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2023-03-06 15:36:57 +01:00
BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 245/09
vom
29. Juni 2010
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
4.
wegen zu 1. und 4.: versuchten Betruges u.a.
zu 2. und 3.: Steuerhinterziehung u.a.
Verfallsbeteiligte:
1.
2.
3.
-2-
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom
29. Juni 2010, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Nack
und die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Wahl,
Hebenstreit,
Prof. Dr. Jäger,
Prof. Dr. Sander,
Staatsanwältin beim Bundesgerichtshof
Staatsanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
und
Rechtsanwalt
und
Rechtsanwalt
als Verteidiger des Angeklagten R.
,
Rechtsanwalt
als Verteidiger des Angeklagten S.
,
Rechtsanwältin
als Verteidigerin des Angeklagten W.
Rechtsanwalt
Rechtsanwalt
als Verteidiger des Angeklagten F.
,
und
,
Rechtsanwalt
als Vertreter der Verfallsbeteiligten H.
Rechtsanwältin
als Vertreterin der Verfallsbeteiligten
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,
für Recht erkannt:
AG i.L.,
Fa.
,
-3-
1. Auf die Revisionen der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 9. Mai 2008 mit den
zugehörigen Feststellungen aufgehoben, soweit das
Landgericht davon abgesehen hat, gegen die Angeklagten F.
und R.
sowie gegen die Verfallsbeteiligten
H.
GmbH und
AG
Fa.
i.L.,
A.
Verfall von Wertersatz anzuord-
nen; jedoch bleiben die Feststellungen zur Höhe des
von den Beteiligten Erlangten bestehen.
2. Die weitergehenden Revisionen der Staatsanwaltschaft
betreffend die Angeklagten F.
und R.
sowie die
Revisionen der Staatsanwaltschaft betreffend die Angeklagten S.
und W.
werden verworfen.
3. Die Kosten der Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft
betreffend die Angeklagten S.
und W.
und die
durch diese Rechtsmittel diesen Angeklagten entstandenen notwendigen Auslagen fallen der Staatskasse zur
Last.
4. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer
Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten
der weiteren Rechtsmittel, an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
-4-
Gründe:
1
Das Landgericht hat den Angeklagten F.
wegen versuchten Betruges
in Tateinheit mit unrichtiger Darstellung gemäß § 400 Abs. 1 AktG und mit Beihilfe zur unrichtigen Darstellung der Verhältnisse einer Kapitalgesellschaft im
Jahresabschluss (§ 331 Abs. 1 Nr. 1 HGB) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von
vier Jahren verurteilt.
2
Den Angeklagten R.
hat das Landgericht wegen versuchten Betru-
ges in Tateinheit mit unrichtiger Darstellung gemäß § 400 Abs. 1 AktG und wegen unrichtiger Darstellung der Verhältnisse einer Kapitalgesellschaft im Jahresabschluss zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt.
3
Die Angeklagten S.
und W.
hat das Landgericht jeweils wegen
Beihilfe zum versuchten Betrug, zur unrichtigen Darstellung gemäß § 400
Abs. 1 AktG und zur unrichtigen Darstellung der Verhältnisse einer Kapitalgesellschaft im Jahresabschluss sowie wegen Steuerhinterziehung in zwei Fällen
jeweils zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt. Deren Vollstreckung hat es zur Bewährung ausgesetzt.
4
Den Mitangeklagten B.
hat das Landgericht wegen Beihilfe zum ver-
suchten Betrug und zur unrichtigen Darstellung der Verhältnisse einer Kapitalgesellschaft im Jahresabschluss zu einer Freiheitsstrafe von acht Monaten verurteilt, deren Vollstreckung es ebenfalls zur Bewährung ausgesetzt hat.
5
Verfall von Wertersatz gegenüber den Angeklagten F.
genüber den Verfallsbeteiligten H.
und R.
AG i.L. und A.
, ge-
-5-
GmbH sowie gegenüber der weiteren Verfallsbeteiligten
der Ehefrau des Angeklagten F.
Fa. ,
, hat das Landgericht nicht angeordnet.
Gegen dieses Urteil wendet sich die Staatsanwaltschaft mit ihren Revisi-
6
onen; sie rügt die Verletzung materiellen Rechts. Die zu Lasten der Angeklagten eingelegten Revisionen hat die Staatsanwaltschaft beschränkt: Auf den
Strafausspruch bezüglich der Angeklagten F.
, R.
, S.
und W.
sowie auf die unterbliebene Anordnung des Verfalls von Wertersatz bezüglich
der Angeklagten F.
und R.
. Zudem wendet sie sich auch bezüglich der
Verfallsbeteiligten H.
und
Fa.
AG i.L., A.
GmbH
gegen die Nichtanordnung des Verfalls von Wertersatz. Die
Revisionen der Staatsanwaltschaft haben Erfolg, soweit sie sich gegen die
Nichtanordnung von Wertersatzverfall wenden; daher ist die sofortige Beschwerde gegen die Kostenentscheidung gegenstandslos. Im Übrigen sind die
Revisionen der Staatsanwaltschaft unbegründet.
I.
7
1. Das Landgericht hat folgende Feststellungen getroffen:
8
a) Zur Firmenstruktur
9
Der Angeklagte F.
war Vorsitzender des Verwaltungsrates des
Schweizer Unternehmens D.
AG (nachfolgend D.
AG)
und dessen beherrschender Mehrheitsaktionär. Bei dieser Gesellschaft war der
Angeklagte W.
zunächst als Assistent der Geschäftsleitung und später als
Bereichsleiter der Mediensparte des Unternehmens tätig und insoweit dem Angeklagten F.
direkt unterstellt.
-6-
Die D.
10
folgend I.
AG hielt rund 70 % der Aktien der I.
AG (nach-
AG). Wesentlicher Geschäftsgegenstand der I.
AG war die
Erbringung von Dienstleistungen im Internet, namentlich die Bereitstellung von
Speicherkapazitäten auf Servern zum Aufbau einer Internetpräsenz und die
Entwicklung von Software. Neben der D.
AG hielten Mitglieder des Ma-
nagements und des Aufsichtsrates der I.
AG sowie Mitarbeiter dieser Ge-
sellschaft ca. 10 % der Geschäftsanteile. Die verbleibenden 20 % der I.
-
Aktien wurden seit dem 17. März 2000 am „Neuen Markt“ der Deutsche Börse
AG an der Frankfurter Wertpapierbörse gehandelt. Vorstandsvorsitzender der
I.
AG war der Angeklagte F.
Angeklagte R.
Bl.
AG hielt die D.
AG Anteile an der
GmbH, deren Geschäftsführer die Angeklagten S.
und
B.
waren.
der I.
b) Manipulation der Umsatz- und Ertragszahlen im Vorfeld des Verkaufs
AG
12
13
.
Neben den Anteilen an der I.
11
, Finanzvorstand der Gesellschaft war der
Mitte des Jahres 2000 beschloss der Angeklagte F.
teile an der I.
, die Mehrheitsan-
AG zu verkaufen. Um potentielle Käufer der Aktien über die
tatsächliche wirtschaftliche Situation der I.
AG zu täuschen, veranlasste er
in der zweiten Hälfte des Jahres 2000 die Manipulierung der Umsatz- und Ertragszahlen der I.
14
AG für die ersten neun Monate des Geschäftsjahres.
Hierfür ließ er zum Ende des dritten Quartals insgesamt acht Rechnungen, mit denen von der I.
sondere gegenüber der Bl.
AG tatsächlich nicht erbrachte Leistungen - insbeGmbH sowie gegenüber weiteren Gesell-
schaften - mit einem Gesamtvolumen von 12.253.330 DM abgerechnet wurden,
-7-
zu Gunsten der I.
AG buchen. An diesen Buchhaltungsmanipulationen wa-
ren mit verschiedenen Beiträgen der Angeklagte R.
I.
AG, die Angeklagten S.
und B.
GmbH sowie der Angeklagte W.
der D.
als Finanzvorstand der
als Geschäftsführer der Bl.
als Bereichsleiter der Mediensparte
AG und in dieser Eigenschaft auch als Vorgesetzter der Ange-
klagten S.
und B.
beteiligt.
Durch diese Manipulationen und die damit einhergehende Täuschung
15
über die tatsächliche wirtschaftliche Situation der I.
AG sollten Kaufinteres-
senten zum Abschluss eines Kaufvertrages und zur Zahlung eines überhöhten
Kaufpreises veranlasst werden.
16
c) Der Verkauf der I.
AG
17
Mit Vertrag vom 19. Dezember 2000 verkaufte der Angeklagte F.
seiner Eigenschaft als Vorsitzender des Verwaltungsrates der D.
in
AG unter
Zwischenschaltung ihrer in Deutschland geschäftsansässigen 100%igen Tochtergesellschaft D.
der I.
H.
AG, der bei der D.
GmbH einen über 75%igen Mehrheitsanteil an
H.
S. 204), an die englische Gesellschaft E.
te sich die D.
E.
plc.. In diesem Vertrag verpflichte-
AG, 15 Millionen Aktien der I.
plc. zu übertragen. Als Gegenleistung sollte die E.
nen Euro an die D.
Aktien der E.
den, an die D.
I.
GmbH angesammelt worden war (UA
AG an die
plc. 210 Millio-
AG zahlen sowie 62 Millionen neu herauszugebende
plc., die im Kaufvertrag mit 552 Millionen Euro bewertet wurAG übertragen. Damit betrug der Gesamtkaufpreis für die
-Aktien 762 Millionen Euro. Der Vertrag wurde am 30. Januar 2001 durch-
geführt.
-8-
Entsprechend dem Tatplan der Angeklagten schlossen die Verantwortli-
18
chen der E.
plc. den Vertrag in der irrigen Annahme, dass die ihnen mitge-
teilten Unternehmenskennzahlen für die ersten neun Monate des Jahres 2000
zutreffend seien und die Zwischenbilanz des Unternehmens ordnungsgemäß
erstellt worden sei. Nach der - subjektiven - Vorstellung der Angeklagten F.
und R.
zahlte die E.
plc. demnach einen Kaufpreis, der den Marktwert
der erworbenen Beteiligung an der I.
AG um mindestens 30 Millionen Euro
überstieg (UA S. 219). Die Angeklagten W.
und S.
, die nicht alle
Manipulationen kannten, gingen von einem um 27,5 Millionen Euro und der Angeklagte B.
von einem um 25 Millionen Euro überhöhten Kaufpreis aus. In
dem jeweiligen Umfang sollte bei der D.
AG ein nicht gerechtfertigter
Vermögenszuwachs entstehen (UA S. 21).
19
d) Vermögensschaden
20
Da saldierungsfähige Barwerte für die nach dem Aktienkaufvertrag vom
19. Dezember 2000 zu tauschenden Aktienpakete nach Auffassung der Strafkammer auch im Schätzungswege objektiv nicht sicher bestimmbar waren, sah
sich die Strafkammer außerstande festzustellen, ob sich die E.
Zahlung eines objektiv über dem Marktwert der I.
plc. zur
-Beteiligung liegenden
überhöhten Kaufpreises verpflichtet hatte.
21
e) Die Verteilung des Erlöses aus der Veräußerung der I.
22
Der aus der Veräußerung des I.
AG
-Aktienpaketes von der D.
AG
vereinnahmte Erlös wurde zu einem großen Teil, nämlich in Höhe von insgesamt 233 Millionen Schweizer Franken, als Sonderdividende an die Aktionäre
der D.
AG ausgeschüttet (UA S. 272). Dem Angeklagten F.
flossen
-9-
aus dem Erlös der Veräußerung der I.
AG mindestens 31,6 Millionen Euro
zu (UA S. 7). Daneben vereinnahmte die A.
GmbH, deren
alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der Angeklagte F.
ist, auf des-
sen Veranlassung 52,5 Millionen Euro des Verkaufserlöses (UA S. 7). Der Angeklagte R.
, der im Tausch gegen die von ihm gehaltenen I.
en der E.
plc. mit einem „nominellen“ Buchwert von ca. 7,25 Millionen Euro
erhalten hatte, veräußerte die ihm übertragenen Aktien der E.
-Aktien Aktiplc. nach Ab-
lauf einer Sperrfrist für 1.124.093,31 Euro (UA S. 520).
23
Darüber hinaus partizipierten unter anderem auch die H.
AG i.L. und die Ehefrau des Angeklagten F.
aus der Veräußerung der I.
Angeklagten F.
AG an die E.
,
plc..
Fa. , an den Erlösen
Fa. erhielt vom
eine Zuwendung von 2 Millionen Euro aus dem Veräuße-
rungserlös, die H.
AG i.L. von 4,5 Millionen Euro (UA S. 519).
24
f) Weitere Folgen der Umsatzmanipulationen und der Erstellung der
Scheinrechnungen
25
Die nicht den tatsächlichen Verhältnissen entsprechenden Umsatz- und
Ertragszahlen der I.
AG, die sich aus der Erfassung der Scheinrechnungen
ergaben, wurden im Rahmen einer Ad-hoc-Meldung am 28. November 2000
veröffentlicht, mit der über die gesamte Geschäftstätigkeit der I.
AG des drit-
ten Quartals und der ersten neun Monate des Jahres 2000 an der Börse berichtet wurde. Zudem fanden die unzutreffenden Umsatz- und Ertragszahlen auch
zum überwiegenden Teil, nämlich in Höhe von 9.119.400 DM, Eingang in den
Konzernjahresabschluss und den Konzernlagebericht der I.
31. Dezember 2000.
AG zum
- 10 -
Die Angeklagten S.
26
und W.
gaben für die Bl.
GmbH
für die Voranmeldungszeiträume September und Dezember 2000 jeweils unrichtige Umsatzsteuer-Voranmeldungen ab. Sie machten zu Unrecht Umsatzsteuer in Höhe von 480.000 DM bzw. 828.000 DM aus Scheinrechnungen, die
für die Manipulationen der Umsatzzahlen der I.
AG erstellt worden waren,
als Vorsteuern geltend. Die Rechnungsaussteller führten die ausgewiesene
Umsatzsteuer jeweils an das zuständige Finanzamt ab.
2. Die Strafkammer hat diese Feststellungen wie folgt rechtlich gewür-
27
digt:
Da sie sich nicht in der Lage sah, saldierungsfähige Barwerte für die
28
nach dem Vertrag vom 19. Dezember 2000 zu tauschenden Aktienpakete hinreichend sicher zu bestimmen, hat die Strafkammer die Angeklagten F.
R.
und
lediglich wegen versuchten Betruges in Mittäterschaft verurteilt, wobei
sie einen angestrebten Vermögensschaden von 30 Millionen Euro zu Grunde
gelegt hat. Die Angeklagten W.
, S.
und B.
hat sie wegen Beihilfe
hierzu verurteilt.
29
Die unrichtigen Angaben in der Ad-hoc-Mitteilung der I.
28. November 2000 hat die Strafkammer bei den Angeklagten F.
AG vom
und R.
als unrichtige Darstellung i.S.v. § 400 Abs. 1 Nr. 1 AktG gewertet, die Unterstützung der Angeklagten S.
und W.
als Beihilfe hierzu. In der Aufnahme
unzutreffender Umsatz- und Ertragszahlen in die Abschlüsse der I.
den Angeklagten R.
AG durch
sah die Strafkammer die Verwirklichung des Tatbe-
standes der unrichtigen Darstellung i.S.v. § 331 Abs. 1 Nr. 1 HGB, zu der die
anderen Angeklagten Beihilfe geleistet hatten. Die Einreichung unzutreffender
Umsatzsteuer-Voranmeldungen durch die Angeklagten S.
und W.
hat
- 11 -
die Strafkammer als Steuerhinterziehung gemäß § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO gewertet.
Die Strafkammer hat gegen keinen der Angeklagten und auch gegen
30
keinen der Verfallsbeteiligten Verfall bzw. Verfall von Wertersatz angeordnet.
Sie ist der Auffassung, dass weder der Angeklagte F.
noch die Verfallsbetei-
ligten in einem bezifferbaren Umfang etwas i.S.v. § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB erlangt hätten. Unmittelbar aus der Tat sei lediglich der Abschluss des Vertrages
erlangt. Daher sei nur der sich aus der Saldierung von Leistung und Gegenleistung ergebende Betrag i.S.v. § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB erlangt. Da aber Barwerte für die nach dem Aktienkaufvertrag vom 19. Dezember 2000 zu tauschenden
Aktienpakete auch im Schätzungswege nicht sicher bestimmbar gewesen seien, sah sich die Strafkammer außerstande, das Erlangte objektiv, d.h. unabhänging von dem im Kaufvertrag vereinbarten Kaufpreis, zu beziffern. Außerdem sah sich die Strafkammer durch die Vorschrift des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB
an einer Verfallsanordnung gegenüber den Angeklagten F. , S.
W.
sowie der A.
bei den Angeklagten R.
und
GmbH gehindert. Schließlich stünde
, S.
und W.
der Anordnung des Verfalls
auch § 73c Abs. 1 Satz 1 StGB entgegen.
II.
31
Die Beschränkung der Revisionen der Staatsanwaltschaft ist wirksam.
Eine wirksame Revisionsbeschränkung setzt voraus, dass die Gesamtentscheidung auch dann frei von inneren Widersprüchen bleibt, wenn die eingelegte
Revision Erfolg hat (st. Rspr.; vgl. BGHSt 10, 100, 101; 29, 359, 364; 39, 208,
209; 41, 57, 59; 47, 32, 35; jew. mwN; BGH NStZ-RR 1999, 359). Dies ist hier
auch bei den Angeklagten R.
und F.
der Fall. Das Angriffsziel der Revisi-
onen setzt sowohl hinsichtlich der Strafaussprüche als auch bezüglich der er-
- 12 -
strebten Verfallsanordnung keinen vollendeten Betrug voraus. Wegen des den
Verfallsvorschriften zugrunde liegenden Bruttoprinzips setzt eine Verfallsanordnung hinsichtlich des aus einer Tat Erlangten nicht notwendig einen Vermögensschaden - spiegelbildlich zu einem Vermögensvorteil - voraus. Auch ein
versuchter Betrug ist eine rechtswidrige Tat im Sinne des § 73 StGB (vgl. W.
Schmidt in LK 12. Aufl. § 73 StGB Rdn. 16; siehe auch unten IV. 1. a), aus der
etwas i.S.v. § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB erlangt werden kann. Selbst wenn die erbrachte Gegenleistung den Wert der zugeflossenen Leistung erreichen würde,
könnte es zwar an einem Vermögensschaden fehlen, nicht aber am Erlangten.
Auch in solchen Fällen kommt ein Verfall noch in Betracht, es sei denn der Verfallsanordnung stehen Ansprüche des Verletzten i.S.d. § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB
entgegen oder die Härtevorschrift des § 73c StGB greift ein.
III.
Soweit sich die Revisionen der Staatsanwaltschaft gegen die Strafaus-
32
sprüche bezüglich der Angeklagten F.
, R.
, S.
und W.
wenden,
zeigen sie keinen Rechtsfehler auf. Die Einzelstrafen, die Gesamtstrafen und,
betreffend die Angeklagten S.
und W.
, auch die Strafaussetzung zur
Bewährung halten rechtlicher Nachprüfung stand.
Insbesondere ist auch die von der Staatsanwaltschaft beanstandete
33
Strafrahmenwahl rechtsfehlerfrei. Die Verneinung besonders schwerer Fälle
überschreitet noch nicht den dem Tatrichter hierbei zukommenden Beurteilungsspielraum.
Dies gilt auch, soweit das Landgericht bei den Angeklagten S.
34
W.
und
für die von ihnen begangenen Steuerhinterziehungen besonders schwe-
re Fälle i.S.v. § 370 Abs. 3 AO verneint hat. Die Voraussetzungen des § 370
- 13 -
Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 AO aF, der als für die Angeklagten günstigeres Tatzeitrecht
gemäß § 2 Abs. 3 StGB anzuwenden war, waren nicht gegeben. Auch handelten die Angeklagten S.
und W.
nicht aus grobem Eigennutz. Das
Landgericht hat zudem in den Blick genommen, dass nach dem Tatplan der
Angeklagten ein endgültiger Steuerschaden nicht angestrebt wurde und ein solcher auch nicht eingetreten ist.
IV.
35
Keinen Bestand hat das Urteil, soweit das Landgericht hinsichtlich der
Angeklagten R.
und F.
sowie gegenüber den Verfallsbeteiligten H.
AG i.L., A.
GmbH und
Fa.
von der An-
ordnung des Verfalls von Wertersatz abgesehen hat.
36
1. Das Landgericht hat den Umfang des aus der Tat Erlangten i.S.v. § 73
Abs. 1 StGB unzutreffend bestimmt. Deshalb war das Urteil hinsichtlich der Verfallsentscheidung aufzuheben. Dem liegt folgende rechtliche Beurteilung des
Senats (§ 358 Abs. 1 StPO) zugrunde:
37
a) Aus der Tat erlangt i.S.v. § 73 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 StGB sind alle
Vermögenswerte, die dem Begünstigten unmittelbar aus der Verwirklichung des
Tatbestands in irgendeiner Phase des Tatablaufs zufließen (vgl. BGHSt 52,
227, 246 mwN). Auch bei Betrugstaten ist dabei nicht erforderlich, dass der Täter einen Vermögensvorteil erlangt hat. Zudem stellt auch ein versuchter Betrug
eine rechtswidrige Tat i.S.v. § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB, § 11 Abs. 1 Nr. 5 StGB
dar, aus der i.S.v. § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB etwas erlangt sein kann. Deshalb
kann eine Verfallsanordnung auch an einen lediglich versuchten Betrug anknüp-
- 14 -
fen, soweit - wie hier - dem Täter oder einem Dritten (§ 73 Abs. 3 StGB) daraus
etwas zugeflossen ist (vgl. W. Schmidt in LK 12. Aufl. § 73 StGB Rdn. 16).
Einer Verfallsanordnung stand daher nicht entgegen, dass das Landge-
38
richt sich außerstande gesehen hat, mit der erforderlichen Sicherheit bei den
Angeklagten F.
und R.
eine ungerechtfertigte Bereicherung (einen Ver-
mögensvorteil) und bei der E.
plc. einen Vermögensschaden festzustel-
len.
39
b) Der Umfang des Erlangten ist zwingend nach Maßgabe des Bruttoprinzips zu bemessen (BGHSt 52, 227, 248). Hiernach sind die Vermögenswerte, die der Täter oder Teilnehmer in irgendeiner Phase des Tatablaufs unmittelbar erlangt hat, in ihrer Gesamtheit abzuschöpfen, ohne dass Gegenleistungen
oder sonstige Aufwendungen in Abzug gebracht werden (BGHSt 47, 369,
370 f.; 52, 227, 248). Bei der Berechnung des - wie hier - durch einen Kauf Erlangten ist deshalb vom gesamten betrügerisch erlangten Verkaufserlös auszugehen (BGHSt 47, 369, 370 mwN). Das Bundesverfassungsgericht hat hierzu
im vorliegenden Strafverfahren auf eine Verfassungsbeschwerde gegen eine
Arrestentscheidung des Hansatischen Oberlandesgerichts Hamburg folgendes
ausgeführt (Beschl. vom 11. Dezember 2008 - 2 BvR 1871/08):
„Die Annahme des Oberlandesgerichts, der Beschwerdeführer habe den Erlös aus den durch die D.
AG
verkauften E.
-Aktien ohne Berücksichtigung des
vorherigen Wertes der I. -Aktien ´erlangt´, begegnet
keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.
Anders als in den vom 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs entschiedenen Fällen (vgl. BGHSt 47, 260,
269 f.; 50, 299, 309 ff.; BGH, Beschluss vom 29. Juni
2006 - 5 StR 482/05, NStZ-RR 2006, S. 338), auf die der
Beschwerdeführer sich beruft, sind im vorliegenden Fall
die Vermögensbestandteile des Beschwerdeführers,
- 15 -
über deren Wert getäuscht worden sein soll und die unmittelbar zum Erwerb der E.
-Aktien eingesetzt wurden, selbst Gegenstand der mutmaßlichen Tathandlung
(vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 7. Juli 2006 - 2 BvR 527/06 -, juris; vgl. auch
BGHSt 47, 369, 370 ff., und BGH, Urteil vom 30. Mai
2008 - 1 StR 166/07, juris, Rn. 107). Nach dem sich aus
§§ 73, 73a StGB ergebenden Bruttoprinzip unterliegt das
Erlangte in seiner Gesamtheit dem Verfall.“
Schon deshalb ergibt sich aus der Rechtsprechung des 5. Strafsenats
40
(vgl. für die zudem anders gelagerten Fälle der Auftragserlangung durch Bestechung BGHSt 47, 260 sowie 50, 299 und für verbotene Insidergeschäfte BGH
NStZ 2010, 339) nichts Gegenteiliges; ein Fall der Divergenz i.S.v. § 132 Abs. 2
GVG ist nicht gegeben.
Im vorliegenden Fall haben die D.
41
AG und der Angeklagte R.
aus der Tat - versuchter Betrug zum Nachteil der E.
der E.
plc. - die Leistungen
plc. erlangt. Teile des Veräußerungserlöses flossen dann dem An-
geklagten F.
und den Verfallsbeteiligten zu (UA S. 7, 519). Die Erbringung
der Leistungen durch die E.
plc. ist noch Teil der Tat (vgl. BVerfG aaO);
erst die täuschungsbedingte Erfüllung des Betruges führt zur Beendigung der
Tat (Fischer StGB 57. Aufl. § 263 Rdn. 201 mwN). Entgegen der Auffassung
des Landgerichts ist in solchen Fällen nicht zwischen dem schuldrechtlichen
Verpflichtungsgeschäft und dem Erfüllungsgeschäft zu unterscheiden (vgl. auch
BGHSt 52, 227, 248 f.).
42
Aus der Tat erlangt i.S.v. § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB sind hier die in Vollzug
des täuschungsbedingt abgeschlossenen Vertrages vom 19. Dezember 2000
von der E.
plc. erbrachten Leistungen, hinsichtlich der D.
AG also
sowohl die „Barkomponente“ in Höhe von 210 Millionen Euro als auch das im
- 16 -
Austausch gegen I.
-Aktien übertragene E.
-Aktienpaket, dessen Wert
vertraglich mit 552 Millionen Euro beziffert wurde. Eine Saldierung der zwischen
der D.
AG und der E.
plc. in Vollzug der getroffenen Vereinbarung
ausgetauschten Leistungen war demgegenüber entgegen der Auffassung des
Landgerichts für die Bestimmung des Erlangten i.S.v. § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB
nicht vorzunehmen. Eine solche Saldierung schließt das gesetzlich vorgegebene Bruttoprinzip aus. Dieser Umfang des Verfalls entspricht dem Willen des
Gesetzgebers, der durch Gesetz zur Änderung des Außenwirtschaftsgesetzes,
des Strafgesetzbuches und anderer Gesetze vom 28. Februar 1992 (BGBl. I
S. 372) § 73 StGB mit Wirkung vom 7. März 1992 geändert hat. Daher hat der
Gesetzgeber den Begriff des Vermögensvorteils (Nettoprinzip) durch den des
Erlangten (Bruttoprinzip) ersetzt (BT-Drucks. 12/899 S. 11).
43
Würde man bei solchen Geschäften lediglich den Gewinn - also den Saldo aus Leistung und Gegenleistung - als Erlangtes ansehen, dann würde - dem
Willen des Gesetzgebers widersprechend - im Ergebnis das Bruttoprinzip wieder durch das Nettoprinzip ersetzt. Gerade die im vorliegenden Verfahren deutlich gewordenen Schwierigkeiten bei der Bemessung der Gegenleistung wollte
der Gesetzgeber aber bei Einführung des Bruttoprinzips vermeiden (vgl.
BT-Drucks. 12/899 S. 11). Zudem wollte er den unwiederbringlichen Verlust von
all dem anordnen, was in Straftaten investiert worden ist. Denn mit dem Verfall
verfolgt er auch einen Präventionszweck (BVerfG NJW 2004, 2073, 2075;
BGHSt 51, 65, 67). Müsste der von der Verfallsanordnung Betroffene lediglich
die Abschöpfung des Nettogewinns befürchten, so würde sich die Tat für ihn
unter finanziellen Gesichtspunkten als risikolos erweisen (vgl. BGHSt 51, 65,
67; 52, 227, 248).
- 17 -
c) Die vorstehenden Grundsätze gelten auch für die Anordnung des Ver-
44
falls gegenüber einem Drittbegünstigten i.S.v. § 73 Abs. 3 StGB, d.h. hier gegenüber der H.
AG i.L. und der A.
sowie gegenüber der Ehefrau des Angeklagten F.
ligten
GmbH
, der weiteren Verfallsbetei-
Fa. . Auch gegenüber diesen Verfallsbeteiligten ist der Umfang
des Erlangten nach Maßgabe des Bruttoprinzips zu bemessen, ohne dass Gegenleistungen oder sonstige Aufwendungen in Abzug gebracht werden (BGHSt
47, 369, 374; 52, 227, 247 f.; BGH NStZ-RR 2004, 214, 215).
45
2. Die rechtsfehlerhafte Bestimmung des Umfangs des Erlangten zwingt
zur Aufhebung des Urteils und zur Zurückverweisung, soweit von der Anordnung des Verfalls von Wertersatz gegen den Angeklagten F.
wie gegen die Verfallsbeteiligten H.
GmbH und
46
Fa.
und R.
so-
AG i.L., A.
abgesehen worden ist.
a) Nach den insoweit rechtsfehlerfrei getroffenen Urteilsfeststellungen,
die bestehen bleiben können, erlangte die D.
nehmen D.
H.
AG über ihr Tochterunter-
GmbH aus dem verfahrensgegenständlichen
Rechtsgeschäft 210 Millionen Euro sowie 62 Millionen neu herauszugebende
Aktien der E.
plc., deren Wert im zugrunde liegenden Vertrag mit 552 Milli-
onen Euro beziffert wurde. Nominal betrug der Gesamtpreis für die I.
-Aktien
demnach 762 Millionen Euro.
47
b) Unzureichend sind allerdings die bislang getroffenen Feststellungen
zur Weitergabe des von der D.
AG Erlangten an den Angeklagten F.
und an die Verfallsbeteiligten (vgl. oben Abschnitt I.1 Buchst. e). Diese Feststellungen bilden keine ausreichende Tatsachengrundlage für die Annahme des
Landgerichts, dass die Vermögenswerte, die den Angeklagten F.
und R.
- 18 -
sowie den Verfallsbeteiligten zugeflossen sind, im gesamten Umfang aus der
verfahrensgegenständlichen Straftat stammen. Darüber hinaus kann der Senat
auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen nicht beurteilen, ob die Zuflüsse bei den Verfallsbeteiligten aus betrieblichen Zurechnungsverhältnissen
(sog. Vertretungsfall; vgl. BGHSt 45, 235, 245), unentgeltlich oder aufgrund eines bemakelten Rechtsgeschäfts zur Verschleierung oder Vereitelung des
Gläubigerzugriffs (sog. Verschiebungsfall; vgl. Fischer StGB 57. Aufl. § 73
Rdn. 35 mwN) oder in Erfüllung einer nicht bemakelten Forderung (sog. Erfüllungsfall; vgl. BGHSt aaO S. 247) erfolgt sind. Die Höhe der in Schweizer Franken ausgezahlten Sonderdividende, deren Wert zur Zeit der Ausschüttung umgerechnet mehr als 350 Millionen Euro betrug, übersteigt die „Barkomponente“,
die aufgrund der Anteilsveräußerung an die E.
plc. erlangt wurde. Es fehlt
nicht nur an ausreichenden Feststellungen zu den für die Ausschüttung der
Sonderdividende maßgeblichen Beteiligungsverhältnissen an der D.
sondern auch dazu, in welchem Umfang die von der D.
D.
H.
AG,
AG über die
GmbH erlangte „Barkomponente“ in die Ausschüttung einge-
flossen ist.
3. Die bisherigen Feststellungen zur Höhe des von den Beteiligten i.S.v.
48
§ 73 Abs. 1 und § 73 Abs. 3 StGB i.V.m. § 431 Abs. 1, § 442 Abs. 1, Abs. 2
Satz 1 StPO Erlangten können indes bestehen bleiben. Beteiligte im hier verwendeten Sinn sind demnach die Angeklagten als Tatbeteiligte im Sinne von
§ 28 Abs. 2 StGB sowie die Verfallsbeteiligten einschließlich der D.
als Geschäftspartnerin und Garantiegeberin (UA S. 204) der E.
ihrer Tochtergesellschaft D.
I.
H.
AG
plc. und
GmbH als formeller Verkäuferin der
-Aktien. Das zur neuen Entscheidung berufene Tatgericht darf ergänzende
Feststellungen treffen, die den bisherigen nicht widersprechen.
- 19 -
4. Zu der neu zu treffenden Entscheidung über die Frage einer Verfalls-
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anordnung weist der Senat auf Folgendes hin:
a) Auf der Grundlage der bestandskräftigen Feststellungen wird der neue
50
Tatrichter seiner Entscheidung die rechtliche Beurteilung des Senats zugrunde
legen, dass das aus der Tat i.S.v. § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB Erlangte einen Wert
(vgl. § 73a Satz 1 StGB) von 762 Millionen Euro hatte. Das war der zu bezahlende Kaufpreis, auf den sich die Vertragsparteien geeinigt hatten und der in
Höhe von 552 Millionen Euro durch E.
-Aktien, deren Wert die Vertragspar-
teien einvernehmlich und nach den für dieses Geschäft maßgeblichen preisbildenden Faktoren bestimmt hatten, zu erbringen war. Nach dem Bruttoprinzip
unterliegt das Erlangte in seiner Gesamtheit dem Verfall, wobei ausreichend ist,
dass die Vermögenswerte zu irgendeinem Zeitpunkt, wenn auch nur für einen
kurzen Zeitraum, zugeflossen sind. Dass für den Weiterverkauf der erhaltenen
Aktien der E.
plc. eine neunmonatige Sperrfrist vereinbart wurde und dass
während dieser Zeit die Kurse dieser Aktien gefallen sind, könnte lediglich im
Rahmen des § 73c StGB Berücksichtigung finden (BVerfG wistra 2004, 378,
381 f.). Im Hinblick darauf kann das neue Tatgericht erwägen, ob das weitere
Verfahren hinsichtlich des Erlangten auf die "Barkomponente" beschränkt werden sollte.
b) Der neue Tatrichter wird Gelegenheit haben, bei seiner Entscheidung
51
über die Höhe des anzuordnenden Verfallsbetrags bezüglich der Angeklagten
F.
und R.
sowie der Verfallsbeteiligten folgende Gesichtspunkte zu be-
rücksichtigen:
52
aa) Die dem Gesellschaftsvermögen einer juristischen Person zugeflossenen Werte stellen trotz (abstrakter) Zugriffsmöglichkeiten der Gesellschafter
- 20 -
oder der Organe nicht ohne weiteres auch zugleich das durch die Angeklagten
und die Verfallsbeteiligten i.S.v. § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB Erlangte dar (vgl.
BVerfG aaO).
53
bb) Nach § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB ist die Anordnung des Verfalls bzw.
des Verfalls von Wertersatz ausgeschlossen, soweit Verletzten aus der Tat Ansprüche erwachsen sind, deren Erfüllung dem Täter oder Teilnehmer den Wert
des aus der Tat Erlangten entziehen würden. Unter den Voraussetzungen des §
73 Abs. 1 Satz 2 StGB ist eine Verfallsanordnung auch gegenüber einem Drittbegünstigten ausgeschlossen (vgl. BGHSt 52, 227, 244; BGH NStZ-RR 2007,
109, 110; Nack GA 2003, 879, 882 mwN). Für den Ausschluss kommt es allein
auf die rechtliche Existenz der Ansprüche an (vgl. Fischer, StGB 57. Aufl. § 73
Rdn. 18 mwN). Das bisherige Unterbleiben und die fehlende Erwartung der Geltendmachung solcher Ansprüche rechtfertigen also die Verfallsanordnung nicht
(BGH NStZ-RR 2007, 110). Dagegen bleibt sie möglich, wenn die Verletzten
auf die Geltendmachung wirksam verzichtet haben oder die Ansprüche verjährt
sind (BGHSt aaO; BGH NStZ 2006, 621, 623; Fischer aaO Rdn. 19).
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Hier wird der neue Tatrichter Gelegenheit haben zu prüfen, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang Ansprüche der E.
plc. als Verletzter
i.S.d. § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB dem Verfall von Wertersatz gegenüber den Angeklagten F.
und R.
sowie der A.
GmbH entgegen-
stehen (§ 262 StPO). Demgegenüber liegt aufgrund der bislang getroffenen
Feststellungen nahe, dass hinsichtlich der H.
weiteren Verfallsbeteiligten
Fa.
AG i.L. und der
die Voraussetzungen des § 73 Abs. 1
Satz 2 StGB nicht gegeben sind, da die E.
Geltendmachung von Ansprüchen verzichtet hat.
plc. ihnen gegenüber auf die
- 21 -
cc) Der Anwendung der Vorschrift des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB stünde
55
nicht entgegen, dass es nach Auffassung der Strafkammer an einem am
Schuldspruch anknüpfenden eindeutigen Beleg von Ansprüchen der Verletzten
fehlt. Die Verurteilung der Angeklagten F.
und R.
lediglich wegen ver-
suchten Betruges schließt nicht aus, dass zivilrechtliche Schadensersatzansprüche der E.
plc. gegeben sein können. Denn die Verurteilung lediglich
wegen versuchten Betruges resultiert nicht daraus, dass die Strafkammer einen
bei der E.
plc. eingetretenen Schaden ausgeschlossen hatte, sondern
daraus, dass nach ihrer Auffassung ein Vermögensschaden i.S.d. § 263 StGB
nach strafrechtlichen Maßstäben nicht zweifelsfrei festgestellt werden konnte.
Insbesondere ein möglicher Schadensersatzanspruch aus § 826 BGB, der der
Anordnung des Verfalls nach § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB entgegenstehen kann
(vgl. BGH NStZ 2010, 326), knüpft aber nicht am Begriff des Vermögensschadens des § 263 StGB an, sondern an einem Schadensbegriff, der sich nach
anderen Maßstäben bestimmt (vgl. BGHZ 160, 149; BGH NJW 2005, 2450).
dd) Hinsichtlich des Angeklagten R.
56
dass dieser von der E.
ist bislang lediglich festgestellt,
plc. zivilrechtlich in Anspruch genommen wird und
in diesem Zusammenhang einen Vergleich abgeschlossen hat, wonach er sich
zur Zahlung von mindestens 250.000 Euro verpflichtet hat. Einen Betrag von
100.000 Euro habe er hiervon bereits erbracht. Weiter habe sich der Angeklagte R.
aufgrund des Vergleiches verpflichtet, seine Vermögensverhältnisse
offen zu legen. Sollten sich die diesbezüglichen Feststellungen als unrichtig erweisen, wäre er zur Zahlung der gesamten Vergleichssumme in Höhe von 1,5
Millionen Euro verpflichtet. Hat er hingegen sämtliche Bedingungen des Vergleichvertrages erfüllt, hätte er insgesamt nur 250.000 Euro zu zahlen.
- 22 -
57
Den bisherigen Urteilsfeststellungen ist nicht hinreichend deutlich zu entnehmen, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe Ansprüche der E.
plc.
gegenüber dem Angeklagten R.
plc.
(noch) existieren. Sollte die E.
aufgrund eines Vergleiches auf einen Teil ihrer Ansprüche gegen den Angeklagten R.
endgültig verzichtet haben, steht § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB der
Anordnung des Verfalls von Wertersatz hinsichtlich des den Vergleichsbetrag
übersteigenden Wertes des Erlangten nicht entgegen (vgl. OLG Zweibrücken
StV 2003, 160, 162; Fischer StGB 57. Aufl. § 73 Rdn. 23):
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§ 73 Abs. 1 Satz 2 StGB schließt die Verfallsanordnung lediglich in dem
Umfang aus, in dem die Anordnung dem Täter das aus der Tat Erlangte zu Lasten des Verletzten entziehen würde ("soweit"). Nach dieser Vorschrift soll eine
Konkurrenz zwischen staatlichem Verfallsanspruch, der sich aus § 73 Abs. 1
Satz 1 StGB ergibt, und (meist zivilrechtlichen) Schadensersatzansprüchen der
Verletzten vermieden werden. Insbesondere soll die doppelte Inanspruchnahme des Täters aufgrund des identischen Lebenssachverhaltes verhindert werden (vgl. Fischer aaO Rdn. 17), ohne dass aber der weitere Grundsatz des Verfallsrechts aus dem Blick geraten darf, nach dem der Täter nichts vom Erlangten behalten darf. Das Gesetz löst dieses Konkurrenzverhältnis dahingehend,
dass - soweit Ansprüche des Verletzten bestehen - deren Befriedigung Vorrang
vor dem Verfall an den Staat (§ 73 Abs. 1 Satz 2 StGB) erhält.
59
Dem Verletzten steht es danach frei, sich mit dem Täter zu einigen und
auf einen ihm zustehenden Schadensersatz (oder einen Teil hiervon) zu verzichten. Ein Verzicht des Verletzten kann allerdings nicht den staatlichen Verfallsanspruch nach § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB begrenzen. Der Verletzte kann
zwar frei darüber entscheiden, was er vom Täter herausverlangen will, nicht
aber darüber, was dieser aus der Tat erlangt hat (so auch Fischer StGB aaO
- 23 -
Rdn. 23). Dies wird in der - freilich erst nach der Tatzeit in Kraft getretenen Vorschrift des § 111i StPO noch einmal verdeutlicht.
Deshalb haben Schadensersatzleistungen des Täters - unabhängig da-
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von, ob sie vor oder nach Erlass des Urteils geleistet wurden - für die Bestimmung der Höhe des aus der Tat i.S.v. § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB Erlangten keine
Auswirkung. Sie können allerdings im Rahmen der Härteklausel des § 73c
StGB Berücksichtigung finden und sind zudem - wie die Kammer berücksichtigt
hat - ein bestimmender Strafmilderungsgrund. Darüber hinaus würde die Anordnung des Verfalls den Strafausspruch unberührt lassen (BGH NStZ 1995,
491; NStZ-RR 1996, 129, 130; NStZ 2000, 137; NStZ 2001, 312).
ee) Hinsichtlich der A.
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GmbH ist bislang lediglich
festgestellt, dass die Gesellschaft zivilrechtlichen Schadensersatzansprüchen
der E.
plc. ausgesetzt ist. Sie könnte eine Haftung gemäß § 826 BGB tref-
fen, weil sie von dem Angeklagten F.
, der Geschäftsführer der Gesellschaft
ist, in Kenntnis aller haftungsbegründenden Umstände dazu eingesetzt worden
ist, Teile des Verkaufserlöses zu vereinnahmen.
Die neue Strafkammer wird klären, in welcher Höhe der E.
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plc. An-
sprüche i.S.v. § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB gegenüber der A.
GmbH erwachsen sind. Dabei wird sie auch prüfen, ob der - seitens der Strafkammer angenommene - Schadensersatzanspruch nach § 826 BGB gegenüber
der A.
Angeklagten F.
GmbH tatsächlich existiert. Auch hinsichtlich des
ergibt sich aus den getroffenen Urteilsfeststellungen noch
nicht, in welcher Höhe er Ansprüchen der E.
plc. ausgesetzt ist.
- 24 -
c) Auf der Grundlage der demnach erforderlichen weitergehenden Fest-
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stellungen wird das neue Tatgericht erforderlichenfalls prüfen, ob und gegebenenfalls inwieweit die Härtevorschrift des § 73c StGB der Anordnung des Verfalls von Wertersatz bei den Angeklagten F.
und R.
sowie bei den Ver-
fallsbeteiligten entgegensteht.
V.
Im Hinblick auf die Aufhebung der Verfallsentscheidung und Zurückver-
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weisung der Sache insoweit an das Landgericht ist die sofortige Beschwerde
der Staatsanwaltschaft gegen die die Verfallsbeteiligten betreffende Kostenentscheidung gegenstandslos.
Nack
Wahl
Jäger
Hebenstreit
Sander