495 lines
16 KiB
Text
495 lines
16 KiB
Text
|
5 StR 114/10
|
|||
|
(alt: 5 StR 453/05)
|
|||
|
|
|||
|
BUNDESGERICHTSHOF
|
|||
|
BESCHLUSS
|
|||
|
vom 17. Juni 2010
|
|||
|
in der Strafsache
|
|||
|
gegen
|
|||
|
|
|||
|
1.
|
|||
|
|
|||
|
2.
|
|||
|
|
|||
|
3.
|
|||
|
|
|||
|
wegen zu 1. und 2. Abgeordnetenbestechung
|
|||
|
zu 3.
|
|||
|
|
|||
|
Strafvereitelung
|
|||
|
|
|||
|
-2-
|
|||
|
|
|||
|
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 17. Juni 2010
|
|||
|
beschlossen:
|
|||
|
|
|||
|
1. Auf die Revision des Angeklagten F.
|
|||
|
|
|||
|
wird das Urteil
|
|||
|
|
|||
|
des Landgerichts Wuppertal vom 9. Oktober 2009, soweit
|
|||
|
es ihn betrifft, nach § 349 Abs. 4 StPO
|
|||
|
a) dahingehend abgeändert, dass er wegen versuchter
|
|||
|
Strafvereitelung verurteilt ist;
|
|||
|
b) im Strafausspruch und im Ausspruch über den Verfall
|
|||
|
von Wertersatz aufgehoben; dessen Anordnung entfällt.
|
|||
|
2. Die weitergehende Revision des Angeklagten F.
|
|||
|
und die Revisionen der Angeklagten S.
|
|||
|
|
|||
|
und C.
|
|||
|
|
|||
|
werden nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen. Die Angeklagten S.
|
|||
|
|
|||
|
und C.
|
|||
|
|
|||
|
haben die Kosten
|
|||
|
|
|||
|
ihrer Rechtsmittel zu tragen.
|
|||
|
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des
|
|||
|
Rechtsmittels, an eine andere Wirtschaftsstrafkammer
|
|||
|
des Landgerichts zurückverwiesen.
|
|||
|
|
|||
|
G r ü n d e
|
|||
|
Das Landgericht hatte mit Urteil vom 11. August 2004 den Angeklag-
|
|||
|
|
|||
|
1
|
|||
|
ten S.
|
|||
|
|
|||
|
unter Freisprechung im Übrigen wegen Bestechlichkeit und we-
|
|||
|
|
|||
|
gen Vorteilsannahme zu einer Gesamtfreiheitsstrafe sowie wegen Steuerhin-
|
|||
|
|
|||
|
-3-
|
|||
|
|
|||
|
terziehung in sechs Fällen und wegen versuchter Steuerhinterziehung zu
|
|||
|
einer Gesamtgeldstrafe verurteilt. Den Angeklagten C.
|
|||
|
|
|||
|
hat es unter Frei-
|
|||
|
|
|||
|
sprechung im Übrigen wegen Bestechung und Vorteilsgewährung zu einer
|
|||
|
Gesamtfreiheitsstrafe verurteilt. Die Vollstreckung der Gesamtfreiheitsstrafe
|
|||
|
hat es für beide Angeklagte zur Bewährung ausgesetzt. Den Angeklagten
|
|||
|
F.
|
|||
|
|
|||
|
hat das Landgericht wegen Strafvereitelung zu einer Geldstrafe ver-
|
|||
|
|
|||
|
urteilt und gegen S.
|
|||
|
|
|||
|
und F.
|
|||
|
|
|||
|
den Verfall von Wertersatz angeordnet.
|
|||
|
|
|||
|
Dieses Erkenntnis hat der Senat durch Urteil vom 9. Mai 2006 (BGHSt 51,
|
|||
|
44) teilweise aufgehoben.
|
|||
|
Nunmehr hat das Landgericht die Angeklagten S.
|
|||
|
|
|||
|
2
|
|||
|
|
|||
|
und C.
|
|||
|
|
|||
|
we-
|
|||
|
|
|||
|
gen Abgeordnetenbestechung schuldig gesprochen und den Angeklagten
|
|||
|
S.
|
|||
|
|
|||
|
zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und vier Monaten sowie den
|
|||
|
|
|||
|
Angeklagten C.
|
|||
|
|
|||
|
zu einer Freiheitsstrafe von neun Monaten verurteilt. Die
|
|||
|
|
|||
|
Vollstreckung der Strafen hat es zur Bewährung ausgesetzt. Wegen erlittener
|
|||
|
rechtsstaatswidriger Verfahrensverzögerung hat es jeweils einen Monat der
|
|||
|
verhängten Freiheitsstrafen als vollstreckt erklärt. Den Angeklagten F.
|
|||
|
hat die Strafkammer wegen Strafvereitelung zu einer Geldstrafe von 150 Tagessätzen verurteilt und davon zur Kompensation eingetretener rechtsstaatswidriger Verfahrensverzögerung 15 Tagessätze als vollstreckt erklärt.
|
|||
|
Gegen die Angeklagten S.
|
|||
|
|
|||
|
und F.
|
|||
|
|
|||
|
wurde zudem der Verfall von
|
|||
|
|
|||
|
Wertersatz in Höhe von jeweils 27.781 € angeordnet. Die Revisionen der
|
|||
|
Angeklagten S.
|
|||
|
|
|||
|
und C.
|
|||
|
|
|||
|
bleiben ohne Erfolg (§ 349 Abs. 2 StPO);
|
|||
|
|
|||
|
hingegen erzielt die mit der Sachbeschwerde geführte Revision des Angeklagten F.
|
|||
|
|
|||
|
den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg (§ 349
|
|||
|
|
|||
|
Abs. 2 und 4 StPO).
|
|||
|
I.
|
|||
|
Die Schuld- und Rechtsfolgenaussprüche gegen die Angeklagten
|
|||
|
|
|||
|
3
|
|||
|
S.
|
|||
|
|
|||
|
und C.
|
|||
|
|
|||
|
sind frei von Rechtsfehlern. Die Verurteilungen entspre-
|
|||
|
|
|||
|
chen der Rechtsauffassung des Senats (vgl. BGHSt 51, 44, 59 ff.). Zu Recht
|
|||
|
|
|||
|
-4-
|
|||
|
|
|||
|
hat die Strafkammer bei der Bewertung der konkludent zwischen den Angeklagten getroffenen Unrechtsvereinbarung auf die Entwicklung ihrer Zusammenarbeit, insbesondere die bereits in den Jahren zuvor erfolgten Zahlungen
|
|||
|
an eine vom Angeklagten S.
|
|||
|
|
|||
|
gehaltene Scheingesellschaft, den abrede-
|
|||
|
|
|||
|
gemäßen Einsatz des Angeklagten S.
|
|||
|
|
|||
|
im Gemeinderat für das Baupro-
|
|||
|
|
|||
|
jekt des Mitangeklagten, seine Abstimmung im Rat für das Bauprojekt sowie
|
|||
|
auf die erheblichen von C.
|
|||
|
|
|||
|
an S.
|
|||
|
|
|||
|
geleisteten Zahlungen abgestellt.
|
|||
|
|
|||
|
Dass der Vermögensvorteil erst nachträglich im „Erfolgsfall“ (UA S. 42) durch
|
|||
|
den Angeklagten C.
|
|||
|
|
|||
|
gewährt worden ist, steht dem ebenso wenig entge-
|
|||
|
|
|||
|
gen wie das seiner politischen Überzeugung entsprechende Abstimmungsverhalten des Angeklagten S.
|
|||
|
|
|||
|
im Rat der Stadt (vgl. BGH aaO S. 63
|
|||
|
|
|||
|
Tz. 54).
|
|||
|
II.
|
|||
|
4
|
|||
|
|
|||
|
Die Verurteilung des Angeklagten F.
|
|||
|
|
|||
|
wegen vollendeter Maß-
|
|||
|
|
|||
|
nahmevereitelung (§ 258 Abs. 1 Alt. 2 StGB) hält revisionsgerichtlicher Überprüfung nicht stand.
|
|||
|
1. Das Landgericht hat dazu folgende Feststellungen und Wertungen
|
|||
|
|
|||
|
5
|
|||
|
|
|||
|
getroffen:
|
|||
|
a) Der Angeklagte F.
|
|||
|
|
|||
|
6
|
|||
|
|
|||
|
hielt gemeinsam mit S.
|
|||
|
|
|||
|
verschiedene
|
|||
|
|
|||
|
Grundstücksobjekte, wobei die Mietüberschüsse in einem Wertpapierdepot
|
|||
|
der örtlichen Sparkasse angelegt wurden. Der Depotwert stand beiden je zur
|
|||
|
Hälfte zu (UA S. 34). Im August 2001 erhielt der Angeklagte F.
|
|||
|
Kenntnis, dass S.
|
|||
|
|
|||
|
davon
|
|||
|
|
|||
|
„wegen Verdunkelungsgefahr in Untersuchungshaft
|
|||
|
|
|||
|
genommen worden war“ (UA S. 35). Auf Grund dessen und des gegen
|
|||
|
S.
|
|||
|
|
|||
|
„bestehenden Tatverdachts der Bestechlichkeit ging der Angeklagte
|
|||
|
|
|||
|
F.
|
|||
|
|
|||
|
davon aus, dass staatlicherseits in irgendeiner Form ein Zugriff auf
|
|||
|
|
|||
|
Vermögenswerte des Angeklagten S.
|
|||
|
|
|||
|
erfolgen werde“ (UA S. 35). Um
|
|||
|
|
|||
|
das zu verhindern, reiste er am Tag nach Kenntniserlangung von der Inhaf-
|
|||
|
|
|||
|
-5-
|
|||
|
|
|||
|
tierung S.
|
|||
|
|
|||
|
s aus dem Urlaub zurück nach Deutschland und transferierte
|
|||
|
|
|||
|
nach Rücksprache mit dessen Ehefrau fünf Tage später den gesamten Depotwert in Höhe von etwa 370.000 DM auf sein eigenes Wertpapierdepot.
|
|||
|
Drei Tage später ordnete das Amtsgericht Wuppertal den dinglichen Arrest
|
|||
|
zur Sicherung des Verfalls von Wertersatz gegen S.
|
|||
|
|
|||
|
in Höhe von etwa
|
|||
|
|
|||
|
150.000 DM in das vorgenannte Wertpapierdepot an; wegen der vom Angeklagten F.
|
|||
|
|
|||
|
veranlassten Transaktion ging der Arrest indes „ins Leere“.
|
|||
|
|
|||
|
b) Die Strafkammer erblickt darin eine Maßnahmevereitelung „gemäß
|
|||
|
|
|||
|
7
|
|||
|
|
|||
|
§ 258 Abs. 1 und 2 StGB“ (UA S. 52). Der Angeklagte habe den staatlichen
|
|||
|
Anspruch auf „Anordnung des dinglichen Arrestes auch – zumindest zum
|
|||
|
Teil – vereitelt“, da ein Zugriff „auf das Ursprungskonto nunmehr ins Leere
|
|||
|
lief“ und er dies auch als „sichere Folge seiner Handlung vorausgesehen hat“
|
|||
|
(UA S. 52).
|
|||
|
8
|
|||
|
|
|||
|
2. Der Schuldspruch wegen vollendeter Maßnahmevereitelung ist
|
|||
|
rechtsfehlerhaft. Nach § 258 Abs. 1 Alt. 2, § 11 Abs. 1 Nr. 8, §§ 73 ff. StGB
|
|||
|
ist nur strafbar, wer absichtlich oder wissentlich ganz oder zum Teil vereitelt,
|
|||
|
dass ein anderer wegen einer rechtswidrigen Tat einer Maßnahme unterworfen wird; dies kann nach § 11 Abs. 1 Nr. 8 StGB auch der Verfall nach
|
|||
|
§§ 73 ff. StGB sein.
|
|||
|
a) Die Anordnung des Verfalls betreffend den Vortäter, hier den Mit-
|
|||
|
|
|||
|
9
|
|||
|
|
|||
|
angeklagten S.
|
|||
|
|
|||
|
, ist gerade nicht unterblieben; gegen ihn wurde – wie
|
|||
|
|
|||
|
von Beginn an beabsichtigt – Wertersatzverfall (§ 73a StGB) angeordnet.
|
|||
|
Weitergehende Feststellungen für eine Verzögerung der Verfallsanordnung
|
|||
|
für geraume Zeit, die ebenfalls eine Vollendungsstrafbarkeit tragen würden
|
|||
|
(vgl. Fischer, StGB 57. Aufl. § 258 Rdn. 8), hat das Landgericht nicht getroffen.
|
|||
|
10
|
|||
|
|
|||
|
b) Soweit das Landgericht an den vom Amtsgericht angeordneten
|
|||
|
dinglichen Arrest (§ 111d StPO) zur Sicherung des Verfalls von Wertersatz
|
|||
|
|
|||
|
-6-
|
|||
|
|
|||
|
anknüpft und bereits diesen als Maßnahme im Sinne von § 258 Abs. 1 Alt 2.
|
|||
|
StGB als vereitelt ansieht, unterliegt es einem Rechtsirrtum.
|
|||
|
11
|
|||
|
|
|||
|
aa) Allerdings kann auch die Vereitelung einer strafprozessualen Sicherungsmaßnahme als Begehungsform der Maßnahmevereitelung nach
|
|||
|
§ 258 Abs. 1 Alt. 2 StGB in Betracht kommen, wenn der Täter jedenfalls bedingt vorsätzlich die spätere Verfallsanordnung im Urteil verhindert hat. Namentlich gilt dies, sofern von einer Verfallsanordnung im Urteil gegen den
|
|||
|
Vortäter wegen zwischenzeitlich eingetretener Vermögenslosigkeit abgesehen worden ist (vgl. § 73c Abs. 1 StGB), obgleich bei Ausbleiben der Vereitelungshandlung durch eine vorläufige Sicherungsmaßnahme (§§ 111b ff.
|
|||
|
StPO) Vermögen gesichert worden wäre.
|
|||
|
|
|||
|
12
|
|||
|
|
|||
|
Eine Maßnahmevollstreckungsvereitelung nach § 258 Abs. 2 Alt. 2
|
|||
|
StGB kann dann gegeben sein, wenn im Urteil gegen den Vortäter zwar der
|
|||
|
Verfall angeordnet wurde, dieser allerdings anschließend nicht durchsetzbar
|
|||
|
ist, weil eine vormals noch aussichtsreiche einstweilige Sicherung durch den
|
|||
|
Täter jedenfalls bedingt vorsätzlich auch mit Blick auf die dadurch gefährdete
|
|||
|
Durchsetzbarkeit des im Urteil zu titulierenden Anspruchs verhindert wurde
|
|||
|
und weiteres Vermögen in nennenswertem Umfang nicht (mehr) vorliegt (vgl.
|
|||
|
Jahn in Satzger/Schmitt/Widmaier, StGB 2009 § 258 Rdn. 36; vgl. auch Altenhain, Das Anschlussdelikt 2002 S. 366; Leip, Der Straftatbestand der
|
|||
|
Geldwäsche 1995 S. 17; Arzt JZ 1993, 913, 914 Fn. 10, 915).
|
|||
|
|
|||
|
13
|
|||
|
|
|||
|
Keine der genannten Fallkonstellationen liegt hier vor. Der Verfall wurde angeordnet (vgl. oben 2a). Seine Nichtdurchsetzbarkeit wurde nicht festgestellt, so dass hinsichtlich einer Maßnahmevollstreckungsvereitelung nur
|
|||
|
ein Versuch in Betracht kommt (vgl. unten 3).
|
|||
|
|
|||
|
14
|
|||
|
|
|||
|
bb) Die lediglich vollstreckungssichernden Maßnahmen der Strafprozessordnung selbst sind keine Maßnahmen im Sinne von § 11 Abs. 1 Nr. 8
|
|||
|
StGB; allein ihre Vereitelung kann den Tatbestand des § 258 Abs. 1 StGB
|
|||
|
|
|||
|
-7-
|
|||
|
|
|||
|
nicht erfüllen (vgl. auch Jahn aaO Rdn. 12). § 11 Abs. 1 Nr. 8 StGB erfasst
|
|||
|
als Maßnahmen nur Maßregeln der Besserung und Sicherung, den Verfall,
|
|||
|
die Einziehung und die Unbrauchbarmachung.
|
|||
|
15
|
|||
|
|
|||
|
Diese Auslegung entspricht dem eindeutigen Wortlaut des § 11 Abs. 1
|
|||
|
Nr. 8 StGB; dessen Aufzählung ist abschließend und enthält ausschließlich
|
|||
|
Rechtsfolgen der Tat, die ebenso wie die Haupt- und Nebenstrafen gemäß
|
|||
|
§ 258 Abs. 1 Alt. 1 StGB in der Urteilsformel anzuordnen und – insbesondere
|
|||
|
mit Blick auf § 258 Abs. 2 StGB – der Rechtskraft fähig sind. Es fehlt ein
|
|||
|
ausdrücklicher Bezug auf Verfahrensvorschriften, denen jedenfalls teilweise
|
|||
|
auch vollstreckungssichernde Wirkung zukommt (vgl. §§ 111a ff. StPO); sie
|
|||
|
können schon deshalb nicht im Wege der Auslegung in den Maßnahmebegriff einbezogen werden (vgl. zur gebotenen restriktiven Auslegung Hilgendorf
|
|||
|
in LK 12. Aufl. § 11 Rdn. 98; MünchKomm-Radtke StGB 2008 § 11
|
|||
|
Rdn. 100).
|
|||
|
|
|||
|
16
|
|||
|
|
|||
|
Auch eine normübergreifende Betrachtung stützt dieses Begriffsverständnis. Soweit Vorschriften auf § 11 Abs. 1 Nr. 8 StGB Bezug nehmen und
|
|||
|
über dessen ausdrücklich benannte Rechtsfolgen hinaus weitere Verfolgungs- oder Vereitelungsmaßnahmen erfassen sollen, werden diese Verfahren oder Sanktionen jeweils konkret benannt (vgl. nur § 261 Abs. 1 Satz 1,
|
|||
|
§ 344 Abs. 2 Satz 2, § 345 Abs. 3 Satz 2 StGB). Eine solche Erweiterung ist
|
|||
|
bei § 258 Abs. 1 StGB unterblieben, so dass auch insoweit eine Vereitelung
|
|||
|
der vollstreckungssichernden Maßnahme nach § 111d StPO nicht tatbestandsmäßig ist.
|
|||
|
|
|||
|
17
|
|||
|
|
|||
|
Überdies belegt der Gang des Gesetzgebungsverfahrens, dass mit
|
|||
|
dem Maßnahmebegriff ein „einheitlicher Ausdruck“ geschaffen werden sollte
|
|||
|
für die „Nebenfolgen“ Verfall und Einziehung sowie für die Maßregeln der
|
|||
|
Besserung und Sicherung als „Folgen der Tat“ und damit lediglich für Rechtsfolgen, die mit dem Urteil anzuordnen sind (vgl. Niederschriften über die Sit-
|
|||
|
|
|||
|
-8-
|
|||
|
|
|||
|
zungen der Großen Strafrechtskommission Band IV S. 367; Protokolle des
|
|||
|
Sonderausschusses für die Strafrechtsreform, 5. Wahlperiode, Bd. 1 S. 238).
|
|||
|
Kein anderes Ergebnis folgt aus dem vom Landgericht zur Begrün-
|
|||
|
|
|||
|
18
|
|||
|
|
|||
|
dung herangezogenen Nichtannahmebeschluss des Bundesverfassungsgerichts (vgl. BVerfG wistra 2004, 99). Dieses musste sich nur mit den verfassungsrechtlichen Grenzen einer Auslegung des § 258 StGB befassen, aber
|
|||
|
selbst keine einfach-gesetzliche Auslegung vornehmen.
|
|||
|
3. Der Rechtsfehler führt gemäß § 354 Abs. 1 StPO analog lediglich
|
|||
|
|
|||
|
19
|
|||
|
|
|||
|
zur Änderung des Schuldspruchs gegen den Angeklagten F.
|
|||
|
|
|||
|
. Das
|
|||
|
|
|||
|
Landgericht hat rechtsfehlerfrei alle notwendigen Feststellungen hinsichtlich
|
|||
|
einer versuchten Maßnahmevollstreckungsvereitelung im Sinne des § 258
|
|||
|
Abs. 2 Alt. 2 StGB getroffen. Die Vorschrift des § 265 StPO steht der Schuldspruchänderung nicht entgegen. Der Angeklagte hätte sich gegen den verringerten Schuldvorwurf nicht anders als geschehen verteidigen können.
|
|||
|
20
|
|||
|
|
|||
|
a) Für einen entsprechenden Tatentschluss hat die Strafkammer zu
|
|||
|
Recht auf die Höhe der vom Angeklagten transferierten Summe und sein
|
|||
|
rechtsfehlerfrei festgestelltes Eigeninteresse an der Durchsetzung seines
|
|||
|
zivilrechtlichen Anspruchs gegen den Mitangeklagten S.
|
|||
|
|
|||
|
abgestellt. Die-
|
|||
|
|
|||
|
sen konnte er nach seiner Vorstellung wesentlich leichter durch die Verlagerung des Wertpapiervermögens realisieren. Dass der Angeklagte nach der
|
|||
|
von der Revision beanstandeten – für sich freilich missverständlichen –
|
|||
|
Wendung der Strafkammer „100%ig davon überzeugt gewesen sei, dass
|
|||
|
S.
|
|||
|
|
|||
|
unschuldig in U-Haft sitzt“ (UA S. 49), steht der Vereitelungsabsicht
|
|||
|
|
|||
|
nicht entgegen. Denn jedenfalls am 14. August 2001 erfuhr der Angeklagte
|
|||
|
F.
|
|||
|
|
|||
|
, dass S.
|
|||
|
|
|||
|
von den Ermittlungsbehörden wegen „des Tatverdachts
|
|||
|
|
|||
|
der Bestechlichkeit“ festgenommen und gegen ihn die Untersuchungshaft
|
|||
|
angeordnet worden war (UA S. 35). Ein Vertrauen des Angeklagten darauf,
|
|||
|
dass ungeachtet dessen eine Verfallsanordnung unterbleiben würde, liegt
|
|||
|
fern.
|
|||
|
|
|||
|
-9-
|
|||
|
|
|||
|
b) Zur Tatbestandsverwirklichung hat der Angeklagte nach den getrof-
|
|||
|
|
|||
|
21
|
|||
|
|
|||
|
fenen Feststellungen auch unmittelbar angesetzt (§ 22 StGB). Für die Strafvereitelung ist in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs anerkannt,
|
|||
|
dass ein unmittelbares Ansetzen mit Beginn der Handlung gegeben ist, die
|
|||
|
den Vereitelungserfolg unmittelbar bewirken soll (vgl. BGHSt 31, 10, 12;
|
|||
|
BGHR StGB § 258 Abs. 4 Versuchsbeginn 1, 2; vgl. Ruß in LK 11. Aufl.
|
|||
|
§ 258 Rdn. 28 m.w.N.). Das Gleiche gilt für die versuchte Maßnahme- oder
|
|||
|
Maßnahmevollstreckungsvereitelung. Weitere Handlungen über die vom Angeklagten F.
|
|||
|
|
|||
|
vorgenommene Verfügung über das Depotguthaben hin-
|
|||
|
|
|||
|
aus waren – auch in subjektiver Hinsicht – nicht erforderlich. In dem gegen
|
|||
|
S.
|
|||
|
|
|||
|
laufenden Ermittlungsverfahren und bei unmittelbar bevorstehender
|
|||
|
|
|||
|
Arrestierung (§ 111d StPO) hatte sich die Gefahr für das geschützte Rechtsgut bereits zu diesem Zeitpunkt zureichend verdichtet. Bereits drei Tage
|
|||
|
nach Verfügung durch den Angeklagten F.
|
|||
|
zum Nachteil des S.
|
|||
|
22
|
|||
|
|
|||
|
wurde der dingliche Arrest
|
|||
|
|
|||
|
angeordnet (UA S. 36).
|
|||
|
|
|||
|
4. Der Senat ändert den Schuldspruch dementsprechend auf versuchte Strafvereitelung. Dies führt zur Aufhebung des Strafausspruchs.
|
|||
|
|
|||
|
23
|
|||
|
|
|||
|
5. Die Anordnung des Wertersatzverfalls (§ 73a StGB) gegen den Angeklagten F.
|
|||
|
|
|||
|
24
|
|||
|
|
|||
|
muss entfallen.
|
|||
|
|
|||
|
Durch die versuchte Maßnahmevollstreckungsvereitelung hat der Angeklagte F.
|
|||
|
|
|||
|
nicht „etwas“ für die Tat oder aus ihr im Sinne des § 73
|
|||
|
|
|||
|
Abs. 1 StGB erlangt. Der Verfall dient der Gewinnabschöpfung und damit
|
|||
|
dem Ausgleich einer unrechtmäßigen Vermögensverschiebung (vgl. Schmidt
|
|||
|
in LK 12. Aufl. § 73 Rdn. 7). Der strafrechtliche Verfallsanspruch stellt sich
|
|||
|
als eine öffentlich-rechtliche Abschöpfung des illegitimen Vermögensvorteils
|
|||
|
dar, der als Entgelt für die Tat oder als Gewinn aus ihr in das Vermögen des
|
|||
|
Täters unmittelbar gelangt ist (vgl. Schmidt aaO Rdn. 8). Eine solche Fallkonstellation ist hier nicht gegeben.
|
|||
|
|
|||
|
- 10 -
|
|||
|
|
|||
|
Dem Angeklagten F.
|
|||
|
|
|||
|
25
|
|||
|
|
|||
|
flossen keine wirtschaftlichen Vermögens-
|
|||
|
|
|||
|
werte zu, die ihm nicht auch bereits vor der Tat zugestanden hatten. Es wurde allein das Vermögen des S.
|
|||
|
|
|||
|
verschoben, ohne dass F.
|
|||
|
|
|||
|
einen
|
|||
|
|
|||
|
unmittelbaren Vorteil erlangte; seine eigene Verfügungsgewalt änderte sich
|
|||
|
dadurch qualitativ nicht. Bereits vor der Tat war F.
|
|||
|
|
|||
|
neben S.
|
|||
|
|
|||
|
alleine
|
|||
|
|
|||
|
zu Verfügungen über das gemeinsame Depotkonto berechtigt. Durch die
|
|||
|
Verschiebung des Guthabens auf das eigene Depotkonto des F.
|
|||
|
S.
|
|||
|
|
|||
|
wurde
|
|||
|
|
|||
|
zwar – mit seinem Einverständnis – dessen Verfügungsgewalt im
|
|||
|
|
|||
|
Außenverhältnis entzogen. Dies stellte indes keine materielle Änderung dar,
|
|||
|
weil F.
|
|||
|
|
|||
|
gegenüber S.
|
|||
|
|
|||
|
weiterhin treuhänderisch gebunden und Letz-
|
|||
|
|
|||
|
terer wirtschaftlich Berechtigter blieb. Insoweit hatte der Angeklagte S.
|
|||
|
einen jederzeit durchsetzbaren Rückforderungsanspruch gegenüber F.
|
|||
|
|
|||
|
.
|
|||
|
|
|||
|
Dieser verhinderte mithin lediglich den Zugriff des Staates auf den Verfallsbetrag gegenüber S.
|
|||
|
26
|
|||
|
|
|||
|
, zog aber selbst keinen Vermögensvorteil.
|
|||
|
|
|||
|
Damit scheidet auch eine dem Regelungszweck der §§ 73 ff. StGB bei
|
|||
|
dem hier zu beurteilenden Sachverhalt widersprechende doppelte Inanspruchnahme F.
|
|||
|
|
|||
|
s – aus der Verfallsanordnung einerseits und aus dem
|
|||
|
|
|||
|
zivilrechtlichen Rückforderungsanspruchs S.
|
|||
|
|
|||
|
s andererseits – aus (vgl.
|
|||
|
|
|||
|
auch BGHSt 47, 22, 31 f.; BGHR StGB § 73 Verletzter 4). Durch die Pfän-
|
|||
|
|
|||
|
- 11 -
|
|||
|
|
|||
|
dung des zivilrechtlichen Rückforderungsanspruchs kann der gegen S.
|
|||
|
angeordnete Verfall staatlicherseits sicher durchgesetzt werden, weil hierfür
|
|||
|
die bei F.
|
|||
|
|
|||
|
sistierten Vermögenswerte zur Verfügung stehen werden.
|
|||
|
|
|||
|
Brause
|
|||
|
|
|||
|
Raum
|
|||
|
König
|
|||
|
|
|||
|
Schneider
|
|||
|
Bellay
|
|||
|
|
|||
|
|