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1 year ago
  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. IM NAMEN DES VOLKES
  3. URTEIL
  4. XII ZR 10/09
  5. Verkündet am:
  6. 6. Oktober 2010
  7. Küpferle,
  8. Justizamtsinspektorin
  9. als Urkundsbeamtin
  10. der Geschäftsstelle
  11. in der Familiensache
  12. Nachschlagewerk:
  13. ja
  14. BGHZ:
  15. nein
  16. BGHR:
  17. ja
  18. BGB §§ 426, 1378 Abs. 1, 1375 Abs. 1 aF, 1375 Abs. 1 nF
  19. 1. Ist im Rahmen des Zugewinnausgleichs eine Gesamtschuld der Ehegatten
  20. zu berücksichtigen, für die sie im Innenverhältnis anteilig haften, so kommt
  21. es für die Ermittlung des jeweiligen Endvermögens darauf an, ob die Ausgleichsforderung nach § 426 BGB realisierbar ist. Das ist auch dann der Fall,
  22. wenn ein Ehegatte erst aufgrund des Zugewinnausgleichs imstande ist, die
  23. interne Ausgleichsforderung zu erfüllen.
  24. 2. Ein am Bewertungsstichtag bestehender Unterhaltsrückstand ist als Passivposten im Endvermögen des Unterhaltsschuldners anzusetzen.
  25. BGH, Urteil vom 6. Oktober 2010 - XII ZR 10/09 - Kammergericht
  26. AG Tempelhof-Kreuzberg
  27. -2-
  28. Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
  29. vom 6. Oktober 2010 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne, die Richterin
  30. Weber-Monecke sowie die Richter Dose, Schilling und Dr. Günter
  31. für Recht erkannt:
  32. Die Revision gegen das Urteil des 13. Zivilsenats des Kammergerichts in Berlin vom 21. November 2008 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
  33. Von Rechts wegen
  34. Tatbestand:
  35. 1
  36. Die Parteien streiten um Zugewinnausgleich.
  37. 2
  38. Die Ehe der Parteien wurde auf den am 8. Oktober 2003 zugestellten Antrag der Klägerin am 30. August 2005 rechtskräftig geschieden. Die Parteien,
  39. die beide nicht über Anfangsvermögen verfügten, waren zu je 1/2 Miteigentümer einer Eigentumswohnung. Der Wert der Immobilie belief sich zum
  40. 8. Oktober 2003 auf 304.000 €; zu diesem Betrag wurde das Wohnungseigentum nach dem Stichtag veräußert. Die auf der Immobilie lastenden Verbindlich-
  41. -3-
  42. keiten, für die die Parteien als Gesamtschuldner hafteten, überstiegen den Verkaufserlös um 62.090,52 €. Der Beklagte löste die Verbindlichkeiten nach dem
  43. 8. Oktober 2003 ab. Zuvor hatte die Klägerin ihm auf Anfrage bestätigt, dass im
  44. Fall der Ablösung eine Ausgleichsforderung des Beklagten nach § 426 BGB
  45. bestehe.
  46. 3
  47. Das Endvermögen der Klägerin setzt sich - ohne Berücksichtigung der
  48. Immobilie und der darauf lastenden Verbindlichkeiten - aus einem Aktivvermögen von (mindestens) 11.683,38 € und Passiva von 28.962,32 € zusammen
  49. und war damit negativ. Das Endvermögen des Beklagten beläuft sich
  50. - wiederum ohne Einbeziehung des Wohnungseigentums und der hierfür eingegangenen
  51. Verbindlichkeiten -
  52. auf
  53. (mindestens)
  54. 155.456,92 €
  55. (Aktiva:
  56. 165.194,16 €; Passiva: 9.737,24 €) abzüglich eines am 8. Oktober 2003 bestehenden Unterhaltsrückstands von 1.818,18 €.
  57. 4
  58. Auf den vorprozessual in Höhe von 45.000 € geltend gemachten Zugewinnausgleichsanspruch der Klägerin hat der Beklagte 6.000 € gezahlt und mit
  59. notarieller Urkunde anerkannt, weitere 11.000 € zu schulden. Insoweit hat er
  60. sich der sofortigen Zwangsvollstreckung unterworfen. Ferner hat der Beklagte
  61. mit unstreitigen Forderungen in Höhe von insgesamt 15.300 € sowie mit einer
  62. Forderung von 31.045,26 € (1/2 der von ihm abgelösten, durch den Verkaufserlös der Immobilie nicht gedeckten Verbindlichkeiten von insgesamt 62.090,52 €)
  63. aufgerechnet.
  64. 5
  65. Mit ihrer Klage hat die Klägerin in erster Instanz die Zahlung eines weiteren Zugewinnausgleichs in Höhe von 32.000 € sowie die Erstattung vorprozessual entstandener Anwaltskosten - jeweils zuzüglich Zinsen - verlangt. Sie hat
  66. die Ansicht vertreten, das Wohnungseigentum und die dieses betreffenden
  67. -4-
  68. Verbindlichkeiten seien allein im Endvermögen des Beklagten als Aktivposten
  69. bzw. als Passiva zu berücksichtigen. Da sie die Belastungen nicht habe ausgleichen können, sei bei ihr auch die Hälfte der Verbindlichkeiten nicht anzusetzen. Im Übrigen könne nur so ein für sie angemessenes Ergebnis erzielt werden.
  70. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin,
  71. 6
  72. mit der sie ihren Zugewinnausgleichsanspruch in Höhe von 14.383,20 € zuzüglich Zinsen weiterverfolgt hat, ist zurückgewiesen worden. Dagegen richtet sich
  73. die zugelassene Revision der Klägerin.
  74. Entscheidungsgründe:
  75. 7
  76. Die Revision ist nicht begründet.
  77. 8
  78. 1. Das Kammergericht, dessen Entscheidung in FamRZ 2009, 1327 veröffentlicht ist, hat die Auffassung vertreten, der der Klägerin zustehende Zugewinnausgleichsanspruch sei durch Zahlung, notarielles Anerkenntnis und Aufrechnung erloschen. Zur Begründung hat das Kammergericht im Wesentlichen
  79. ausgeführt:
  80. Die Klägerin habe keinen Zugewinn erwirtschaftet, da zum Stichtag
  81. 9
  82. (8. Oktober 2003) ihre Passiva die Aktiva überstiegen hätten. Das Aktivvermögen
  83. (unstreitige
  84. Vermögenswerte:
  85. 11.683,38 €
  86. +
  87. Unterhaltsforderung:
  88. 1.818,18 € + Wert des Wohnungseigentums zu 1/2: 152.000 €) habe sich auf
  89. 165.501,56 € belaufen; diesem Betrag hätten Verbindlichkeiten von insgesamt
  90. -5-
  91. 212.007,58 € (unstreitige Verbindlichkeiten: 28.962,32 € + 1/2 der gesamten
  92. Wohnungsverbindlichkeiten: 183.045,26 €) gegenübergestanden.
  93. 10
  94. Der Beklagte habe einen Zugewinn von 122.593,48 € erzielt, der sich
  95. aus Aktiva in Höhe von 317.194,16 € (unstreitiges Vermögen: 165.164,16 € +
  96. 1/2 des Wertes der Eigentumswohnung: 152.000 €) und Passiva in Höhe von
  97. (richtig) 194.600,68 € (unstreitige Verbindlichkeiten: 9.737,24 € + Unterhaltsrückstand: 1.818,18 € + 1/2 der Wohnungsbelastung: 183.045,26 €) zusammensetze. Als Passiva seien grundsätzlich stichtagsbezogen bestehende Verbindlichkeiten aller Art abzusetzen; dazu gehörten auch Unterhaltsrückstände.
  98. 11
  99. Im Endvermögen beider Parteien sei der Wert der Immobilie zu je 1/2 zu
  100. berücksichtigen, ebenso die hierauf lastenden Verbindlichkeiten. Insoweit seien
  101. bei der Berechnung die volle Verbindlichkeit einerseits und der hälftige Ausgleichsanspruch gegen die andere Partei andererseits bereits saldiert worden.
  102. Die Ausgleichsansprüche ergäben sich infolge der gesamtschuldnerischen Haftung der Parteien für die Wohnungsverbindlichkeiten. Als Miteigentümer zu je
  103. 1/2 habe jeder Ehegatte im Innenverhältnis grundsätzlich auch die Hälfte der
  104. Darlehensschuld zu zahlen. Die Miteigentümergemeinschaft werde zwar von
  105. der ehelichen Lebensgemeinschaft überlagert, weshalb bis zum Scheitern der
  106. Ehe die alleinige Haftung eines Ehegatten aus der konkreten Gestaltung der
  107. ehelichen Lebensverhältnisse gefolgert werden könne. Mit dem Scheitern der
  108. Ehe sei die eheliche Lebensgemeinschaft als Grund für eine abweichende Gestaltung aber entfallen. Deshalb müssten nunmehr besondere Umstände aufgezeigt werden, die gleichwohl eine anteilige Haftung des anderen Ehegatten für
  109. die Zukunft ausschlössen. Solche Umstände seien von der Klägerin nicht vorgetragen worden. Daraus folge, dass entsprechend den Miteigentumsanteilen
  110. der Parteien der hälftige Wert der Immobilie im jeweiligen Aktivvermögen der
  111. -6-
  112. Parteien und die Verbindlichkeiten abzüglich des jeweiligen hälftigen Ausgleichsanspruchs im Passivvermögen der Parteien zu berücksichtigen seien.
  113. 12
  114. Eine Einbeziehung des Gesamtschuldnerausgleichs scheitere vorliegend
  115. nicht daran, dass die Klägerin nicht zum anteiligen Ausgleich der Forderung in
  116. der Lage sei. Der Klägerin sei als Gegenwert zu den ihr hälftig zuzurechnenden
  117. Immobilienverbindlichkeiten zunächst die Hälfte des Wertes der Wohnung anzurechnen. Für den anteiligen überschießenden Betrag der Verbindlichkeiten
  118. habe die Klägerin auch ihren Zugewinnausgleichsanspruch gegen den Beklagten einzusetzen, so dass sie insgesamt auch zu einem Ausgleich der anteiligen
  119. Gesamtschuld in der Lage sei. Aber selbst wenn davon ausgegangen werde,
  120. dass die Klägerin die Ausgleichsforderung nicht habe begleichen können, sei
  121. sie gehindert, sich hierauf zu berufen. Denn die Klägerin habe dem Beklagten
  122. vor dem Verkauf der Immobilie ausdrücklich bestätigt, dass diesem wegen der
  123. alleinigen Tilgung der Verbindlichkeiten ein Ausgleichsanspruch nach § 426
  124. BGB zustehe. Die Klägerin habe nicht im Ansatz dargetan, warum der von ihr
  125. zugestandene und damit auch vertraglich nochmals vereinbarte Gesamtschuldnerausgleich nunmehr durch das Zugewinnverfahren überlagert werden solle.
  126. Vielmehr sei sie an ihrer Erklärung insoweit festzuhalten.
  127. 13
  128. Gegen diese Ausführungen wendet sich die Revision ohne Erfolg.
  129. 14
  130. 2. Nach § 1378 Abs. 1 BGB schuldet grundsätzlich der Ehegatte, der den
  131. höheren Zugewinn erwirtschaftet hat, dem Ehegatten mit dem geringeren Zugewinn die Hälfte des Überschusses als Ausgleich. Zugewinn ist der Betrag, um
  132. den das Endvermögen eines Ehegatten das Anfangsvermögen übersteigt
  133. (§ 1373 BGB). Da die Parteien beide nicht über Anfangsvermögen verfügten,
  134. kommt es zur Ermittlung des Zugewinns allein auf ihr Endvermögen an.
  135. -7-
  136. 15
  137. 3. Die Höhe des Endvermögens hängt im vorliegenden Fall entscheidend
  138. von der vermögensrechtlichen Zuordnung der das Wohnungseigentum betreffenden Gesamtschuld ab.
  139. 16
  140. a) Das Berufungsgericht hat zu Recht angenommen, dass die güterrechtlichen Vorschriften über den Zugewinnausgleich den Gesamtschuldnerausgleich nicht verdrängen, und zwar unabhängig davon, ob die Leistung eines
  141. gesamtschuldnerisch haftenden Ehegatten vor oder nach Rechtshängigkeit des
  142. Scheidungsverfahrens erbracht worden ist. Denn bei richtiger Handhabung der
  143. güterrechtlichen Vorschriften vermag der Gesamtschuldnerausgleich das Ergebnis des Zugewinnausgleichs nicht zu verfälschen. Die Tilgung der Gesamtschuld durch einen der haftenden Ehegatten bewirkt im Regelfall keine Veränderung der für die Ermittlung des Zugewinns maßgeblichen Endvermögen,
  144. wenn die Gesamtschuld wirtschaftlich zutreffend, d.h. unter Beachtung des gesamtschuldnerischen Ausgleichs, in die Vermögensbilanz eingestellt wird (st.
  145. Rspr. s. BGHZ 87, 265, 273 = FamRZ 1983, 795, 797; Senatsurteile vom
  146. 30. September 1987 - IVb ZR 94/86 - FamRZ 1987, 1239, 1240; vom 27. April
  147. 1988 - IVb ZR 55/87 - FamRZ 1988, 920, 921 und vom 13. Juli 1988 - IVb ZR
  148. 96/87 - FamRZ 1988, 1031). Das wird erkennbar, wenn sich der Ausgleich der
  149. Gesamtschuldner nach der gesetzlichen Regel des § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB
  150. vollzieht. Soweit bei Zustellung des Scheidungsantrags als Stichtag für die Berechnung des Endvermögens (§ 1384 BGB) gemeinsame Verbindlichkeiten der
  151. Ehegatten noch nicht getilgt sind, ist im Endvermögen beider Ehegatten jeweils
  152. die noch bestehende Gesamtschuld in voller Höhe als Passivposten zu berücksichtigen. Demgegenüber ist - die Durchsetzbarkeit vorausgesetzt - der jeweilige Ausgleichsanspruch gegen den anderen Ehegatten, der die Befriedigung
  153. des Gläubigers nicht voraussetzt, als Aktivposten anzusetzen. Im Ergebnis hat
  154. -8-
  155. das regelmäßig zur Folge, dass Ehegatten, die als Gesamtschuldner haften, die
  156. gemeinsamen Verbindlichkeiten bei ihrem Endvermögen jeweils nur mit der
  157. Quote ansetzen können, die im Innenverhältnis auf sie entfällt (BGHZ 87, 265,
  158. 273 f. = FamRZ 1983, 795, 797; Senatsurteil vom 9. Januar 2008 - XII ZR
  159. 184/05 - FamRZ 2008, 602 Rn. 16).
  160. 17
  161. b) Vorrangig ist deshalb, in welchem Verhältnis die Parteien die Darlehensschulden im Innenverhältnis zu tragen haben. Nach § 426 Abs. 1 Satz 1
  162. BGB haften Gesamtschuldner zu gleichen Anteilen, wenn nicht ein anderes bestimmt ist. Eine abweichende Bestimmung kann sich aus dem Gesetz, einer
  163. Vereinbarung, dem Inhalt und Zweck des Rechtsverhältnisses oder der Natur
  164. der Sache, mithin aus der besonderen Gestaltung des tatsächlichen Geschehens ergeben (Senatsurteil vom 9. Januar 2008 - XII ZR 184/05 - FamRZ 2008,
  165. 602 Rn. 6 mwN).
  166. 18
  167. Unstreitig sind die Darlehen für das den Parteien gemeinsam gehörende
  168. Wohnungseigentum aufgenommen worden. Wie das Kammergericht zutreffend
  169. angenommen hat, lässt sich aus den gesetzlichen Bestimmungen über die
  170. Bruchteilsgemeinschaft, insbesondere den §§ 748, 755 BGB, der Grundsatz
  171. ableiten, dass die Teilhaber für Verbindlichkeiten, die sie in Bezug auf den gemeinschaftlichen Gegenstand eingegangen sind, im Innenverhältnis nach dem
  172. Verhältnis ihrer Anteile an dem Gegenstand haften, wenn sich nicht aus einer
  173. Vereinbarung oder besonderen Umständen des Falles etwas anderes ergibt
  174. (BGHZ 87, 265, 269 = FamRZ 1983, 795, 796).
  175. -9-
  176. 19
  177. Die Miteigentumsgemeinschaft wurde allerdings durch die eheliche Lebensgemeinschaft der Parteien überlagert. Daraus können sich für ihr Verhältnis als Miteigentümer und Gesamtschuldner der aufgenommenen Kredite Abweichungen gegenüber den Regeln der Bruchteilsgemeinschaft ergeben. Für
  178. die Zeit bis zum Scheitern der Ehe kann es nahe liegen, die alleinige Haftung
  179. des Beklagten für die Darlehensschulden aus der konkreten Gestaltung der ehelichen Lebensverhältnisse zu folgern (vgl. BGHZ 87, 265, 269 = FamRZ
  180. 1983, 795, 796; Senatsurteil vom 30. November 1994 - XII ZR 59/93 - FamRZ
  181. 1995, 216, 217).
  182. 20
  183. Mit dem Scheitern der Ehe haben sich die für die jeweiligen Leistungen
  184. maßgeblichen Umstände aber geändert; der Grund für die frühere Handhabung
  185. ist damit entfallen. Denn nach Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft
  186. besteht im Allgemeinen kein Anlass mehr für einen Ehegatten, dem anderen
  187. eine weitere Vermögensmehrung zukommen zu lassen, weil das Gegenseitigkeitsverhältnis, in dem die beiderseitigen Beiträge zur gemeinsamen Lebensführung gestanden haben, aufgehoben ist. Es müssen deshalb andere Umstände aufgezeigt werden, um eine anteilige Haftung desjenigen Ehegatten, der
  188. die Zahlungen nicht erbracht hat, für die - hier allein maßgebliche - Zeit nach
  189. Erhebung der Scheidungsklage auszuschließen (BGHZ 87, 265, 270 = FamRZ
  190. 1983, 795, 796; Senatsurteile vom 9. Januar 2008 - XII ZR 184/05 - FamRZ
  191. 2008, 602 Rn. 6 und vom 26. September 2007 - XII ZR 90/05 - FamRZ 2007,
  192. 1975 Rn. 13).
  193. 21
  194. c) Solche Umstände hat das Berufungsgericht nicht festgestellt, ohne
  195. dass die Revision hiergegen etwas erinnert. Denkbar wäre etwa, eine anderweitige Bestimmung, die die grundsätzliche Haftung von Gesamtschuldnern im Innenverhältnis zu gleichen Teilen verdrängt, anzunehmen, wenn die alleinige
  196. - 10 -
  197. Schuldentilgung durch einen der getrennt lebenden oder geschiedenen Ehegatten bei der Berechnung des dem anderen geschuldeten Unterhalts berücksichtigt wurde. Denn dies kann zu einer dem hälftigen Schuldenabtrag nahezu entsprechenden Reduzierung des Unterhalts und damit wirtschaftlich zu einer mittelbaren Beteiligung des Unterhaltsberechtigten am Schuldenabtrag führen
  198. (Senatsurteile vom 11. Mai 2005 - XII ZR 289/02 - FamRZ 2005, 1236, 1237;
  199. vom 26. September 2007 - XII ZR 90/05 - FamRZ 2007, 1975 Rn. 15 und vom
  200. 9. Januar 2008 - XII ZR 184/05 - FamRZ 2008, 602 Rn. 9). Ob und inwieweit
  201. sich die Berücksichtigung der Darlehensverbindlichkeiten auf die ersichtlich nur
  202. für einen Teilzeitraum getroffene Unterhaltsregelung der Parteien ausgewirkt
  203. hat, ist jedoch weder festgestellt worden noch sonst ersichtlich.
  204. 22
  205. Eine anderweitige Bestimmung kann im Einzelfall auch dann angenommen werden, wenn die tatsächliche Handhabung, nämlich die weitere Nutzung
  206. der Immobilie durch eine Partei, die während dieser Zeit auch die Lasten getragen hat, auf eine (stillschweigende) Vereinbarung des Inhalts schließen lässt,
  207. dass es damit hinsichtlich des internen Ausgleichs sein Bewenden haben soll,
  208. weil Nutzung und Leistung in einem angemessenen Verhältnis zueinander stehen (Senatsurteile vom 4. Juni 1986 - IVb ZR 50/85 - FamRZ 1986, 881, 882
  209. und vom 13. Januar 1993 - XII ZR 212/90 - FamRZ 1993, 676, 678). Auch hierzu sind Feststellungen indessen nicht getroffen worden.
  210. 23
  211. d) Es ist deshalb nicht zu beanstanden, wenn das Berufungsgericht im
  212. Hinblick auf die bestehende Miteigentumsgemeinschaft mangels anderweitiger
  213. Bestimmung davon ausgegangen ist, dass die Parteien nach dem Scheitern der
  214. Ehe, jedenfalls aber von der Rechtshängigkeit des Scheidungsverfahrens an,
  215. entsprechend ihren Miteigentumsanteilen, also zu je 1/2, im Innenverhältnis für
  216. die die Immobilie betreffenden Verbindlichkeiten aufzukommen haben. Dass ein
  217. - 11 -
  218. Gesamtschuldner zum internen Ausgleich finanziell nicht in der Lage ist, stellt
  219. keinen ausreichenden Grund dar, ihn von der Mithaftung im Innenverhältnis
  220. freizustellen (BGHZ 87, 265, 268 = FamRZ 1983, 795, 796; Wever, Vermögensauseinandersetzung der Ehegatten außerhalb des Güterrechts 5. Aufl.
  221. Rn. 295).
  222. 24
  223. 4. Das Endvermögen der Parteien ist unter Berücksichtigung der Gesamtschuld danach wie folgt zu errechnen:
  224. 25
  225. a) Bei der Klägerin ergibt sich unter Einbeziehung des hälftigen Werts
  226. des Wohnungseigentums und der Gesamtschuld ein negatives Endvermögen.
  227. Da die Durchsetzbarkeit eines ihr gegen den Beklagten zustehenden Ausgleichsanspruchs nach § 426 Abs. 2 Satz 1 BGB nicht zweifelhaft ist, kann die
  228. Gesamtschuld mit der Quote von 1/2 angesetzt werden, die im Innenverhältnis
  229. auf die Klägerin entfällt (vgl. 3. a) und d)). Ihre Aktiva betragen dann (ohne Berücksichtigung der Unterhaltsforderung) 163.683,38 € (unstreitige Vermögenswerte: 11.683,38 € + Wert des Wohnungseigentums: 152.000 €). Die Passiva
  230. belaufen sich demgegenüber - wie vom Berufungsgericht errechnet - auf
  231. 212.007,58 €.
  232. 26
  233. Nach § 1375 Abs. 1 Satz 2 BGB i.d.F. des Gesetzes zur Änderung des
  234. Zugewinnausgleichs- und Vormundschaftsrechts vom 6. Juli 2009 (BGBl. I
  235. S. 1696), das zum 1. September 2009 in Kraft getreten ist und das gemäß
  236. Art. 229 § 20 Abs. 2 EGBGB mit Ausnahme des § 1374 Abs. 1 BGB nF auch
  237. auf vor dem 1. September 2009 eingeleitete Verfahren über den Zugewinnausgleich anzuwenden ist, sind Verbindlichkeiten zwar über die Höhe des Endvermögens hinaus abzuziehen. Dieser (neuen) Bestimmung kommt aber nur dann
  238. Bedeutung zu, wenn auch das Anfangsvermögen des betreffenden Ehegatten
  239. - 12 -
  240. negativ ist. Denn nur in einem solchen, hier nicht vorliegenden Fall kann sich
  241. ein Zugewinn aus einer Reduzierung von Verbindlichkeiten ergeben (so auch
  242. MünchKommBGB/Koch 5. Aufl. § 1373 Rn. 4; Johannsen/Henrich/Jaeger Familienrecht 5. Aufl. § 1373 Rn. 3; Schwab Handbuch des Scheidungsrechts
  243. 6. Aufl. VII Rn. 16).
  244. 27
  245. b) aa) Das Endvermögen des Beklagten kann ebenfalls in der Weise ermittelt werden, dass zum einen der hälftige Wert des Wohnungseigentums als
  246. Aktivposten und zum anderen die im Innenverhältnis von ihm zu tragende hälftige Gesamtschuld als Passivposten angesetzt wird. Zwar ist eine Gesamtschuld an sich im Endvermögen beider Ehegatten in voller Höhe als Passivposten in die Ausgleichsbilanz einzustellen, weil beide im Außenverhältnis jeweils
  247. voll haften. Da der gegen den anderen Ehegatten gerichtete interne Ausgleichsanspruch aber zugleich als Aktivposten in die Berechnung einzubeziehen ist, kann sich die Berechnung im Ergebnis auf den Abzug der Gesamtschuld in Höhe der eigenen Haftungsquote (hier: 1/2) beschränken (vgl. 3. a)).
  248. 28
  249. Gegen diese (verkürzte) Berechnungsart bestehen dann keine Bedenken, wenn der interne Ausgleichsanspruch gegen den anderen Ehegatten
  250. durchsetzbar ist (so auch Gernhuber JZ 1996, 696, 697 Fn. 6). Denn in diesem
  251. Fall braucht der Ehegatte die Gesamtschuld nicht in voller Höhe, sondern nur
  252. insoweit zu tilgen, als es seinem Haftungsanteil im Innenverhältnis entspricht.
  253. Ist dagegen absehbar, dass die Ausgleichsforderung nach § 426 Abs. 2 Satz 1
  254. BGB dauerhaft uneinbringlich ist, so ist sie - wie alle uneinbringlichen Forderungen - wirtschaftlich wertlos und deshalb im Endvermögen des Ehegatten, der
  255. die Gesamtschuld getilgt hat, nicht zu berücksichtigen (BGHZ 87, 265, 273 =
  256. FamRZ 1983, 795, 797; Senatsurteil vom 30. September 1987 - IVb ZR 94/86
  257. - FamRZ 1987, 1239, 1240; OLG Frankfurt FamRZ 1985, 482; OLG Hamm
  258. - 13 -
  259. FamRZ 2002, 1032 [Leitsatz], Volltext bei juris Rn. 42; MünchKommBGB/Koch
  260. aaO § 1375 Rn. 16; Johannsen/Henrich/Jaeger aaO § 1375 Rn. 20; Wever aaO
  261. Rn. 350; Schwab aaO XII Rn. 112; Kogel Strategien beim Zugewinnausgleich
  262. 3. Aufl. Rn. 535).
  263. 29
  264. bb) Im vorliegenden Fall war die Klägerin am Stichtag (8. Oktober 2003)
  265. aufgrund ihrer Überschuldung nicht in der Lage, die interne Ausgleichsforderung des Beklagten von 31.045,26 € (1/2 der durch den Wert der Eigentumswohnung nicht gedeckten Gesamtschuld) zu begleichen. Das Kammergericht
  266. hat die Forderung gleichwohl nicht für wertlos gehalten, weil die Klägerin unter
  267. Berücksichtigung der Zugewinnausgleichsforderung imstande sein werde, den
  268. internen Ausgleichsanspruch zu erfüllen. Es hat den Ausgleichsanspruch nach
  269. § 426 Abs. 1 BGB deshalb dadurch berücksichtigt, dass es beim Beklagten nur
  270. die hälftige Gesamtschuld als Passivposten abgesetzt hat.
  271. 30
  272. Gegen diese Beurteilung wendet sich die Revision ohne Erfolg. Eine
  273. Forderung ist, wie bereits ausgeführt, nur dann als wirtschaftlich wertlos zu behandeln, wenn sie dauerhaft uneinbringlich ist. Lässt sich dagegen absehen,
  274. dass der Schuldner zu einem späteren Zeitpunkt ausreichend solvent sein wird,
  275. besteht kein Anlass, die Forderung im Rahmen der Zugewinnausgleichsbilanz
  276. nicht zu berücksichtigen. Denn die jeweiligen Aktiva und Passiva sind mit ihrem
  277. vollen wirtschaftlichen Wert einzustellen. Die finanzielle Leistungsfähigkeit des
  278. den internen Ausgleich schuldenden Ehegatten kann sich, wie das Kammergericht zutreffend angenommen hat, auch aus einem Anspruch auf Zugewinnausgleich ergeben (so auch Kleinle FamRZ 1997, 8, 14; Wever aaO Rn. 350; Staudinger/Noack BGB Neubearb. 2005 § 426 Rn. 226). Zum Bewertungsstichtag
  279. des § 1384 BGB ist nämlich absehbar, ob der güterrechtliche Ausgleichsanspruch den internen Ausgleichsanspruch erreicht oder sogar übersteigt. Da sich
  280. - 14 -
  281. die Zugewinnausgleichsforderung der Klägerin auf 61.296,74 € beläuft (s. unter
  282. 6.) und hiervon nach der Aufrechnung des Beklagten mit unstreitigen Gegenforderungen noch 45.996,74 € verbleiben, kann die interne Ausgleichsforderung
  283. realisiert werden.
  284. c) Danach sind die Aktiva des Beklagten mit 317.194,16 € und die Passi-
  285. 31
  286. va (ohne den Unterhaltsrückstand) mit 192.782,50 € anzusetzen.
  287. d) Die Revision vertritt demgegenüber die Auffassung, ein nach den vor-
  288. 32
  289. stehenden Maßgaben ermittelter Zugewinnausgleich sei unangemessen, weil er
  290. nicht zu einem dem Halbteilungsgrundsatz entsprechenden Ergebnis führe.
  291. Deshalb müsse § 1375 Abs. 1 Satz 2 BGB aF im Wege der teleologischen Auslegung dahin korrigiert werden, dass dann, wenn in der Person eines Ehegatten
  292. ein Zugewinnausgleichsanspruch mit einer Ausgleichsschuld nach § 426 Abs. 2
  293. Satz 1 BGB zusammentreffe, das Verbot eines negativen Endvermögens nicht
  294. gelte.
  295. 33
  296. Damit vermag die Revision nicht durchzudringen. Das Zugewinnausgleichsverfahren ist darauf angelegt, das zum Bewertungsstichtag vorhandene
  297. Vermögen der Ehegatten auszugleichen. Ein Ausgleich von Verlusten findet
  298. dagegen nicht statt. Würde ein negatives Endvermögen (und nicht ein solches
  299. von allenfalls 0) in die Ausgleichsbilanz eingestellt, so würden aber die Verluste,
  300. die bei einem Ehegatten zu verzeichnen sind, ausgeglichen, obwohl das Vermögen der Ehegatten auch im gesetzlichen Güterstand getrennt bleibt. Das
  301. deshalb (hier) mit 0 anzusetzende Endvermögen hat zur Folge, dass der Ausgleichsberechtigte einen Zugewinnausgleich in Höhe der Hälfte des Endvermögens des anderen Ehegatten verlangen kann. Wenn der Ausgleichspflichtige
  302. mehr abgeben müsste, würde der Halbteilungsgrundsatz zu seinem Nachteil
  303. - 15 -
  304. verletzt. Das Ergebnis ist deshalb nicht willkürlich, sondern beruht darauf, dass
  305. dem anderen Ehegatten grundsätzlich - von den Fällen des § 1375 Abs. 2 BGB
  306. abgesehen - jedenfalls die Hälfte seines Vermögens zum Stichtag verbleiben
  307. muss.
  308. 34
  309. Einen Verlustausgleich will auch das zum 1. September 2009 geänderte
  310. Zugewinnausgleichsrecht nicht erreichen. Danach wird zwar auch ein Zugewinn
  311. berücksichtigt, der sich ergibt, wenn das Endvermögen eines Ehegatten sein
  312. negatives Anfangsvermögen übersteigt (vgl. §§ 1374 Abs. 1 und 3, 1375
  313. Abs. 1, 1378 Abs. 1 BGB). Bei negativem Endvermögen kommt es aber nur
  314. dann zu einer Auswirkung des in der Schuldenrückführung liegenden Gewinns,
  315. falls der (nach wie vor verschuldete) Ehegatte ausgleichsberechtigt ist und sein
  316. Ehegatte über aktives Endvermögen verfügt. In diesem Fall verringert sich die
  317. Differenz seines Zugewinns zu dem seines Ehegatten. Einen negativen Zugewinn gibt es weiterhin nicht. Dadurch soll vermieden werden, dass ein Ehegatte
  318. über den Zugewinn für die Verbindlichkeiten des anderen Ehegatten mithaftet
  319. und dessen Gläubiger begünstigt werden (BT-Drucks. 16/10798 S. 11, 14).
  320. 35
  321. e) Im vorliegenden Fall ist es im Übrigen, wie das Kammergericht zutreffend angenommen hat, aufgrund der weiteren Umstände jedenfalls gerechtfertigt, die Gesamtschuld in der vorgenannten Weise zu berücksichtigen. Die Klägerin hat dem Beklagten nach dem Stichtag, aber noch vor dem Verkauf der
  322. Immobilie ausdrücklich bestätigt, dass diesem wegen der nach dem Verkauf
  323. verbleibenden Belastungen ein Ausgleichsanspruch gemäß § 426 BGB zustehe. Damit hat die Klägerin zu erkennen gegeben, dass sie sich in der Lage sehe, den entsprechenden Betrag aufzubringen. Daran muss sie sich festhalten
  324. lassen.
  325. - 16 -
  326. 36
  327. 5. Als weiterer Passivposten ist zu Recht der unstreitige Unterhaltsrückstand von 1.818,18 € beim Endvermögen des Beklagten abgesetzt worden. Bereits entstandene Verbindlichkeiten mindern grundsätzlich das Endvermögen
  328. eines Ehegatten. Das gilt auch für rückständigen Unterhalt, der dem anderen
  329. Ehegatten geschuldet wird (Senatsurteil vom 27. August 2003 - XII ZR 300/01 BGHZ 156, 105, 109 = FamRZ 2003, 1544, 1545), und zwar unabhängig davon,
  330. ob sich die Unterhaltsforderung im Endvermögen des Unterhaltsgläubigers
  331. auswirkt. Entgegen der Auffassung der Revision ist nicht zu erkennen, dass der
  332. Zugewinnausgleich insoweit einen Nachteil für die Klägerin begründen würde.
  333. Da ihr Endvermögen auch unter Einbeziehung der Unterhaltsforderung negativ
  334. ist, steht sie sich - bezogen auf den Ausgleich - sogar besser, als wenn sie über
  335. positives Endvermögen verfügen würde. Hätte der Unterhaltspflichtige den Unterhaltsrückstand vermieden, so wäre sein Endvermögen im Übrigen entsprechend niedriger gewesen, so dass auch in diesem Fall in Höhe des Betrages
  336. der Unterhaltsforderung kein Zugewinn angefallen wäre (so auch Johannsen/Henrich/Jaeger aaO § 1375 Rn. 21; MünchKommBGB/Koch aaO § 1375
  337. Rn. 16).
  338. 37
  339. 6. Danach ist das angefochtene Urteil nicht zu beanstanden. Unter Einbeziehung auch der Unterhaltsforderung hat der Beklagte - wie vom Kammergericht errechnet - einen Zugewinn von 122.593,48 € erzielt. Die Zugewinnausgleichsforderung der Klägerin beläuft sich somit auf 61.296,74 €. Hierauf sind
  340. bereits 6.000 € sowie - entsprechend dem notariellen Anerkenntnis des Beklagten - weitere 17.000 € gezahlt worden. In Höhe von 15.300 € hat der Beklagte
  341. - 17 -
  342. mit
  343. unstreitigen
  344. Gegenforderungen
  345. aufgerechnet.
  346. Der
  347. Restbetrag
  348. von
  349. 28.996,74 € ist niedriger, als die dem Beklagten nach § 426 Abs. 2 Satz 1 BGB
  350. zustehende Ausgleichsforderung von 31.045,26 €, mit der er ebenfalls wirksam
  351. aufgerechnet hat. Danach verbleibt kein zu zahlender Betrag mehr.
  352. Hahne
  353. Weber-Monecke
  354. Schilling
  355. Dose
  356. Günter
  357. Vorinstanzen:
  358. AG Berlin-Tempelhof-Kreuzberg, Entscheidung vom 19.02.2008 - 158 F 4929/07 KG Berlin, Entscheidung vom 21.11.2008 - 13 UF 21/08 -