|
|
- BUNDESGERICHTSHOF
- BESCHLUSS
- X ZR 195/03
- vom
- 13. Juni 2005
- in dem Rechtsstreit
-
- -2-
-
- Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden
- Richter Dr. Melullis, den Richter Keukenschrijver, die Richterin Ambrosius und
- die Richter Prof. Dr. Meier-Beck und Asendorf
-
- am 13. Juni 2005
-
- beschlossen:
-
- Auf die Anzeige des Richters Dr. K.
-
- gemäß § 48 ZPO wird
-
- festgestellt, daß keine Besorgnis der Befangenheit gerechtfertigt ist.
-
- Gründe:
-
- I. Der Richter Dr. K.
-
- hat angezeigt:
-
- "Die L. ist und war ein großer Mandant meiner früheren Kanzlei
- F. ...
-
- ,
-
- insbesondere
-
- in
-
- den
-
- Bereichen
-
- Vergaberecht, öffentliches Recht und Vertragsrecht. Selbst bin ich
- von ca. 1995 bis etwa 2001 in erheblichem Umfang für die L.
- vergaberechtlich tätig gewesen, danach noch gelegentlich in diesem Rechtsgebiet. Zumindest im Jahre 2004 war ich allerdings
- nicht mehr in Mandaten der L.
-
- tätig. Soweit ich erkennen kann,
-
- -3-
-
- war
-
- F. ...
-
- in
-
- der
-
- jetzt
-
- terminierten
-
- Sache
-
- in den Vorinstanzen nicht beauftragt."
-
- Den Parteien ist Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden.
- Die Klägerin hat erklärt, aus ihrer Sicht sei kein Grund zur Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit gegeben. Die Beklagte hat sich nicht geäußert.
-
- II. Es besteht keine Besorgnis der Befangenheit.
-
- 1. Die Besorgnis der Befangenheit setzt einen Grund voraus, der geeignet ist, Mißtrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters zu rechtfertigen
- (§ 42 Abs. 2 ZPO). Sie ist mit anderen Worten gegeben, "wenn Umstände vorliegen, die berechtigte Zweifel an seiner Unparteilichkeit oder Unabhängigkeit
- aufkommen lassen" (§ 1036 ZPO). Es muß sich um objektive Gründe handeln,
- die vom Standpunkt einer Partei aus bei vernünftiger Betrachtung die Befürchtung wecken können, der Richter stehe der Sache nicht unvoreingenommen
- und damit nicht unparteiisch gegenüber; rein subjektive, unvernünftige Vorstellungen der Partei scheiden aus. Entscheidend ist, ob ein Prozeßbeteiligter bei
- vernünftiger Würdigung aller Umstände Anlaß hat, an der Unvoreingenommenheit eines Richters zu zweifeln (BGH, Urt. v. 14.03.2003 - IXa ZB 27/03,
- NJW-RR 2003, 1220).
-
- 2. Bei Anlegung dieses Maßstabs ist eine Befangenheit des Richters
- Dr. K.
-
- nicht zu besorgen. Es liegen keine Umstände vor, die auch nur
-
- den bösen Schein einer möglicherweise fehlenden Unvoreingenommenheit begründen.
-
- -4-
-
- Herr Dr. K.
-
- war mit der vorliegenden Sache nicht vorab befaßt.
-
- Während der Zeit seiner Anwaltstätigkeit war er in dieser Sache weder zum
- Prozeßbevollmächtigten der Klägerin bestellt - in welchem Falle er schon von
- Gesetzes wegen von der Ausübung des Richteramts ausgeschlossen wäre
- (§ 41 Nr. 4 ZPO) -, noch hat er die Klägerin in dieser Sache beraten. Er hat die
- Klägerin überhaupt nur im Vergaberecht betreut, das hier keine Rolle spielt. Er
- kann deshalb der rechtlichen Problematik des Falles unbefangen gegenübertreten.
-
- Herr Dr. K.
-
- steht auch nicht in nahen geschäftlichen oder persönli-
-
- chen Beziehungen zu der Klägerin. Geschäftliche Beziehungen haben in Gestalt des früheren Mandatsverhältnisses bestanden, sind aber inzwischen endgültig gelöst. Sie haben auch nicht etwa zu nahen persönlichen Beziehungen
- geführt, die gegebenenfalls das Ende der geschäftlichen Beziehung überdauert
- haben könnten. Von dem früheren Mandatsverhältnis ist vielmehr allenfalls eine
- bloße Bekanntschaft mit leitenden Angestellten der Klägerin verblieben, die keine Besorgnis der Befangenheit begründen kann (Stein/Jonas/Bork, ZPO,
- 22. Aufl., § 42 Rdn. 4 mit Rechtsprechungsnachweisen; vgl. demgegenüber zu
- einer nahen persönlichen Beziehung als Ablehnungsgrund - Ehe mit einer Führungskraft - BGH, Urt. v. 15.12.1994 - I ZR 121/92, NJW 1995, 1677, 1679).
-
- Unter solchen Umständen besteht bei vernünftiger Betrachtung in der
- Regel kein Anlaß zu der Befürchtung, daß ein Richter, der früher Rechtsanwalt
- war, seine Amtspflicht zur unparteilichen Entscheidung nicht erfüllen kann oder
- will. Es ist im allgemeinen nicht zu besorgen, daß ein Richter und ehemaliger
- Rechtsanwalt nur wegen der aus einem früheren Mandatsverhältnis herrührenden Bekanntschaft mit einer Partei die streitige Rechtsfrage nicht offen und un-
-
- -5-
-
- befangen beurteilen wird. Besondere Umstände, die eine abweichende Beurteilung rechtfertigen könnten, sind im vorliegenden Fall nicht ersichtlich.
-
- Melullis
-
- Keukenschrijver
-
- Meier-Beck
-
- Ambrosius
-
- Asendorf
-
|