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1 year ago
  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. BESCHLUSS
  3. XII ZB 700/12
  4. vom
  5. 17. Juli 2013
  6. in der Familiensache
  7. Nachschlagewerk:
  8. ja
  9. BGHZ:
  10. nein
  11. BGHR:
  12. ja
  13. FamFG § 64; ZPO §§ 117, 233 Hb
  14. a) Das Verfahrenskostenhilfegesuch für eine beabsichtigte Beschwerde in einer
  15. Familiensache war nach der bis 31. Dezember 2012 bestehenden Rechtslage beim Oberlandesgericht einzureichen.
  16. b) Wegen der nach Inkrafttreten der FGG-Reform zunächst insoweit bestehenden Rechtsunsicherheit, die inzwischen zu einer Gesetzesänderung geführt
  17. hat, begründet die Einreichung beim hierfür unzuständigen Amtsgericht kein
  18. Verschulden des Rechtsanwalts.
  19. BGH, Beschluss vom 17. Juli 2013 - XII ZB 700/12 - OLG Frankfurt a.M.
  20. AG Bad Hersfeld
  21. -2-
  22. Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 17. Juli 2013 durch den Vorsitzenden Richter Dose und die Richter Weber-Monecke, Dr. Klinkhammer,
  23. Schilling und Dr. Günter
  24. beschlossen:
  25. Der Antragstellerin wird gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung und Begründung der Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 2. Familiensenats in Kassel des Oberlandesgerichts
  26. Frankfurt am Main vom 27. April 2012 Wiedereinsetzung in den
  27. vorigen Stand gewährt.
  28. Auf die Rechtsbeschwerde der Antragstellerin wird der vorgenannte Beschluss aufgehoben.
  29. Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung, auch
  30. über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.
  31. Beschwerdewert: 4.048 €
  32. Gründe:
  33. I.
  34. 1
  35. Die Beteiligten streiten über Volljährigenunterhalt. Die Antragstellerin ist
  36. die 1990 geborene Tochter des Antragsgegners. Sie hat vor dem Amtsgericht
  37. beantragt, den Antragsgegner zu Unterhaltszahlungen ab Februar 2010 zu verpflichten.
  38. -3-
  39. 2
  40. Das Amtsgericht hat den Antrag zurückgewiesen. Der Beschluss des
  41. Amtsgerichts ist der Antragstellerin am 22. Februar 2012 zugestellt worden. Mit
  42. einem am 22. März 2012 beim Amtsgericht eingegangenen Schriftsatz hat die
  43. Antragstellerin Verfahrenskostenhilfe für eine beabsichtigte Beschwerde beantragt. Das Amtsgericht hat den Antrag an das Oberlandesgericht weitergeleitet,
  44. bei dem er am 29. März 2012 eingegangen ist.
  45. 3
  46. Nach einem der Antragstellerin am 5. April 2012 zugestellten Hinweis
  47. des Oberlandesgerichts, dass der Antrag wegen des erst nach Ablauf der Beschwerdefrist bei ihm erfolgten Eingangs mangels Erfolgsaussicht der Rechtsverfolgung zurückzuweisen sei, hat die Antragstellerin mit einem am 19. April
  48. 2012 sowohl beim Oberlandesgericht als auch beim Amtsgericht eingegangenen Schriftsatz Beschwerde gegen den amtsgerichtlichen Beschluss eingelegt
  49. und beantragt, ihr wegen der versäumten Beschwerdefrist Wiedereinsetzung in
  50. den vorigen Stand zu gewähren.
  51. 4
  52. Das Oberlandesgericht hat den Wiedereinsetzungsantrag zurückgewiesen und die Beschwerde verworfen. Dagegen richtet sich die von der Antragstellerin eingelegte Rechtsbeschwerde, mit der sie ihre Anträge aus der Vorinstanz weiterverfolgt.
  53. II.
  54. 5
  55. Die nach § 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG, § 238 Abs. 2 Satz 1 ZPO iVm
  56. § 117 Abs. 1 Satz 4 FamFG, §§ 522 Abs. 1 Satz 4, 574 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthafte und auch sonst zulässige Rechtsbeschwerde führt zur Aufhebung des
  57. angefochtenen Beschlusses und Zurückverweisung der Sache an das Oberlandesgericht.
  58. -4-
  59. 6
  60. 1. Nach Auffassung des Oberlandesgerichts, dessen Entscheidung in
  61. FamRZ 2013, 146 veröffentlicht ist, ist einer bedürftigen Partei, die ein Rechtsmittel einlegen will, zwar Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren,
  62. wenn sie bis zum Ablauf der Rechtsmittelfrist einen vollständigen Antrag auf
  63. Prozesskostenhilfe mit einem Vordruck über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nebst Belegen eingereicht hat. Dieser Antrag müsse aber
  64. beim zuständigen Gericht eingereicht werden. Im vorliegenden Fall sei nach
  65. § 117 Abs. 1 ZPO das Oberlandesgericht als Rechtsmittelgericht zuständig. An
  66. dieser Regelung habe sich durch das seit 1. September 2009 geltende neue
  67. Familienverfahrensrecht nichts geändert. Denn die Vorschriften über die Prozesskostenhilfe seien nach § 113 FamFG anwendbar, so dass zwar nach § 64
  68. Abs. 1 FamFG die Beschwerde selbst bei dem Gericht einzulegen sei, dessen
  69. Beschluss angefochten werde, der Antrag auf Verfahrenskostenhilfe hingegen
  70. weiterhin beim Rechtsmittelgericht eingereicht werden müsse. Die Gegenauffassung, wonach der Antrag auf Verfahrenskostenhilfe beim Amtsgericht einzureichen sei, weil dort auch die Beschwerde einzulegen sei, vermöge nicht zu
  71. überzeugen. Es sei zwar nicht verständlich, warum die Beschwerde beim
  72. Amtsgericht einzulegen sei, der Verfahrenskostenhilfeantrag aber beim
  73. Rechtsmittelgericht. Dieser Systembruch ändere aber nichts daran, dass die
  74. Regeln der Prozesskostenhilfe unverändert in das neue Verfahrensgesetz einbezogen worden seien. Auch die Gesetzesmaterialien rechtfertigten nicht den
  75. Schluss auf einen abweichenden Willen des Gesetzgebers, der Gesetzestext
  76. sei vielmehr klar und verständlich. Das Amtsgericht sei auch nicht das Verfahrensgericht im Sinne von § 117 Abs. 1 ZPO. Aus der alleinigen Verpflichtung
  77. zur Weiterleitung der Akten könne sich diese Stellung nicht ergeben. Dafür
  78. spreche auch ein Vergleich zu den Regelungen in der Finanzgerichtsbarkeit, wo
  79. ebenfalls die Beschwerde beim Ausgangsgericht einzulegen sei, der Prozess-
  80. -5-
  81. kostenhilfeantrag für eine beabsichtigte Beschwerde aber beim Rechtsmittelgericht. Im Verwaltungsprozessrecht gelte das Gleiche.
  82. 7
  83. 2. Das hält in einem entscheidenden Punkt der rechtlichen Überprüfung
  84. nicht stand. Dem Oberlandesgericht ist zwar darin zuzustimmen, dass der Antrag auf Verfahrenskostenhilfe, um eine Wiedereinsetzung wegen Bedürftigkeit
  85. begründen zu können, nach der bis zum 31. Dezember 2012 bestehenden
  86. Rechtslage beim Rechtsmittelgericht einzureichen war. Insoweit bestand aber
  87. nach Inkrafttreten des geänderten Familienverfahrensrechts zum 1. September
  88. 2009 eine unklare Rechtslage, die unter den Oberlandesgerichten umstritten
  89. und höchstrichterlich nicht geklärt war. Die unzutreffende Adressierung des Verfahrenskostenhilfeantrags an das Amtsgericht ist daher ausnahmsweise als
  90. entschuldigt anzusehen.
  91. 8
  92. a) Zu Recht ist das Oberlandesgericht davon ausgegangen, dass das
  93. Verfahrenskostenhilfegesuch nach dem hier noch anzuwendenden - bis zum
  94. 31. Dezember 2012 geltenden - Recht (vgl. nunmehr - seit 1. Januar 2013 § 64 Abs. 1 Satz 2 FamFG) beim Rechtsmittelgericht einzureichen war.
  95. 9
  96. Danach war gemäß § 113 Abs. 1 FamFG iVm § 117 Abs. 1 Satz 1 ZPO
  97. der Antrag beim Prozessgericht (§ 113 Abs. 5 Nr. 1 FamFG: Verfahrensgericht)
  98. zu stellen. Bei der Beantragung von Prozesskostenhilfe entspricht es allgemeiner Meinung, dass der Antrag bei einem noch nicht anhängigen Verfahren bei
  99. dem Gericht einzureichen ist, das für die Hauptsache zuständig wäre (vgl. Senatsbeschluss vom 9. März 1994 - XII ARZ 2/94 - NJW-RR 1994, 706), ein Prozesskostenhilfegesuch für ein beabsichtigtes Rechtsmittel also beim Rechtsmittelgericht einzureichen ist (vgl. Senatsbeschluss vom 22. August 2001 - XII ZB
  100. 67/01 - FamRZ 2002, 1704; BGH Beschlüsse vom 26. September 2002 - I ZB
  101. 20/02 - FamRZ 2003, 89 und vom 22. Oktober 1986 - VIII ZB 40/86 - NJW
  102. -6-
  103. 1987, 440). Daran ist, wie das Oberlandesgericht zutreffend hervorgehoben hat,
  104. durch das zum 1. September 2009 in Kraft getretene Verfahrensrecht auch in
  105. Familienstreitsachen (zunächst) nichts geändert worden. Vielmehr verweist
  106. § 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG (ebenso in § 76 FamFG) auf die unveränderte Regelung in § 117 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Die geänderte Einlegung des Rechtsmittels
  107. in der Hauptsache - beim Ausgangsgericht statt beim Rechtsmittelgericht - ist
  108. dagegen allein in § 64 Abs. 1 FamFG geregelt und hat die Zuständigkeit des
  109. Rechtsmittelgerichts für die Stellung des Verfahrenskostenhilfeantrags unberührt gelassen (zutreffend FamVerf/Gutjahr 2. Aufl. § 1 Rn. 102; Schael FamFR
  110. 2011, 494; Nickel MDR 2010, 1227, 1230).
  111. 10
  112. Dagegen hat das Oberlandesgericht Bremen die Auffassung vertreten,
  113. jedenfalls bis zur Weiterleitung der Verfahrensakten an das Beschwerdegericht
  114. könne das Verfahrenskostenhilfegesuch außer bei dem Rechtsmittelgericht
  115. auch bei dem Gericht eingereicht werden, dessen Entscheidung angefochten
  116. werden soll (OLG Bremen FamRZ 2011, 913). Weitergehend hat das Oberlandesgericht Bamberg die Auffassung vertreten, der Antrag auf Bewilligung von
  117. Verfahrenskostenhilfe für eine beabsichtigte Beschwerde sei grundsätzlich beim
  118. Amtsgericht einzureichen (OLG Bamberg FamRZ 2012, 49; ebenso OLG Brandenburg Beschluss vom 26. November 2012 - 9 UF 64/12 – nicht veröffentlicht).
  119. In der Literatur ist ebenfalls die Auffassung vertreten worden, für die Stellung
  120. des Verfahrenskostenhilfeantrags sei das Amtsgericht als Ausgangsgericht zuständig
  121. (Prütting/Helms/Stößer
  122. FamFG
  123. 2. Aufl.
  124. § 76
  125. Rn. 53;
  126. Horn-
  127. dasch/Viefhues/Götsche FamFG 2. Aufl. § 76 Rn. 109; vgl. Büte FuR 2012,
  128. 119, 120 f. mwN).
  129. 11
  130. Das vermag nicht zu überzeugen. Die Empfangszuständigkeit für das
  131. Rechtsmittel macht das Amtsgericht noch nicht zum zuständigen Verfahrensgericht. Die Regelung in § 117 Abs. 1 Satz 1 ZPO geht davon aus, dass das Pro-
  132. -7-
  133. zesskostenhilfe- bzw. Verfahrenskostenhilfegesuch bei dem Gericht einzureichen ist, das auch zur Entscheidung darüber zuständig ist. Die Einlegung des
  134. Rechtsmittels in der Hauptsache ist davon zu unterscheiden und unterliegt eigenen Regeln. Dementsprechend wird, wie das Oberlandesgericht richtig ausgeführt hat, auch von der Rechtsprechung anderer Fachgerichtsbarkeiten ungeachtet der Einlegung des Rechtsmittels beim Ausgangsgericht die Einreichung des Prozesskostenhilfegesuchs beim Rechtsmittelgericht verlangt, so im
  135. finanzgerichtlichen Verfahren (vgl. §§ 129 Abs. 1, 142 Abs. 1 FGO; BFH BB
  136. 1981, 151; BFH Beschluss vom 13. Juli 1995 - VII S 1/95 - juris Rn. 9) und auch
  137. im Verwaltungsprozess (§§ 124 a Abs. 2, 166 VwGO; BVerwG Beschluss vom
  138. 21. Januar 1999 - 1 B 3/99, 1 PKH 1/99 - Buchholz 310 § 166 VwGO Nr. 38).
  139. 12
  140. Soweit der Bundesgerichtshof für die Einlegung der Revision bei dem
  141. Bayerischen Obersten Landesgericht dieses für die Stellung des Prozesskostenhilfegesuchs als zuständig angesehen hat (BGHZ 98, 318 = NJW 1987,
  142. 1023), beruht dies auf den Besonderheiten der zwischen dem Bayerischen
  143. Obersten Landesgericht und dem Bundesgerichtshof seinerzeit geteilten Revisionszuständigkeit, welche zunächst ein vor dem Bayerischen Obersten Landesgericht durchzuführendes Zuständigkeitsverfahren nach § 7 Abs. 2 EGZPO
  144. aF erforderlich machte.
  145. 13
  146. b) Eine Wiedereinsetzung ist jedoch aus anderen Gründen zu gewähren.
  147. Denn der Rechtsanwältin der Antragstellerin ist die unzutreffende Adressierung
  148. des Verfahrenskostenhilfeantrags an das Amtsgericht nicht als Verschulden
  149. anzulasten.
  150. 14
  151. Der Rechtsirrtum eines Rechtsanwalts ist allerdings in der Regel nicht
  152. unverschuldet (Senatsbeschluss vom 3. November 2010 - XII ZB 197/10 FamRZ 2011, 100 Rn. 19 mwN). Nach der Rechtsprechung des Bundesge-
  153. -8-
  154. richtshofs muss ein Rechtsanwalt die Gesetze kennen, die in einer Anwaltspraxis gewöhnlich zur Anwendung kommen. Eine irrige Auslegung des Verfahrensrechts kann als Entschuldigungsgrund nur dann in Betracht kommen, wenn der
  155. Prozessbevollmächtigte die volle, von einem Rechtsanwalt zu fordernde Sorgfalt aufgewendet hat, um zu einer richtigen Rechtsauffassung zu gelangen.
  156. Hierbei ist ein strenger Maßstab anzulegen, denn die Partei, die dem Anwalt die
  157. Prozessführung überträgt, vertraut zu Recht darauf, dass er dieser als Fachmann gewachsen ist. Wenn die Rechtslage zweifelhaft ist, muss der bevollmächtigte Anwalt den sicheren Weg wählen (BGH Beschluss vom 9. Juli 1993
  158. - V ZB 20/93 - NJW 1993, 2538, 2539 mwN). Von einem Rechtsanwalt ist zu
  159. verlangen, dass er sich anhand einschlägiger Fachliteratur (vor allem Fachzeitschriften und Kommentare) über den aktuellen Stand der Rechtsprechung informiert. Dazu besteht umso mehr Veranlassung, wenn es sich um eine vor
  160. kurzem geänderte Gesetzeslage handelt, die ein erhöhtes Maß an Aufmerksamkeit verlangt.
  161. 15
  162. Demgegenüber kann auch ein Rechtsirrtum ausnahmsweise entschuldigt
  163. sein, wenn er auch unter Anwendung der genannten Sorgfaltsanforderungen
  164. nicht vermeidbar war. Das hat der Senat angenommen im Fall, dass zu einer
  165. verfahrensrechtlichen Frage divergierende Rechtsprechung mehrerer Senate
  166. des Bundesgerichtshofs ergangen ist (Senatsbeschluss vom 19. Dezember
  167. 2012 - XII ZB 169/12 - FamRZ 2013, 437 Rn. 19; vgl. auch BGH Beschluss vom
  168. 25. Oktober
  169. 1978
  170. - IV ZB
  171. 65/78 -
  172. VersR
  173. 1979,
  174. 159
  175. mwN
  176. sowie
  177. Musielak/Grandel ZPO 10. Aufl. Rn. 44 mwN).
  178. 16
  179. Zwar ist der Rechtsirrtum eines Rechtsanwalts in einer zweifelhaften
  180. Rechtsfrage vom Senat dann nicht als unverschuldet angesehen worden, wenn
  181. er einer vereinzelten Literaturmeinung gefolgt ist und entgegenstehende veröffentlichte Rechtsprechung eines Oberlandesgerichts unbeachtet gelassen hat
  182. -9-
  183. (Senatsbeschluss vom 3. November 2010 - XII ZB 197/10 - FamRZ 2011, 100
  184. Rn. 19 mwN). Davon unterscheidet sich der vorliegende Fall aber dadurch,
  185. dass es sich – wie oben ausgeführt – um eine unter den Oberlandesgerichten
  186. umstrittene Frage handelte, sich eine eindeutig überwiegende Auffassung noch
  187. nicht gebildet hatte und sich zudem die zunächst veröffentlichte Rechtsprechung für eine Einreichung des Verfahrenskostenhilfegesuchs beim Amtsgericht ausgesprochen hatte. Außerdem hat diese Meinung in der zum 1. Januar
  188. 2013 in Kraft getretenen gesetzlichen Neuregelung ihren Niederschlag gefunden. Durch das Gesetz zur Einführung einer Rechtsbehelfsbelehrung im Zivilprozess und zur Änderung anderer Vorschriften vom 5. Dezember 2012
  189. (BGBl. I S. 3418) ist die Regelung mit Wirkung vom 1. Januar 2013 dahin geändert worden, dass nach § 64 Abs. 1 Satz 2 FamFG Anträge auf Bewilligung
  190. von Verfahrenskostenhilfe für eine beabsichtigte Beschwerde bei dem Gericht
  191. "einzulegen" sind, dessen Beschluss angefochten werden soll (vgl. BTDrucks. 17/10490 S. 18 f.).
  192. 17
  193. Vor diesem Hintergrund war von einem Rechtsanwalt, der bei der bestehenden unklaren Rechtslage mangels vorliegender höchstrichterlicher Rechtsprechung einer in der Rechtsprechung der Oberlandesgerichte und im Schrifttum zahlenmäßig stark vertretenen Auffassung gefolgt ist, auch nicht zu verlangen, dass er das Verfahrenskostenhilfegesuch sowohl bei dem Amtsgericht als
  194. auch bei dem Oberlandesgericht einreichte, so dass ihm auch im Hinblick auf
  195. das Gebot der Wahl des sichersten Weges (vgl. Senatsbeschluss vom
  196. 19. Dezember 2012 - XII ZB 169/12 - FamRZ 2013, 437 Rn. 19; vgl. auch BGH
  197. Beschluss vom 25. Oktober 1978 - IV ZB 65/78 - VersR 1979, 159 mwN; ebenso OLG Bamberg FamRZ 2012, 49 - juris Rn. 13) im Ergebnis kein Verschuldensvorwurf zu machen ist.
  198. - 10 -
  199. 18
  200. Nach den vorstehenden Grundsätzen ist der Rechtsanwältin der Antragstellerin wegen der Einreichung des Verfahrenskostenhilfegesuchs beim Amtsgericht kein der Antragstellerin zurechenbares Verschulden anzulasten.
  201. 19
  202. 3. Der angefochtene Beschluss ist demnach aufzuheben. Hinsichtlich
  203. des Antrags auf Wiedereinsetzung und in der Hauptsache ist die Sache an das
  204. Oberlandesgericht zurückzuverweisen.
  205. Dose
  206. Weber-Monecke
  207. Schilling
  208. Klinkhammer
  209. Günter
  210. Vorinstanzen:
  211. AG Bad Hersfeld, Entscheidung vom 10.02.2012 - 62 F 284/11 UK OLG Frankfurt a. M., Entscheidung vom 27.04.2012 - 2 UF 107/12 -