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1 year ago
  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. IM NAMEN DES VOLKES
  3. URTEIL
  4. XI ZR 400/03
  5. Verkündet am:
  6. 16. Mai 2006
  7. Herrwerth,
  8. Justizangestellte
  9. als Urkundsbeamtin
  10. der Geschäftsstelle
  11. in dem Rechtsstreit
  12. -2-
  13. Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung vom 16. Mai 2006 durch den Vorsitzenden Richter Nobbe, den
  14. Richter Dr. Joeres, die Richterin Mayen und die Richter Dr. Ellenberger
  15. und Prof. Dr. Schmitt
  16. für Recht erkannt:
  17. Die Revision gegen das Urteil des 2. Zivilsenats des
  18. Oberlandesgerichts
  19. Naumburg
  20. vom
  21. 13. November
  22. 2003 wird auf Kosten der Kläger zurückgewiesen.
  23. Von Rechts wegen
  24. Tatbestand:
  25. Die Kläger wenden sich gegen die Zwangsvollstreckung aus einer
  26. 1
  27. vollstreckbaren notariellen Urkunde. Dem liegt folgender Sachverhalt
  28. zugrunde:
  29. Die Kläger, ein damals 25-jähriger Kraftfahrzeugmechaniker und
  30. 2
  31. seine Ehefrau, eine damals 22-jährige Büroangestellte, wurden im Jahr
  32. 1991 von einem für die H.
  33. Gruppe tätigen Vermittler gewor-
  34. ben, zwecks Steuerersparnis ohne Eigenkapital eine Eigentumswohnung
  35. in Li.
  36. zu erwerben. Am 7. November 1991 unterbreitete die A.
  37. Aktiengesellschaft (nachfolgend: Ver-
  38. käuferin) ein notarielles Kaufangebot, das die Kläger mit notariell beur-
  39. -3-
  40. kundeter Erklärung vom selben Tag annahmen. Zur Finanzierung des
  41. Kaufpreises von 76.936 DM schloss die beklagte Bausparkasse mit den
  42. Klägern
  43. am
  44. 13./19. November
  45. 1991
  46. einen
  47. Darlehensvertrag
  48. über
  49. 93.000 DM, der als tilgungsfreies "Vorausdarlehen" bis zur Zuteilungsreife zweier bei der Beklagten abgeschlossener Bausparverträge über
  50. 47.000 DM und 46.000 DM dienen und u.a. durch eine Grundschuld zu
  51. Gunsten der Beklagten gesichert werden sollte.
  52. 3
  53. Die in dem Darlehensvertrag in Bezug genommene vorformulierte
  54. Schuldurkunde der Beklagten enthält in Nr. 11 b) folgende Regelung:
  55. "die Grundschuld dient der Sicherung aller gegenwärtigen und
  56. künftigen Forderungen der Gläubigerin gegen den Darlehensnehmer aus jedem Rechtsgrund, auch soweit sie nur gegen einen Darlehensnehmer begründet sind; …"
  57. 4
  58. Eine Belehrung über ein Widerrufsrecht der Kläger enthält der Darlehensvertrag nicht.
  59. 5
  60. Mit notarieller Urkunde vom 18. November 1991 bestellte die Verkäuferin zugunsten der Beklagten an dem Kaufgegenstand eine Grundschuld über 93.000 DM zuzüglich 12% Jahreszinsen. Gemäß Ziffer V.
  61. der Urkunde übernahmen die Kläger - vertreten durch eine Notariatssekretärin - die persönliche Haftung für die Zahlung des Grundschuldbetrages zuzüglich Zinsen und Nebenleistungen und unterwarfen sich "wegen
  62. dieser persönlichen Haftung der Gläubigerin gegenüber" der sofortigen
  63. Zwangsvollstreckung in ihr gesamtes Vermögen.
  64. 6
  65. Die Kläger widerriefen ihre auf den Abschluss des vertragsgemäß
  66. ausgezahlten Vorausdarlehens gerichteten Willenserklärungen im April
  67. -4-
  68. 2002 unter Berufung auf die Vorschriften des Haustürwiderrufsgesetzes.
  69. Mit der Vollstreckungsgegenklage wenden sie sich gegen ihre persönliche Inanspruchnahme aus der notariellen Urkunde vom 18. November
  70. 1991. Darüber hinaus haben sie geltend gemacht, der Titel sei nicht
  71. wirksam errichtet worden, weil für die Begründung ihrer persönlichen
  72. Haftung keine wirksame Vollmacht vorgelegen habe. Die Beklagte hat
  73. hilfswiderklagend die Rückzahlung des geleisteten Nettokreditbetrages
  74. zuzüglich Zinsen beantragt.
  75. 7
  76. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Berufung der Kläger ist erfolglos geblieben. Mit der - vom Berufungsgericht zugelassenen - Revision verfolgen die Kläger ihren Klageantrag weiter, soweit dieser die Vollstreckungsgegenklage betrifft.
  77. Entscheidungsgründe:
  78. 8
  79. Die Revision ist unbegründet.
  80. I.
  81. 9
  82. Das Berufungsgericht hat - soweit für das Revisionsverfahren bedeutsam - im Wesentlichen ausgeführt:
  83. 10
  84. Die
  85. Zwangsvollstreckung
  86. aus
  87. der
  88. notariellen
  89. Urkunde
  90. vom
  91. 18. November 1991 sei zulässig, selbst wenn die Kläger durch das von
  92. ihnen behauptete Verhalten des Vermittlers zu dem Abschluss des Vor-
  93. -5-
  94. ausdarlehens in einer Haustürsituation bestimmt worden sein sollten. Im
  95. Falle eines wirksamen Widerrufs nach § 1 Abs. 1 HWiG seien die Kläger
  96. nach § 3 Abs. 1 Satz 1 HWiG verpflichtet, der Beklagten die ausgezahlten Nettokreditbeträge nebst marktüblicher Verzinsung zu erstatten. Dieser Rückgewähranspruch werde durch die zwischen den Parteien getroffene Sicherungsabrede erfasst. Zwar sei infolge des Widerrufs des Darlehensvertrags auch die in Nr. 11 b) der Schuldurkunde vorformulierte
  97. Sicherungszweckabrede als Bestandteil des Darlehensvertrags nichtig.
  98. Zwischen den Parteien sei aber im Zusammenhang mit der Bestellung
  99. der Grundschuld durch notariellen Vertrag vom 18. November 1991 eine
  100. erneute - diesmal konkludente - Übereinkunft hinsichtlich des Sicherungszwecks erzielt worden, die nicht durch Widerruf unwirksam geworden sei. Die Kläger könnten eine Rückzahlung der Darlehensvaluta auch
  101. nicht unter Hinweis auf § 9 VerbrKrG verweigern, da diese Vorschrift
  102. gemäß § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG auf Realkredite nicht anwendbar sei.
  103. Eine analoge Anwendung des § 9 VerbrKrG komme auch unter Berücksichtigung des Gebots der richtlinienkonformen Auslegung nicht in Betracht.
  104. II.
  105. 11
  106. Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung stand.
  107. 12
  108. 1. Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht angenommen, dass
  109. sich die Kläger gegen die Vollstreckung aus der notariellen Urkunde
  110. nicht mit Erfolg auf den Widerruf ihrer auf den Abschluss des Darlehens-
  111. -6-
  112. vertrages gerichteten Willenserklärungen nach § 1 Abs. 1 HWiG berufen
  113. können.
  114. 13
  115. a) Nach gefestigter Rechtsprechung des erkennenden Senats, von
  116. der das Berufungsgericht zu Recht ausgegangen ist, sind die Parteien im
  117. Falle des wirksamen Widerrufs eines Realkreditvertrages zur Finanzierung des Kaufs einer Immobilie grundsätzlich nach § 3 HWiG jeweils
  118. verpflichtet, dem anderen Teil die empfangenen Leistungen zurückzugewähren. Der Darlehensnehmer ist nicht lediglich zur Herausgabe der mit
  119. dem Realkredit finanzierten Immobilie und der Vergütung zwischenzeitlicher Nutzungen verpflichtet. Vielmehr hat die finanzierende Bank gegen
  120. ihn einen Anspruch auf Erstattung des ausgezahlten Nettokreditbetrages
  121. sowie auf dessen marktübliche Verzinsung (Senat, BGHZ 152, 331, 336,
  122. 338; Senatsurteile vom 26. November 2002 - XI ZR 10/00, WM 2003, 64,
  123. 66, vom 15. Juli 2003 - XI ZR 162/00, ZIP 2003, 1741, 1744, vom
  124. 28. Oktober 2003 - XI ZR 263/02, WM 2003, 2410, vom 18. November
  125. 2003 - XI ZR 322/01, WM 2004, 172, 176 und vom 21. März 2006 - XI ZR
  126. 204/03, ZIP 2006, 846, 847 m.w.Nachw.).
  127. 14
  128. b) Eine andere rechtliche Beurteilung ergibt sich auch nicht unter
  129. Berücksichtigung der erst nach der angefochtenen Entscheidung ergangenen Urteile des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften vom
  130. 25. Oktober
  131. 2005
  132. (Rs. C-350/03,
  133. WM 2005,
  134. 2079 ff.
  135. Schulte
  136. und
  137. Rs. C-229/04, WM 2005, 2086 ff. Crailsheimer Volksbank).
  138. 15
  139. aa) Der Gerichtshof hat darin in Beantwortung der ihm vorgelegten
  140. Fragen ausdrücklich betont, dass die Richtlinie 85/577/EWG des Rates
  141. vom 20. Dezember 1985 betreffend den Verbraucherschutz im Falle au-
  142. -7-
  143. ßerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen (Abl. EG Nr. L
  144. 372/31 vom 31. Dezember 1985, "Haustürgeschäfterichtlinie") es nicht
  145. verbietet, den Verbraucher nach Widerruf eines Darlehensvertrages zur
  146. sofortigen Rückzahlung der Darlehensvaluta zuzüglich marktüblicher
  147. Zinsen zu verpflichten, obwohl die Valuta nach dem für die Kapitalanlage
  148. entwickelten Konzept ausschließlich der Finanzierung des Erwerbs der
  149. Immobilie diente und unmittelbar an deren Verkäufer ausgezahlt wurde.
  150. Die vorgenannte Rechtsprechung des erkennenden Senats ist damit bestätigt worden.
  151. 16
  152. bb) Dem aus § 3 HWiG folgenden Rückzahlungsanspruch steht
  153. auch nicht entgegen, dass der Verbraucher nach Ansicht des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften (im Folgenden: EuGH) durch die
  154. Haustürgeschäfterichtlinie vor den Folgen der in den Entscheidungen
  155. des EuGH angesprochenen Risiken von Kapitalanlagen der vorliegenden
  156. Art zu schützen ist, die er im Falle einer ordnungsgemäßen Widerrufsbelehrung der kreditgebenden Bank hätte vermeiden können.
  157. 17
  158. (1) Entgegen einer in der Literatur vertretenen Meinung (Fischer
  159. DB 2005, 2507, 2510 und VuR 2006, 53, 57; zustimmend Hofmann
  160. BKR 2005, 487, 492 ff. und Staudinger NJW 2005, 3521, 3525) findet
  161. eine "richtlinienkonforme" Auslegung oder analoge Anwendung der §§ 9
  162. Abs. 2 Satz 4, 7 Abs. 4 VerbrKrG und § 3 HWiG dahin, den nicht mit einer Widerrufsbelehrung nach § 2 Abs. 1 HWiG versehenen Darlehensvertrag wie bei einem verbundenen Geschäft durch Rückzahlung der
  163. vom Verbraucher geleisteten Zins- und Tilgungsraten Zug um Zug gegen
  164. Übertragung der Immobilie rückabzuwickeln, sowohl in der Haustürgeschäfterichtlinie als auch im deutschen Recht keine Stütze. Aufgrund der
  165. -8-
  166. vorgenannten Entscheidungen des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften vom 25. Oktober 2005 steht fest, dass § 3 Abs. 1 und 3
  167. HWiG, der bei Widerruf eines Darlehensvertrages die sofortige Rückzahlung der Darlehensvaluta und die marktübliche Verzinsung vorsieht, auch
  168. dann der Haustürgeschäfterichtlinie nicht widerspricht, wenn das Darlehen nach dem für eine Kapitalanlage entwickelten Konzept ausschließlich zur Finanzierung des Erwerbs einer Immobilie dient und unmittelbar
  169. an deren Verkäufer ausgezahlt worden ist. Die Haustürgeschäfterichtlinie
  170. kennt kein verbundenes Geschäft. Gleiches gilt nach dem eindeutigen
  171. Wortlaut des § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG für realkreditfinanzierte Immobiliengeschäfte, wenn der Grundpfandkredit - wie hier - zu den üblichen
  172. Bedingungen ausgereicht worden ist. Grundpfandkredit und finanziertes
  173. Immobiliengeschäft bilden dann nach ständiger Rechtsprechung des erkennenden Senats ausnahmslos kein verbundenes Geschäft (Senat,
  174. BGHZ 150, 248, 262; 152, 331, 337; 161, 15, 25; Senatsurteile vom
  175. 15. Juli 2003 - XI ZR 162/00, ZIP 2003, 1741, 1743, vom 28. Oktober
  176. 2003 - XI ZR 263/02, WM 2003, 2410, 2411, vom 27. Januar 2004
  177. - XI ZR 37/03, WM 2004, 620, 622, vom 9. November 2005 - XI ZR
  178. 315/03, WM 2005, 72, 74, vom 18. Januar 2005 - XI ZR 201/03,
  179. WM 2005, 375, 376, vom 21. Juni 2005 - XI ZR 88/04, WM 2005, 1520,
  180. 1523 und vom 27. September 2005 - XI ZR 79/04, BKR 2005, 501, 504),
  181. so dass ein Einwendungsdurchgriff und eine Rückabwicklung nach § 9
  182. VerbrKrG entgegen der Ansicht der Revision von vornherein nicht in Betracht kommen.
  183. 18
  184. Soweit der EuGH gemeint hat, Art. 4 der Haustürgeschäfterichtlinie
  185. verpflichte die Mitgliedstaaten, dafür zu sorgen, den Verbraucher vor den
  186. Risiken einer kreditfinanzierten Kapitalanlage zu schützen, die er im Fal-
  187. -9-
  188. le einer Widerrufsbelehrung der kreditgebenden Bank hätte vermeiden
  189. können, ist eine richtlinienkonforme Auslegung, sollte sie nach deutschem Recht überhaupt möglich sein, nur in den wenigen Fällen notwendig, in denen der Verbraucher den Darlehensvertrag anlässlich eines Besuchs des Gewerbetreibenden beim Verbraucher oder an seinem Arbeitsplatz oder während eines vom Gewerbetreibenden außerhalb seiner
  190. Geschäftsräume organisierten Ausflugs abgeschlossen bzw. sein Angebot abgegeben hat (Art. 1 Abs. 1 Haustürgeschäfterichtlinie), und in denen der Verbraucher überdies an seine Erklärung zum Abschluss des mit
  191. Hilfe des Darlehens zu finanzierenden Geschäfts noch nicht gebunden
  192. war. Auf die Frage, ob Darlehensvertrag und finanzierte Anlage ein verbundenes Geschäft bilden, kommt es nach den Entscheidungen des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften vom 25. Oktober 2005
  193. (Rs. C-350/03, WM 2005, 2079 Schulte und Rs. C-229/04, WM 2005,
  194. 2086 Crailsheimer Volksbank) nicht an. Auch dies verkennt die Mindermeinung, wenn sie eine richtlinienkonforme "Verbundgeschäftslösung"
  195. fordert. Zum einen bleibt sie hinter den Vorgaben der genannten Entscheidungen zurück, indem sie die von ihr gewünschte Rückabwicklung
  196. des widerrufenen Darlehensvertrages davon abhängig macht, dass Kredit- und Immobilienkaufvertrag ein verbundenes Geschäft im Sinne des
  197. § 9 VerbrKrG bilden. Zum anderen geht sie weit über die Entscheidungen
  198. des Gerichtshofs hinaus, indem sie das aus dem Immobilienkaufvertrag
  199. resultierende Anlagerisiko ohne Rücksicht darauf, ob dieses durch eine
  200. Widerrufsbelehrung nach § 2 Abs. 1 HWiG bei Abschluss des Darlehensvertrages (noch) hätte vermieden werden können, auf die kreditgebende
  201. Bank verlagert (KG ZfIR 2006, 136, 140; Habersack JZ 2006, 91, 92).
  202. Dies ist weder durch die Haustürgeschäfterichtlinie noch durch das
  203. Haustürwiderrufsgesetz zu rechtfertigen. Beide wollen dem Verbraucher
  204. - 10 -
  205. bei Haustürgeschäften nur die Möglichkeit geben, die Verpflichtungen
  206. aus einem solchen Geschäft noch einmal zu überdenken (6. Erwägungsgrund zur Haustürgeschäfterichtlinie), nicht aber sich von Geschäften zu
  207. lösen, für die die unterbliebene Widerrufsbelehrung nicht kausal geworden ist.
  208. 19
  209. (2) Entgegen der vereinzelt gebliebenen Ansicht von Derleder
  210. (BKR 2005, 442, 448; s. auch EWiR 2005, 837, 838) fehlt auch für eine
  211. "richtlinienkonforme" Auslegung des § 3 Abs. 1 HWiG dahin, den Darlehensnehmer im Falle einer unterbliebenen Widerrufsbelehrung bereicherungsrechtlich nicht als Empfänger der Darlehensvaluta anzusehen, eine
  212. tragfähige Grundlage. § 3 Abs. 1 und 3 HWiG ist ausweislich der Entscheidungen des EuGH vom 25. Oktober 2005 (Rs. C-350/03, WM 2005,
  213. 2079 Schulte und Rs. C-229/04, WM 2005, 2086 Crailsheimer Volksbank) ohne jede Einschränkung richtlinienkonform. Nach ständiger
  214. Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGHZ 152, 331, 337; BGH,
  215. Urteile vom 17. Januar 1985 - III ZR 135/83, WM 1985, 221, 223, insoweit in BGHZ 93, 264 nicht abgedruckt, vom 7. März 1985 - III ZR
  216. 211/83, WM 1985, 653, vom 25. April 1985 - III ZR 27/84, WM 1985, 993,
  217. 994 und vom 12. Juni 1997 - IX ZR 110/96, WM 1997, 1658, 1659; Senatsurteile vom 27. September 2005 - XI ZR 79/04, BKR 2005, 501, 503
  218. und vom 25. April 2006 - XI ZR 219/04, Umdruck S. 15 und XI ZR 29/05,
  219. Umdruck S. 16) und der gesamten Kommentarliteratur (vgl. Bülow,
  220. Verbraucherkreditrecht, 5. Aufl. § 494 BGB Rdn. 48; Erman/Saenger,
  221. BGB 11. Aufl. § 494 Rdn. 4; MünchKommBGB/Ulmer, 4. Aufl. § 494
  222. Rdn. 21; Palandt/Putzo, BGB 65. Aufl. § 494 Rdn. 7; Staudinger/KessalWulf, BGB Neubearb. 2004 § 491 Rdn. 47, § 494 Rdn. 20; Palandt/
  223. Putzo, BGB 61. Aufl. § 607 Rdn. 9; RGRK/Ballhaus, BGB 12. Aufl. § 607
  224. - 11 -
  225. Rdn. 7; Soergel/Häuser, BGB 12. Aufl. § 607 BGB Rdn. 120) hat der Darlehensnehmer den Darlehensbetrag im Sinne des § 607 BGB a.F. auch
  226. dann empfangen, wenn der von ihm als Empfänger namhaft gemachte
  227. Dritte das Geld vom Darlehensgeber erhalten hat, es sei denn, der Dritte
  228. ist nicht überwiegend im Interesse des Darlehensnehmers, sondern sozusagen als "verlängerter Arm" des Darlehensgebers tätig geworden.
  229. Auch der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften ist in seiner
  230. Entscheidung vom 25. Oktober 2005 (Rs. C-350/03, WM 2005, 2079,
  231. 2085 Nr. 85 Schulte) ausdrücklich davon ausgegangen, dass die Darlehensnehmer die von der kreditgebenden Bank unmittelbar an den Immobilienverkäufer ausgezahlte Darlehensvaluta erhalten haben.
  232. 20
  233. Nichts spricht dafür, den Empfang des Darlehens in § 3 Abs. 1
  234. HWiG, der lediglich die Rückabwicklung empfangener Leistungen regelt,
  235. anders zu verstehen als in § 607 BGB. Aus § 9 VerbrKrG ergibt sich
  236. nichts anderes (BGH, Senatsurteile vom 25. April 2006 - XI ZR 219/04,
  237. Umdruck S. 15 ff. und XI ZR 29/05, Umdruck S. 17 ff.). Der Hinweis von
  238. Derleder, bei einem widerrufenen Darlehensvertrag sei auch die Auszahlungsanweisung des Darlehensnehmers unwirksam, übersieht, dass bereicherungsrechtlich anerkannt ist, dass eine Rückabwicklung auch dann
  239. im Anweisungsverhältnis (Deckungsverhältnis) zu erfolgen hat, wenn der
  240. Anweisende einen zurechenbaren Anlass zu dem Zahlungsvorgang gesetzt hat, etwa eine zunächst erteilte Anweisung widerruft (BGHZ 61,
  241. 289, 291 ff.; 87, 393, 395 ff.; 89, 376, 379 ff.; 147, 145, 150 f.; 147, 269,
  242. 273 ff.). Gleiches gilt bei § 3 Abs. 1 HWiG, der einen, insbesondere was
  243. die §§ 814 ff. BGB angeht (BGHZ 131, 82, 87), besonders ausgestalteten
  244. Bereicherungsanspruch regelt.
  245. - 12 -
  246. 21
  247. (3) Nicht haltbar ist auch die Ansicht von Knops und Kulke
  248. (WM 2006, 70, 77 und VuR 2006, 127, 135), bei einer Investition der
  249. Darlehensvaluta in eine Immobilie durch einen über sein Widerrufsrecht
  250. nicht belehrten Darlehensnehmer sei von einem unverschuldeten Untergang der empfangenen Leistung im Sinne des § 3 Abs. 2 HWiG auszugehen. Wie bereits dargelegt, hat der Kreditnehmer die Darlehensvaluta
  251. mit der weisungsgemäßen Auszahlung an den Immobilienverkäufer empfangen. Damit ist der im Falle des Widerrufs des Darlehensvertrages gegebene Rückgewähranspruch der kreditgebenden Bank aus § 3 Abs. 1
  252. Satz 1 HWiG entstanden. Da der Darlehensnehmer lediglich eine bestimmte Geldsumme zurückzahlen muss, kann von einem Untergang der
  253. Valuta im Sinne des § 3 Abs. 2 HWiG, der nur für Sachen, nicht aber für
  254. eine Wertsummenschuld gilt (so auch Derleder BKR 2005, 442, 447),
  255. keine Rede sein, wenn die Valuta bestimmungsgemäß zur Bezahlung
  256. des Kaufpreises für eine nicht (ausreichend) werthaltige Immobilie verwendet worden ist. Wer dies anders sieht, verschiebt das Verwendungsrisiko in unvertretbarer Weise bei jedem Kredit, der zur Finanzierung des
  257. Erwerbs einer bestimmten Sache aufgenommen wird, auf die kreditgebende Bank. Dies ist insbesondere dann durch nichts zu rechtfertigen,
  258. wenn der Kreditnehmer bei einem nicht verbundenen Geschäft - wie
  259. hier - zunächst den Immobilienkaufvertrag und erst später den zur Finanzierung des Kaufpreises notwendigen Darlehensvertrag, in dem die
  260. erforderliche Widerrufsbelehrung nach § 2 Abs. 1 HWiG fehlt, abschließt.
  261. 22
  262. (4) Auch der Hinweis von Tonner/Tonner (WM 2006, 505, 510 ff.)
  263. auf den Rechtsgedanken der §§ 817 Satz 2, 818 Abs. 3 BGB und dessen
  264. Anwendung bei Kenntnis des Darlehensgebers von dem mit dem Immobilienerwerb verbundenen Risiko ändert daran nichts. Die genannten
  265. - 13 -
  266. Normen sind nämlich auf den Rückgewähranspruch nach § 3 Abs. 1
  267. HWiG, der als lex specialis die Anwendung der §§ 812 ff. BGB grundsätzlich ausschließt (BGHZ 131, 82, 87), nicht anwendbar. Der Gesetzgeber hat das Bereicherungsrecht durch § 3 HWiG, jedenfalls was die
  268. §§ 814 ff. BGB angeht, bewusst derogiert. Davon kann auch im Wege
  269. richtlinienkonformer Auslegung des § 3 HWiG, zu der hier, wie dargelegt,
  270. im
  271. Übrigen
  272. kein
  273. Grund
  274. besteht,
  275. nicht
  276. abgewichen
  277. werden
  278. (vgl.
  279. Piekenbrock WM 2006, 466, 475). Abgesehen davon kann von einem
  280. Wegfall der Bereicherung nach § 818 Abs. 3 BGB bei Empfang eines
  281. - für den Erwerb einer nicht ausreichend werthaltigen Immobilie verwendeten - Darlehens, das dem Darlehensnehmer, wie er weiß, nur für begrenzte Zeit zur Verfügung stehen soll, unter Berücksichtigung des § 819
  282. Abs. 1 BGB nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs
  283. keine Rede sein (BGHZ 83, 293, 295; 115, 268, 270 f.; BGH, Urteile vom
  284. 14. April 1969 - III ZR 65/68, WM 1969, 857, 858; Senatsurteile vom
  285. 17. Februar 1995 - XI ZR 225/93, WM 1995, 566, 567, vom 2. Februar
  286. 1999 - XI ZR 74/98, WM 1999, 724, 725 und vom 27. Januar 2004
  287. - XI ZR 37/03, WM 2004, 620, 623).
  288. 23
  289. c) Die persönliche Haftungsübernahme der Kläger mit Zwangsvollstreckungsunterwerfung sichert entgegen der Ansicht der Revision auch
  290. Ansprüche der Beklagten aus § 3 Abs. 1 HWiG.
  291. 24
  292. aa) Nach Nr. 11 b) der Schuldurkunde dient die Grundschuld der
  293. Sicherung aller gegenwärtigen und künftigen Forderungen der Gläubigerin gegen den Darlehensnehmer aus jedem Rechtsgrund. Eine solche
  294. weite Sicherungszweckerklärung sichert im Fall der Unwirksamkeit des
  295. Darlehens
  296. auch
  297. Bereicherungsansprüche
  298. des
  299. Darlehensgebers
  300. - 14 -
  301. (BGHZ 114, 57, 72; BGH, Senatsurteile vom 26. November 2002 - XI ZR
  302. 10/00, WM 2003, 64, 66 und vom 28. Oktober 2003 - XI ZR 263/02,
  303. WM 2003, 2410, 2411). Abgesichert ist auch ein Anspruch aus § 3
  304. HWiG. Denn dieser Rückgewähranspruch ist der Sache nach nichts anderes als ein Anspruch auf Herausgabe des rechtsgrundlos Erlangten
  305. und
  306. damit
  307. ein
  308. besonders
  309. ausgestalteter
  310. Bereicherungsanspruch
  311. (BGHZ 131, 82, 87; 152, 331, 339; Senatsurteile vom 2. Februar 1999
  312. - XI ZR 74/98, WM 1999, 724, 725, vom 28. Oktober 2003 - XI ZR
  313. 263/02, WM 2003, 2410, 2411 und vom 25. April 2006 - XI ZR 193/04
  314. Umdruck S. 13).
  315. 25
  316. bb) Soweit das Berufungsgericht angenommen hat, die in der
  317. Schuldurkunde enthaltene Sicherungszweckerklärung werde von dem
  318. Widerruf der Kläger erfasst, kann dahin stehen, ob dies revisionsrechtlicher Nachprüfung standhält. Nach dem Urteil des erkennenden Senats
  319. vom 28. Oktober 2003 (XI ZR 263/02, WM 2003, 2410, 2411 f.), das erst
  320. nach Erlass der angefochtenen Entscheidung veröffentlicht worden ist,
  321. ist die in Darlehensbedingungen enthaltene Sicherungszweckvereinbarung nicht automatisch zugleich mit dem Widerruf des Darlehensvertrages widerrufen. Es bedarf danach vielmehr entsprechender Feststellungen des Tatgerichts. Darauf kommt es hier indes nicht an, da nach den
  322. Feststellungen des Berufungsgerichts im Zusammenhang mit der Bestellung der Grundschuld und der persönlichen Haftungsübernahme stillschweigend eine Sicherungszweckvereinbarung entsprechenden Inhalts
  323. zwischen den Parteien getroffen worden ist, die ihrerseits nicht widerrufen wurde.
  324. - 15 -
  325. 26
  326. Diese tatrichterliche Auslegung einer Individualvereinbarung, die
  327. im Revisionsverfahren nur der eingeschränkten Überprüfung darauf unterliegt, ob gesetzliche oder allgemein anerkannte Auslegungsregeln,
  328. Denkgesetze oder Erfahrungssätze verletzt sind oder wesentlicher Auslegungsstoff außer Acht gelassen wurde (BGH, Urteil vom 29. März 2000
  329. - VIII ZR 297/98, WM 2000, 1289, 1291 f.; Senatsurteile vom 25. Juni
  330. 2002 - XI ZR 239/01, WM 2002, 1687, 1688, vom 23. September 2003
  331. - XI ZR 135/02, WM 2003, 2232, 2233 und vom 18. November 2003
  332. - XI ZR 332/02, WM 2004, 27, 30), lässt entgegen der Auffassung der
  333. Revision einen Rechtsfehler nicht erkennen.
  334. 27
  335. Zu Recht geht das Berufungsgericht davon aus, dass eine Sicherungsabrede auch formlos und konkludent getroffen werden kann. Richtig
  336. ist auch, dass eine solche konkludent getroffene Sicherungsabrede in
  337. Fällen der vorliegenden Art auch ohne entsprechende ausdrückliche Vereinbarung regelmäßig nicht nur die eigentlichen Erfüllungsansprüche erfasst, sondern auch diejenigen, die - wie die Ansprüche aus § 3 HWiG als typische Folgeansprüche für den Fall einer sich im Laufe der
  338. Vertragsabwicklung herausstellenden Unwirksamkeit der Erfüllungsansprüche entstehen. Nur bei Vorliegen besonderer - vom Schuldner darzulegender und zu beweisender - Gründe, die ausnahmsweise gegen die
  339. Einbeziehung der Folgeansprüche in die Sicherungsvereinbarung sprechen könnten, kann etwas anderes gelten (Senatsurteil vom 28. Oktober
  340. 2003 - XI ZR 263/02, WM 2003, 2410, 2411 m.w.Nachw.).
  341. 28
  342. Mit ihrem Einwand, einer stillschweigend getroffenen Sicherungsabrede stehe entgegen, dass die Grundschuld angesichts des erst wenige Tage zuvor geschlossenen Kaufvertrags von der Verkäuferin, nicht
  343. - 16 -
  344. aber von den Klägern bestellt worden sei, zeigt die Revision schon deshalb keinen revisionsrechtlich beachtlichen Auslegungsfehler des Berufungsgerichts auf, weil die Kläger als Darlehensschuldner und Sicherungsgeber in der notariellen Urkunde zugleich die persönliche Haftungsübernahme erklärt haben und die Zwangsvollstreckung auch gegen
  345. den jeweiligen Eigentümer zulässig sein sollte, die Kläger also ihrerseits
  346. Beteiligte bei der Bestellung der Sicherheiten waren. Dass sie dabei von
  347. einer Notariatssekretärin vertreten wurden, steht der Begründung einer
  348. stillschweigend getroffenen Sicherungsabrede ebenfalls nicht entgegen.
  349. Anders als die Revision meint, handelte die Vertreterin auch nicht etwa
  350. ohne Kenntnis von dem zu sichernden Vorausdarlehen. Dies ergibt sich
  351. schon daraus, dass ihre Bevollmächtigung ausdrücklich die Abtretung
  352. der Auszahlung der Darlehensvaluta umfasste und sie in der notariellen
  353. Erklärung vom 18. November 1991 für die Kläger gegenüber der Beklagten auch eine unwiderrufliche Anweisung zur Überweisung der Darlehensvaluta auf das Notaranderkonto des den Grundstückskaufvertrag
  354. abwickelnden Notars erteilt hat.
  355. 29
  356. dd) Die nach den Feststellungen des Berufungsgerichts getroffene
  357. konkludente Sicherungsvereinbarung ist entgegen der Auffassung der
  358. Revision nicht wirksam widerrufen worden. Abgesehen davon, dass sich
  359. der Widerruf des Darlehensvertrages nach den Feststellungen des Berufungsgerichts nicht auf die konkludent getroffene Sicherungsabrede erstreckte, beruht diese auch nicht auf einer Haustürsituation und ist daher
  360. ohnedies nicht nach § 1 Abs. 1 HWiG widerruflich. Nach der ständigen
  361. Rechtsprechung des erkennenden Senats kommt es bei der Einschaltung
  362. eines Vertreters für die Widerruflichkeit der Vertragserklärung nach dem
  363. Haustürwiderrufsgesetz grundsätzlich nicht auf die Haustürsituation des
  364. - 17 -
  365. Vertretenen bei der Vollmachtserteilung, sondern auf die des Vertreters
  366. bei Abgabe der Erklärung an (Senat, BGHZ 144, 223, 227 f.; BGH, Senatsurteile vom 14. Oktober 2003 - XI ZR 134/02, WM 2003, 2328, 2330
  367. m.w.Nachw. und vom 28. März 2006 - XI ZR 239/04, WM 2006, 853, 854;
  368. KG ZIP 2006, 605, 608).
  369. 30
  370. 2. Eine Einwendung gegen den titulierten materiell-rechtlichen Anspruch ergibt sich, anders als die Revision meint, auch nicht aufgrund
  371. einer analogen Anwendung von § 10 Abs. 2 VerbrKrG a.F. (jetzt: § 496
  372. Abs. 2 BGB) auf das abstrakte Schuldanerkenntnis der Kläger. Wie der
  373. Senat nach Abfassung der Revisionsbegründung entschieden und im
  374. einzelnen begründet hat, fehlt es bereits an einer planwidrigen Regelungslücke, die eine analoge Anwendung rechtfertigen könnte (BGH, Senatsurteile vom 15. März 2005 - XI ZR 135/04, WM 2005, 828, 831 und
  375. vom 5. April 2005 - XI ZR 167/04, WM 2005, 1076, 1078 m.w.Nachw.).
  376. 31
  377. 3. Die Vollstreckungsgegenklage ist schließlich auch nicht deswegen begründet, weil die Kläger dem Anspruch der Beklagten einen Schadensersatzanspruch aus Verschulden bei Vertragsschluss entgegenhalten können (§ 242 BGB).
  378. 32
  379. a) Zwar wird im Anschluss an die erst nach Erlass des Berufungsurteils ergangenen Entscheidungen des Gerichtshofs der Europäischen
  380. Gemeinschaften
  381. vom
  382. 25. Oktober
  383. 2005
  384. (Rs. C-350/03,
  385. WM 2005,
  386. 2079 ff. Schulte und Rs. C-229/04, WM 2005, 2086 ff. Crailsheimer
  387. Volksbank) diskutiert, ob im Hinblick auf den dort geforderten Schutz des
  388. Verbrauchers vor den Folgen bestimmter Risiken von Kapitalanlagen der
  389. hier vorliegenden Art, die er im Falle einer mit dem Darlehensvertrag
  390. - 18 -
  391. verbundenen Widerrufsbelehrung hätte vermeiden können, wegen der
  392. unterbliebenen Widerrufsbelehrung ein Schadensersatzanspruch der
  393. Darlehensnehmer bestehen kann. Hier scheidet ein solcher Anspruch
  394. aber von vornherein aus.
  395. 33
  396. aa) Dabei kann dahinstehen, ob das Unterlassen der nach Art. 4
  397. der Haustürgeschäfterichtlinie erforderlichen Belehrung über den Widerruf entgegen der bislang ganz überwiegend vertretenen Auffassung nicht
  398. als bloße Obliegenheitsverletzung, sondern als echte Pflichtverpflichtung
  399. anzusehen ist (vgl. dazu OLG Bremen WM 2006, 758, 763; Derleder
  400. BKR 2005, 442, 446; Habersack JZ 2006, 91, 93). Offen bleiben kann
  401. auch, ob eine Haftung nicht ohnedies mangels Verschuldens ausscheidet, weil sich die Beklagte bei dem vor dem Jahre 2000 geschlossenen
  402. Darlehensvertrag erfolgreich darauf berufen könnte, gemäß § 5 Abs. 2
  403. HWiG habe sie eine Widerrufsbelehrung nach § 2 Abs. 1 HWiG für entbehrlich halten dürfen (so Freitag WM 2006, 61, 69; Habersack JZ 2006,
  404. 91, 93; Lang/Rösler WM 2006, 513, 517; Piekenbrock WM 2006, 466,
  405. 475; Sauer BKR 2006, 96, 101; wohl auch Schneider/Hellmann BB 2005,
  406. 2714; Thume/Edelmann BKR 2005, 477, 482; zweifelnd: OLG Bremen
  407. WM 2006, 758, 764; Lechner NZM 2005, 921, 926 f.; a.A. Fischer
  408. VuR 2006, 53, 58; Knops/Kulke VuR 2006, 127, 133; Reich/Rörig
  409. VuR 2005, 452, 453; Woitkewitsch MDR 2006, 241, 242). Es sei insoweit
  410. nur darauf hingewiesen, dass der vom Gesetzgeber gewählte Wortlaut
  411. des § 5 Abs. 2 HWiG, dass das Haustürwiderrufsgesetz auf Haustürgeschäfte, die zugleich die Voraussetzungen eines Geschäfts nach dem
  412. Verbraucherkreditgesetz erfüllen, nicht anwendbar ist, deutlich gegen die
  413. Notwendigkeit einer Widerrufsbelehrung nach § 2 Abs. 1 HWiG spricht.
  414. Auch der erkennende Senat hat eine solche Belehrung deshalb in Über-
  415. - 19 -
  416. einstimmung mit der damals einhelligen Meinung der Obergerichte (OLG
  417. Stuttgart WM 1999, 74, 75 f. und WM 1999, 1419; OLG München
  418. WM 1999, 1418, 1419) und der herrschenden Ansicht in der Literatur
  419. (vgl. die Nachweise in BGH WM 2000, 26, 27) in seinem Beschluss vom
  420. 29. November 1999 (XI ZR 91/99, WM 2000, 26, 27 ff.) als nicht erforderlich angesehen und seine Meinung erst aufgrund des anders lautenden
  421. Urteils
  422. des
  423. Gerichtshofs
  424. der
  425. Europäischen
  426. Gemeinschaften
  427. vom
  428. 13. Dezember 2001 (Rs. C-481/99, WM 2001, 2434 ff. Heininger) geändert (BGHZ 150, 248, 252 ff.). Dahinstehen kann schließlich, ob die Auffassung, ein Verschulden der Kreditinstitute sei mit Rücksicht auf die
  429. Vorgaben des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften nicht erforderlich (OLG Bremen WM 2006, 758, 764; Habersack JZ 2006, 91, 93;
  430. Hoffmann ZIP 2005, 1985, 1991; Reich/Rörig VuR 2005, 452, 453;
  431. Wielsch ZBB 2006, 16, 20), haltbar ist, obwohl nach § 276 Abs. 1 Satz 1
  432. BGB a.F., sofern nichts anderes bestimmt ist, nur für Vorsatz und Fahrlässigkeit gehaftet wird (vgl. auch Lang/Rösler WM 2006, 513, 517;
  433. Thume/Edelmann BKR 2005, 477, 482).
  434. 34
  435. bb) Ein Schadensersatzanspruch wegen der Nichterteilung einer
  436. Widerrufsbelehrung ist nämlich jedenfalls mangels Kausalität zwischen
  437. unterlassener Widerrufsbelehrung und dem Schaden in Gestalt der Realisierung von Anlagerisiken zumindest immer dann ausgeschlossen,
  438. wenn der Verbraucher - wie hier - den notariell beurkundeten Immobilienkaufvertrag vor dem Darlehensvertrag abgeschlossen hat. Dann hätte
  439. es der Verbraucher auch bei Belehrung über sein Recht zum Widerruf
  440. des Darlehensvertrages nicht vermeiden können, sich den Anlagerisiken
  441. auszusetzen (OLG Frankfurt WM 2006, 769; OLG Karlsruhe WM 2006,
  442. 676, 680; KG ZfIR 2006, 136, 140; Palandt/Grüneberg, BGB 65. Aufl.
  443. - 20 -
  444. § 357 Rdn. 4; Ehricke ZBB 2005, 443, 449; Habersack JZ 2006, 91, 93;
  445. Hoppe/Lang
  446. ZfIR 2005,
  447. 800,
  448. 804;
  449. Jordans
  450. EWS 2005,
  451. 513,
  452. 515;
  453. Lang/Rösler
  454. WM 2006,
  455. 513,
  456. 518;
  457. Lechner
  458. NZM 2005,
  459. 921,
  460. 926;
  461. Meschede ZfIR 2006, 141; Piekenbrock WM 2006, 466, 472; Sauer
  462. BKR 2006, 96, 101; Tonner/Tonner WM 2006,
  463. 505, 509; Thume/
  464. Edelmann BKR 2005, 477, 483; differenzierend: OLG Bremen WM 2006,
  465. 758, 764 f.; Hoffmann ZIP 2005, 1985, 1989). Ein Anspruch aus Verschulden bei Vertragsschluss auf Ersatz eines Schadens, der durch die
  466. - unterstellte - Pflichtverletzung, d.h. die unterbliebene Widerrufsbelehrung nach § 2 Abs. 1 HWiG, nicht verursacht worden ist, ist dem deutschen Recht fremd. Er wird in den Entscheidungen des Gerichtshofs der
  467. Europäischen Gemeinschaften vom 25. Oktober 2005 (Rs. C-350/03,
  468. WM 2005, 2079 Schulte und Rs. C-229/04, WM 2005, 2086 Crailsheimer
  469. Volksbank) auch nicht gefordert. Nach deren klarem Wortlaut haben die
  470. Mitgliedstaaten den Verbraucher nur vor den Folgen der Risiken von Kapitalanlagen der vorliegenden Art zu schützen, die er im Falle einer Widerrufsbelehrung der kreditgebenden Bank bei Abschluss des Darlehensvertrages in einer Haustürsituation hätte vermeiden können. Das ist
  471. bei Anlagerisiken, die er vor Abschluss des Darlehensvertrages eingegangen ist, nicht der Fall. Die Entscheidungen des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften lassen sich nicht, wie es eine Mindermeinung in der Literatur versucht (Derleder BKR 2005, 442, 449; Knops
  472. WM 2006,
  473. 70,
  474. 73 f.;
  475. Schwintowski
  476. VuR 2006,
  477. 5,
  478. 6;
  479. Staudinger
  480. NJW 2005, 3521, 3523), dahin uminterpretieren, die zeitliche Reihenfolge von Anlagegeschäft und Darlehensvertrag spiele für die Haftung der
  481. kreditgebenden Bank keine Rolle. Abgesehen davon wäre der erkennende Senat nach deutschem Recht nicht in der Lage, dem nicht über sein
  482. Widerrufsrecht belehrten Darlehensnehmer einen Anspruch auf Ersatz
  483. - 21 -
  484. von Schäden zu geben, die durch die unterbliebene Widerrufsbelehrung
  485. nicht verursacht worden sind.
  486. 35
  487. b) Anknüpfungstatsachen für einen Schadensersatzanspruch wegen Verletzung einer eigenen Aufklärungspflicht der Beklagten bestehen
  488. nicht.
  489. - 22 -
  490. III.
  491. 36
  492. Die Revision war somit zurückzuweisen.
  493. Nobbe
  494. Joeres
  495. Richter am Bundesgerichtshof Dr. Ellenberger
  496. ist erkrankt und deshalb
  497. an der Unterzeichnung
  498. gehindert.
  499. Mayen
  500. Schmitt
  501. Nobbe
  502. Vorinstanzen:
  503. LG Magdeburg, Entscheidung vom 06.05.2003 - 6 O 2738/02 OLG Naumburg, Entscheidung vom 13.11.2003 - 2 U 47/03 -