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5 StR 354/05
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
vom 20. September 2005
in der Strafsache
gegen
wegen Steuerhinterziehung u. a.
-2-
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 20. September 2005
beschlossen:
Der Antrag des Angeklagten auf Wiedereinsetzung in den
vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung
der Revision gegen das Urteil des Landgerichts Bochum vom
26. Januar 2000 und die Revision gegen das genannte Urteil
werden verworfen.
Der Angeklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.
G r ü n d e
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Untreue in drei Fällen
und wegen Steuerhinterziehung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs
Jahren verurteilt. Der Antrag des Angeklagten auf Wiedereinsetzung in die
Revisionseinlegungsfrist und seine Revision bleiben ohne Erfolg.
1. Der Angeklagte ein promovierter Jurist und sein Verteidiger erklärten im Anschluss an die Verkündung des Urteils am 26. Januar 2000,
dass auf Rechtsmittelbelehrung und auf Einlegung eines Rechtsmittels verzichtet werde. Nachdem der Angeklagte nach eigenen Angaben am
18. Mai 2005 über den Beschluss des Großen Senats für Strafsachen des
Bundesgerichtshofs vom 3. März 2005 (NJW 2005, 1440) Kenntnis erlangt
hatte, beantragte er mit Schreiben vom 19. Mai 2005 durch seinen nunmehrigen Verteidiger
B
Wiedereinsetzung in den vorigen
Stand gegen die Versäumung der Revisionseinlegungsfrist und legte gleichzeitig Revision ein.
-3-
Den Wiedereinsetzungsantrag begründet er im Wesentlichen damit,
dass der Rechtsmittelverzicht Bestandteil einer verfahrensbeendenden Absprache gewesen sei, die auch beinhaltet habe, dass nur im Falle eines
Rechtsmittelverzichts Haftverschonung gewährt werden würde.
2. Der Wiedereinsetzungsantrag versagt.
a) Bereits die Tatsachen zur Begründung des Wiedereinsetzungsantrages sind nicht hinreichend glaubhaft gemacht (§ 45 Abs. 2 Satz 1 StPO).
Die Staatsanwaltschaft ist den Behauptungen des Angeklagten zum
Ablauf der Hauptverhandlung ausdrücklich entgegengetreten, insbesondere
hat sie in Abrede genommen, dass eine verfahrensbeendende Absprache
zwischen Gericht, Staatsanwaltschaft und Verteidigung stattgefunden hat;
das Gericht habe auch nicht auf einen Rechtsmittelverzicht hingewirkt. Weder aus dem Urteil noch aus dem Hauptverhandlungsprotokoll ergibt sich die
Richtigkeit des Vorbringens des Angeklagten. Der damalige Verteidiger
Rechtsanwalt
C
hat entgegen der Ankündigung des jetzi-
gen Verteidigers keine Stellungnahme zu den Vorgängen abgegeben. Die
Zweifel an der Richtigkeit der behaupteten Tatsachen gehen zu Lasten des
Antragstellers (vgl. BGHR StPO § 45 Abs. 2 Glaubhaftmachung 2 m.w.N.).
b) Der Wiedereinsetzungsantrag ist auch unbegründet.
Zwar hat der Große Senat für Strafsachen des Bundesgerichtshofs
durch Beschluss vom 3. März 2005 (NJW 2005, 1440) entschieden, dass das
Gericht das im Rahmen einer Urteilsabsprache auf einen Rechtsmittelverzicht nicht hinwirken darf nach jedem Urteil, dem eine Verfahrensabsprache zugrunde liegt, den Rechtsmittelberechtigten neben der Rechtsmittelbelehrung nach § 35a Satz 1 StPO stets auch „qualifiziert“ darüber belehren
muss, dass er ungeachtet der Absprache in seiner Entscheidung frei ist,
Rechtsmittel einzulegen.
-4-
Indes hat das Fehlen der erforderlichen qualifizierten Belehrung lediglich die Wirkung, dass der erklärte Rechtsmittelverzicht unwirksam ist, so
dass dem Angeklagten die hier erheblich überschrittene einwöchige Frist
zur Einlegung der Revision (§ 341 Abs. 1 StPO) zur Verfügung gestanden
hätte. Für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung zur Frist der Einlegung der Revision war dies wie die etwa unzulässige Vereinbarung eines Rechtsmittelverzichts im Rahmen einer Urteilsabsprache oder ein ebenfalls unstatthaftes Hinwirken des Gerichts auf einen
Rechtsmittelverzicht ohne Bedeutung. Das Unterlassen der qualifizierten
Belehrung zieht nicht die Vermutung des § 44 Satz 2 StPO nach sich (BGH
aaO). Insoweit ist auch die vom Angeklagten als Wiedereinsetzungsgrund
geltend gemachte späte Kenntnisnahme von einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs ohne Relevanz; denn in der Unkenntnis des Angeklagten
oder seines Verteidigers von bisheriger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (oder gar von einem bestimmten Beschluss des Großen Senats für
Strafsachen) liegt keine Verhinderung im Sinne des § 44 Satz 1 StPO (vgl.
BGH aaO; BGH, Beschluss vom 19. April 2005 5 StR 586/04; BGH, Beschluss vom 1. Juli 2005 5 StR 583/03; letztere Entscheidung auch zur Unerheblichkeit der auch hier erfolgten, freilich bedenklichen Verfahrensweise
im Zusammenhang mit der nach Urteilsverkündung und Rechtsmittelverzicht
getroffenen Haftentscheidung).
-5-
3. Danach ist die Revision unzulässig, weil verspätet eingelegt (§ 341
Abs. 1 StPO).
Harms
Häger
Brause
Gerhardt
Schaal