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1 year ago
  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. IM NAMEN DES VOLKES
  3. URTEIL
  4. VI ZR 77/05
  5. Verkündet am:
  6. 21. März 2006
  7. Holmes,
  8. Justizangestellte
  9. als Urkundsbeamtin
  10. der Geschäftsstelle
  11. in dem Rechtsstreit
  12. Nachschlagewerk:
  13. ja
  14. BGHZ:
  15. nein
  16. BGHR:
  17. ja
  18. ZPO § 256
  19. Zum Feststellungsinteresse nach übereinstimmender Erledigungserklärung.
  20. BGH, Urteil vom 21. März 2006 - VI ZR 77/05 - AG Leipzig
  21. LG Leipzig
  22. -2-
  23. Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
  24. vom 21. März 2006 durch die Vizepräsidentin Dr. Müller, die Richter
  25. Dr. Greiner, Wellner, Pauge und Stöhr
  26. für Recht erkannt:
  27. Die Revision des Klägers gegen das Urteil der 1. Zivilkammer des
  28. Landgerichts Leipzig vom 23. März 2005 wird - soweit der Rechtsstreit nicht in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt
  29. ist - zurückgewiesen.
  30. Die Kosten des Rechtsstreits im ersten und zweiten Rechtszug
  31. trägt die Beklagte.
  32. Von den Kosten des Revisionsverfahrens tragen der Kläger 44 %
  33. und die Beklagte 56 %.
  34. Von Rechts wegen
  35. Tatbestand:
  36. 1
  37. Der Kläger begehrte von der Beklagten als Haftpflichtversicherer des
  38. Schädigers Erstattung der Kosten für ein Sachverständigengutachten, das er
  39. nach einem Verkehrsunfall eingeholt hat. Die uneingeschränkte Haftung der
  40. Beklagten für die entstandenen Schäden war unstreitig.
  41. -3-
  42. 2
  43. Der Kläger beauftragte das Sachverständigenbüro S. & A. in L. mit der
  44. Begutachtung seines beschädigten Fahrzeugs. Grundlage der Honorarvereinbarung war eine Gebührentabelle des Sachverständigenbüros, die das Honorar
  45. in Abhängigkeit von der Brutto-Schadenshöhe zzgl. Wertminderung beziehungsweise im Falle eines Totalschadens in Abhängigkeit vom BruttoWiederbeschaffungswert festlegte. Dem Kläger wurden insgesamt 652 € netto
  46. in Rechnung gestellt. Der Kläger hat die Honorarforderung insgesamt ausgeglichen. Die Beklagte verweigerte die Erstattung. Das Amtsgericht hat der Klage
  47. stattgegeben. Das Berufungsgericht hat das Urteil teilweise abgeändert und die
  48. Beklagte unter Abweisung der Klage im Übrigen zur Zahlung von 335 € verurteilt. Hiergegen richtete sich die vom Berufungsgericht zugelassene Revision
  49. des Klägers, mit der er die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils begehrte. Die Beklagte hat im Revisionsrechtszug die gesamte Klageforderung
  50. einschließlich Zinsen an die Prozessbevollmächtigten des Klägers im
  51. II. Rechtszug bezahlt und erklärt, dass sie die angefallenen Gerichtskosten und
  52. die festsetzbaren Anwaltskosten des Klägers übernehme.
  53. 3
  54. Der Kläger hat darauf im Termin zur mündlichen Verhandlung des
  55. Rechtsstreits die Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache erklärt und die
  56. Feststellung beantragt, dass die Klage bis zum Eintritt des erledigenden Ereignisses zulässig und begründet gewesen sei. Die Beklagte hat ebenfalls den
  57. Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt, aber Verwerfung der Feststellungsklage beantragt.
  58. -4-
  59. Entscheidungsgründe:
  60. 4
  61. Mit der übereinstimmenden Erledigungserklärung der Parteien hat die
  62. Rechtshängigkeit der Leistungsklage des Klägers geendet (vgl. BGH,
  63. BGHZ 106, 359, 366).
  64. 5
  65. Eine Entscheidung über die Kosten unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes (§ 91 a Abs. 1 Satz 1 ZPO) ist nicht erforderlich.
  66. Der Beklagten sind ohne weitere Sachprüfung die Kosten aufzuerlegen, die auf
  67. den erledigten Teil entfallen und die sie anerkannt hat (§ 91 a Abs. 1 Satz 1
  68. ZPO, § 307 ZPO entsprechend; vgl. BGH, Beschluss vom 3. Juni 1985
  69. - II ZR 248/84 - JZ 1985, 853, 854; BAG, Beschluss vom 4. September 1987
  70. - 8 AZR 487/80 - NJW 1988, 990; vom 11. September 2003 - 6 AZR 457/02 NJW 2004, 533; Zöller/Vollkommer, ZPO, 25. Aufl., § 91 a Rdnr. 22; Musielak/Wolst, ZPO, 4. Aufl., § 91 a Rdnr. 20; Saenger/Gierl, ZPO, § 91 a Rdnr. 46;
  71. MünchKomm-ZPO/Lindacher, 2. Aufl., § 91 a Rdnr. 58; Stein/Jonas/Bork, ZPO,
  72. 22. Aufl., § 91 a Rdnr. 36 zu FN 125). Sie hat durch ihren Prozessbevollmächtigten erklärt, die Beklagte übernehme die angefallenen Gerichtskosten und die
  73. festsetzbaren Anwaltskosten des Klägers. Der bisherige Sach- und Streitstand
  74. ist daher für die Kostenentscheidung nicht mehr maßgebend.
  75. Der Kläger hat seine Erledigungserklärung mit dem Antrag verbunden
  76. 6
  77. festzustellen, dass das Zahlungsverlangen bis zum Eintritt des erledigenden
  78. Ereignisses zulässig und begründet war. Diese Feststellungsklage ist unzulässig.
  79. 7
  80. Es kann im vorliegenden Fall dahinstehen, ob einer solchen Feststellungsklage verfahrensrechtliche Bedenken entgegenstehen (vgl. einerseits
  81. BGH, BGHZ 106, 359, 367; andererseits BGH, Urteil vom 19. März 1998
  82. - I ZR 264/95 - WM 1998, 1699, 1701; Stein/Jonas/Bork, aaO, Rdnr. 27; Wes-
  83. -5-
  84. termeier, Die Erledigung der Hauptsache im Deutschen Verfahrensrecht, 2005,
  85. S. 332).
  86. 8
  87. Jedenfalls setzt ein solcher in Anwendung des § 264 Ziff. 2 ZPO allein
  88. auf Feststellung gerichteter Antrag ein rechtliches Interesse auf Seiten des Klägers voraus (§ 256 ZPO). Ein solches ist hier nicht ersichtlich. Auch wenn es
  89. sich aus einer günstigeren Kostenfolge ergeben können sollte (vgl. BGH, Urteil
  90. vom 19. März 1998 - I ZR 264/95 - aaO), besteht es infolge der Kostenübernahmeerklärung durch die Beklagte im vorliegenden Fall nicht mehr. Der Umstand, dass die Frage, inwieweit das Honorar eines Kfz-Sachverständigen dem
  91. Unfallgeschädigten vom Schädiger zu erstatten ist (§ 249 Abs. 2 Satz 1 BGB),
  92. in zahlreichen gleichgelagerten Rechtsstreitigkeiten zwischen anderen Parteien
  93. von Interesse sein mag, begründet kein rechtliches Interesse des Klägers an
  94. einer alsbaldigen Feststellung. Es ist nicht dargetan und nicht ersichtlich, dass
  95. für den unfallgeschädigten Kläger des hier zu entscheidenden Rechtsstreits ein
  96. weiteres Mal eine gegenwärtige Gefahr der Unsicherheit dadurch droht, dass
  97. der Beklagte eine Erstattungspflicht bestreitet und diese Gefahr nur durch die
  98. beantragte Feststellung beseitigt werden könnte.
  99. -6-
  100. Soweit nach allem die Feststellungsklage als unzulässig abzuweisen ist,
  101. 9
  102. ist der Kläger mit den Kosten belastet wie bei einer nur teilweisen Erledigungserklärung (vgl. Stein/Jonas/Bork aaO Rdnr. 27 und 37). Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91 a, 92, 97 ZPO.
  103. Müller
  104. Greiner
  105. Pauge
  106. Wellner
  107. Stöhr
  108. Vorinstanzen:
  109. AG Leipzig, Entscheidung vom 27.10.2004 - 106 C 5485/04 LG Leipzig, Entscheidung vom 23.03.2005 - 1 S 7099/04 -