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382 lines
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1 year ago
  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. IM NAMEN DES VOLKES
  3. URTEIL
  4. VIII ZR 134/99
  5. Verkündet am:
  6. 16. Februar 2000
  7. Mayer,
  8. Justizangestellte
  9. als Urkundsbeamtin
  10. der Geschäftsstelle
  11. in dem Rechtsstreit
  12. Nachschlagewerk: ja
  13. BGHZ:
  14. nein
  15. HGB § 89 a, 89 b
  16. Der Begriff des wichtigen Grundes zur außerordentlichen Kündigung im
  17. Sinne des § 89 b Abs. 3 Nr. 2 HGB stimmt inhaltlich mit dem Begriff des
  18. wichtigen Grundes im Sinne des § 89 a Abs. 1 Satz 1 HGB überein (Bestätigung von BGH, Urt. v. 21. November 1960 - VII ZR 235/59, VersR
  19. 1961, 52; Urt. v. 11. Juli 1975 - I ZR 142/74, WM 1975, 1111; Urt. v.
  20. 21. März 1985 - I ZR 177/82, WM 1985, 982; Urt. v. 25. November 1998
  21. - VIII ZR 221/97, WM 1999, 391).
  22. BGH, Urteil vom 16. Februar 2000 - VIII ZR 134/99 - OLG Bamberg
  23. LG Hof
  24. -2-
  25. Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
  26. vom 16. Februar 2000 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Deppert und die
  27. Richter Dr. Zülch, Dr. Hübsch, Ball und Wiechers
  28. für Recht erkannt:
  29. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 8. Zivilsenats
  30. des Oberlandesgerichts Bamberg vom 17. März 1999 aufgehoben.
  31. Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung,
  32. auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an einen anderen
  33. Zivilsenat des Berufungsgerichts zurückverwiesen.
  34. Von Rechts wegen
  35. Tatbestand:
  36. Die Parteien streiten um einen Ausgleichsanspruch, den der Kläger
  37. nach Beendigung einer Handelsvertretertätigkeit für den Beklagten geltend
  38. macht.
  39. Der Beklagte war Inhaber eines Verlages, der periodisch erscheinende
  40. "Ratgeber für Bauwillige" und "Umweltkarten" für bestimmte Regionen in den
  41. neuen Bundesländern herausgab. Die Broschüren wurden bei Behörden, Banken und Unternehmen als kostenloses Informationsmaterial ausgelegt. Seinen
  42. Verdienst erzielte der Beklagte durch den Abdruck von Werbeanzeigen in den
  43. -3-
  44. von ihm herausgegebenen Broschüren. Aufträge für derartige Werbeanzeigen
  45. wurden von Handelsvertretern hereingeholt, die im Auftrag des Beklagten in
  46. der jeweiligen Region ansässige Unternehmen aufsuchten.
  47. Eine derartige Handelsvertretertätigkeit für den Beklagten nahm der
  48. Kläger Ende 1990 im Bezirk R.
  49. /S.
  50. /W.
  51. auf. Am 5. April 1991 schlossen
  52. die Parteien hierüber einen Handelsvertretervertrag. Dieser sieht unter Nummer 8 für beide Seiten eine Kündigungsfrist von vier Wochen vor.
  53. Mitte Mai 1992 übernahm der Kläger zusätzlich als Handelsvertreter den
  54. Vertrieb von Saunaanlagen der Firma T. . Im Herbst 1992 unterbreitete der
  55. Beklagte seinen Handelsvertretern einen neuen Vertragsentwurf, der unter anderem folgende neue Bestimmungen enthielt:
  56. Nr. 5 Absatz 2:
  57. Für jede Nebentätigkeit ist die Genehmigung des Verlages bzw. Verlagsbeauftragten schriftlich einzuholen unter Bekanntgabe der entsprechenden Firma und des Zeitaufwandes.
  58. Nr. 10:
  59. Kündigung: Für beide Seiten vier Wochen in Schriftform. Der Vertrag
  60. kann von jedem Vertragspartner aus wichtigem Grund ohne Einhaltung
  61. einer Kündigungsfrist gekündigt werden. Als wichtiger Punkt gilt u.a.,
  62. wenn ein Vertragspartner seinen Verpflichtungen nicht nachkommt ... .
  63. Der Kläger unterzeichnete den geänderten Vertrag am 28. Dezember
  64. 1992.
  65. Im Laufe des Jahres 1993 kam es zu Unstimmigkeiten zwischen den
  66. Parteien wegen rückläufiger Umsätze aufgrund der Vermittlungstätigkeit des
  67. Klägers. Mit Schreiben vom 4. und 30. Juni 1993 beanstandeten der Beklagte
  68. -4-
  69. bzw. dessen Mitarbeiter K. , daß der Kläger das Umsatzsoll in bezug auf den
  70. "Ratgeber für Bauwillige" für das Gebiet der Insel R.
  71. um 30.000 DM verfehlt
  72. habe. Zur Beibringung der noch fehlenden Anzeigenaufträge setzte der Beklagte dem Kläger eine "letzte Frist" bis 15. August 1993. Nach weiterem
  73. Schriftwechsel richtete der Beklagte am 10. August 1993 folgendes Schreiben
  74. an den Kläger:
  75. "Ihre Nebentätigkeit hat den Umfang Ihrer Tätigkeit für unseren Verlag
  76. stark eingeschränkt.
  77. Wir kündigen aus betriebsbedingten Gründen das Handelsvertreterverhältnis ordentlich, gemäß Vertrag, zum 15.9.1993."
  78. Der Kläger begehrt Handelsvertreterausgleich gemäß § 89b HGB, den
  79. er mit Anwaltsschreiben vom 20. Juli 1994 geltend gemacht hat. Er ist der Auffassung, der Beklagte könne die Kündigung nicht auf einen wichtigen Grund im
  80. Sinne des § 89b Abs. 3 Nr. 2 HGB stützen. Seine Nebentätigkeit für die Firma
  81. T. habe der Beklagte gekannt und gebilligt; der Umsatzrückgang sei nicht auf
  82. diese Nebentätigkeit, sondern auf eine Sättigung des Marktes zurückzuführen.
  83. Demgegenüber vertritt der Beklagte die Auffassung, das Verhalten des
  84. Klägers stelle einen von diesem verschuldeten wichtigen Grund zur außerordentlichen Kündigung dar, der nach § 89b Abs. 3 Nr. 2 HGB den Ausgleichsanspruch ausschließe. Der Kläger habe bereits ab November 1992 seine Aktivitäten für die Verlagsvertretung eingeschränkt, ab Anfang 1993 einen
  85. einzigen Auftrag für die "Umweltkarte" für das Gebiet G.
  86. vermittelt und sei
  87. anschließend nur noch für den "Ratgeber" für das Gebiet der Insel R.
  88. tätig
  89. geworden. Ab Mitte Juli 1993 habe er seine Tätigkeit für den Verlag völlig eingestellt.
  90. -5-
  91. Das Landgericht hat dem Kläger einen Ausgleichsanspruch in Höhe von
  92. 22.245 DM nebst Zinsen zuerkannt, das Berufungsgericht hat die Klage abgewiesen. Mit der zugelassenen Revision begehrt der Kläger die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.
  93. Entscheidungsgründe:
  94. I. Das Berufungsgericht hat offengelassen, ob die Anspruchsvoraussetzungen des § 89b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 HGB erfüllt sind. Es hält den Ausschlußtatbestand des § 89b Abs. 3 Nr. 2 HGB für gegeben und stützt die Klageabweisung hilfsweise darauf, daß die Zubilligung eines Ausgleichsanspruchs
  95. gemäß § 89b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 HGB unbillig wäre. Dazu hat es im einzelnen
  96. ausgeführt:
  97. Für die Kündigung des Handelsvertreterverhältnisses durch den Beklagten liege ein wichtiger Grund im Sinne des § 89b Abs. 3 Nr. 2 HGB vor. Ein
  98. solcher bestehe zwar nicht schon in der Tätigkeit des Klägers für die Firma T. ,
  99. denn diese sei nach dem ursprünglichen Vertrag weder verboten noch genehmigungspflichtig gewesen; sie sei dem Beklagten bei Abschluß des Änderungsvertrages bekannt gewesen und von ihm zumindest geduldet worden. Ein
  100. wichtiger Grund zur Kündigung des Vertragsverhältnisses sei jedoch die bereits ab Januar 1993 stark zurückgegangene Tätigkeit des Klägers für den Beklagten. Der Kläger sei der Behauptung, er habe in den Jahren 1991 und 1992
  101. zwölf Objekte intensiv bearbeitet, im Jahre 1993 dagegen nur noch Restarbeiten für die "Umweltkarte" G.
  102. ausgeführt und im übrigen allein den "Ratge-
  103. ber" für das Gebiet der Insel R.
  104. bearbeitet und auch diese Tätigkeit nur noch
  105. -6-
  106. zum Teil und mit erheblichen Verzögerungen ausgeführt, nicht substantiiert
  107. entgegengetreten. Dadurch habe der Kläger seine vertraglichen Verpflichtungen bereits ab Anfang 1993 erheblich und trotz der Abmahnungen des Beklagten zunehmend bis zu einer fast völligen Einstellung jeder Tätigkeit ab Juli
  108. 1993 verletzt.
  109. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und der ihr folgenden Kommentarliteratur sei allerdings zweifelhaft, ob dieses Verhalten den Begriff des wichtigen Grundes im Sinne des § 89b Abs. 3 Nr. 2 HGB ausfülle.
  110. Nach dieser Auffassung decke sich der dort verwendete Begriff des wichtigen
  111. Grundes inhaltlich mit dem des wichtigen Grundes im Sinne des § 89a Abs. 1
  112. Satz 1 HGB. Entscheidend sei demnach, ob dem kündigenden Teil die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zu dessen Ablauf oder zumindest bis zu
  113. dem Zeitpunkt, zu welchem es durch ordentliche Kündigung beendet werden
  114. könne, zuzumuten sei. Danach wäre der Beklagte "wohl kaum" berechtigt gewesen, das Vertragsverhältnis noch im August 1993 außerordentlich zu kündigen, da die vertraglich vereinbarte Kündigungsfrist nur vier Wochen betragen
  115. und der Beklagte die offensichtliche und trotz seiner Abmahnungen sogar noch
  116. fortwährende Verringerung der Tätigkeit des Klägers mehr als ein halbes Jahr
  117. nicht zum Anlaß einer außerordentlichen Kündigung genommen habe.
  118. Der vorliegende Fall zeige indessen, daß eine inhaltsgleiche Interpretation des sowohl in § 89a als auch in § 89b Abs. 3 Nr. 2 HGB verwendeten Begriffs des wichtigen Grundes nicht richtig sein könne. Beide Vorschriften verfolgten nämlich gänzlich unterschiedliche Zwecke und Ziele. § 89a HGB sei
  119. allein auf die Zukunft des Unternehmens ausgerichtet. Insoweit sei es folgerichtig, entscheidend darauf abzustellen, wie lange das Vertragsverhältnis ohne außerordentliche Kündigung noch fortbestehen würde. Dies habe jedoch zur
  120. -7-
  121. Folge, daß je nach der Dauer dieses Zeitraums sehr unterschiedliche Anforderungen an das Gewicht der Umstände zu stellen seien, auf die der Unternehmer die Kündigung stütze. Sei die Frist noch sehr lang, könnten schon weniger
  122. gewichtige Umstände ausreichen, während bei einer ohnehin kurzen Restlaufzeit oder Kündigungsfrist gravierende Umstände gegeben sein müßten, um
  123. eine Fortsetzung des Vertragsverhältnisses auch für nur kurze Zeit als unzumutbar erscheinen zu lassen.
  124. § 89b Abs. 3 Nr. 2 HGB solle demgegenüber die Belange des Handelsvertreters im Hinblick auf seine für das Unternehmen erbrachte Leistung wahren. Hier gehe es nicht darum, wie sich der wichtige Grund in Zukunft auf das
  125. Unternehmen auswirken werde. Maßgebend sei vielmehr, ob es dem Unternehmer nach Vertragsbeendigung angesichts dieses Grundes zuzumuten sei,
  126. dem Vertreter auch noch einen Ausgleichsbetrag zu zahlen. Dementsprechend
  127. müsse der wichtige Grund im Sinne des § 89b Abs. 3 Nr. 2 HGB "in grundlegender Abweichung von § 89a HGB" nicht nur in der Person des Vertreters
  128. liegen, sondern von diesem auch verschuldet sein. Darüber hinaus müsse von
  129. entscheidender Bedeutung sein, wie schwer dieser vom Vertreter verschuldete
  130. Umstand im Verhältnis zu seiner für das Unternehmen bisher erbrachten Leistung zu gewichten sei. Auf die Frist bis zur Beendigung des Vertrages könne
  131. es dabei nicht ankommen.
  132. Angesichts dieser grundlegenden Unterschiede der Ziele und Zwecke
  133. der beiden Vorschriften könne dem Umstand, daß beide im Gesetz aufeinanderfolgten, keine entscheidende Bedeutung beigemessen werden. Zwischen
  134. beiden Vorschriften bestehe auch kein so enger Sachzusammenhang, daß der
  135. Begriff des wichtigen Grundes in beiden Vorschriften inhaltsgleich verstanden
  136. werden müßte. Verfehlt sei es ferner, § 89b Abs. 3 Nr. 2 HGB als eine durch
  137. -8-
  138. das subjektive Merkmal des Verschuldens charakterisierte Qualifizierung der
  139. Kündigungsgründe des § 89a HGB zu interpretieren. Denn nach der Rechtsprechung könne selbst bei einem erheblich schuldhaften vertragswidrigen
  140. Verhalten des Vertreters ein wichtiger Grund zur außerordentlichen Kündigung
  141. zu verneinen sein, wenn das Vertragsverhältnis mit kurzer Frist ende oder
  142. durch ordentliche Kündigung beendet werden könne.
  143. Schließlich setze § 89b Abs. 3 Nr. 2 HGB unstrittig nicht voraus, daß der
  144. Unternehmer das Vertragsverhältnis außerordentlich gekündigt habe. Diese
  145. Entscheidung des Gesetzgebers dürfe nicht durch eine inhaltsgleiche Interpretation des Begriffs des wichtigen Grundes in beiden Vorschriften dahin eingeschränkt werden, daß dennoch nur ein auch für eine außerordentliche Kündigung ausreichender Grund als wichtiger Grund im Sinne des § 89b Abs. 3
  146. Nr. 2 HGB angesehen werde. Kündige der Unternehmer dennoch nur ordentlich, so müsse bei einem solchen Verständnis des Begriffs zunächst fingiert
  147. werden, daß dem Unternehmer die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses
  148. auch nur bis zum Wirksamwerden der ausgesprochenen ordentlichen Kündigung "eigentlich" nicht zuzumuten gewesen sei, und dem Unternehmer sodann
  149. auch noch unterstellt werden, daß er entweder sich dieser Unzumutbarkeit
  150. nicht bewußt gewesen sei oder aber trotz Empfindens der Unzumutbarkeit das
  151. Vertragsverhältnis dennoch nur ordentlich gekündigt habe. Eine Gesetzesinterpretation, die derartige Fiktionen und Unterstellungen zu Hilfe nehmen müsse, könne nicht richtig sein. Dies zeige auch der vorliegende Fall sehr deutlich.
  152. Dem Beklagten könne nicht unterstellt werden, daß er sich bei Ausspruch der
  153. ordentlichen Kündigung nicht der Möglichkeit bewußt gewesen wäre, das Vertragsverhältnis aus wichtigem Grund außerordentlich zu kündigen, zumal eine
  154. außerordentliche Kündigung im Vertrag ausdrücklich für den Fall vorgesehen
  155. sei, daß ein Vertragspartner seinen Verpflichtungen nicht nachkomme. Wenn
  156. -9-
  157. der Beklagte von dieser Möglichkeit gleichwohl keinen Gebrauch gemacht habe, verbiete sich die Fiktion, ihm sei die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses
  158. auch nur bis zum Wirksamwerden der ordentlichen Kündigung eigentlich unzumutbar gewesen. Dies rechtfertige jedoch keineswegs den Schluß, daß ihm
  159. auch die Zahlung eines Ausgleichsbetrages zuzumuten sei.
  160. Entgegen der Auffassung des Bundesgerichtshofs bestehe auch ein Bedürfnis für eine unterschiedliche, nach den jeweiligen Zwecken und Zielen der
  161. beiden Vorschriften ausgerichtete Auslegung des Begriffs des wichtigen Grundes. Speziell in den Fällen, in denen das Vertragsverhältnis ohnehin nur noch
  162. kurze Zeit laufen würde, die Frist für eine ordentliche Kündigung kurz oder die
  163. Vertragsverletzung beendet und eine Wiederholung nicht zu befürchten sei,
  164. führe die inhaltsgleiche Interpretation zu Fehlentscheidungen. Die "Billigkeitsklausel" des § 89b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 HGB tauge dafür nicht als Korrektiv.
  165. Nach ihrer systematischen Stellung im Gesetz diene sie lediglich dazu, Unbilligkeiten zu vermeiden, die schon dadurch entstehen könnten, daß ein Ausgleichsanspruch allein nach den in § 89b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 HGB festgelegten Kriterien zu bejahen wäre. Sie zur Auslegung der in § 89b Abs. 3
  166. HGB aufgeführten Ausschlußgründe oder als generelles Korrektiv heranzuziehen, widerspreche der Systematik des Gesetzes. Billigkeitsklauseln hätten
  167. ebenso wie § 242 BGB generell nicht die Funktion, Unstimmigkeiten, die sich
  168. aus einer system- und sinnwidrigen Interpretation der spezifischen Vorschriften
  169. ergeben würden, zu kompensieren.
  170. Interpretiere man den Begriff des wichtigen Grundes in § 89b Abs. 3
  171. Nr. 2 HGB nach dem Sinn und Zweck dieser Vorschrift, so könne auch ohne
  172. Heranziehung der Billigkeitsklausel des § 89b Abs. 1 Nr. 3 HGB kein Zweifel
  173. bestehen, daß die schon Anfang 1993 einsetzende und dann trotz der Abmah-
  174. - 10 -
  175. nung zunehmende vertragswidrige Untätigkeit des Klägers für den Beklagten
  176. ein wichtiger Grund gewesen sei, das Vertragsverhältnis zu beenden.
  177. Ein Ausgleichsanspruch stünde dem Kläger aber auch dann nicht zu,
  178. wenn ein wichtiger Grund zur außerordentlichen Kündigung im Sinne des §
  179. 89b Abs. 3 Nr. 2 HGB zu verneinen wäre. In diesem Fall wäre ein Ausgleichsanspruch nämlich nach § 89b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 HGB als unbillig anzusehen. Angesichts der Gründe, die zur Annahme eines wichtigen Grundes
  180. führten, erscheine bei Abwägung des Verhaltens des Klägers über ein halbes
  181. Jahr lang, der guten Provisionszahlung während des Vertragsverhältnisses und
  182. des beim Beklagten eingetretenen Schadens auch ein geminderter Ausgleichsanspruch des Klägers unbillig.
  183. II. Diese Ausführungen halten den Angriffen der Revision nicht stand.
  184. 1. Dem Berufungsgericht kann nicht gefolgt werden, soweit es den Begriff des wichtigen Grundes zur außerordentlichen Kündigung im Sinne des
  185. § 89b Abs. 3 Nr. 2 HGB anders interpretieren will, als er im Rahmen des § 89a
  186. Abs. 1 Satz 1 HGB zu verstehen ist. Wie auch das Berufungsgericht nicht verkennt, hat der Bundesgerichtshof bereits mehrfach entschieden, daß eine unterschiedliche Interpretation des Begriffs des wichtigen Grundes im Sinne der
  187. §§ 89a und 89b HGB nicht in Betracht kommt (grundlegend BGH, Urteil vom
  188. 21. November 1960 - VII ZR 235/59, VersR 1961, 52 unter II 2; Urteil vom
  189. 11. Juli 1975 - I ZR 142/74, WM 1975, 1111 unter II; Urteil vom 21. März 1985
  190. - I ZR 177/82, WM 1985, 982 unter II 1; Urteil vom 25. November 1998
  191. - VIII ZR 221/97, WM 1999, 391 unter II 3 a). Auch das Schrifttum ist einhellig
  192. dieser Auffassung (Küstner/v. Manteuffel, Handbuch des gesamten Außendienstrechts, Band 1, 2. Aufl., Rdnr. 1715; Küstner/v. Manteuffel/Evers, Handbuch des gesamten Außendienstrechts, Band 2, 6. Aufl., Rdnr. 1107;
  193. - 11 -
  194. Staub/Brüggemann, HGB, 4. Aufl., Rdnr. 98; Hopt, Handelsvertreterrecht,
  195. 2. Aufl., Rdnr. 65; Schröder, Recht der Handelsvertreter, 5. Aufl., Rdnr. 31;
  196. Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer, HGB, 2. Aufl., Rdnr. 90; v. HoyningenHuene in MünchKomm-HGB, Rdnr. 178, jeweils zu § 89b).
  197. a) Gegen die vom Berufungsgericht befürwortete Differenzierung spricht
  198. bereits der enge räumliche und sachliche Zusammenhang der beiden Vorschriften, in denen der Gesetzgeber den Begriff des wichtigen Grundes verwendet (BGH, Urteil vom 21. November 1960 aaO unter II 2 a). Beide Bestimmungen sind durch dasselbe Gesetz (vom 6.8.1953, BGBl. I S. 771) in das
  199. Handelsgesetzbuch eingefügt worden. Unter diesen Umständen ist auszuschließen, daß der Gesetzgeber dem Begriff des wichtigen Grundes unterschiedliche Bedeutungen hat beilegen wollen.
  200. b) Für eine unterschiedliche Auslegung desselben Begriffs in beiden
  201. Vorschriften besteht auch kein Bedürfnis (BGH, Urteil vom 21. November 1960
  202. aaO unter II 2 b). Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs
  203. können schuldhafte Vertragsverstöße des Handelsvertreters, auch wenn sie
  204. nicht ausreichen, einen wichtigen Grund zur Kündigung im Sinne der §§ 89a
  205. Abs. 1 Satz 1, 89b Abs. 3 Nr. 2 HGB abzugeben, im Rahmen der Billigkeitserwägung nach § 89b Abs. 1 Nr. 3 HGB zu berücksichtigen sein (BGHZ 29, 275,
  206. 277; Urteil vom 21. Mai 1975 - I ZR 141/74, WM 1975, 856 unter II 4; Urteil
  207. vom 17. Oktober 1984 - I ZR 95/82, WM 1985, 469 unter II 2; Urteil vom
  208. 29. März 1990 - I ZR 2/89, WM 1990, 1496 unter 3 d). Das genügt, um die berechtigten Interessen des Geschäftsherrn zu wahren (BGH, Urteil vom
  209. 21. November 1960 aaO unter II 2 b).
  210. c) Die aus der Gesetzessystematik hergeleiteten Bedenken, die das Berufungsgericht gegen eine solche Lösung ins Feld führt, teilt der erkennende
  211. - 12 -
  212. Senat nicht. Es geht nicht darum, § 89b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 HGB zur Auslegung der in § 89b Abs. 3 HGB aufgeführten Ausschlußgründe oder als "generelles Korrektiv" heranzuziehen. Für die Auslegung der Ausschlußtatbestände
  213. bedarf es keines Rückgriffs auf die Regelung des § 89b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3
  214. HGB. Die Systematik des § 89b HGB kann und soll auch nicht verhindern, daß
  215. das Gericht in Fällen, in denen nach den tatsächlichen Gegebenheiten ein
  216. Ausschluß des Ausgleichsanspruchs nach § 89b Abs. 3 Nr. 2 HGB in Betracht
  217. kommt, an erster Stelle den Ausschlußtatbestand prüft und das unter diesem
  218. Gesichtspunkt zu beurteilende Verhalten des Handelsvertreters, wenn es zur
  219. Bejahung eines wichtigen Grundes zur außerordentlichen Kündigung wegen
  220. schuldhaften Verhaltens nicht ausreicht, bei der dann anzustellenden Prüfung
  221. der Anspruchsvoraussetzungen des § 89b Abs. 1 Satz 1 HGB im Rahmen der
  222. Billigkeitskontrolle nach Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 unter dem Gesichtspunkt würdigt,
  223. ob und in welchem Maße die Billigkeit eine Verminderung des zuvor rechnerisch ermittelten Ausgleichsbetrages - im äußersten Falle auf Null - gebietet.
  224. Soweit der Bundesgerichtshof auf die Systematik des § 89b HGB hingewiesen
  225. und die Einhaltung der sich daraus ergebenden Prüfungsreihenfolge gefordert
  226. hat, ging es um mit der hier erörterten Frage nicht vergleichbare Fälle, in denen der Tatrichter, anstatt den Ausgleichsanspruch zunächst auf der Grundlage der Unternehmervorteile (§ 89b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 HGB) und Provisionsverluste
  227. (§ 89b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 HGB) zu ermitteln, allein aufgrund von Billigkeitserwägungen nach § 89b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 HGB einen Ausgleichsanspruch bejaht oder verneint oder den Ausgleichshöchstbetrag des § 89b Abs. 2 HGB zum
  228. Ausgangspunkt der Berechnung gemacht hatte (BGHZ 43, 154, 156 f.; 55, 45,
  229. 54 f.; BGH, Urteil vom 27. Februar 1981 - I ZR 39/79, WM 1981, 817 unter II 2;
  230. Urteil vom 17. Oktober 1984 aaO unter II 1; Urteil vom 15. Oktober 1992 - I ZR
  231. - 13 -
  232. 173/91, WM 1993, 392 unter II 1), oder um die - zu verneinende - Frage, ob der
  233. nach § 89b Abs. 2 HGB ermittelte Höchstbetrag des Ausgleichsanspruchs gemäß § 89b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 HGB aus Billigkeitsgründen herabgesetzt werden kann (BGH, Urteil vom 25. November 1998 aaO unter III). Demgegenüber
  234. wird ein Verhalten des Handelsvertreters, das zur Beendigung des Vertragsverhältnisses geführt hat, ohne die Qualität eines wichtigen Grundes zur außerordentlichen Kündigung zu erreichen, an der gesetzessystematisch richtigen Stelle berücksichtigt, wenn das Gericht im Anschluß an die Prüfung des
  235. Ausschlußtatbestandes des § 89b Abs. 3 Nr. 2 HGB im Rahmen der Prüfung
  236. der Anspruchsvoraussetzungen nach § 89b Abs. 1 Satz 1 HGB bei der Billigkeitskontrolle des zuvor ermittelten rechnerischen Ausgleichsbetrages auf dieses Verhalten zurückkommt.
  237. d) Der Begriff des wichtigen Grundes kann in § 89b Abs. 3 Nr. 2 HGB
  238. auch deswegen nicht zu Ungunsten des Vertreters anders (weiter) aufgefaßt
  239. werden als in § 89a HGB, weil das Gesetz umgekehrt ausdrücklich bestimmt,
  240. daß nicht einmal jeder wichtige Grund, der nach § 89a HGB zur fristlosen Kündigung berechtigt, den Vertreter auch seines Ausgleichsanspruchs beraubt,
  241. eine solche Wirkung vielmehr nur vom Vertreter selbst verschuldete Gründe
  242. haben (BGH, Urteil vom 21. November 1960 aaO unter II 2 c). Auch die hiergegen vorgebrachten Einwände des Berufungsgerichts vermögen nicht zu überzeugen.
  243. Die Gesetzesfassung läßt keinen Zweifel daran, daß der Ausschluß des
  244. Ausgleichsanspruchs nach § 89b Abs. 3 Nr. 2 HGB einen qualifizierten Fall des
  245. wichtigen Grundes im Sinne des § 89a HGB voraussetzt, indem der Ausschlußtatbestand verlangt, daß der wichtige Grund in einem schuldhaften Verhalten des Handelsvertreters besteht. Mit dem daraus erkennbaren Willen des
  246. - 14 -
  247. Gesetzgebers, den Ausschluß des Ausgleichsanspruchs an engere Voraussetzungen zu binden als die Zulässigkeit einer außerordentlichen Kündigung, wäre es nicht zu vereinbaren, den Ausschlußtatbestand des § 89b Abs. 3 Nr. 2
  248. HGB als erfüllt anzusehen, obwohl nicht einmal die Voraussetzungen einer
  249. außerordentlichen Kündigung aus wichtigem Grund nach § 89a HGB erfüllt
  250. sind. Daß bei diesem Verständnis des Verhältnisses des Ausschlußtatbestandes nach § 89b Abs. 3 Nr. 2 HGB zum Kündigungstatbestand des § 89a Abs. 1
  251. Satz 1 HGB unter Umständen selbst ein erhebliches schuldhaft vertragswidriges Verhalten des Handelsvertreters nicht zum Ausschluß seines Ausgleichsanspruchs nach § 89b Abs. 3 Nr. 2 HGB führt, ist notwendige Folge
  252. dessen, daß der Gesetzgeber mit der Regelung des § 89b Abs. 3 Nr. 2 HGB
  253. den Ausschluß des Ausgleichsanspruchs nur für den Fall vorgesehen hat, daß
  254. das schuldhafte Verhalten des Vertreters zugleich einen wichtigen Grund zur
  255. außerordentlichen Kündigung im Sinne des § 89a HGB darstellt; dies ist im
  256. übrigen unproblematisch, weil ein solches Verhalten des Vertreters, wie dargelegt, im Rahmen der Billigkeitskontrolle nach § 89b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 HGB
  257. anspruchsmindernd berücksichtigt werden kann.
  258. e) Die unterschiedlichen Ziele und Zwecke, denen einerseits die Kündigungsregelung in § 89a Abs. 1 Satz 1 HGB, andererseits der Ausschlußtatbestand des § 89b Abs. 3 Nr. 2 HGB dienen, rechtfertigen entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts gleichfalls keine unterschiedliche Deutung des in
  259. beiden Vorschriften verwendeten Begriffs des wichtigen Grundes. Zweifelhaft
  260. erscheint bereits die These des Berufungsgerichts, § 89a HGB sei "auf die Zukunft des Unternehmens ausgerichtet". Der Normzweck des § 89a Abs. 1 HGB
  261. besteht darin, eine Möglichkeit zur sofortigen einseitigen Beendigung des Vertragsverhältnisses für den Fall zu schaffen, daß einer Vertragspartei - nicht
  262. allein dem Unternehmer - die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses nicht mehr
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  264. zuzumuten ist. Nicht die Zukunft des Unternehmens, sondern die Dauer der
  265. Bindung an den Vertrag, die der durch den wichtigen Grund betroffene Teil ohne die Möglichkeit der außerordentlichen Kündigung noch durchstehen müßte,
  266. ist das für die Frage der Zumutbarkeit und damit für das Vorliegen eines wichtigen Grundes mitentscheidende Kriterium. Von diesem Ansatz her gesehen ist
  267. es aber nicht unstimmig, wenn der Gesetzgeber in § 89b Abs. 3 Nr. 2 HGB einen Ausschluß des Ausgleichsanspruchs nur für die Fälle vorgesehen hat, in
  268. denen ein schuldhaftes Verhalten des Vertreters so schwer wiegt, daß dem
  269. Unternehmer ein Festhalten am Vertrag bis zum Ablauf der Vertragsdauer oder
  270. der Frist für eine ordentliche Kündigung nicht zumutbar ist.
  271. Richtig ist, daß unter dem Gesichtspunkt der Zumutbarkeit der Fortsetzung des Vertragsverhältnisses an die Intensität der Vertragsstörung um so
  272. höhere Anforderungen zu stellen sind, je kürzer die Frist bemessen ist, innerhalb derer das Vertragsverhältnis abläuft oder durch ordentliche Kündigung
  273. beendet werden kann. Auch dieser Gesichtspunkt nötigt indessen nicht zu einer von § 89a HGB abweichenden Interpretation des Begriffs des wichtigen
  274. Grundes im Sinne des § 89b Abs. 3 Nr. 2 HGB. Es mag sein, daß die Ausschlußregelung des § 89b Abs. 3 Nr. 2 HGB in Fällen mit sehr kurzer oder sehr
  275. langer Restlaufzeit bzw. Kündigungsfrist zu Ergebnissen führt, die nicht in jeder
  276. Hinsicht einleuchten, weil Vertragsverstöße gleicher Art und Schwere im einen
  277. Fall einen wichtigen Grund zur außerordentlichen Kündigung darstellen und
  278. damit den Ausgleichsanspruch ausschließen, im anderen Fall dagegen nicht.
  279. Gleichwohl ist die Entscheidung des Gesetzgebers hinzunehmen, schuldhafte
  280. Vertragsverletzungen des Handelsvertreters nur dann mit dem Verlust des
  281. Ausgleichsanspruchs zu ahnden, wenn auch die Fortsetzung des Handelsvertreterverhältnisses im konkreten Falle für den Unternehmer unzumutbar ist.
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  283. Die vom Berufungsgericht aufgezeigten Schwierigkeiten, die Frage der
  284. Zumutbarkeit einer Fortsetzung des Vertragsverhältnisses zuverlässig zu beurteilen, wenn der Unternehmer eine schuldhafte Vertragsverletzung des Vertreters nicht zum Anlaß für eine außerordentliche Kündigung genommen, sondern sich - wie im Streitfall der Beklagte - mit dem Ausspruch einer ordentlichen Kündigung begnügt hat, erscheinen nicht unüberwindlich. Gibt der Unternehmer beim Ausspruch der Kündigung zu erkennen, daß er "eigentlich" die
  285. Voraussetzungen einer außerordentlichen Kündigung aus wichtigem Grund für
  286. gegeben hält und sich nur vorsichtshalber mit dem Ausspruch einer ordentlichen Kündigung begnügt, so wird sich die Frage, ob ihm die Fortsetzung des
  287. Vertragsverhältnisses objektiv zuzumuten war, regelmäßig ohne die vom Berufungsgericht für erforderlich gehaltenen Fiktionen und Unterstellungen beantworten lassen. Kündigt der Unternehmer dagegen ordentlich, ohne zum
  288. Ausdruck zu bringen, daß er eine Fortsetzung des Vertragsverhältnisses "eigentlich" für unzumutbar hält, oder spricht er - wie im Streitfall - eine ordentliche Kündigung erst geraume Zeit nach Bekanntwerden des vertragswidrigen
  289. Verhaltens des Handelsvertreters aus, so gibt er damit regelmäßig zu erkennen, daß er den Vertragsverstoß des Vertreters nicht als so schwerwiegend
  290. empfunden hat, daß ihm die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses unzumutbar erschiene (vgl. BGH, Urteil vom 14. April 1983 - I ZR 37/81, WM 1983, 820
  291. unter II 2; Urteil vom 15. Dezember 1993 - VIII ZR 157/92, WM 1994, 645 unter
  292. II 1 m.w.Nachw.).
  293. f) Der Auffassung des Berufungsgerichts kann schließlich deshalb nicht
  294. gefolgt werden, weil sie darauf hinausläuft, die gesetzlichen Ausschlußtatbestände des § 89b Abs. 3 HGB inhaltlich zum Nachteil des Handelsvertreters zu
  295. erweitern. Das Berufungsgericht will darauf abstellen, ob dem Unternehmer
  296. wegen eines vorausgegangenen Fehlverhaltens des Handelsvertreters die
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  298. Zahlung eines Ausgleichsbetrages unzumutbar ist (BU 25 2. Abs., 28 1. Abs.,
  299. 30 1. Abs.). Mit diesem Ansatz verläßt das Berufungsgericht den Rahmen der
  300. gesetzlich geregelten Ausschlußgründe, indem es die Frage der Zumutbarkeit
  301. entgegen § 89b Abs. 3 Nr. 2 HGB nicht auf die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses, sondern auf die Zahlung eines Ausgleichs bezieht. Das Berufungsgericht setzt sich damit in Widerspruch zu der ständigen Rechtsprechung des
  302. Bundesgerichtshofs, daß die Ausschlußtatbestände des § 89b Abs. 3 HGB eine abschließende Regelung darstellen, die wegen ihres Ausnahmecharakters
  303. eng auszulegen ist (BGHZ 45, 385, 387; 52, 12, 14; 129, 290, 294; BGH, Urteil
  304. vom 14. April 1988 - I ZR 122/86, WM 1988, 1207 unter II 2; Urteil vom
  305. 10. Dezember 1997 - VIII ZR 329/96, WM 1998, 725 unter II 2 c). Auch in diesem Zusammenhang sei darauf hingewiesen, daß die Belange des Unternehmers durch die nach § 89b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 HGB zugelassenen Billigkeitserwägungen ausreichend gewahrt sind.
  306. 2. Auch die Hilfsbegründung des Berufungsgerichts trägt die Klageabweisung nicht. Die insoweit sehr knapp gefaßten Entscheidungsgründe lassen
  307. nicht erkennen, ob das Berufungsgericht alle im Rahmen der Billigkeitskontrolle nach § 89b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 HGB maßgeblichen Umstände berücksichtigt und in eine umfassende Abwägung einbezogen hat und von welchen
  308. Erwägungen es sich dabei im einzelnen hat leiten lassen. Insbesondere ist
  309. nicht ersichtlich, aus welchem Grund sich die "gute Provisionszahlung während
  310. des Vertragsverhältnisses" bei der Billigkeitsabwägung zum Nachteil des Klägers auswirken soll. Dem Berufungsurteil ist auch nichts dafür zu entnehmen,
  311. daß dem Beklagten ein Schaden entstanden sei, weil er "die Druckwerke" nicht
  312. fristgerecht habe herausbringen können und dadurch andere Inserenten verloren habe, daß dafür ein - schuldhaftes - Verhalten des Klägers ursächlich ge-
  313. - 18 -
  314. wesen sein könnte und in welcher Höhe dem Beklagten ein solcher Schaden
  315. entstanden sein soll.
  316. III. Das Berufungsurteil kann somit keinen Bestand haben. Eine abschließende Entscheidung in der Sache kann der erkennende Senat mangels
  317. Entscheidungsreife nicht treffen. Die Sache war daher unter Aufhebung des
  318. Berufungsurteils an die Vorinstanz zurückzuverweisen. Dabei hat der Senat
  319. von der Möglichkeit des § 565 Abs. 1 Satz 2 ZPO Gebrauch gemacht.
  320. Dr. Deppert
  321. Dr. Zülch
  322. Ball
  323. Dr. Hübsch
  324. Wiechers