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2023-03-06 15:36:57 +01:00
Nachschlagewerk: ja
BGHSt
: nein
Veröffentlichung: ja
StGB §§ 264, 266
1. Möglichkeit der "Haushaltsuntreue" auch bei zweckentsprechender Subventionsgewährung unter Verstoß
gegen Vergaberichtlinien.
2. Subventionsbetrug durch gemeinnützigen Verein.
BGH, Urt. v. 8. April 2003
- 5 StR 448/02
LG Potsdam
5 StR 448/02
BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
vom 8. April 2003
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen Untreue u.a.
-3-
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom
7. und 8. April 2003, an der teilgenommen haben:
Vorsitzende Richterin Harms,
Richter Basdorf,
Richterin Dr. Gerhardt,
Richter Dr. Brause,
Richter Schaal
als beisitzende Richter,
Bundesanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt G
,
Rechtsanwalt V
als Verteidiger des Angeklagten Z
,
Rechtsanwältin Dr. S
als Verteidigerin des Angeklagten Dr. D
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,
,
-4-
am 8. April 2003 für Recht erkannt:
Auf die Revisionen der Staatsanwaltschaft wird das Urteil
des Landgerichts Potsdam vom 22. Februar 2002 mit den
Feststellungen aufgehoben, soweit es die Angeklagten Z
und Dr. D
betrifft.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung,
auch über die Kosten der Revisionen, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Gründe
Das Landgericht hat den Angeklagten Z
vom Vorwurf der
Untreue in Tateinheit mit Betrug und den Angeklagten Dr. D
vom
Vorwurf der Untreue in Tateinheit mit Beihilfe zum Betrug freigesprochen.
Hiergegen wenden sich die Revisionen der Staatsanwaltschaft. Die Beschwerdeführerin rügt die Verletzung materiellen Rechts und beanstandet
das Verfahren. Das vom Generalbundesanwalt vertretene Rechtsmittel hat
mit der Sachrüge Erfolg. Auf die Verfahrensrüge kommt es nicht an.
I.
1. Das Landgericht hat folgendes festgestellt: Im Rahmen der in Berlin
stattfindenden „Internationalen Grünen Woche 1997“ fand am 20. Januar 1997 eine Unterredung statt zwischen dem Angeklagten Z
,
damaliger Minister des Ministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (MELF) im Land Brandenburg, dem Angeklagten Dr. D
, der im
-5-
MELF Leiter des für die Förderpolitik zuständigen Referates war, dem Zeugen R
, damals Sachbearbeiter in dessen Referat, und den Vorstands-
mitgliedern des Fördervereins D
/M
e.V. Si
und De
. Dabei
wurde auch über die Möglichkeit der Förderung eines auf dem bäuerlichen
Anwesen der Familie Z
in Schöna/Kolpien betriebenen Projekts
„Holzbackofen“ gesprochen. Bei einer am 12. März 1997 abgehaltenen Vorstandssitzung des Fördervereins veranlaßte der Angeklagte Z
Vorstandsmitglieder Si
und Sch
die
, einen Formularantrag auf Gewäh-
rung einer Zuwendung des Landes Brandenburg nach der Richtlinie des
MELF über die Gewährung von Zuwendungen für die Förderung der Entwicklung des ländlichen Raums vom 14. Oktober 1994 (ELR-Richtlinie) blanko, auch ohne Angabe von Zeit und Ort der Antragstellung, zu unterschreiben. Ziel des Antrags war die Unterstützung des Projekts „Holzbackofen“.
Sodann beauftragte der Angeklagte Z
Dr. D
den Angeklagten
, sich „vorrangig“ der weiteren Bearbeitung des Förderan-
trags anzunehmen. In ständigem Kontakt mit dem Angeklagten Z
und dem Vereinsvorstand trug der Angeklagte Dr. D
Unterlagen
zusammen und genehmigte am 22. April 1997 den vorzeitigen Beginn der
Maßnahme des Fördervereins. Das entsprechende Schreiben ließ er auf den
22. Januar 1997 zurückdatieren. Nach vollständiger Ausfüllung wurde der
Förderantrag dem zuständigen Amt für Agrarordnung zugeleitet, wo er am
22. Mai 1997 einging. Als zu fördernde Maßnahme war die „Wiedereinrichtung und Betreibung einer traditionell-dörflichen Holzbackstube mit integrierter Landschaftspflege“ angegeben. Es wurde unter anderem beantragt, Umbauarbeiten der Firma T
sowie den Erwerb und Einbau zweier Backöfen
zu fördern. Das Antragsformular enthielt den Hinweis, daß mit dem zu fördernden Projekt noch nicht begonnen sein durfte. Die Rückdatierung des
Förderantrags und der schriftlichen Genehmigung zum vorzeitigen Beginn
der Maßnahme des Fördervereins erfolgte im Hinblick auf Nr. 1.3 der Verwaltungsvorschriften zu § 44 der Landeshaushaltsordnung (LHO) des Landes Brandenburg, wonach Zuwendungen nur für solche Projekte bewilligt
werden dürfen, die noch nicht begonnen worden sind. Am 20. August 1997
-6-
wurde dem Verein nach Zustimmung durch Dr. D
vom für die För-
derung zuständigen Amt für Agrarordnung eine Zuwendung in Höhe von
488.768,00 DM gewährt.
2. Der Angeklagte Z
Der Angeklagte Dr. D
hat sich zur Sache nicht eingelassen.
hat sich dahin eingelassen, er habe am
21. Januar 1997 auf Geheiß des Vereinsvorsitzenden S
Ort und Datum
auf dem Antragsformular eingetragen und am folgenden Tag, nachdem der
Mitarbeiter R
den Entwurf eines Genehmigungsschreibens zum vorzei-
tigen Beginn des Fördervorhabens entworfen habe, das Schreiben mit der
Genehmigung zum vorzeitigen Maßnahmebeginn unterschrieben. Diese
Einlassung hat das Landgericht nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme,
insbesondere aufgrund der Zeugenaussagen einer Sekretärin und einer Registratorin im MELF, für widerlegt erachtet.
Das Landgericht hat die Angeklagten gleichwohl aus tatsächlichen
Gründen freigesprochen, weil es nicht auszuschließen vermochte, daß alsbald nach dem 21. Januar 1997 „der Angeklagte Dr. D
gang mit dem Angeklagten Z
... den Vor-
erörterte, diesem signalisierte, daß
er den Entwurf für richtig halte und einen vorzeitigen Beginn des Vorhabens
mündlich genehmige" (UA S. 17). Bei einem solchen Ablauf liege es „dann
auch nicht fern, daß der Angeklagte Z
darüber alsbald den (ver-
storbenen) Vorsitzenden (des Vereins) unterrichtete“ (UA S. 27). Das Verteidigungsverhalten insbesondere des Angeklagten Dr. D
stünde
„dem als nicht ausschließbare Möglichkeit hier zugrunde gelegten Geschehensablauf nicht entgegen“; der Angeklagte Dr. D
„hielt vermutlich
eine Änderung seines Verteidigungsvorbringens für schädlich und risikoreich“
(UA S. 28).
Hilfsweise hat das Landgericht die Angeklagten in Ermangelung eines
Vermögensschadens aus Rechtsgründen freigesprochen. Die rechtlichen
Voraussetzungen eines Subventionsbetruges hat es ebenfalls verneint.
-7-
II.
Die für den Freispruch tragenden Erwägungen halten der sachlichrechtlichen Nachprüfung nicht stand.
1. Spricht der Tatrichter den Angeklagten frei, weil er Zweifel an seiner
Täterschaft nicht zu überwinden vermag, so ist das durch das Revisionsgericht hinzunehmen, denn die Beweiswürdigung ist grundsätzlich Sache des
Tatrichters. Der Beurteilung durch das Revisionsgericht unterliegt insoweit
nur, ob dem Tatrichter bei der Beweiswürdigung Rechtsfehler unterlaufen
sind. Das ist dann der Fall, wenn die Beweiswürdigung widersprüchlich, unklar oder lückenhaft ist oder gegen Denkgesetze oder gesicherte Erfahrungssätze verstößt. Rechtlich zu beanstanden sind die Beweiserwägungen
ferner dann, wenn sie erkennen lassen, daß das Gericht überspannte Anforderungen an die zur Verurteilung erforderliche Überzeugungsbildung gestellt
und dabei nicht beachtet hat, daß eine absolute, das Gegenteil denknotwendig ausschließende und von niemandem anzweifelbare Gewißheit nicht erforderlich ist, vielmehr ein nach der Lebenserfahrung ausreichendes Maß an
Sicherheit genügt, das vernünftige und nicht bloß auf denktheoretische Möglichkeiten gegründete Zweifel nicht zuläßt (st. Rspr.; vgl. BGHSt 10, 208 f.;
BGHR StPO § 261 Überzeugungsbildung 25, 33; BGH wistra 2002, 260, 261;
Engelhardt in KK 4. Aufl. § 261 Rdn. 2 ff. m. w. N.).
Die Urteilsgründe müssen insbesondere erkennen lassen, daß die
Beweiswürdigung auf einer tragfähigen Grundlage beruht und die vom Gericht gezogene Schlußfolgerung nicht etwa nur eine Annahme ist oder sich
als bloße Vermutung erweist (BGH NStZ-RR 2002, 243). Der Tatrichter darf
entlastende Angaben des Angeklagten, für deren Richtigkeit oder Unrichtigkeit es keine Beweise gibt, nicht ohne weiteres als unwiderlegt hinnehmen.
Er muß sich vielmehr auf der Grundlage des gesamten Beweisergebnisses
entscheiden, ob diese Angaben geeignet sind, seine Überzeugungsbildung
zu beeinflussen (vgl. BGHR StPO § 261 Einlassung 6; Engelhardt aaO § 261
-8-
Rdn. 28 m. w. N.). Der Zweifelssatz gebietet es nicht etwa, zugunsten des
Angeklagten Tatvarianten zu unterstellen, für deren Vorliegen das Beweisergebnis keine konkreten tatsächlichen Anhaltspunkte erbracht hat (st. Rspr.;
vgl. BGH NJW 1995, 2300; 2002, 1057, 1059; 2002, 2188, 2189). Diesen
Anforderungen genügt das angefochtene Urteil nicht.
a) Für die Erteilung der vom Landgericht angenommenen mündlichen
Genehmigung enthalten die Urteilsgründe keine konkreten Anhaltspunkte.
Sie ist nicht von der Einlassung des Angeklagten Dr. D
erfaßt, der
eine schriftliche Genehmigung vom 21. Januar 1997 behauptet hat. Eine solche ist aber nach der insoweit fehlerfrei gebildeten Überzeugung des Landgerichts gerade nicht erfolgt. Der Angeklagte hat die schriftliche Genehmigung unter Bezugnahme auf eine Anweisung des Ministers von seiner Sekretärin am 22. April 1997 auf den 21. Januar 1997 zurückdatieren lassen.
b) Das Landgericht hat in diesem Zusammenhang selbst ausgeführt,
das Erteilen einer mündlichen Genehmigung sei nach den getroffenen Feststellungen „außerordentlich ungewöhnlich und auch in der ministeriellen Praxis eine von der Regel abweichende Ausnahme gewesen“ (UA S. 27). Noch
ungewöhnlicher erscheint eine mündliche Genehmigung, weil ein Aktenvermerk hierüber nicht vorhanden ist, obwohl „die Angeklagten ... verpflichtet
gewesen (wären), die erteilte Genehmigung durch Anlage eines Aktenvermerks aktenkundig zu machen“ (UA S. 31).
Auffallend ist auch, daß die spätere schriftliche Genehmigung nicht
nur rückdatiert ist, sondern darüber hinaus offenbare Unrichtigkeiten enthält.
Es wird darin die Genehmigung zum vorzeitigen Maßnahmebeginn mit einer
Einsturzgefahr für das Backhaus gerechtfertigt (UA S. 18), wohingegen tatsächlich im Sommer 1996 der alte Backofen zu verfallen drohte (UA S. 10)
und zwei neue Backöfen im nicht genutzten Teil des Schweinestalls eingebaut werden sollten; mit den entsprechenden Sanierungs- und Umbauarbei-
-9-
ten hatte die Firma T
im November 1996 bereits begonnen (UA
S. 12, 13).
Mit der Gesamtheit dieser Auffälligkeiten und Widersprüche setzt sich
das Landgericht nicht hinreichend auseinander. Nachvollziehbare Gründe,
weshalb von der an sich gebotenen Schriftform abgewichen worden sein soll,
sind dem Urteil nicht zu entnehmen.
c) Die Erteilung einer Genehmigung setzt regelmäßig einen zuvor gestellten Antrag voraus, zumindest aber eine Absichtserklärung, sich eines
entsprechenden Vorhabens anzunehmen. Die Genehmigung soll alsbald
nach dem 21. Januar 1997 erteilt worden sein, die Vorstandsmitglieder des
Vereins haben aber nach den Urteilsfeststellungen auch insoweit entgegen
der Einlassung des Angeklagten Dr. D
erst am 12. März 1997
den Förderantrag blanko unterschrieben. „Vorstellungen zu Einzelheiten bezüglich des Umfangs und der Anzahl der zuwendungsfähigen Fördergegenstände bestanden bei den Vorstandsmitgliedern zu diesem Zeitpunkt nicht“
(UA S. 15). Daß die Vorstandsmitglieder Si
und De
bereits am
20. Januar 1997 eine entsprechende Willensbekundung für den Verein abgegeben und bei der Bedeutung des Projekts für den Verein folgerichtig
im Vereinsvorstand zeitnah erörtert hätten, ergeben die Urteilsgründe nicht.
d) Gegenstand des Förderantrags waren unter anderem Umbauarbeiten der Firma T
an dem für die Backstube bestimmten Gebäude. Mit
den Arbeiten wurde am 29. November 1996 begonnen, nachdem ein entsprechendes Leistungsangebot an die Schö
der Familie des Angeklagten Z
GbR, die den Hofbetrieb
bewirtschaftete und der die
Tochter und der Bruder dieses Angeklagten angehörten, gerichtet worden
war. Das Angebot wurde für die GbR am 9. Dezember 1996 schriftlich angenommen. Die der GbR am 27. Januar 1997 erteilte Abschlagsrechnung über
ca. 27.000 DM wurde entsprechend der Aufforderung durch die GbR am
3. Februar 1997 erneut ausgestellt und an den Förderverein gerichtet, „des-
- 10 -
sen Vorstand bis dahin einen eigenen Auftrag an die Firma T
nicht aus-
gesprochen hatte“ (UA S. 13). Auf der Vorstandssitzung vom 12. März 1997
wurde beschlossen, die an den Förderverein gerichtete Rechnung zu bezahlen. „Den anwesenden Vorstandsmitgliedern war klar, daß der Förderverein mit dieser Entscheidung in die Rechtsposition des Vertragspartners für
die durchgeführten Umbauarbeiten und in die Zahlungsverpflichtung gegenüber dem Bauunternehmer T
eintrat. Das war auch beabsichtigt“ (UA
S. 14). Das Urteil verhält sich nicht ausreichend dazu, aufgrund welcher Umstände für Arbeiten, die für einen anderen Auftraggeber, die Schö
GbR, teilweise sogar bereits ausgeführt waren, dem Förderverein überhaupt
eine Genehmigung zu einem vorzeitigen Maßnahmebeginn hätte erteilt werden können.
e) Die Urteilsgründe setzen sich auch nicht näher mit der Frage auseinander, ob überhaupt schon im Vorfeld eines dann zunächst noch undetailliert und pauschal gestellten Förderantrags eine Zustimmung zur Ausnahme
vom haushaltsrechtlichen Verbot des vorzeitigen Vorhabensbeginns erteilt
werden kann oder ob nicht vielmehr bereits die Genehmigung des vorzeitigen Beginns konkretere Antragsunterlagen vorausgesetzt hätte (vgl. hierzu
BayVGH BayVBl. 1996, 307). Ebenso wird nicht deutlich, ob einem Antrag,
dem keine zivilrechtliche Grundlage für den Betrieb der Backöfen durch den
Verein, etwa ein Pachtvertrag, zu entnehmen war, nach Maßgabe des Verwaltungsrechts überhaupt eine Zustimmung zur Ausnahme vom haushaltsrechtlichen Verbot des vorzeitigen Vorhabensbeginns hätte erteilt werden
können.
2. Das Landgericht hat eine Strafbarkeit der Angeklagten nach §§ 263,
266 StGB darüber hinaus aus rechtlichen Gründen auch für den Fall verneint, daß eine Genehmigung zum vorzeitigen Beginn des Projekts erst am
22. April 1997 erteilt worden wäre. Dabei wird zutreffend erkannt, daß dann
nach Nr. 1.3 VV zu § 44 LHO eine Zuwendung ohne Ausnahmegenehmigung nicht hätte bewilligt werden dürfen, weil nur solche Projekte gefördert
- 11 -
werden dürfen, die noch nicht begonnen worden sind. Das Verhalten der Angeklagten hätte jedoch nicht zu einem Nachteil für den Haushalt des Landes
Brandenburg geführt, weil die Geldmittel ihrem haushaltsrechtlich festgelegten Zweck entsprechend eingesetzt worden seien und die durch Einsatz der
öffentlichen Mittel erzielte Gegenleistung gleichwertig gewesen sei.
a) Diese Erwägungen greifen zu kurz. Zwar begründet nicht jeder Verstoß gegen haushaltsrechtliche Vorschriften einen Vermögensnachteil (vgl.
BGHSt 43, 293, 297; BGHR StGB § 266 Abs. 1 Nachteil 48 S. 6;
Lenckner/Perron in Schönke/Schröder, StGB 26. Aufl. § 266 Rdn. 44;
Tröndle/Fischer, StGB 51. Aufl. § 266 Rdn. 64). Aber auch wenn der Mitteleinsatz wie vom Landgericht hier angenommen den vorgegebenen
Zwecken entspricht und die durch Einsatz öffentlicher Mittel erzielte Gegenleistung gleichwertig ist, kann ein Vermögensnachteil und somit auch Haushaltsuntreue gegeben sein. Abgesehen von dem hier, soweit ersichtlich, nicht
vorliegenden Fall, daß durch eine Haushaltsüberziehung eine wirtschaftlich
gewichtige Kreditaufnahme erforderlich wird, kommt dies dann in Betracht,
wenn die Dispositionsfähigkeit des Haushaltgesetzgebers in schwerwiegender Weise beeinträchtigt wird und er durch den Mittelaufwand insbesondere
in seiner politischen Gestaltungsbefugnis beschnitten wird (BGH aaO). Die
haushaltsrechtliche Regelung, grundsätzlich nur nicht begonnene Projekte
durch Subventionen zu fördern, stützt die Gestaltungsfreiheit des öffentlichen
Subventionsgebers. Dieser kann so bei der Vergabe von Haushaltsmitteln
unbeeinflußt durch einen vorherigen, möglicherweise wirtschaftlich riskanten
Einsatz von Mitteln durch den Subventionsantragsteller die Subventionswürdigkeit eines Projekts, insbesondere auch im Vergleich zu anderen förderungswürdigen Projekten und unter Berücksichtigung der Gesamtheit der zur
Verfügung stehenden Fördermittel, sachlich prüfen.
Dem Grundsatz der Förderung lediglich nicht begonnener Projekte
kommt daher nicht nur formelle, sondern auch materielle Bedeutung zu. Wer
aber die (materiellen) Voraussetzungen für die Leistung einer Subvention
- 12 -
nicht erfüllt, hat auf sie keinen Anspruch; wie nahe sein Handeln dem gesetzgeberischen Motiv sonst kommt, ist ohne Bedeutung. Wird die zuständige staatliche Stelle durch Täuschung veranlaßt, den in Wahrheit nicht bestehenden Anspruch zu erfüllen, so wird dadurch die Staatskasse in Höhe der
unberechtigten Leistung geschädigt (vgl. BGHSt 19, 37, 44 f.; 31, 93, 95 f.;
Tröndle/Fischer aaO § 263 Rdn. 81). Ein Vermögensnachteil könnte bei dieser Sachlage allenfalls dann verneint werden, wenn dem Förderverein fraglos eine Ausnahmegenehmigung zum vorherigen Beginn mit dem zu fördernden Projekt zu erteilen und ihm danach die Subventionsmittel zweifelsfrei zu gewähren gewesen wären. Bei dem hier festgestellten konkreten
Vorlauf verstand sich solches aber nicht etwa von selbst; vielmehr hätte danach insbesondere die Erteilung der Ausnahmegenehmigung eher als fernliegend angesehen werden müssen.
b) Vorliegend kommt zudem eine Nachteilszufügung durch die Verringerung zweckgebundener Mittel ohne vollständige Zweckerreichung in Betracht (vgl. BGHSt 43, 293, 297 f.). Mit der gewährten Subvention sollte nach
der zum Haushaltsvollzug erlassenen Verwaltungsvorschrift ein weiterer wirtschaftspolitischer Zweck verfolgt werden. Nur solche mit dem allgemeinen
Subventionszweck übereinstimmende Vorhaben sollen gefördert werden, die
der Subventionsempfänger noch nicht begonnen hat, um dadurch eine
größtmögliche Nachfrage nach Wirtschaftsgütern zu erzielen. Dieser Zweck
könnte verfehlt worden sein, weil der Angeklagte Z
zwei neue
Backöfen bereits als Spende für den Förderverein eingeworben hatte.
c) Schließlich ist ein Schaden bzw. Vermögensnachteil auch nicht etwa wie die Verteidigung meint deshalb zu verneinen, weil der Zuwendungsbescheid später nicht widerrufen worden ist. Für die Gewährung einer
Subvention und ihre Zurückforderung können unterschiedliche Voraussetzungen gegeben sein. Die Zurückforderung kann aus ganz anderen legalen
Motiven hier etwa, weil entstandene Arbeitsplätze nicht gefährdet werden
- 13 -
sollten (vgl. UA S. 21) als aufgrund eines ursprünglich bestehenden Anspruchs auf Subventionsgewährung unterbleiben.
3. Letztlich ist auch die Erwägung des Landgerichts nicht tragfähig, eine Strafbarkeit wegen Subventionsbetrugs nach § 264 StGB komme nicht in
Betracht, weil der Förderverein nicht als Betrieb oder Unternehmen angesehen werden könne. Unter Betrieb oder Unternehmen ist die nicht nur vorübergehende Zusammenfassung mehrerer Personen unter Einsatz von
Sachmitteln in gewissem räumlichen Zusammenhang unter einer Leitung zur
Erreichung eines bestimmten, nicht stets wirtschaftlichen Zweckes zu verstehen. Auf die rechtliche Form und die Absicht der Gewinnerzielung kommt es
dabei nicht an (vgl. Tiedemann in LK 11. Aufl. § 264 Rdn. 38 f.; Tröndle/Fischer aaO § 264 Rdn. 11 und § 14 Rdn. 8). Auch ein eingetragener Verein wie der Förderverein D
/M
e.V. kann deshalb Betrieb oder Unter-
nehmen sein.
Sofern der Förderverein das Projekt „Wiedereinrichtung und Betreibung einer traditionell-dörflichen Holzbackstube mit integrierter Landschaftspflege“ tatsächlich betrieben hat wofür sprechen könnte, daß auf der Vorstandssitzung vom 12. März 1997 in den Vertrag mit dem Bauunternehmer
T
eingetreten wurde (UA S. 14) ist eine Strafbarkeit nach § 264 StGB
deshalb nicht von vornherein ausgeschlossen. Sollte dagegen der Förderverein überhaupt nicht beabsichtigt gehabt haben, das Projekt zu betreiben,
sondern sollte dies mit einer Betreibergesellschaft der Familie Z
erfolgen wofür sprechen könnte, daß der Angeklagte Z
Vorstandssitzung vom 11. September 1996 erklärte, die „GbR Z
auf der
werde das Projekt „Schaubäckerei und Waldpflege“ übernehmen (UA S. 11)
und daß Ehefrau und Tochter des Angeklagten noch im Jahre 1997 eine
GmbH gründeten, die das Projekt übernahm (UA S. 20, 21) kommt Strafbarkeit aus einem anderen Gesichtspunkt in Betracht. § 264 StGB kann auch
anwendbar sein, wenn eine an sich nur für Betriebe und Unternehmen bestimmte Subvention im Einzelfall für ein fingiertes Unternehmen erschlichen
- 14 -
wird (vgl. Tiedemann aaO § 264 Rdn. 44; Lenckner/Perron aaO § 264
Rdn. 21 m. w. N.).
Harms
Basdorf
Brause
Gerhardt
Schaal