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BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
4 StR 270/10
vom
20. Juli 2010
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen Vergewaltigung u.a.
-2-
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und der Beschwerdeführer am 20. Juli 2010 gemäß § 206a Abs. 1,
§ 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1.
Auf die Revision des Angeklagten B.
wird das Urteil
des Landgerichts Mönchengladbach vom 26. Januar
2010, soweit es ihn betrifft,
a)
aufgehoben, soweit der Angeklagte wegen vorsätzlicher Trunkenheit im Verkehr in vier Fällen verurteilt worden ist; insoweit wird das Verfahren eingestellt; im Umfang der Einstellung fallen die Kosten
des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des
Angeklagten der Staatskasse zur Last;
b)
im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte der Vergewaltigung in Tateinheit mit Körperverletzung, der sexuellen Nötigung, der gefährlichen Körperverletzung und der Körperverletzung
schuldig ist, und
c)
mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben im
Strafausspruch hinsichtlich der Einzelstrafe für die
Tat II. 1. b) und der Gesamtstrafe sowie im Maßregelausspruch; die Maßregel entfällt.
2.
Auf die Revision der Angeklagten Y.
wird das Urteil
des Landgerichts Mönchengladbach vom 26. Januar
2010, soweit es sie betrifft,
-3-
a)
im Schuldspruch dahin geändert, dass die Angeklagte im Fall II. 1. b) der Urteilsgründe der sexuellen Nötigung schuldig ist,
b)
im Ausspruch über die Einzelstrafe für die Tat
II. 1. b) der Urteilsgründe und im Gesamtstrafausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
3.
Im Umfang der Aufhebung der Strafaussprüche wird die
Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch
über die verbleibenden Kosten der Rechtsmittel, an eine
andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
4.
Die weiter gehenden Revisionen werden verworfen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten B.
1
wegen Vergewaltigung in
zwei Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit Körperverletzung, wegen gefährlicher Körperverletzung, Körperverletzung und vorsätzlicher Trunkenheit im
Verkehr in vier Fällen unter Einbeziehung der Strafe aus einem Strafbefehl zu
der Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und neun Monaten und die Angeklagte Y.
wegen Vergewaltigung in zwei Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit
mit Körperverletzung, zu der Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt. Es
hat angeordnet, dass von den verhängten Gesamtfreiheitsstrafen bei dem Angeklagten B.
sechs Monate und bei der Angeklagten Y.
vier Monate als
vollstreckt gelten, und des Weiteren die Verwaltungsbehörde angewiesen, dem
Angeklagten B.
vor Ablauf von vier Jahren keine Fahrerlaubnis zu erteilen.
-4-
Hiergegen richten sich die jeweils mit der Sachrüge begründeten Revisionen
der Angeklagten. Die Rechtsmittel haben den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen sind sie unbegründet im Sinne des § 349
Abs. 2 StPO.
1. Soweit der Angeklagte B.
2
wegen vorsätzlicher Trunkenheit im
Verkehr in vier Fällen verurteilt worden ist, ist das angefochtene Urteil aufzuheben und das Verfahren wegen eingetretener Verfolgungsverjährung einzustellen.
3
Die abgeurteilten Trunkenheitsfahrten beging der Angeklagte im Mai,
September und Oktober 2005 sowie im Februar 2006. Der Lauf der dreijährigen
Frist des § 78 Abs. 3 Nr. 5 StGB für die Verfolgungsverjährung wurde jeweils
durch die Anklageerhebungen zum Amtsgericht am 14. November 2005,
27. März und 7. April 2006 sowie für die Tat vom Mai 2005 darüber hinaus
durch den Eröffnungsbeschluss des Amtsgerichts vom 21. März 2006 unterbrochen. Weitere Unterbrechungshandlungen erfolgten in den jeweils dem Landgericht zur Übernahme vorgelegten Verfahren nicht, so dass die Verjährungsfrist
des § 78 Abs. 3 Nr. 5 StGB bezüglich sämtlicher Taten zum Zeitpunkt der Verbindung der Verfahren mit dem beim Landgericht anhängigen Verfahren am 17.
September 2009 bereits abgelaufen war. Prozesshandlungen, welche - wie die
Beauftragung eines Sachverständigen zur Klärung der Verhandlungsfähigkeit
des Angeklagten B.
am 9. Januar 2007 - vor der Verbindung in dem beim
Landgericht anhängigen Strafverfahren vorgenommen wurden, konnten hinsichtlich der Taten der Trunkenheit im Verkehr keine verjährungsunterbrechende Wirkung entfalten, weil sie in einem anderen getrennt geführten Verfahren
erfolgten (vgl. BGH, Beschluss vom 2. September 1992 - 3 StR 110/92, StV
-5-
1993, 71; Schmid in LK 12. Aufl. § 78 c Rdn. 2) und zudem andere prozessuale
Taten betrafen (vgl. Schmid aaO Rdn. 15 m.w.N.).
4
Die Teileinstellung des Verfahrens hat die Aufhebung des Maßregelausspruchs zur Folge und führt, da die Anordnung einer Sperre für die Erteilung der
Fahrerlaubnis nach § 69 a StGB wegen der von der Einstellung nicht berührten
Taten des Angeklagten aus Rechtsgründen nicht in Betracht kommt, zum Entfallen der Maßregel.
5
2. Der Schuldspruch gegen die Angeklagten wegen Vergewaltigung im
Fall II. 1. b) der Urteilsgründe kann keinen Bestand haben.
6
Nach den Urteilsfeststellungen zwangen die Angeklagten das Tatopfer
mit Schlägen dazu, an einem Dritten den Oralverkehr auszuführen. Zur Verwirklichung des Regelbeispiels des § 177 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 StGB ist aber erforderlich, dass der Täter die als Vergewaltigung zu qualifizierende sexuelle Handlung entweder selbst am Opfer vornimmt oder vom Opfer an sich vornehmen
lässt (BGH, Urteil vom 22. April 1999 - 4 StR 3/99, NStZ 1999, 452; vgl. Fischer
StGB 57. Aufl. § 177 Rdn. 72). Dass die Angeklagten die gewaltsame Nötigung
zum Oralverkehr gemeinschaftlich begingen und damit das Regelbeispiel des
§ 177 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 StGB erfüllten, vermag einen Schuldspruch wegen
Vergewaltigung nicht zu tragen (vgl. BGH, Beschluss vom 21. April 2009
- 4 StR 531/08, NStZ-RR 2009, 278).
7
Die Angeklagten haben sich im Fall II. 1. b) der Urteilsgründe damit jeweils der sexuellen Nötigung schuldig gemacht. Die Schuldspruchänderung
kann der Senat selbst vornehmen; § 265 StPO steht nicht entgegen.
-6-
8
Die Änderung des Schuldspruchs führt zur Aufhebung der für die Tat
II. 1. b) der Urteilsgründe verhängten Einzelstrafen und - neben der Teileinstellung des Verfahrens gegen den Angeklagten B.
- zur Aufhebung der Ge-
samtstrafenaussprüche. Die Strafkammer, die auch bei der Bemessung der
Einzelstrafen für die zutreffend als Vergewaltigung gewertete Tat II. 1. a) der
Urteilsgründe die Erfüllung beider Regelbeispiele des § 177 Abs. 2 Satz 2 StGB
zu Lasten der Angeklagten herangezogen hat, hat bei der Bestimmung der gegen den Angeklagten B.
zu verhängenden Einzelstrafe für die Tat II. 1. b)
der Urteilsgründe ausdrücklich strafschärfend berücksichtigt, dass beide Regelbeispiele nach § 177 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 und 2 StGB verwirklicht seien. Der Senat kann daher nicht ausschließen, dass sich die fehlerhafte Annahme des Regelbeispiels des § 177 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 StGB im Rahmen der Strafzumessung zum Nachteil der Angeklagten ausgewirkt hat. Das gilt angesichts der in
gleicher Höhe festgesetzten Einzelstrafe auch für die Angeklagte Y.
, obgleich
der unzutreffend als verwirklicht angesehene Regelfall des § 177 Abs. 2 Satz 2
Nr. 1 StGB in den sie betreffenden Urteilsausführungen zur Bemessung der
Einzelstrafe nicht ausdrücklich angeführt wird.
Ernemann
Solin-Stojanović
Mutzbauer
Roggenbuck
Bender