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1 year ago
  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. IM NAMEN DES VOLKES
  3. URTEIL
  4. XI ZR 373/08
  5. Verkündet am:
  6. 3. Mai 2011
  7. Herrwerth,
  8. Justizangestellte
  9. als Urkundsbeamtin
  10. der Geschäftsstelle
  11. in dem Rechtsstreit
  12. Nachschlagewerk:
  13. ja
  14. BGHZ:
  15. nein
  16. BGHR:
  17. ja
  18. BGB §§ 305 ff.
  19. ZPO §§ 1029 ff.
  20. Zur Auslegung einer in einem formularmäßigen Schiedsvertrag zwischen einem gewerblichen Terminoptionsvermittler und einem Anleger enthaltenen Klausel über die
  21. Geltung des Vertrags für Ansprüche des Anlegers gegen Erfüllungsgehilfen des
  22. Vermittlers.
  23. BGH, Urteil vom 3. Mai 2011 - XI ZR 373/08 - OLG Düsseldorf
  24. LG Krefeld
  25. -2-
  26. Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
  27. vom 3. Mai 2011 durch den Vorsitzenden Richter Wiechers, den Richter
  28. Dr. Joeres, die Richterin Mayen und die Richter Dr. Ellenberger und
  29. Dr. Matthias
  30. für Recht erkannt:
  31. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des 9. Zivilsenats des
  32. Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 24. November 2008 wird auf
  33. ihre Kosten zurückgewiesen.
  34. Von Rechts wegen
  35. Tatbestand:
  36. 1
  37. Der Kläger, ein Deutscher mit Wohnsitz in Deutschland, verlangt von der
  38. Beklagten, einem US-amerikanischen Brokerunternehmen mit Sitz in C.
  39. ,
  40. Schadensersatz wegen Verlusten im Zusammenhang mit Aktienoptionsgeschäften.
  41. 2
  42. Die der zuständigen US-Börsenaufsicht unterliegende Beklagte bietet
  43. neben institutionellen Kunden auch Privatkunden ihre Execution- und ClearingDienste für den Handel mit Derivaten an. Privatkunden können über Vermittler
  44. Handelsaufträge einreichen, die von der Beklagten abgewickelt werden.
  45. 3
  46. Einer dieser Vermittler war die G.
  47. G.) mit Sitz in K.
  48. GmbH (im Folgenden:
  49. , die bis zur Einstellung ihrer Geschäftstätigkeit über eine
  50. -3-
  51. deutsche aufsichtsrechtliche Erlaubnis als selbständige Finanzdienstleisterin
  52. verfügte. Der Geschäftsbeziehung zwischen der Beklagten und G. lag ein
  53. Rahmenvertrag vom 18. März 1998 zugrunde. Danach hatte G. der Beklagten
  54. Kunden zur Eröffnung von Aktienkonten zu vermitteln. Die Beklagte sollte die
  55. einzelnen Kundenkonten für jede Transaktion unter anderem mit einer "HalfTurn-Kommission" von 45 US-Dollar belasten, von denen G. 35 US-Dollar zurück zu vergüten waren.
  56. 4
  57. G. warb den Kläger für über die Beklagte abzuschließende Optionsgeschäfte und übersandte ihm deren Vertragsunterlagen sowie Informationsmaterial. Der Kläger und G. schlossen einen Vermittlungsvertrag und am 13./18. Mai
  58. 1998 einen formularmäßigen Schiedsvertrag, der unter Nr. 3 folgende Klausel
  59. enthält:
  60. "Einbeziehung von Mitarbeitern
  61. Diese Schiedsvereinbarung gilt auch für Ansprüche, die der Kunde gegen Erfüllungsgehilfen (Geschäftsführer, Angestellte bzw. Mitarbeiter)
  62. und Organe des Geschäftsbesorgers im Zusammenhang bzw. aus Anlass des Vertrages geltend macht, falls der betroffene Angestellte oder
  63. Mitarbeiter der Entscheidung durch das Schiedsgericht zustimmt."
  64. 5
  65. Ferner schloss der Kläger mit der Beklagten ein "Cash and Margin Agreement", das in Nr. 20 die Geltung des Rechts des Staates New York vorsieht
  66. und in Nr. 29 ebenfalls eine Schiedsvereinbarung enthält.
  67. 6
  68. G. eröffnete zur Durchführung der Geschäfte bei der Beklagten ein Einzelkonto für den Kläger. Dieser überwies von seinem in Deutschland geführten
  69. Konto der Beklagten in der Zeit vom 13. Mai 1998 bis zum 13. Juli 1998 insgesamt 36.500 US-Dollar und erhielt nach Durchführung seiner von G. vermittel-
  70. -4-
  71. ten Aufträge am 1. September 1998 8.386,19 US-Dollar zurück. Den Differenzbetrag von umgerechnet 25.763,26 € nebst Zinsen macht er mit der Klage geltend.
  72. 7
  73. Die Klage hatte in den Vorinstanzen Erfolg. Mit der vom Berufungsgericht
  74. zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.
  75. Entscheidungsgründe:
  76. 8
  77. Die Revision ist unbegründet.
  78. I.
  79. 9
  80. Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
  81. 10
  82. Die Klage sei zulässig. Die internationale Zuständigkeit der deutschen
  83. Gerichte ergebe sich aus § 32 ZPO. Da das Vermögen des Klägers an seinem
  84. Wohnort in B.
  85. lich in S.
  86. bzw. an dem Ort, in dem sein Konto geführt werde, nämgeschädigt worden sei, liege der Erfolgsort in Deutschland.
  87. Die örtliche Zuständigkeit sei gemäß § 513 Abs. 2 ZPO der Prüfung des Berufungsgerichts entzogen.
  88. 11
  89. Die Einrede des Schiedsvertrages stehe der Zulässigkeit der Klage nicht
  90. entgegen. Die Beklagte könne sich nicht auf Nr. 3 der Schiedsabrede zwischen
  91. dem Kläger und G. berufen. Sie gehöre nicht zu dem in dieser Klausel genannten Personenkreis. Sie sei weder ein Erfüllungsgehilfe noch ein Organ von G.
  92. -5-
  93. Sie sei nicht in die Organisation von G. eingebunden und auch nicht damit betraut gewesen, in deren Pflichtenkreis tätig zu werden. Sie habe gegenüber den
  94. Anlegern eigene, nicht von G. geschuldete Leistungen zu erbringen gehabt.
  95. 12
  96. Die in Nr. 29 des "Cash and Margin Agreements" zwischen den Parteien
  97. enthaltene Schiedsabrede umfasse die Klageforderung nicht. Gegenstand des
  98. vorliegenden Verfahrens seien Schadensersatzansprüche aus unerlaubter
  99. Handlung wegen einer Beteiligung der Beklagten an einer sittenwidrigen Schädigung des Klägers durch G. Die Schiedsabrede betreffe hingegen Streitigkeiten zwischen den Parteien in Bezug auf eine Transaktion oder die Auslegung,
  100. Erfüllung oder Verletzung eines zwischen den Parteien geschlossenen Vertrages.
  101. 13
  102. Die Klageforderung sei gemäß §§ 826, 830 Abs. 2 BGB begründet. Auf
  103. diesen Anspruch finde deutsches Recht Anwendung, weil der Vermögensschaden des Klägers in Deutschland eingetreten sei (Art. 40 Abs. 1 Satz 2 EGBGB).
  104. Dass die Gelder nach dem Vorbringen der Beklagten zunächst auf einem Einzelkonto in C.
  105. verbucht und somit rechtlich noch im Vermögen des Klä-
  106. gers verblieben seien, sei unerheblich. Bereits mit der Einzahlung sei ein Agio
  107. von 10% abgezogen worden. Im Übrigen habe es sich bei der Überweisung auf
  108. ein bei der Beklagten eingerichtetes Konto um den Beginn der Umsetzung der
  109. Anlageentscheidung gehandelt, die auf der fehlerhaften Aufklärung beruht und
  110. letztlich zum Verlust der Gelder geführt habe. Art. 41 Abs. 2 Nr. 1 EGBGB
  111. rechtfertige keine andere Beurteilung. Nach Nr. 20 des "Cash and Margin Agreements" finde zwar das Recht des Staates New York auf das Vertragsverhältnis zwischen den Parteien Anwendung. Eine wesentlich engere Verbindung
  112. zu diesem Recht werde dadurch für den vorliegenden Sachverhalt aber nicht
  113. begründet, weil nicht die vertraglichen Beziehungen der Parteien, sondern die
  114. -6-
  115. Beteiligung der Beklagten an einer von G. in Deutschland begangenen unerlaubten Handlung im Vordergrund stünden.
  116. 14
  117. G. habe den Kläger im Sinne des § 826 BGB vorsätzlich sittenwidrig geschädigt, indem sie ihn veranlasst habe, Geld in Optionsgeschäften anzulegen,
  118. obwohl er über diese Geschäfte und die damit verbundenen Risiken nicht ausreichend aufgeklärt war. Die vom Kläger vorgelegte Broschüre "Putting the investor first", das Merkblatt "Wichtige Informationen über Verlustrisiken bei Börsentermingeschäften" und der Vermittlungsvertrag enthielten keine ausreichende Aufklärung. Soweit die Beklagte behaupte, der Kläger habe eine andere als
  119. die von ihm vorgelegte Fassung der Broschüre "Putting the investor first" und
  120. außerdem die Informationsschrift "Kurz gefasste Einführung in die Grundsätze
  121. des Terminhandels" erhalten, sei ihr Vortrag unsubstantiiert. Die Beklagte habe
  122. nicht konkret dargelegt, dass dieses Informationsmaterial dem Kläger zugegangen sei und dass es eine ausreichende Aufklärung enthalten habe. Der Kläger,
  123. ein Diplomingenieur, sei aufklärungsbedürftig gewesen. Dass er ausweislich
  124. des Kontoeröffnungsantrages ein halbes Jahr Erfahrung mit Optionen gehabt
  125. habe, reiche nicht aus, um eine umfassende Anlageerfahrung anzunehmen.
  126. 15
  127. Die Beklagte habe zu dieser unerlaubten Handlung vorsätzlich Beihilfe
  128. geleistet. Sie habe die Haupttat gefördert, indem sie G. den Zugang zur Börse
  129. verschafft, die Konten der Anleger geführt und die Gebühren abgerechnet habe.
  130. Dabei habe sie zumindest billigend in Kauf genommen, dass der Kläger nicht
  131. ausreichend aufgeklärt war und einen Schaden erlitt. Sie habe aufgrund des
  132. Rahmenvertrages gewusst, dass der Kläger hohe Aufschläge auf die Optionsprämie zu entrichten gehabt habe. Demnach habe sie als Fachunternehmen
  133. auch gewusst, dass er bei Durchführung der Geschäfte, insbesondere im Falle
  134. mehrerer Geschäfte, praktisch chancenlos gewesen sei. Obwohl damit auf der
  135. Hand gelegen habe, dass der Kläger von G. nicht ausreichend aufgeklärt wor-
  136. -7-
  137. den sei, habe sie Geschäfte durchgeführt, ohne sich über G. und deren Art der
  138. Aufklärung zu informieren oder Vorsorge gegen einen Missbrauch zu treffen.
  139. Dass G. über die erforderliche Erlaubnis nach dem Kreditwesengesetz verfügt
  140. habe, entlaste die Beklagte nicht.
  141. 16
  142. Eine tatsächliche Vermutung spreche dafür, dass der Kläger nach ordnungsgemäßer Aufklärung vom Abschluss der Optionsgeschäfte abgesehen
  143. hätte. Er könne deshalb Ersatz des für die Geschäfte aufgewandten Geldbetrages verlangen.
  144. 17
  145. Die Klageforderung sei nicht verjährt. Die Verjährungsfrist beginne gemäß Art. 229 § 6 Abs. 4 EGBGB, § 199 Abs. 1 BGB nF mit dem Schluss des
  146. Jahres, in dem der Anspruch entstanden sei und der Gläubiger von den den
  147. Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schädigers Kenntnis
  148. erlangt habe oder ohne grobe Fahrlässigkeit hätte erlangen müssen. Dies sei
  149. sowohl in Bezug auf die haftungsbegründende Pflichtverletzung der G. als auch
  150. bezüglich der die Haftung der Beklagten begründenden Umstände nicht vor der
  151. Mandatierung des erstinstanzlichen Prozessbevollmächtigten des Klägers im
  152. Jahre 2006 der Fall gewesen. Das Vorbringen der Beklagten, ein Herr E.
  153. habe den Kläger in nicht rechtsverjährter Zeit über die Möglichkeiten der Inanspruchnahme der Beklagten informiert, sei, insbesondere hinsichtlich des Zeitpunktes, "ins Blaue hinein" erfolgt. Eine Vernehmung des E.
  154. als Zeuge zum
  155. Zeitpunkt der angeblichen Information wäre auf eine Ausforschung gerichtet.
  156. 18
  157. Die Klageforderung sei auch nicht verwirkt.
  158. -8-
  159. II.
  160. 19
  161. Diese Ausführungen des Berufungsgerichts halten rechtlicher Überprüfung stand, so dass die Revision zurückzuweisen ist.
  162. 20
  163. 1. Das Berufungsgericht ist zu Recht von der Zulässigkeit der Klage ausgegangen.
  164. 21
  165. a) Es hat entgegen der Auffassung der Revision die - auch im Revisionsverfahren von Amts wegen zu prüfende (BGH, Urteile vom 28. November 2002
  166. - III ZR 102/02, BGHZ 153, 82, 84 ff., vom 9. Juli 2009 - Xa ZR 19/08, BGHZ
  167. 182, 24 Rn. 9, vom 9. März 2010 - XI ZR 93/09, BGHZ 184, 365 Rn. 17 und
  168. vom 23. März 2010 - VI ZR 57/09, WM 2010, 928 Rn. 8, jeweils mwN) - internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte für die Klage rechtsfehlerfrei bejaht.
  169. Nach dem im Rahmen der Zuständigkeitsprüfung maßgeblichen Vortrag des
  170. Klägers ist der Gerichtsstand der unerlaubten Handlung gemäß der hier anwendbaren Regelung des § 32 ZPO gegeben, weil der Haupttäter, dem die Beklagte Beihilfe geleistet haben soll, in Deutschland gehandelt hat (vgl. Senatsurteile vom 9. März 2010 - XI ZR 93/09, BGHZ 184, 365 Rn. 18 f., vom 8. Juni
  171. 2010 - XI ZR 349/08, WM 2010, 2025 Rn. 17 und vom 8. Juni 2010 - XI ZR
  172. 41/09, WM 2010, 2032 Rn. 17).
  173. 22
  174. b) Rechtlich nicht zu beanstanden ist auch die Auffassung des Berufungsgerichts, die Beklagte könne sich nicht auf die zwischen dem Kläger und
  175. G. getroffene Schiedsabrede berufen, weil sie nicht zu dem in Nr. 3 der Abrede
  176. genannten Personenkreis gehöre.
  177. 23
  178. aa) Ob die Beklagte von der genannten Formularklausel erfasst wird, ist
  179. durch Auslegung zu ermitteln, die der Senat wegen der Verwendung der Klausel über den Bezirk eines Berufungsgerichts hinaus selbst vornehmen kann
  180. -9-
  181. (vgl. BGH, Urteile vom 5. Juli 2005 - X ZR 60/04, BGHZ 163, 321, 323 f., vom
  182. 16. Juni 2009 - XI ZR 145/08, BGHZ 181, 278 Rn. 20 und vom 29. Juni 2010
  183. - XI ZR 104/08, BGHZ 186, 96 Rn. 28). Allgemeine Geschäftsbedingungen sind
  184. nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie
  185. sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der regelmäßig beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei die
  186. Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Vertragspartners zugrunde zu
  187. legen sind (st.Rspr., vgl. BGH, Urteile vom 29. April 2008 - KZR 2/07, BGHZ
  188. 176, 244 Rn. 19, vom 21. April 2009 - XI ZR 78/08, BGHZ 180, 257 Rn. 11 und
  189. vom 28. April 2009 - XI ZR 86/08, WM 2009, 1180 Rn. 21). Zweifel bei der Auslegung gehen nach § 305c Abs. 2 BGB (früher § 5 AGBG) zu Lasten des Verwenders. Außer Betracht bleiben dabei nur solche Verständnismöglichkeiten
  190. die zwar theoretisch denkbar, praktisch aber fern liegend und nicht ernstlich in
  191. Betracht zu ziehen sind (BGH, Urteile vom 30. Oktober 2002 - IV ZR 60/01,
  192. BGHZ 152, 262, 265 und vom 21. April 2009 - XI ZR 78/08, BGHZ 180, 257
  193. Rn. 11 mwN).
  194. 24
  195. bb) Die Auslegung von Nr. 3 der Schiedsabrede nach diesen Grundsätzen ergibt, dass die Beklagte nicht in die Schiedsabrede zwischen dem Kläger
  196. und G. einbezogen war. Sie gehörte, wie auch die Revision nicht in Zweifel
  197. zieht, nicht zu den Organen der G. Sie ist entgegen der Auffassung der Revision auch kein Erfüllungsgehilfe der G. (vgl. Senatsurteil vom 8. Februar 2011
  198. - XI ZR 168/08, WM 2011, 650 Rn. 23). Sie gehörte nicht dem Personenkreis
  199. der Geschäftsführer, Angestellten bzw. Mitarbeiter der G. an, der in der Klausel
  200. ausdrücklich als Erfüllungsgehilfe bezeichnet wird. Sie ist auch kein Erfüllungsgehilfe im Sinne des § 278 Satz 1 BGB. Hierunter werden Personen verstanden, die nach den tatsächlichen Gegebenheiten des Falles mit dem Wissen des
  201. Schuldners bei der Erfüllung einer diesem obliegenden Verbindlichkeit als dessen Hilfsperson tätig werden (BGH, Urteile vom 8. Februar 1974 - V ZR 21/72,
  202. - 10 -
  203. BGHZ 62, 119, 124 und vom 9. Oktober 1986 - I ZR 138/84, BGHZ 98, 330,
  204. 334; Palandt/Grüneberg, BGB, 70. Aufl., § 278 Rn. 7 mwN). Die Beklagte wurde
  205. nicht bei der Erfüllung einer Verbindlichkeit der G. aufgrund des Vermittlungsvertrages, d.h. bei der Vermittlung der Anlagegeschäfte tätig. Sie schloss mit
  206. dem Kläger ebenso wie mit anderen von G. vermittelten Anlegern vielmehr
  207. selbständige Verträge, durch die sie eigene vertragliche Verpflichtungen gegenüber dem Kunden (Einrichtung und Führung eines Kontos, Durchführung
  208. der Optionsgeschäfte, Abrechnung der Gebühren) einging, und wurde zur Erfüllung dieser Verpflichtungen tätig.
  209. 25
  210. Der Kläger nimmt die Beklagte, anders als die Revision meint, auch nicht
  211. im Zusammenhang bzw. aus Anlass seines Vertrages mit G. in Anspruch. Er
  212. macht vielmehr geltend, die Beklagte habe sich vorsätzlich an seiner sittenwidrigen Schädigung durch G. beteiligt. Die tatsächlichen Voraussetzungen eines
  213. hierauf gestützten Anspruches stehen im Zusammenhang mit dem tatsächlichen Verhalten der Beklagten und der G., ihrer Geschäftsbeziehung und dem
  214. zwischen ihnen geschlossenen Rahmenvertrag vom 18. März 1998, nicht aber
  215. mit dem Vertrag zwischen dem Kläger und G.
  216. 26
  217. Gegen die Einbeziehung der Beklagten in den Schiedsvertrag spricht
  218. auch, dass G. zeitlich nach Abschluss des Schiedsvertrages mit dem Kläger
  219. eine - von der Beklagten vorgelegte - geänderte Fassung des formularmäßigen
  220. Schiedsvertrages verwendet hat, die außer Erfüllungsgehilfen und Organen der
  221. G. auch sonstige auf deren Seite eingeschaltete Dritte einbezieht. Auch diese
  222. Klausel erfasst die Beklagte, wie der Senat mit Urteil vom 8. Februar 2011
  223. (XI ZR 168/08, WM 2011, 650 Rn. 23 ff.) entschieden hat, nicht.
  224. 27
  225. Selbst wenn Nr. 3 des zwischen dem Kläger und G. geschlossenen
  226. Schiedsvertrages nicht eindeutig zu entnehmen wäre, dass die Beklagte nicht
  227. - 11 -
  228. als Erfüllungsgehilfin der G. anzusehen ist, gingen etwaige Zweifel gemäß
  229. § 305c Abs. 2 BGB (früher: § 5 AGBG) zu Lasten des Verwenders und der Beklagten.
  230. 28
  231. c) Der Zulässigkeit der Klage steht auch nicht die in Nr. 29 des "Cash
  232. and Margin Agreements" enthaltene Schiedsklausel entgegen. Diese ist entgegen der Auffassung der Revision formungültig.
  233. 29
  234. aa) Die Schiedsklausel erfüllt nicht die in Art. II des New Yorker Übereinkommens über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche vom 10. Juni 1958 (BGBl. 1961 II, S. 121; im Folgenden: UNÜ) vorgeschriebene Form, die auch in der hier gegebenen Einredesituation des § 1032
  235. Abs. 1 ZPO gewahrt sein muss, wenn die Schiedsabrede - wie hier - zu einem
  236. ausländischen Schiedsspruch im Sinne von Art. I Abs. 1 UNÜ führen kann (vgl.
  237. Senatsurteil vom 8. Juni 2010 - XI ZR 41/09, WM 2010, 2032 Rn. 19 mwN).
  238. 30
  239. (1) Art. II Abs. 1 UNÜ fordert eine schriftliche Vereinbarung. Darunter ist
  240. nach Art. II Abs. 2 UNÜ eine Schiedsklausel in einem Vertrag oder eine
  241. Schiedsabrede zu verstehen, sofern der Vertrag oder die Schiedsabrede von
  242. den Parteien unterzeichnet oder in Briefen oder Telegrammen enthalten ist, die
  243. sie gewechselt haben. Beides ist hier nicht der Fall.
  244. 31
  245. (2) Die erste Schriftformalternative ist nicht erfüllt, weil das "Cash and
  246. Margin Agreement" nur vom Kläger unterzeichnet worden ist und damit nicht
  247. das beiderseitige Schriftformerfordernis wahrt (vgl. Senatsurteil vom 8. Juni
  248. 2010 - XI ZR 41/09, WM 2010, 2032 Rn. 21 mwN). Die unter der Überschrift
  249. "For Internal Use Only" angebrachten Unterschriften von Mitarbeitern der Beklagten rechtfertigen, wie bereits das Landgericht rechtsfehlerfrei angenommen
  250. hat, keine andere Beurteilung. Sie dienen nur internen Zwecken und dokumen-
  251. - 12 -
  252. tieren nicht den Willen der Beklagten, mit dem Kläger das "Cash and Margin
  253. Agreement" einschließlich der darin enthaltenen Schiedsklausel abzuschließen.
  254. 32
  255. Ein Schriftwechsel im Sinne des Art. II Abs. 2 Altern. 2 UNÜ liegt zwischen den Parteien schon deswegen nicht vor, weil nach den rechtsfehlerfreien
  256. und von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts
  257. dem Kläger die zur Durchführung der Optionsgeschäfte erforderlichen Vertragsunterlagen von G. - und nicht von der Beklagten - übersandt worden sind.
  258. Anderes zeigt die Revision nicht auf.
  259. 33
  260. bb) Der Kläger verhält sich nicht widersprüchlich, indem er sich auf die
  261. Formungültigkeit der Schiedsklausel beruft. Dabei kann dahinstehen, ob das
  262. Verbot widersprüchlichen Verhaltens dem UNÜ inhärent ist und es danach einer Partei, die eine Schiedsvereinbarung unterschrieben hat, verwehrt sein
  263. kann, unter Hinweis darauf, dass der die Schiedseinrede erhebende Vertragspartner sie selbst nicht unterschrieben hat, die Unwirksamkeit der Schiedsvereinbarung geltend zu machen (vgl. Senatsurteil vom 8. Juni 2010 - XI ZR 41/09,
  264. WM 2010, 2032 Rn. 22 mwN). Denn dem Kläger kann schon deswegen kein
  265. widersprüchliches Verhalten vorgeworfen werden, weil die Beklagte sich ihrerseits widersprüchlich verhalten hat. Sie stützt ihre Schiedseinrede auf zwei verschiedene Schiedsvereinbarungen, die Schiedsverfahren vor verschiedenen
  266. Schiedsgerichten nach verschiedenen Verfahrensordnungen vorsehen.
  267. 34
  268. cc) Die Schiedsklausel genügt auch nicht den Formvorschriften des nationalen Rechts, deren Anwendung über den Meistbegünstigungsgrundsatz
  269. (Art. VII UNÜ) eröffnet ist.
  270. 35
  271. (1) Dabei kann dahinstehen, ob der Meistbegünstigungsgrundsatz so
  272. verstanden werden könnte, dass er - unter Durchbrechung einer Rückverweisung nationalen Rechts auf das UNÜ - unmittelbar auf im Vergleich zu Art. II
  273. - 13 -
  274. UNÜ zurückhaltendere nationale Formvorschriften der lex fori verweist (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 21. September 2005 - III ZB 18/05, WM 2005, 2201,
  275. 2203 mwN). Denn die Formalien des danach berufenen § 1031 Abs. 5 ZPO
  276. sind nicht erfüllt, da insoweit keine geringeren Anforderungen gelten als nach
  277. Art. II UNÜ (vgl. Zöller/Geimer, ZPO, 28. Aufl., § 1031 Rn. 5).
  278. 36
  279. § 1031 Abs. 5 ZPO ist anwendbar, weil der Kläger als Verbraucher anzusehen ist. Das Berufungsgericht hat hierzu zwar keine ausdrückliche Feststellung getroffen. Es hat aber auf das landgerichtliche Urteil verwiesen, das festgestellt hat, dass der Vertrag zwischen den Parteien nicht der beruflichen oder
  280. gewerblichen Tätigkeit des Klägers, sondern ausschließlich seiner privaten
  281. Vermögensanlage zuzurechnen und der Kläger deshalb als Verbraucher anzusehen ist. Auch im Berufungsverfahren ist die Verbrauchereigenschaft des Klägers zwischen den Parteien unstreitig geblieben. Die Beklagte hat die dahingehende Behauptung des Klägers nicht bestritten, sondern lediglich geltend gemacht, das US-Recht enthalte, auch für Verbraucherverträge, liberalere Formvorschriften.
  282. 37
  283. (2) Auch Formvorschriften des auf die Schiedsvereinbarung anwendbaren Rechts, das - ebenso wie die zu seiner Ermittlung berufenen nationalen Kollisionsregeln - von der über den Meistbegünstigungsgrundsatz gebotenen Anwendung schiedsfreundlicheren nationalen Rechts umfasst wird (BGH, Beschluss vom 21. September 2005 - III ZB 18/05, WM 2005, 2201, 2203), sind
  284. nicht eingehalten.
  285. 38
  286. Zustandekommen und Wirksamkeit einer Schiedsvereinbarung bemessen sich im Kollisionsfall nach den Regeln des deutschen Internationalen Privatrechts (BGH, Urteil vom 28. November 1963 - VII ZR 112/62, BGHZ 40, 320,
  287. 322 f.). Die danach im Streitfall zeitlich noch anwendbaren Art. 27 ff. EGBGB aF
  288. - 14 -
  289. (BGH, Beschluss vom 21. September 2005 - III ZB 18/05, WM 2005, 2201,
  290. 2203) führen aufgrund der Rechtswahl in Nr. 20 des "Cash and Margin Agreements", die mangels gegenteiliger Anhaltspunkte auch für die darin enthaltene
  291. Schiedsklausel gilt (vgl. BGH, Urteile vom 28. November 1963 - VII ZR 112/62,
  292. BGHZ 40, 320, 322 f. und vom 12. Februar 1976 - III ZR 42/74, WM 1976, 435,
  293. 437; Kröll, NJW 2007, 743, 749 mwN), grundsätzlich zur Geltung des Rechts
  294. des Staates New York (Art. 27 Abs. 1 EGBGB aF). Die zu wahrende Form richtet sich aber, da ein Verbrauchervertrag vorliegt, gemäß Art. 29 Abs. 1 Nr. 1
  295. und 2, Abs. 3 Satz 2 EGBGB aF, nach dem Recht des Staates, in dem der Kläger seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, d.h. nach deutschem Recht. Die Form
  296. des § 1031 Abs. 5 ZPO ist aber, wie dargelegt, nicht gewahrt. Art. 29 EGBGB
  297. aF ist nicht durch Art. 29 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 EGBGB aF ausgeschlossen, weil
  298. die Beklagte nach dem maßgeblichen Vertragsinhalt Geldleistungen, d.h. etwaige Gewinne, in den gewöhnlichen Aufenthaltsstaat des Klägers zu übermitteln
  299. hatte (vgl. Senatsurteile vom 8. Juni 2010 - XI ZR 349/08, WM 2010, 2025
  300. Rn. 36 mwN und vom 25. Januar 2011 - XI ZR 100/09, WM 2011, 645 Rn. 28).
  301. 39
  302. 2. Auch die Begründung, mit der das Berufungsgericht die Klage als begründet angesehen hat, hält rechtlicher Überprüfung stand.
  303. 40
  304. a) Das Berufungsgericht hat seiner Beurteilung in rechtlich nicht zu beanstandender Weise deutsches Deliktsrecht zugrunde gelegt (Senatsurteile
  305. vom 9. März 2010 - XI ZR 93/09, BGHZ 184, 365 Rn. 29 ff., vom 8. Juni 2010
  306. - XI ZR 41/09, WM 2010, 2032 Rn. 31 und vom 8. Juni 2010 - XI ZR 349/08,
  307. WM 2010, 2025 Rn. 44 f.). Die Beklagte hat entscheidende Teilnahmehandlungen in Deutschland vorgenommen (Art. 40 Abs. 1 Satz 1 EGBGB), indem sie
  308. hier ihr Vertragsformular über G. dem Kläger hat vorlegen und von ihm unterschreiben lassen. Dabei handelte es sich nicht lediglich um eine Vorbereitungshandlung, sondern um einen unverzichtbaren Tatbeitrag, ohne den der Kläger
  309. - 15 -
  310. seine Anlagebeträge nicht aus Deutschland auf das bei der Beklagten eröffnete
  311. Konto überwiesen hätte. Darüber hinaus ist in Fällen der vorliegenden Art auch
  312. nach Art. 41 Abs. 1 EGBGB deutsches Recht anzuwenden, weil die den Sachverhalt wesentlich prägende Handlung in Deutschland stattgefunden hat (vgl.
  313. Senatsurteile vom 9. März 2010 - XI ZR 93/09, BGHZ 184, 365 Rn. 29 ff., vom
  314. 8. Juni 2010 - XI ZR 349/08, WM 2010, 2025 Rn. 44 f., vom 13. Juli 2010
  315. - XI ZR 57/08, BKR 2010, 421 Rn. 35 und vom 12. Oktober 2010 - XI ZR
  316. 394/08, WM 2010, 2214 Rn. 38).
  317. 41
  318. Die in Nr. 20 des "Cash and Margin Agreements" getroffene Rechtswahl
  319. führt zu keinem anderen Ergebnis. Art. 42 Satz 1 EGBGB schließt für Ansprüche aus unerlaubter Handlung eine Rechtswahl vor Eintritt des Ereignisses,
  320. durch das ein außervertragliches Schuldverhältnis entstanden ist, aus, ohne
  321. selbst ein Recht für anwendbar zu erklären. Das anzuwendende Recht ergibt
  322. sich aus Art. 38 bis 41 EGBGB, die, wie dargelegt, entgegen der Auffassung
  323. der Revision zur Anwendbarkeit deutschen Deliktsrechts führen.
  324. 42
  325. b) Rechtsfehlerfrei ist auch die Auffassung des Berufungsgerichts, G.
  326. habe den Kläger durch die Vermittlung der von vornherein chancenlosen Aktienoptionsgeschäfte vorsätzlich sittenwidrig geschädigt.
  327. 43
  328. aa) Ein Vermittler haftet wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung
  329. gemäß § 826 BGB, wenn sein Geschäftsmodell darauf angelegt ist, für den Anleger chancenlose Geschäfte zum ausschließlich eigenen Vorteil zu vermitteln.
  330. Einem solchen Vermittler geht es allein darum, hohe Gewinne zu erzielen, indem er möglichst viele Geschäfte realisiert, die für den Anleger aufgrund überhöhter Gebühren und Aufschläge chancenlos sind. Sein Geschäftsmodell zielt
  331. damit von vornherein ganz bewusst darauf ab, uninformierte, leichtgläubige
  332. Menschen unter sittenwidriger Ausnutzung ihres Gewinnstrebens und ihres
  333. - 16 -
  334. Leichtsinns als Geschäftspartner zu gewinnen und sich auf ihre Kosten zu bereichern (Senatsurteile vom 9. März 2010 - XI ZR 93/09, BGHZ 184, 365
  335. Rn. 26 f.,
  336. bestätigt
  337. durch
  338. BVerfG,
  339. Beschluss
  340. vom
  341. 8. März
  342. 2011
  343. - 1 BvR 1880/10, und vom 12. Oktober 2010 - XI ZR 394/08, WM 2010, 2214
  344. Rn. 40).
  345. 44
  346. bb) Diese Haftungsvoraussetzungen sind nach den rechtsfehlerfreien
  347. Feststellungen des Berufungsgerichts erfüllt. Die von G. verlangten Gebühren
  348. brachten das Chance-Risiko-Verhältnis aus dem Gleichgewicht. Die dadurch
  349. verminderte Gewinnchance musste mit zunehmender Anzahl der Optionsgeschäfte noch weiter abnehmen. Die an die einzelnen Kontrakte anknüpfende
  350. "Half-Turn-Provision" von 45 US-Dollar, die zu einer "Round-Turn-Provision"
  351. von 90 US-Dollar führte, machte damit selbst für den Fall, dass einzelne Geschäfte Gewinn abwarfen, für die Gesamtinvestition jede Chance auf positive
  352. Ergebnisse äußerst unwahrscheinlich und ließ den weitgehenden Verlust der
  353. eingesetzten Mittel so gut wie sicher erscheinen (vgl. Senatsurteil vom
  354. 8. Februar 2011 - XI ZR 168/08, WM 2011, 650 Rn. 35).
  355. 45
  356. Die Revision wendet hiergegen ohne Erfolg ein, die Annahme, dass die
  357. Geschäfte des Klägers zwangsläufig zu erheblichen Verlusten führen mussten,
  358. sei falsch. Das Berufungsgericht ist nicht von dieser Annahme ausgegangen,
  359. sondern hat festgestellt, dass höhere Aufschläge auf die Optionsprämie die
  360. Gewinnerwartung des Anlegers verschlechterten, weil ein höherer Kursausschlag als der vom Börsenfachhandel als realistisch angesehene notwendig
  361. war, um in die Gewinnzone zu kommen, und dass diese Aufschläge vor allem
  362. Anleger, die mehrere Optionen erwerben, aller Wahrscheinlichkeit nach im Ergebnis praktisch chancenlos machten. Dass diese Feststellungen des Berufungsgerichts rechtsfehlerhaft sind, zeigt die Revision nicht auf.
  363. - 17 -
  364. 46
  365. Der Kläger war nach den rechtsfehlerfreien Feststellungen des Berufungsgerichts auch nicht in der nach der Rechtsprechung des Senats erforderlichen Weise darüber aufgeklärt, dass die vermittelten Geschäfte im Ergebnis
  366. chancenlos waren. Diese Würdigung des Berufungsgerichts entbehrt entgegen
  367. der Auffassung der Revision nicht deshalb einer tragfähigen Grundlage, weil
  368. das Berufungsgericht nicht festgestellt hat, welchen Inhalt die Informationsschrift "Kurzgefasste Einführung in die Grundsätze des Terminhandels" und die
  369. Fassung der Broschüre "Putting the investor first", die der Kläger nach dem
  370. Vortrag der Beklagten erhalten hat, hatten. Die Tatsache, dass der Kläger alle
  371. Tatbestandsmerkmale des § 826 BGB darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen hat, ändert nichts daran, dass es Sache der Beklagten war, zunächst
  372. einmal im Einzelnen vorzutragen, was unternommen worden ist, um eine ausreichende Aufklärung des Klägers sicherzustellen (vgl. Senatsurteile vom
  373. 13. Oktober 1992 - XI ZR 30/92, WM 1992, 1935, 1937 und vom 26. Oktober
  374. 2004 - XI ZR 279/03, WM 2005, 28, 29 mwN). Dies hat die Beklagte nicht getan. Da sie zum Inhalt der genannten Informationsschriften nichts vorgetragen
  375. hat, lässt sich ihrem Vortrag nicht entnehmen, dass durch diese Schriften eine
  376. ausreichende Aufklärung des Klägers bewirkt worden wäre.
  377. 47
  378. Auch die Feststellung des Berufungsgerichts, der Kläger sei aufklärungsbedürftig gewesen, ist rechtsfehlerfrei. Soweit das Berufungsgericht in
  379. diesem Zusammenhang angenommen hat, der "Fragebogen über Risiken und
  380. Anlagehorizont" habe nur als Grundlage für eine telefonische Befragung durch
  381. G. gedient, sei dem Kläger aber nicht zur Unterschrift übersandt worden, hat es
  382. entgegen der Auffassung der Revision keinen erheblichen Beweisantrag übergangen. Der Beweisantrag, auf den die Revision verweist, betrifft die Behauptung der Beklagten, der Kläger habe den Fragebogen beantwortet. Diesen Beweis musste das Berufungsgericht nicht erheben, weil es nicht angenommen
  383. hat, dass der Kläger den Fragebogen nicht beantwortet habe, sondern dass
  384. - 18 -
  385. sich aus seinen Angaben nicht ergebe, dass er nicht aufklärungsbedürftig gewesen sei.
  386. 48
  387. c) Auch die Ausführungen, mit denen das Berufungsgericht eine haftungsrelevante Beteiligung der Beklagten an der von G. begangenen vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung bejaht hat, halten revisionsrechtlicher Überprüfung stand.
  388. 49
  389. aa) Die Voraussetzungen einer Teilnahme an einer unerlaubten Handlung im Sinne von § 830 BGB richten sich nach den für das Strafrecht entwickelten Grundsätzen. Demgemäß verlangt die Teilnahme neben der Kenntnis
  390. der Tatumstände wenigstens in groben Zügen den jeweiligen Willen der einzelnen Beteiligten, die Tat gemeinschaftlich mit anderen auszuführen oder sie als
  391. fremde Tat zu fördern. In objektiver Hinsicht muss eine Beteiligung an der Ausführung der Tat hinzukommen, die in irgendeiner Form deren Begehung fördert
  392. und für diese relevant ist. Für den einzelnen Teilnehmer muss ein Verhalten
  393. festgestellt werden können, das den rechtswidrigen Eingriff in ein fremdes
  394. Rechtsgut unterstützt hat und das von der Kenntnis der Tatumstände und dem
  395. auf die Rechtsgutverletzung gerichteten Willen getragen wird (Senatsurteile
  396. vom 9. März 2010 - XI ZR 93/09, BGHZ 184, 365 Rn. 34 und vom 12. Oktober
  397. 2010 - XI ZR 394/08, WM 2010, 2214 Rn. 44, jeweils mwN).
  398. 50
  399. Da sich in Fällen der vorliegenden Art nur ausnahmsweise eine ausdrückliche Vereinbarung der Beteiligten zur Vornahme sittenwidriger Handlungen oder eine ausdrückliche Zusage eines Beteiligten zur Hilfeleistung wird
  400. feststellen lassen, ergibt sich die Notwendigkeit, die gesamten Umstände des
  401. konkreten Einzelfalles, die möglicherweise auch Grundzüge bestimmter zu
  402. missbilligender branchentypischer Handlungsweisen aufzeigen, daraufhin zu
  403. untersuchen, ob sich ausreichende Anhaltspunkte für die Beteiligung an einem
  404. - 19 -
  405. sittenwidrigen Verhalten ergeben (Senatsurteile vom 9. März 2010 - XI ZR
  406. 93/09, BGHZ 184, 365 Rn. 35 und vom 12. Oktober 2010 - XI ZR 394/08, WM
  407. 2010, 2214 Rn. 45, jeweils mwN).
  408. 51
  409. bb) Nach diesen Grundsätzen halten die Ausführungen, mit denen das
  410. Berufungsgericht die Voraussetzungen einer nach § 830 Abs. 1 Satz 1 und
  411. Abs. 2 BGB haftungsrelevanten Teilnahmehandlung der Beklagten bejaht hat,
  412. einer rechtlichen Überprüfung stand.
  413. 52
  414. (1) Die objektiven Voraussetzungen einer Teilnahme im Sinne von § 830
  415. Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 BGB sind gegeben. Nach den rechtsfehlerfreien Feststellungen hat die Beklagte aufgrund des Rahmenvertrages vom 18. März 1998
  416. G. den Zugang zur US-amerikanischen Börse eröffnet, das Transaktionskonto
  417. des Klägers geführt und Provisionen an G. abgeführt.
  418. 53
  419. In diesem Zusammenhang hat das Berufungsgericht, anders als die Revision meint, die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Beihilfe durch so
  420. genannte neutrale bzw. berufstypische Handlungen nicht verkannt. Nach dieser
  421. Rechtsprechung sind derartige Handlungen als Beihilfe zu werten, wenn das
  422. Handeln des Haupttäters ausschließlich auf die Begehung einer strafbaren
  423. Handlung abzielt und der Hilfeleistende Kenntnis hiervon hat. Falls dieser nicht
  424. weiß, wie sein Beitrag vom Haupttäter verwendet wird, sondern es lediglich für
  425. möglich hält, dass sein Tun zur Begehung einer Straftat genutzt wird, ist sein
  426. Handeln regelmäßig noch nicht als strafbare Beihilfehandlung zu beurteilen, es
  427. sei denn, das von ihm erkannte Risiko strafbaren Verhaltens des von ihm Unterstützten war derart hoch, dass er sich mit seiner Hilfeleistung die Förderung
  428. eines erkennbar tatgeneigten Täters angelegen sein ließ (BGH, Urteile vom
  429. 1. August 2000 - 5 StR 624/99, BGHSt 46, 107, 112 f. und vom 18. Juni 2003
  430. - 5 StR 489/02, NStZ 2004, 41 Rn. 11 ff., jeweils mwN). Dies bedeutet, dass
  431. - 20 -
  432. auch neutrale Handlungen eine objektive Hilfeleistung darstellen können und
  433. die Qualifizierung neutraler Handlungen als Beihilfehandlungen ein Problem
  434. des subjektiven Tatbestandes ist (BGH, Beschluss vom 20. September 1999
  435. - 5 StR 729/98, wistra 1999, 459, 460; vgl. auch Senatsurteil vom 12. Oktober
  436. 2010 - XI ZR 394/08, WM 2010, 2214 Rn. 48 mwN).
  437. 54
  438. (2) Auch die Ausführungen, mit denen das Berufungsgericht den Teilnehmervorsatz der Beklagten im Sinne von § 830 BGB bejaht hat, sind frei von
  439. Rechtsfehlern.
  440. 55
  441. Die Feststellung eines vorsätzlichen Handelns der Beklagten unterliegt
  442. als Ergebnis tatrichterlicher Würdigung im Sinne von § 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO
  443. nur einer eingeschränkten Überprüfung durch das Revisionsgericht. Sie kann
  444. lediglich daraufhin überprüft werden, ob der Streitstoff umfassend, widerspruchsfrei und ohne Verstoß gegen Denk- und Erfahrungssätze gewürdigt
  445. worden ist (Senatsurteile vom 9. März 2010 - XI ZR 93/09, BGHZ 184, 365
  446. Rn. 35 und vom 12. Oktober 2010 - XI ZR 394/08, WM 2010, 2214 Rn. 50, jeweils mwN). Dieser Prüfung hält das Berufungsurteil stand.
  447. 56
  448. (a) Die subjektiven Voraussetzungen einer haftungsrechtlich relevanten
  449. Mitwirkungshandlung sind unter anderem dann erfüllt, wenn ein ausländischer
  450. Broker, der mit einem deutschen gewerblichen Terminoptionsvermittler zusammen arbeitet, positive Kenntnis von dessen Geschäftsmodell, das in der Gebührenstruktur zum Ausdruck kommt, hat, d.h. wenn er die vom Vermittler erhobenen Gebühren und Aufschläge kennt, die die Geschäfte für den Anleger insgesamt chancenlos machen (Senatsurteile vom 13. Juli 2010 - XI ZR 28/09, WM
  451. 2010, 1590 Rn. 53 und vom 12. Oktober 2010 - XI ZR 394/08, WM 2010, 2214
  452. Rn. 51).
  453. - 21 -
  454. 57
  455. (b) Diese Voraussetzungen eines Teilnehmervorsatzes der Beklagten
  456. sind erfüllt. Nach den rechtsfehlerfreien und von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts hatte die Beklagte bereits vor dem
  457. ersten Geschäft, das sie im Mai 1998 für den Kläger durchführte, aufgrund des
  458. Rahmenvertrages vom 18. März 1998 positive Kenntnis von den Gebühren, die
  459. der Kläger G. zu entrichten hatte. Als erfahrenes Brokerunternehmen wusste
  460. die Beklagte, dass aufgrund dieser Gebühren die Optionsgeschäfte des Klägers, insgesamt betrachtet, praktisch chancenlos waren. Damit sind die subjektiven Voraussetzungen einer haftungsrechtlich relevanten Mitwirkungshandlung
  461. der Beklagten erfüllt. Auf die Voraussetzungen, unter denen die subjektiven
  462. Voraussetzungen auch ohne die positive Kenntnis eines Brokers von den Gebühren angenommen werden können, kommt es daher nicht an (vgl. Senatsurteile vom 9. März 2010 - XI ZR 93/09, BGHZ 184, 365 Rn. 42 f., vom 13. Juli
  463. 2010 - XI ZR 28/09, WM 2010, 1590 Rn. 53 und vom 12. Oktober 2010 - XI ZR
  464. 394/08, WM 2010, 2214 Rn. 51).
  465. 58
  466. Dass G. eine Erlaubnis der Finanzaufsicht besaß, steht, wie das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei angenommen hat, dem Gehilfenvorsatz der Beklagten nicht entgegen. Eine solche Erlaubnis lässt nicht ohne weiteres auf die
  467. zivilrechtliche Unbedenklichkeit des Verhaltens eines gewerblichen Terminoptionsvermittlers
  468. gegenüber
  469. seinen
  470. Kunden
  471. schließen
  472. (Senatsurteil
  473. vom
  474. 12. Oktober 2010 - XI ZR 394/08, WM 2010, 2214 Rn. 54 mwN).
  475. 59
  476. d) Auch die Verjährung der Klageforderung hat das Berufungsgericht,
  477. anders als die Revision meint, rechtsfehlerfrei verneint.
  478. 60
  479. aa) Nach der für das Verjährungsrecht geltenden Überleitungsvorschrift
  480. des Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 1 EGBGB finden die seit dem 1. Januar 2002 geltenden Verjährungsvorschriften Anwendung. Ein etwaiger deliktsrechtlicher
  481. - 22 -
  482. Schadensersatzanspruch des Klägers war zu diesem Zeitpunkt, wie das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei angenommen hat, nicht verjährt. Die dreijährige
  483. Verjährungsfrist gemäß § 852 Abs. 1 BGB aF hatte bis zu diesem Zeitpunkt
  484. mangels Kenntnis des Klägers von der Person des Ersatzpflichtigen nicht begonnen. Der Kläger hatte, wie im Folgenden dargelegt wird, vor dem 1. Januar
  485. 2004 keine Kenntnis von der Beteiligung der Beklagten an dem sittenwidrigen
  486. Geschäftsmodell des G.
  487. 61
  488. Daher traten an die Stelle des § 852 Abs. 1 Altern. 1 BGB aF gemäß
  489. Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 1 EGBGB die Verjährungsvorschriften der §§ 195, 199
  490. BGB nF (vgl. BGH, Urteil vom 10. November 2009 - VI ZR 247/08, NJW 2010,
  491. 681 Rn. 9). Für die Berechnung der Verjährungsfrist, zu der auch der Beginn
  492. des Laufs der kenntnisabhängigen Verjährungsfrist nach § 199 Abs. 1 Nr. 2
  493. BGB gehört (Senatsurteile vom 23. Januar 2007 - XI ZR 44/06, BGHZ 171, 1
  494. Rn. 19 ff. und vom 3. Juni 2008 - XI ZR 319/06, WM 2008, 1346 Rn. 23), ist
  495. gemäß Art. 229 § 6 Abs. 4 Satz 1 EGBGB das neue Verjährungsrecht maßgeblich, weil in § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB nF mit der Gleichstellung von Kenntnis und
  496. grob fahrlässiger Unkenntnis ein zusätzlicher, über die Regelungen des § 852
  497. BGB aF hinausgehender, verjährungsverkürzender Anwendungsfall eröffnet ist
  498. (vgl. BGH, Urteil vom 10. November 2009 - VI ZR 247/08, NJW 2010, 681
  499. Rn. 10). Auch an die Stelle der kenntnisunabhängigen 30jährigen Verjährungsfrist von der Begehung der Handlung an (§ 852 Abs. 1 Altern. 2 BGB aF) ist
  500. gemäß Art. 229 § 6 Abs. 4 Satz 1 EGBGB die kürzere neue Verjährungsregelung getreten.
  501. 62
  502. bb) Die Verjährungsfrist gemäß §§ 195, 199 BGB nF war, wie das Berufungsgericht im Ergebnis zutreffend angenommen hat, bei Klageerhebung im
  503. April 2007 noch nicht abgelaufen, so dass diese zur Hemmung der Verjährung
  504. geführt hat (§ 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB). Nach §§ 195, 199 BGB nF beträgt die
  505. - 23 -
  506. Verjährungsfrist drei Jahre, beginnend mit dem Schluss des Jahres, in dem der
  507. Anspruch entstanden ist und der Anspruchsteller Kenntnis von den den Anspruch begründenden Umständen sowie der Person des Schuldners hat oder
  508. diese Kenntnis infolge grober Fahrlässigkeit nicht hat.
  509. 63
  510. (1) Die erforderliche Kenntnis liegt im Allgemeinen vor, wenn dem Geschädigten die Erhebung einer Schadenersatzklage, sei es auch nur in Form
  511. der Feststellungsklage, Erfolg versprechend, wenn auch nicht risikolos möglich
  512. ist. Weder ist es notwendig, dass der Geschädigte alle Einzelumstände kennt,
  513. die für die Beurteilung möglicherweise Bedeutung haben, noch muss er bereits
  514. hinreichend sichere Beweismittel in der Hand haben, um einen Rechtsstreit im
  515. Wesentlichen risikolos führen zu können. Auch kommt es, von Ausnahmefällen
  516. abgesehen, nicht auf eine zutreffende rechtliche Würdigung an (BGH, Urteil
  517. vom 9. November 2007 - V ZR 25/07, WM 2008, 89 Rn. 15 sowie Senatsurteile
  518. vom 27. Mai 2008 - XI ZR 132/07, WM 2008, 1260 Rn. 32 und vom 3. Juni 2008
  519. - XI ZR 319/06, WM 2008, 1346 Rn. 27, jeweils mwN). Grob fahrlässige Unkenntnis ist anzunehmen, wenn dem Gläubiger die Kenntnis fehlt, weil er die im
  520. Verkehr erforderliche Sorgfalt in ungewöhnlich grobem Maße verletzt und auch
  521. ganz nahe liegende Überlegungen nicht angestellt hat oder das nicht beachtet
  522. hat, was jedem hätte einleuchten müssen (Senatsurteil vom 23. September
  523. 2008 - XI ZR 253/07, WM 2008, 2158 Rn. 34 mwN).
  524. 64
  525. (2) Nach diesen Grundsätzen hatte der Kläger vor dem im Streitfall gemäß § 199 Abs. 1 BGB relevanten Stichtag des 1. Januar 2004 jedenfalls von
  526. einer Beteiligung der Beklagten am sittenwidrigen Geschäftsmodell der G. weder positive Kenntnis noch beruhte seine Unkenntnis auf grober Fahrlässigkeit.
  527. Geht es, wie vorliegend, um die Frage einer deliktischen Haftung eines Brokers
  528. wegen bedingt vorsätzlicher Teilnahme an einem sittenwidrigen Geschäftsmodell, kann von einer Kenntnis oder grob fahrlässigen Unkenntnis des Anlegers
  529. - 24 -
  530. nur ausgegangen werden, wenn ihm sowohl die Umstände, die in Bezug auf
  531. dieses Geschäftsmodell einen Ersatzanspruch begründen, als auch die Umstände, aus denen sich ergibt, dass auch der das Transaktionskonto führende
  532. und die einzelnen Aufträge des Anlegers ausführende Broker als möglicher Haftender in Betracht kommt, bekannt oder infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt
  533. sind.
  534. 65
  535. Dies war vor dem 1. Januar 2004 nicht der Fall, weil der Kläger vor diesem Zeitpunkt die Umstände, aus denen sich die Teilnehmerhaftung der Beklagten ergibt, nicht kannte und seine Unkenntnis auch nicht auf grober Fahrlässigkeit beruhte. Das Berufungsgericht hat den Teilnehmervorsatz der Beklagten, anders als die Revision meint, entscheidend damit begründet, dass sie
  536. aufgrund des Rahmenvertrages vom 18. März 1998 die Gebühren kannte, die
  537. der Kläger G. zu entrichten hatte. Die Feststellungen des Berufungsgerichts
  538. und der Sachvortrag der Parteien in den Tatsacheninstanzen enthalten aber
  539. keinen Anhaltspunkt dafür, dass der Kläger vor dem 1. Januar 2004 den Rahmenvertrag vom 18. März 1998 oder die positive Kenntnis der Beklagten von
  540. den Gebühren, die er an G. zu zahlen hatte, kannte oder aufgrund grober Fahrlässigkeit nicht kannte.
  541. 66
  542. Die Behauptung der Beklagten, der Kläger sei in nicht rechtsverjährter
  543. Zeit von einem Herrn E.
  544. auf die Möglichkeit einer Inanspruchnahme der Be-
  545. klagten hingewiesen worden, hat das Berufungsgericht, entgegen der Auffassung der Revision, rechtsfehlerfrei als nicht hinreichend dargetan und als Vorbringen "ins Blaue hinein" angesehen. Die Vernehmung des Herrn E.
  546. als
  547. Zeugen hat es verfahrensfehlerfrei als Ausforschung abgelehnt. Dem Vortrag
  548. der Beklagten ist bereits nicht zu entnehmen, welche Informationen der Kläger
  549. von E.
  550. erhalten hat. Dass diese Informationen dem Kläger die für den Ver-
  551. jährungsbeginn erforderliche Kenntnis, insbesondere die Kenntnis, dass die
  552. - 25 -
  553. Beklagte positive Kenntnis von den Gebühren, die der Kläger G. zu entrichten
  554. hatte, vermittelt hat oder dass seine Unkenntnis nach diesen Informationen auf
  555. grober Fahrlässigkeit beruhte, ist dem Vortrag der Beklagten nicht zu entnehmen. Im Übrigen ist die Ablehnung eines angetretenen Zeugenbeweises zulässig, wenn die unter Beweis gestellten Tatsachen zwar in das Gewand einer bestimmt aufgestellten Behauptung gekleidet, aber aufs Geratewohl gemacht,
  556. gleichsam "ins Blaue hinein" aufgestellt und aus der Luft gegriffen sind (BGH,
  557. Beschluss vom 1. Juni 2005 - XII ZR 275/02, NJW 2005, 2710, 2711). Dies hat
  558. das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei angenommen, weil es an jeglichem Anhaltspunkt dafür, dass E.
  559. dem Kläger die für den Verjährungsbeginn erfor-
  560. derliche Kenntnis in nicht rechtsverjährter Zeit vermittelt hat, fehlt.
  561. 67
  562. e) Die Klageforderung ist, entgegen der Auffassung der Revision, auch
  563. nicht verwirkt.
  564. 68
  565. Eine Verwirkung als Unterfall der wegen Verstoßes gegen Treu und
  566. Glauben unzulässigen Rechtsausübung kommt in Betracht, wenn der Berechtigte ein Recht längere Zeit nicht geltend macht, obwohl er dazu in der Lage
  567. war, und der Verpflichtete sich mit Rücksicht auf das gesamte Verhalten des
  568. Berechtigten darauf einrichten durfte und eingerichtet hat, dass dieser sein
  569. Recht nicht mehr geltend machen werde (vgl. BGH, Urteile vom 16. Juni 1982
  570. - IVb ZR 709/80, BGHZ 84, 280, 281 und vom 13. Juli 2010 - XI ZR 57/08, ZIP
  571. 2010, 2004 Rn. 49, jeweils mwN).
  572. 69
  573. Davon ist im vorliegenden Fall nicht auszugehen. Dabei kann dahinstehen, ob der zwischen Auszahlung des Restbetrages und Klageerhebung liegende Zeitraum von etwa 8 Jahren und 7 Monaten als solcher die Annahme
  574. des für die Verwirkung erforderlichen Zeitmomentes bereits vor Ablauf der dreijährigen Regelverjährungsfrist des § 195 BGB überhaupt rechtfertigt (vgl.
  575. - 26 -
  576. Palandt/Grüneberg, BGB, 70. Aufl., § 242 Rn. 97 mwN). Jedenfalls ist weder
  577. ersichtlich noch dem Parteivortrag zu entnehmen, dass der Kläger bei der Beklagten in zurechenbarer Weise einen Vertrauenstatbestand geschaffen hat,
  578. aufgrund dessen die Beklagte sich berechtigterweise darauf einrichten durfte,
  579. der Kläger werde ihr gegenüber seine Rechte nicht mehr geltend machen. Der
  580. in diesem Zusammenhang stehende Hinweis der Beklagten auf die nach USamerikanischem Aufsichtsrecht für sie maßgebliche und zum Zeitpunkt der Klageerhebung bereits abgelaufene fünfjährige Aufbewahrungsfrist für Kundenunterlagen greift nicht durch. Die Beklagte konnte bei dem Kläger, einem ausländischen
  581. Privatanleger,
  582. keine
  583. Kenntnis
  584. von
  585. den
  586. Bestimmungen
  587. des
  588. US-amerikanischen Aufsichtsrechts voraussetzen.
  589. Wiechers
  590. Joeres
  591. Ellenberger
  592. Mayen
  593. Matthias
  594. Vorinstanzen:
  595. LG Krefeld, Entscheidung vom 28.02.2008 - 5 O 127/07 OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 24.11.2008 - I-9 U 51/08 -