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1 year ago
  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. BESCHLUSS
  3. X ZR 195/03
  4. vom
  5. 13. Juni 2005
  6. in dem Rechtsstreit
  7. -2-
  8. Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden
  9. Richter Dr. Melullis, den Richter Keukenschrijver, die Richterin Ambrosius und
  10. die Richter Prof. Dr. Meier-Beck und Asendorf
  11. am 13. Juni 2005
  12. beschlossen:
  13. Auf die Anzeige des Richters Dr. K.
  14. gemäß § 48 ZPO wird
  15. festgestellt, daß keine Besorgnis der Befangenheit gerechtfertigt ist.
  16. Gründe:
  17. I. Der Richter Dr. K.
  18. hat angezeigt:
  19. "Die L. ist und war ein großer Mandant meiner früheren Kanzlei
  20. F. ...
  21. ,
  22. insbesondere
  23. in
  24. den
  25. Bereichen
  26. Vergaberecht, öffentliches Recht und Vertragsrecht. Selbst bin ich
  27. von ca. 1995 bis etwa 2001 in erheblichem Umfang für die L.
  28. vergaberechtlich tätig gewesen, danach noch gelegentlich in diesem Rechtsgebiet. Zumindest im Jahre 2004 war ich allerdings
  29. nicht mehr in Mandaten der L.
  30. tätig. Soweit ich erkennen kann,
  31. -3-
  32. war
  33. F. ...
  34. in
  35. der
  36. jetzt
  37. terminierten
  38. Sache
  39. in den Vorinstanzen nicht beauftragt."
  40. Den Parteien ist Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden.
  41. Die Klägerin hat erklärt, aus ihrer Sicht sei kein Grund zur Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit gegeben. Die Beklagte hat sich nicht geäußert.
  42. II. Es besteht keine Besorgnis der Befangenheit.
  43. 1. Die Besorgnis der Befangenheit setzt einen Grund voraus, der geeignet ist, Mißtrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters zu rechtfertigen
  44. (§ 42 Abs. 2 ZPO). Sie ist mit anderen Worten gegeben, "wenn Umstände vorliegen, die berechtigte Zweifel an seiner Unparteilichkeit oder Unabhängigkeit
  45. aufkommen lassen" (§ 1036 ZPO). Es muß sich um objektive Gründe handeln,
  46. die vom Standpunkt einer Partei aus bei vernünftiger Betrachtung die Befürchtung wecken können, der Richter stehe der Sache nicht unvoreingenommen
  47. und damit nicht unparteiisch gegenüber; rein subjektive, unvernünftige Vorstellungen der Partei scheiden aus. Entscheidend ist, ob ein Prozeßbeteiligter bei
  48. vernünftiger Würdigung aller Umstände Anlaß hat, an der Unvoreingenommenheit eines Richters zu zweifeln (BGH, Urt. v. 14.03.2003 - IXa ZB 27/03,
  49. NJW-RR 2003, 1220).
  50. 2. Bei Anlegung dieses Maßstabs ist eine Befangenheit des Richters
  51. Dr. K.
  52. nicht zu besorgen. Es liegen keine Umstände vor, die auch nur
  53. den bösen Schein einer möglicherweise fehlenden Unvoreingenommenheit begründen.
  54. -4-
  55. Herr Dr. K.
  56. war mit der vorliegenden Sache nicht vorab befaßt.
  57. Während der Zeit seiner Anwaltstätigkeit war er in dieser Sache weder zum
  58. Prozeßbevollmächtigten der Klägerin bestellt - in welchem Falle er schon von
  59. Gesetzes wegen von der Ausübung des Richteramts ausgeschlossen wäre
  60. (§ 41 Nr. 4 ZPO) -, noch hat er die Klägerin in dieser Sache beraten. Er hat die
  61. Klägerin überhaupt nur im Vergaberecht betreut, das hier keine Rolle spielt. Er
  62. kann deshalb der rechtlichen Problematik des Falles unbefangen gegenübertreten.
  63. Herr Dr. K.
  64. steht auch nicht in nahen geschäftlichen oder persönli-
  65. chen Beziehungen zu der Klägerin. Geschäftliche Beziehungen haben in Gestalt des früheren Mandatsverhältnisses bestanden, sind aber inzwischen endgültig gelöst. Sie haben auch nicht etwa zu nahen persönlichen Beziehungen
  66. geführt, die gegebenenfalls das Ende der geschäftlichen Beziehung überdauert
  67. haben könnten. Von dem früheren Mandatsverhältnis ist vielmehr allenfalls eine
  68. bloße Bekanntschaft mit leitenden Angestellten der Klägerin verblieben, die keine Besorgnis der Befangenheit begründen kann (Stein/Jonas/Bork, ZPO,
  69. 22. Aufl., § 42 Rdn. 4 mit Rechtsprechungsnachweisen; vgl. demgegenüber zu
  70. einer nahen persönlichen Beziehung als Ablehnungsgrund - Ehe mit einer Führungskraft - BGH, Urt. v. 15.12.1994 - I ZR 121/92, NJW 1995, 1677, 1679).
  71. Unter solchen Umständen besteht bei vernünftiger Betrachtung in der
  72. Regel kein Anlaß zu der Befürchtung, daß ein Richter, der früher Rechtsanwalt
  73. war, seine Amtspflicht zur unparteilichen Entscheidung nicht erfüllen kann oder
  74. will. Es ist im allgemeinen nicht zu besorgen, daß ein Richter und ehemaliger
  75. Rechtsanwalt nur wegen der aus einem früheren Mandatsverhältnis herrührenden Bekanntschaft mit einer Partei die streitige Rechtsfrage nicht offen und un-
  76. -5-
  77. befangen beurteilen wird. Besondere Umstände, die eine abweichende Beurteilung rechtfertigen könnten, sind im vorliegenden Fall nicht ersichtlich.
  78. Melullis
  79. Keukenschrijver
  80. Meier-Beck
  81. Ambrosius
  82. Asendorf