen.
-5-
Wenn dem Antragsteller deshalb, wie er ersichtlich rügen will, im Verfahren vor dem Anwaltsgerichtshof nicht ausreichend rechtliches Gehör gewährt
worden ist, hat er sich dies selbst zuzuschreiben, weil er seinen tatsächlichen
Aufenthaltsort geflissentlich verschweigt. Im übrigen wäre ein etwaiger Verfahrensmangel dadurch geheilt, daß der Antragsteller vor dem - ebenfalls als Tatsacheninstanz beschließenden - Senat Gelegenheit zur Äußerung gehabt hätte,
wenn er erreichbar gewesen wäre und nicht durch öffentliche Zustellung zum
Termin hätte geladen werden müssen (vgl. BGH, Beschl. v. 22. April 2002
- AnwZ (B) 5/01, v. 24. Oktober 1994 - AnwZ (B) 30/94, BRAK-Mitt. 1995, 76 f.
und v. 18. Juni 2001 - AnwZ (B) 10/00, NJW-RR 2001, 1642, 1643).
b) Der Anwaltsgerichtshof ist zutreffend davon ausgegangen, daß die
Voraussetzungen für einen Widerruf der Zulassung
nach § 14 Abs. 2 Nr. 9
BRAO zum maßgeblichen Zeitpunkt der Widerrufsverfügung gegeben waren.
Der Versicherer hat den mit dem Antragsteller bestehenden Versicherungsvertrag durch Schreiben vom 21. Mai 2001 mit sofortiger Wirkung gekündigt. Dieses Kündigungsschreiben ist dem Antragsteller unter der Anschrift B.
, H.
straße 52, zugegangen. Das Vorbringen des Antragstellers gibt insofern zu
Zweifeln keinen Anlaß. Denn er räumt ein, sich dort zeitweilig bis zum Abend
aufgehalten zu haben. Er legt auch nicht dar, unter welcher anderen Adresse er
im Mai 2001 gewohnt haben will.
-6-
Daß der Widerrufsgrund der fehlenden Unterhaltung einer Berufshaftpflichtversicherung inzwischen weggefallen sei, hat der Antragsteller weder
dargetan noch ist es sonst ersichtlich.
Hirsch
Basdorf
Kieserling
Ganter
Hauger
Ernemann
Kappelhoff