|
|
- BUNDESGERICHTSHOF
- BESCHLUSS
- VIII ZB 93/06
- vom
- 17. April 2007
- in dem Rechtsstreit
- Nachschlagewerk:
-
- ja
-
- BGHZ:
-
- nein
-
- BGHR:
-
- ja
-
- BGB §§ 541, 1004
- Im Wohnraummietverhältnis kann ein Beseitigungsanspruch nicht auf § 1004 BGB,
- sondern allein auf § 541 BGB gestützt werden.
-
- BGH, Beschluss vom 17. April 2007 - VIII ZB 93/06 - LG Mannheim
- AG Mannheim
-
- -2-
-
- Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 17. April 2007 durch den
- Vorsitzenden Richter Ball, den Richter Dr. Wolst sowie die Richterinnen Hermanns, Dr. Milger und Dr. Hessel
- beschlossen:
- Die Rechtsbeschwerde der Klägerin gegen den Beschluss der
- 4. Zivilkammer des Landgerichts Mannheim vom 22. August 2006
- wird zurückgewiesen.
- Die Kosten des Verfahrens der Rechtsbeschwerde hat die Klägerin zu tragen.
-
- Gründe:
- I.
- 1
-
- Die Klägerin hat die Beklagte mit am 21. November 2005 eingereichter
- Klage auf Beseitigung einer an der Balkonbrüstung der von der Beklagten gemieteten Wohnung angebrachten Parabolantenne in Anspruch genommen.
- Vorgerichtlich hatte die Klägerin mit einem an die Beklagte adressierten Schreiben diese aufgefordert, die Antenne zu entfernen. Für die Beklagte besteht seit
- dem 18. Februar 2005 eine Betreuung. Nach einem amtsärztlichen Zeugnis ist
- die Beklagte als geschäftsunfähig anzusehen; dieser Zustand bestehe mindestens seit 13. Januar 2004.
-
- 2
-
- Die Parteien haben den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt,
- nachdem die Betreuerin erklärt hatte, die Antenne sei entfernt.
-
- -3-
-
- 3
-
- Das Amtsgericht hat darauf hin die Kosten des Rechtsstreits der Beklagten auferlegt. Auf die sofortige Beschwerde der Beklagten hat das Landgericht
- dagegen entschieden, die Klägerin müsse die Verfahrenskosten tragen. Mit der
- vom Landgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde erstrebt die Klägerin die
- Wiederherstellung des erstinstanzlichen Beschlusses.
- II.
-
- 4
-
- Das Landgericht hat ausgeführt, die Klägerin habe die Kosten des
- Rechtsstreits zu tragen, weil sie die Beklagte vor Erhebung der Klage nicht
- wirksam abgemahnt habe. Nach § 541 BGB sei eine Abmahnung Voraussetzung für einen vom Vermieter gegenüber dem Mieter geltend gemachten Beseitigungsanspruch. Die an die Beklagte persönlich gerichtete Abmahnung sei
- aufgrund der Geschäftsunfähigkeit der Beklagten unwirksam gewesen. Denn
- auf eine Abmahnung seien als rechtsgeschäftsähnliche, empfangsbedürftige
- Willenserklärung die Vorschriften über Rechtsgeschäfte entsprechend anzuwenden. Soweit ein etwaiger Beseitigungsanspruch auf § 1004 Abs. 1 BGB gestützt werde, sei zwar eine vorherige Abmahnung nicht erforderlich. In einem
- Mietverhältnis könne jedoch § 1004 BGB nicht angewendet werden; diese Vorschrift werde durch § 541 BGB verdrängt.
- III.
-
- 5
-
- Die gemäß § 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO statthafte und auch sonst zulässige
- Rechtsbeschwerde bleibt in der Sache erfolglos. Die Entscheidung des Landgerichts, die Verfahrenskosten gemäß § 91a Abs. 1 Satz 1 ZPO nach billigem Ermessen der Klägerin aufzuerlegen, ist nicht zu beanstanden. Die von der Klägerin erhobene Klage war unbegründet.
-
- -4-
-
- 1. Zutreffend ist das Beschwerdegericht davon ausgegangen, dass im
-
- 6
-
- Mietverhältnis ein Beseitigungsanspruch - wie vorliegend - nicht auf § 1004
- BGB gestützt werden kann, sondern allein § 541 BGB anwendbar ist. Dieser
- vom Landgericht vertretenen und weit verbreiteten Ansicht ist zuzustimmen. Die
- konkrete Ausgestaltung der Vorschrift des § 541 BGB hat mieterschützenden
- Charakter. Durch das dort, nicht aber in § 1004 BGB aufgenommene Erfordernis einer vorherigen Abmahnung des Mieters durch den Vermieter soll dem
- Mieter eine (letzte) Gelegenheit zu vertragstreuem Verhalten gegeben werden,
- bevor der Vermieter zu den scharfen Rechtsbehelfen der §§ 541 und 543
- Abs. 2 Nr. 2 BGB greifen darf (Emmerich in Emmerich/Sonnenschein, Miete,
- 8. Aufl., § 541 Rdnr. 1; Blank in Schmidt-Futterer, Mietrecht, 9. Aufl., § 541
- Rdnr. 2;
-
- Soergel/Heintzmann,
-
- BGB,
-
- 12. Aufl.,
-
- § 550
-
- Rdnr. 2;
-
- jurisPK-
-
- BGB/Münch, Stand September 2006, § 541 Rdnr. 6). Soweit die Rechtsprechung bisher § 1004 BGB in vergleichbaren Fällen angewendet hat, wurde auf
- die Problematik nicht eingegangen (BGH, Urteil vom 26. Juni 1974 - VIII ZR
- 43/73, NJW 1974, 1463 f.; LG Karlsruhe DWW 2000, 201 f.).
- 2. Vorliegend ist eine wirksame Abmahnung durch die Klägerin vor Kla-
-
- 7
-
- geerhebung nicht erfolgt (§ 131 Abs. 1 BGB entsprechend). Zwar rügt die Klägerin in ihrer Rechtsbeschwerde, das Landgericht habe sich nicht mit der Frage
- befasst, ob die (an die Beklagte persönlich gerichtete) schriftliche Abmahnung
- nicht dadurch wirksam geworden ist, dass sie der Betreuerin zuging, bevor diese sich am 13. Dezember 2005 "meldete". Doch die Klägerin behauptet und
- belegt
-
- nicht,
-
- dass
-
- der
-
- Betreuerin
-
- diese
-
- Abmah-
-
- -5-
-
- nung vor wirksamer Klagezustellung zugegangen ist (vgl. zum Erfordernis einer
- Abmahnung vor Klageerhebung Blank, aaO, Rdnr. 11 m.w.N.).
- Ball
-
- Dr. Wolst
- Dr. Milger
-
- Hermanns
- Dr. Hessel
-
- Vorinstanzen:
- AG Mannheim, Entscheidung vom 14.03.2006 - 4 C 381/05 LG Mannheim, Entscheidung vom 22.08.2006 - 4 T 82/06 -
-
|