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1 year ago
  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. IM NAMEN DES VOLKES
  3. URTEIL
  4. XI ZR 131/15
  5. Verkündet am:
  6. 18. Oktober 2016
  7. Herrwerth
  8. Justizangestellte
  9. als Urkundsbeamtin
  10. der Geschäftsstelle
  11. in dem Rechtsstreit
  12. ECLI:DE:BGH:2016:181016UXIZR131.15.0
  13. -2-
  14. Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
  15. vom 18. Oktober 2016 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ellenberger,
  16. die Richter Maihold und Dr. Matthias sowie die Richterinnen Dr. Derstadt und
  17. Dr. Dauber
  18. für Recht erkannt:
  19. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 9. Zivilsenats
  20. des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 4. März 2015 in der Fassung des Beschlusses vom 23. April 2015 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zu ihrem Nachteil erkannt worden ist.
  21. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung
  22. und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens,
  23. an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
  24. Von Rechts wegen
  25. Tatbestand:
  26. 1
  27. Der Kläger macht gegenüber der beklagten Bank Bereicherungs- und
  28. Schadensersatzansprüche im Zusammenhang mit dem kreditfinanzierten Erwerb einer Eigentumswohnung geltend.
  29. 2
  30. Der Kläger und seine frühere Ehefrau (künftig: die Erwerber) wurden im
  31. Jahre 1995 von einem Anlagevermittler geworben, die Eigentumswohnung
  32. -3-
  33. Nr. 91 in dem noch zu errichtenden Appartementhaus "
  34. "
  35. nebst einem Tiefgaragenplatz zu erwerben. Im Verkaufsprospekt werden die
  36. vertraglichen Grundlagen wie folgt erläutert:
  37. "Der Erwerber beauftragt einen unabhängigen Abwicklungsbeauftragten mit dem Abschluss der vorgesehenen
  38. Verträge und der Wahrnehmung der im Geschäftsbesorgungsvertrag beschriebenen Aufgaben. … Der Abwicklungsbeauftragte vertritt die Erwerber bei dem Abschluss
  39. des Grundstückskauf- und Werklieferungsvertrages, der
  40. Finanzierung und beim Abschluss der sonstigen vorgesehenen Verträge. Weitere Aufgaben, also insbesondere
  41. auch die Prüfung des Objektes in bautechnischer Hinsicht, die Prüfung der Werthaltigkeit … kommen dem Abwicklungsbeauftragten nicht zu. …" (S. 40 des Prospekts)
  42. "Der Abwicklungsbeauftragte beauftragt im Namen des
  43. einzelnen Erwerbers den Finanzierungsvermittler auftragsgemäß mit der Beschaffung der gemäß Konzeption
  44. vorgesehenen langfristigen Darlehen sowie mit der Vermittlung von Finanzierungsangeboten für die Zwischenfinanzierungsdarlehen und eine Vorfinanzierung des konzeptionsgemäß vorgesehenen Eigenkapitals, soweit der
  45. Erwerber dies wünscht.
  46. Der Finanzierungsvermittler ist zur umfassenden Betreuung, der Beratung bezüglich aller Fragen der Endfinanzierung und der Vorlage unterschriftsreifer Darlehensverträge zu verpflichten." (S. 41 des Prospekts)
  47. "Für die Abwicklung des Erwerbsvorganges hat der Prospektherausgeber ein Angebot eines Abwicklungsbeauftragten vorliegen. Der Abwicklungsbeauftragte wird ausschließlich im Auftrag der zukünftigen Erwerber tätig werden. … Der Abwicklungsbeauftragte übernimmt die abwickelnde Tätigkeit für den Erwerber nach Maßgabe der in
  48. diesem Prospekt vom Prospektherausgeber gemachten
  49. Vorgaben und des mit dem Erwerber zu schließenden
  50. Geschäftsbesorgungsvertrages. ..." (S. 44 des Prospekts)
  51. 3
  52. Abwicklungsbeauftragte war die
  53. Steuerberatungsgesellschaft mbH
  54. (nachfolgend: Abwicklungsbeauftragte). Finanzierungsvermittlerin war die A
  55. GmbH (nachfolgend: Finanzierungsvermittle-
  56. -4-
  57. rin). Mit Schreiben vom 29. Mai 1995 bestätigte die Beklagte der Finanzierungsvermittlerin ihre Bereitschaft, die Finanzierung des Kaufpreises für die Erwerber von Einheiten in der Neubaumaßnahme zu übernehmen.
  58. 4
  59. Zwecks Erwerbs der Wohnung boten die Erwerber der Abwicklungsbeauftragten mit notarieller Urkunde vom 19. Mai 1995 einen umfassenden Geschäftsbesorgungsvertrag an und erteilten ihr eine ebensolche Vollmacht, die
  60. ausdrücklich auch den Abschluss eines Finanzierungsvermittlungsvertrages
  61. umfasste. Die Abwicklungsbeauftragte nahm das Angebot am 8. Juni 1995 an.
  62. Der Gesamtaufwand für den Erwerb der Wohnung sollte 157.592 DM betragen.
  63. 5
  64. Zur Finanzierung des Gesamtaufwandes schloss die Abwicklungsbeauftragte namens der Erwerber im Juni 1995 mit der Beklagten zunächst einen
  65. Zwischenfinanzierungsvertrag. Daraus zahlte die Beklagte auf Anweisung der
  66. Abwicklungsbeauftragten eine Finanzierungsvermittlungsprovision an die Finanzierungsvermittlerin aus. Mit notariellem Kauf- und Werklieferungsvertrag
  67. vom 3. Juli 1995 erwarb die Abwicklungsbeauftragte namens der Erwerber von
  68. der Bauträgerin als Verkäuferin die Wohnung nebst Tiefgaragenplatz zu einem
  69. Kaufpreis von 122.323 DM. Am 24. Dezember 1995/3. Januar 1996 nahm die
  70. Abwicklungsbeauftragte zur Ablösung der Zwischenfinanzierung namens der
  71. Erwerber bei der Beklagten ein auf zwei Unterkonten geführtes Endfinanzierungsdarlehen über 157.592 DM auf, das durch eine Grundschuld am Wohnungseigentum in Darlehenshöhe und durch Abtretung der Ansprüche aus einer Lebensversicherung besichert wurde.
  72. 6
  73. Im Juni 2011 stellten die Erwerber ihre Zahlungen auf das Endfinanzierungsdarlehen ein, woraufhin die Beklagte am 30. Januar 2012 dieses kündigte
  74. und eine Forderung in Höhe von insgesamt 68.716,16 € fällig stellte. Ferner
  75. übte die Beklagte ein ihr eingeräumtes Pfandrecht an einem Konto sowie einem
  76. -5-
  77. Depot des Klägers aus und vereinnahmte aus beidem insgesamt 8.923,09 €.
  78. Zudem verwertete sie die Lebensversicherung des Klägers. Die Beklagte berühmt sich einer Restforderung aus dem Darlehen in Höhe von 14.291,60 €
  79. (ohne Zinsen).
  80. 7
  81. Mit seiner Klage hat der Kläger die Rückzahlung geleisteter Zins- und
  82. Tilgungsraten in Höhe von insgesamt 46.357,99 € sowie die Erstattung der
  83. Verwertungserlöse in Höhe von insgesamt 8.923,09 €, jeweils nebst Rechtshängigkeitszinsen begehrt. Außerdem verlangt er die Zustimmung der Beklagten zur Auszahlung eines hinterlegten Verwertungserlöses in Höhe von
  84. 40.830,08 € nebst Hinterlegungszinsen, die Freigabe seiner Rechte an Guthaben auf einem Konto und in einem Depot sowie die Feststellung, dass er der
  85. Beklagten aus den Finanzierungsverträgen nichts schuldet. Der Kläger hält die
  86. der Abwicklungsbeauftragten erteilte Vollmacht wegen eines Verstoßes gegen
  87. das Rechtsberatungsgesetz für unwirksam und macht geltend, dass die Darlehensverträge wegen eines offenkundigen Missbrauches der Vertretungsmacht
  88. unwirksam seien. Eine Finanzierungsvermittlungsprovision sei von den Erwerbern nicht geschuldet gewesen. Die Abwicklungsbeauftragte habe, indem sie
  89. die Darlehensverträge auch zur Finanzierung der Finanzierungsvermittlungsprovision geschlossen habe, pflichtwidrig einen zu hohen Darlehensbetrag vereinbart. Der Kläger bestreitet auch die Valutierung der Darlehen. Daneben stehe ihm der geltend gemachte Betrag auch als Schadensersatz zu, weil die Erwerber über die wahre Rolle der Abwicklungsbeauftragten, die Höhe der Vermittlungsprovisionen, die erzielbare Miethöhe und die sittenwidrige Überhöhung
  90. des Kaufpreises arglistig getäuscht worden seien, was die Beklagte gewusst
  91. habe oder ihr zumindest wegen ihres institutionalisierten Zusammenwirkens mit
  92. der Abwicklungsbeauftragten zuzurechnen sei.
  93. -6-
  94. 8
  95. Das Landgericht hat der Klage überwiegend stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht die Verurteilung der Beklagten
  96. lediglich im Hinblick auf eine Zahlung in Höhe von 8.923,09 € und den Feststellungsantrag aufrechterhalten und die Klage im Übrigen abgewiesen. Mit ihrer
  97. vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr auf die vollständige
  98. Abweisung der Klage gerichtetes Begehren weiter.
  99. Entscheidungsgründe:
  100. 9
  101. Die Revision ist begründet. Sie führt, soweit das Berufungsgericht zum
  102. Nachteil der Beklagten entschieden hat, zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
  103. I.
  104. 10
  105. Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
  106. 11
  107. Die Darlehensverträge seien unwirksam, weil die Abwicklungsbeauftragte ihre Vollmacht offenkundig missbraucht habe und dies für die Beklagte objektiv evident gewesen sei. Die Abwicklungsbeauftragte sei im Innenverhältnis zu
  108. den Erwerbern nicht berechtigt gewesen, einen Finanzierungsvermittlungsvertrag abzuschließen, durch den eine Provisionspflicht durch den bloßen Nachweis einer Finanzierungsmöglichkeit begründet worden sei. Zwar sehe der
  109. Prospekt ausdrücklich die Beauftragung eines Finanzierungsvermittlers vor.
  110. Danach habe aber auch der Finanzierungsvermittlungsvertrag eine Vermittlungs- und nicht lediglich eine Nachweistätigkeit zum Gegenstand haben sollen.
  111. -7-
  112. 12
  113. Die Beklagte behaupte selbst nicht, dass die von der Abwicklungsbeauftragten beauftragte Finanzierungsvermittlerin den Abschluss der streitgegenständlichen Darlehensverträge mit ihr verhandelt habe. Vielmehr sehe die Beklagte die von der Finanzierungsvermittlerin erbrachte Leistung allein darin,
  114. dass diese die generelle Finanzierungsbereitschaft der Beklagten nachgewiesen habe. Die Abwicklungsbeauftragte habe jedoch im Namen der Erwerber
  115. keine Provisionspflicht für eine bloße Nachweistätigkeit der Finanzierungsvermittlerin begründen und folglich auch nicht in deren Namen die Darlehen zur
  116. Vorfinanzierung einer solchen Provision aufnehmen dürfen. Indem sie dies
  117. gleichwohl getan habe, habe sie ihre Vertretungsmacht missbraucht.
  118. 13
  119. Dieser Missbrauch sei für die Beklagte objektiv evident gewesen. Die
  120. Beklagte habe sowohl den Inhalt des Prospekts als auch den Umstand gekannt,
  121. dass sich die von der Finanzierungsvermittlerin erbrachte Leistung auf eine
  122. bloße Nachweistätigkeit beschränkt habe. Nachdem der Prospekt offenkundig
  123. für eine solche Tätigkeit keine Provision vorgesehen habe, habe sich der Beklagten der Schluss geradezu aufdrängen müssen, dass die Abwicklungsbeauftragte zur Finanzierung der Provision keine Darlehen habe aufnehmen dürfen.
  124. 14
  125. Dies führe zur Nichtigkeit sämtlicher Darlehensverträge. Eine Teilnichtigkeit unter Aufrechterhaltung des übrigen Teils sei nur anzunehmen, wenn dies
  126. dem hypothetischen Parteiwillen entspräche. Für diesen komme es nicht darauf
  127. an, ob die Parteien das Rechtsgeschäft ohne den nichtigen Teil tatsächlich gewollt hätten, sondern darauf, ob eine objektive Bewertung ergebe, dass das
  128. Rechtsgeschäft auch ohne den nichtigen Teil vernünftigerweise vorgenommen
  129. worden wäre. Davon könne hier nicht ausgegangen werden.
  130. 15
  131. Der Kläger habe gegen die Beklagte auch Anspruch auf Schadensersatz
  132. wegen der unberechtigten Verwertung seines Depots und Kontos in Höhe von
  133. -8-
  134. insgesamt 8.923,09 €. Da die Darlehensverträge zwischen den Erwerbern und
  135. der Beklagten unwirksam seien, sei ein Pfandrecht der Beklagten an den Konto- und Depotguthaben des Klägers nicht entstanden. Die von der Beklagten
  136. erklärte Hilfsaufrechnung gehe ins Leere, denn die Erwerber seien durch die
  137. Auszahlung der Darlehensvaluta nicht bereichert, da ihnen wegen des Vollmachtsmissbrauchs Auszahlungsanweisungen der Abwicklungsbeauftragten
  138. nicht zugerechnet werden könnten.
  139. II.
  140. 16
  141. Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
  142. 17
  143. Mit der gegebenen Begründung hätte das Berufungsgericht einen Anspruch des Klägers auf Rückzahlung von insgesamt 8.923,09 € sowie den geltend gemachten Feststellungsanspruch nicht bejahen dürfen. Insoweit beanstandet die Revision mit Erfolg, dass das Berufungsgericht angenommen hat,
  144. die zwischen den Parteien geschlossenen Darlehensverträge seien wegen eines von der Abwicklungsbeauftragten begangenen Missbrauchs der Vertretungsmacht unwirksam. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts liegen
  145. die Voraussetzungen eines offensichtlichen Vollmachtsmissbrauchs nicht vor.
  146. 18
  147. 1. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hat grundsätzlich der Vertretene das Risiko eines - hier unterstellten - Missbrauchs der
  148. Vertretungsmacht
  149. zu
  150. tragen
  151. (vgl.
  152. nur
  153. Senatsurteil
  154. vom
  155. 14. Juni 2016
  156. - XI ZR 483/14, WM 2016, 1437 Rn. 23 mwN). Den Vertragspartner trifft keine
  157. Prüfungspflicht, ob und inwieweit der Vertreter im Innenverhältnis gebunden ist,
  158. von seiner nach außen unbeschränkten Vertretungsmacht nur begrenzten Gebrauch zu machen (Senatsurteil, aaO mwN).
  159. -9-
  160. 19
  161. Etwas anderes gilt allerdings zum einen nur in dem Fall, dass der Vertreter kollusiv mit dem Vertragsgegner zum Nachteil des Vertretenen ein Geschäft
  162. abschließt. Ein solches Geschäft verstößt gegen die guten Sitten und ist nichtig
  163. (§ 138 BGB; vgl. nur Senatsurteil vom 14. Juni 2016 - XI ZR 483/14, WM 2016,
  164. 1437 Rn. 24 mwN). Zum anderen ist der Vertretene gegen einen erkennbaren
  165. Missbrauch der Vertretungsmacht im Verhältnis zum Vertragspartner dann geschützt, wenn der Vertreter von seiner Vertretungsmacht in ersichtlich verdächtiger Weise Gebrauch gemacht hat, so dass beim Vertragspartner begründete
  166. Zweifel bestehen mussten, ob nicht ein Treueverstoß des Vertreters gegenüber
  167. dem Vertretenen vorliege. Notwendig ist dabei eine massive Verdachtsmomente voraussetzende objektive Evidenz des Missbrauchs (vgl. nur Senatsurteil,
  168. aaO mwN). Die objektive Evidenz ist insbesondere dann gegeben, wenn sich
  169. nach den gegebenen Umständen die Notwendigkeit einer Rückfrage des Geschäftsgegners bei dem Vertretenen geradezu aufdrängt (Senatsurteil, aaO
  170. mwN).
  171. 20
  172. 2. An einer solchen objektiven Evidenz fehlt es hier. Zwar ist ihre Feststellung tatrichterliche Würdigung, die im Revisionsverfahren nur beschränkt
  173. überprüfbar ist. Der Nachprüfung unterliegt aber jedenfalls, ob der Begriff der
  174. objektiven Evidenz verkannt wurde und ob bei der Beurteilung wesentliche Umstände außer Betracht gelassen wurden. Ist das - wie hier - der Fall, kann das
  175. Revisionsgericht die Beurteilung selbst vornehmen, wenn die Feststellungen
  176. des Berufungsgerichts ein - wie hier - abgeschlossenes Tatsachenbild ergeben
  177. (vgl. dazu Senatsurteil vom 14. Juni 2016 - XI ZR 483/14, WM 2016, 1437
  178. Rn. 25 mwN).
  179. 21
  180. a) Die Annahme des Berufungsgerichts, der Beklagten habe sich aufdrängen müssen, dass die Finanzierungsvermittlerin ihr gegenüber keine vergütungspflichtige Tätigkeit entfaltet habe, entbehrt einer ausreichenden Grundla-
  181. - 10 -
  182. ge. Art und Umfang der Tätigkeiten der Finanzierungsvermittlerin richten sich
  183. nicht nach dem Prospekt (vgl. Senatsurteil vom 14. Juni 2016 - XI ZR 483/14,
  184. WM 2016, 1437 Rn. 26 mwN), sondern nach dem tatsächlich abgeschlossenen
  185. Finanzierungsvermittlungsvertrag, mit dem sich das Berufungsgericht nicht befasst hat. Insoweit fehlt es auch an einem substantiierten Vortrag des Klägers.
  186. 22
  187. b) Selbst wenn man unterstellt, dass der Inhalt des Finanzierungsvermittlungsvertrags mit den Prospektangaben übereinstimmt, ergaben sich entgegen
  188. der Annahme des Berufungsgerichts für die Beklagte keine massiven Verdachtsmomente dafür, dass die Abwicklungsbeauftragte mit der Darlehensaufnahme zur Zahlung der Finanzierungsvermittlungsprovision ihre rechtlichen Befugnisse aus der Vollmacht missbraucht hat.
  189. 23
  190. aa) Zu Recht hat das Berufungsgericht solche Verdachtsmomente nicht
  191. allein daraus abgeleitet, dass die Abwicklungsbeauftragte für die Erwerber
  192. überhaupt einen Finanzierungsvermittlungsvertrag abgeschlossen hat, der die
  193. Finanzierung einer Vermittlungsprovision nach sich zog. Bei dem Abschluss der
  194. Kreditverträge handelte es sich um ein alltägliches und normales Geschehen im
  195. bankgeschäftlichen Kreditverkehr. Dies schloss auch die zu finanzierenden und
  196. der Höhe nach marktüblichen Nebenkosten, wie insbesondere die Kosten der
  197. Finanzierungsvermittlung, ein.
  198. 24
  199. Ein Vollmachtsmissbrauch kann in diesem Zusammenhang nur dann vorliegen, wenn die Vereinbarung und Finanzierung einer solchen Provision von
  200. dem Geschäftsbesorgungsvertrag und dem mit diesem Vertrag umzusetzenden
  201. Investitionskonzept zum Nachteil der Kapitalanleger - hier der Erwerber - abweicht (vgl. dazu BGH, Urteil vom 27. Juni 2008 - V ZR 83/07, WM 2008, 1703
  202. Rn. 13). Den Abschluss des Finanzierungsvermittlungsvertrags und die Finan-
  203. - 11 -
  204. zierung des Gesamtaufwands haben die Erwerber aber ausdrücklich gewünscht
  205. und damit die Abwicklungsbeauftragte bevollmächtigt.
  206. 25
  207. Ob der Abschluss des Finanzierungsvermittlungsvertrags erforderlich
  208. oder wirtschaftlich sinnvoll war, hatte die Beklagte als finanzierende Bank nicht
  209. zu prüfen, zumal sie im Zeitpunkt der Darlehensvergabe davon ausgehen durfte, dass der Finanzierungsvermittlungsvertrag bereits abgeschlossen worden
  210. war. Davon abgesehen war ihr - auch im Fall einer vom Berufungsgericht angenommenen Kenntnis der Einzelheiten des Prospektinhalts - eine Prüfung der
  211. Sinnhaftigkeit des Abschlusses dieses Vertrages gar nicht möglich, weil hierfür
  212. ihr möglicherweise verschlossen gebliebene Umstände - wie etwa steuerliche
  213. Gründe - maßgeblich gewesen sein könnten.
  214. 26
  215. bb) Anders als das Berufungsgericht meint, lässt sich die Evidenz eines
  216. Vollmachtsmissbrauchs nicht damit begründen, der Beklagten habe sich bei
  217. Abschluss der Darlehensvertrage aufdrängen müssen, dass die Finanzierungsvermittlerin ihre vertraglich geschuldeten Leistungen nicht erbracht habe. Unabhängig von der Frage, ob die Abwicklungsbeauftragte durch die Finanzierung
  218. einer - unterstellt - nicht geschuldeten Finanzierungsvermittlungsprovision die
  219. ihr erteilte Vollmacht überhaupt missbraucht hätte, ergaben sich für die Beklagte jedenfalls keine Verdachtsmomente, dass die Finanzierungsvermittlerin ihre
  220. vertraglich geschuldeten Leistungen nicht erbracht haben könnte.
  221. 27
  222. (1) Die Vermittlungstätigkeit erfordert, dass der Makler auf den potenziellen Vertragspartner mit dem Ziel einwirkt, die Abschlussbereitschaft für den beabsichtigten Hauptvertrag herbeizuführen (Senatsurteil vom 14. Juni 2016
  223. - XI ZR 483/14, WM 2016, 1437 Rn. 32 mwN). Dabei kann der die Vergütungspflicht auslösende Maklervertrag auch noch zeitlich nach bereits erfolgter Maklerleistung abgeschlossen werden (vgl. Senatsurteil, aaO mwN). Um die Provi-
  224. - 12 -
  225. sion zu verdienen, reicht es aus, wenn die Maklerleistung neben anderen Bedingungen für den Abschluss des Hauptvertrags zumindest mitursächlich geworden ist. Sie braucht nicht die einzige und nicht die hauptsächliche Ursache
  226. zu sein. Beim Vermittlungsmakler genügt es, dass seine Tätigkeit die Abschlussbereitschaft des Dritten irgendwie gefördert hat, der Makler also beim
  227. Vertragsgegner ein Motiv gesetzt hat, das nicht völlig unbedeutend war (Senatsurteil, aaO mwN).
  228. 28
  229. (2) Vor diesem Hintergrund musste sich der Beklagten das Fehlen einer
  230. zumindest mitursächlichen Vermittlungsleistung der Finanzierungsvermittlerin
  231. - anders als das Berufungsgericht meint - nicht deshalb aufdrängen, weil die
  232. Finanzierungsvermittlerin die streitgegenständlichen Darlehensverträge nicht
  233. mit ihr verhandelt hat.
  234. 29
  235. Das Berufungsgericht verkennt, dass bereits die vorab erzielte, im
  236. Schreiben vom 29. Mai 1995 wiedergegebene allgemeine Finanzierungsabsprache auf eine Vermittlungsleistung zugunsten aller künftigen Käufer - und
  237. damit auch zugunsten der Erwerber - zurückzuführen ist. In diesem Schreiben
  238. bestätigt die Beklagte gegenüber der Finanzierungsvermittlerin unter Bezugnahme auf eine zwischen ihnen erzielte Übereinstimmung ihre Bereitschaft, den
  239. Erwerbern von Wohnungen in dem Appartementhaus, die beste Bonität und
  240. eine näher beschriebene finanzielle Leistungsfähigkeit aufweisen, bei weiterer
  241. Vorlage im einzelnen aufgeführter Unterlagen für Zwischenfinanzierungsdarlehen "zur Zeit" und "freibleibend" Konditionen von 9,25% Zins p.a. bei 100%
  242. Auszahlung und für Endfinanzierungsdarlehen "freibleibend" Konditionen von
  243. 5,4% Zins p.a. bei 90% Auszahlung und einer Zinsfestschreibung von fünf Jahren bzw. 7,0% Zins p.a. bei 90% Auszahlung und einer Zinsfestschreibung von
  244. zehn Jahren anzubieten. Einer Vermittlungsleistung zugunsten der Erwerber
  245. steht nicht entgegen, dass die Abwicklungsbeauftragte das Angebot der Erwer-
  246. - 13 -
  247. ber zum Abschluss des Geschäftsbesorgungsvertrages erst nach dem Zeitpunkt der Bestätigung der allgemeinen Finanzierungsbereitschaft durch die Beklagte angenommen hat und die Erwerber damit erst zu diesem Zeitpunkt als
  248. Käufer feststanden. Auch spielt es keine Rolle, dass sich die in der allgemeinen
  249. Finanzierungsabsprache konkret benannten Konditionen lediglich auf den damaligen Zeitpunkt bezogen. Letzteres entsprach der Vorgabe an die Finanzierungsvermittlerin, Darlehen zu jeweils marktüblichen Bedingungen zu beschaffen. Dass die im Juni 1995 und Januar 1996 geschlossenen Darlehensverträge
  250. dieser Vorgabe nicht entsprochen hätten, macht der Kläger nicht geltend.
  251. 30
  252. Selbst wenn diese Absprache, wie der Kläger behauptet und das Berufungsgericht offen gelassen hat, nicht von der Finanzierungsvermittlerin, sondern ebenfalls von der Abwicklungsbeauftragten getroffen worden sein sollte,
  253. hätten sich der Beklagten keine Zweifel an der Vergütungspflicht aufdrängen
  254. müssen. Vermittlungsleistungen müssen nicht höchstpersönlich erbracht werden. Nach der Konzeption des Anlagemodells sollten die Anleger - wie auch
  255. vorliegend geschehen - allein die Abwicklungsbeauftragte mit dem Abschluss
  256. von Darlehensverträgen bevollmächtigen. Dann ist es aber nicht bedenklich,
  257. wenn die finanzierende Bank auch nur unmittelbar mit dieser die allgemeinen
  258. Konditionen für die Zwischen- und Endfinanzierung verhandelt und ihr von dieser die konkrete Finanzierungsanfrage und die Bonitätsunterlagen zugeleitet
  259. werden. Aus Sicht der Bank liegt es nahe, dass die Abwicklungsbeauftragte
  260. dabei mit Wissen und im Einverständnis der Finanzierungsvermittlerin als deren
  261. Erfüllungsgehilfin agiert. Dies wird hier durch das Finanzierungsbestätigungsschreiben vom 29. Mai 1995 verdeutlicht, welches die Beklagte, obwohl die zugrunde liegenden Verhandlungen nach der Behauptung des Klägers mit der
  262. Abwicklungsbeauftragten geführt worden sein sollen, an die Finanzierungsvermittlerin richtete.
  263. - 14 -
  264. 31
  265. c) Mangels weiterer vom Berufungsgericht festgestellter oder vom Kläger
  266. behaupteter Umstände kann damit ein für die Beklagte offensichtlicher Vollmachtsmissbrauch durch die Abwicklungsbeauftragte nicht angenommen werden. Ungeachtet des Umstandes, dass das Berufungsgericht die Ausführungen des Landgerichts zu einer positiven Kenntnis der Beklagten von einem
  267. Vollmachtsmissbrauch der Abwicklungsbeauftragten nicht übernommen hat,
  268. handelt es sich bei dieser Annahme des Landgerichts nicht um eine tatsächliche Feststellung, sondern um eine - nicht haltbare - Schlussfolgerung.
  269. - 15 -
  270. III.
  271. 32
  272. Das angefochtene Urteil ist deshalb in dem aus dem Tenor ersichtlichen
  273. Umfang aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da die Sache hinsichtlich des Vorliegens einer Rechtsscheinvollmacht und mangels Feststellungen zu den Schadensersatzansprüchen nicht zur Endentscheidung reif ist, ist sie insoweit zur
  274. weiteren Sachaufklärung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563
  275. Abs. 1 Satz 1 ZPO).
  276. Ellenberger
  277. Maihold
  278. Derstadt
  279. Matthias
  280. Dauber
  281. Vorinstanzen:
  282. LG Hechingen, Entscheidung vom 04.07.2014 - 1 O 239/12 OLG Stuttgart, Entscheidung vom 04.03.2015 - 9 U 125/14 -