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1 year ago
  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. IM NAMEN DES VOLKES
  3. URTEIL
  4. VI ZR 300/03
  5. Verkündet:
  6. am 26. Oktober 2004
  7. Böhringer-Mangold
  8. Justizhauptsekretärin
  9. als Urkundsbeamtin
  10. der Geschäftsstelle
  11. in dem Rechtsstreit
  12. Nachschlagewerk:
  13. ja
  14. BGHZ:
  15. nein
  16. BGHR:
  17. ja
  18. BGB § 249 Gb; RBerG Art. 1 § 1
  19. a)
  20. Geht es dem Mietwagenunternehmen im wesentlichen darum, die durch die
  21. Abtretung eingeräumte Sicherheit zu verwirklichen, so besorgt es keine
  22. Rechtsangelegenheit des geschädigten Kunden, sondern eine eigene Angelegenheit.
  23. b)
  24. Ein "Unfallersatztarif" ist nur insoweit ein "erforderlicher" Aufwand zur Schadensbeseitigung nach § 249 Satz 2 BGB a.F., als die Besonderheiten dieses
  25. Tarifs mit Rücksicht auf die Unfallsituation einen gegenüber dem "Normaltarif"
  26. höheren Preis rechtfertigen, weil sie auf Leistungen des Vermieters beruhen,
  27. die durch die besondere Unfallsituation veranlaßt und infolgedessen zur Schadensbehebung erforderlich sind (Anschluß an Senatsurteil vom 12. Oktober
  28. 2004 - VI ZR 151/03 -, zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen).
  29. BGH, Urteil vom 26. Oktober 2004 - VI ZR 300/03 - LG Düsseldorf
  30. AG Düsseldorf
  31. -2-
  32. Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
  33. vom 26. Oktober 2004 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Müller, den Richter
  34. Wellner, die Richterin Diederichsen und die Richter Stöhr und Zoll
  35. für Recht erkannt:
  36. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil der 20. Zivilkammer
  37. des Landgerichts Düsseldorf vom 19. September 2003 aufgehoben.
  38. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch
  39. über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
  40. Von Rechts wegen
  41. Tatbestand:
  42. Die Klägerin, eine Autovermietung, macht gegen den beklagten Kraftfahrzeughaftpflichtversicherer Ansprüche auf Ersatz restlicher Mietwagenkosten
  43. geltend, die ein Unfallgeschädigter an sie zur Sicherheit abgetreten hat. Die
  44. Haftung ist dem Grunde nach außer Streit.
  45. Der Geschädigte mietete nach einem Verkehrsunfall im April 2002 bei
  46. der Klägerin ein Ersatzfahrzeug zu einem Unfallersatztarif an, der rund 89 %
  47. -3-
  48. über dem Normaltarif lag. Bei Abschluß des Mietvertrages unterzeichnete er
  49. eine Abtretungserklärung zugunsten der Klägerin. Darin heißt es:
  50. "Anstelle der sonst üblichen Mietvorauszahlung trete ich zur Sicherheit
  51. für alle Forderungen von A. aus dem Mietvertrag und evtl. Anschlussverträgen
  52. hiermit meine Ansprüche auf Ersatz von Mietwagenkosten gegen den Schädiger und seine Haftpflichtversicherung bis zur Höhe der Forderung von A. an A.
  53. ab. Ich weiß, daß ich unabhängig von dieser Sicherungsabtretung den Schaden
  54. selbst beim Haftpflichtversicherer des Schädigers anmelden muß und mich um
  55. die Schadensregulierung selbst zu kümmern habe und werde dies tun."
  56. Die Klägerin stellte dem Geschädigten die Miete des Fahrzeugs mit
  57. 1.894,02 € in Rechnung und übersandte eine Kopie der Rechnung an die Beklagte. Diese bezahlte 998,-- €; weitere Zahlungen lehnte sie wegen des ihrer
  58. Ansicht nach überhöhten Unfallersatztarifs ab.
  59. Mit Schreiben vom 11. Juli 2002 forderte die Klägerin den Geschädigten
  60. zur Begleichung des Restbetrags von 896,02 € unter Fristsetzung bis zum
  61. 25. Juli 2002 auf. Dieser reagierte nicht. Daraufhin verlangte die Klägerin Ende August 2002 die restlichen 896,02 € von der Beklagten, welche die Zahlung
  62. verweigerte.
  63. Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben. Die Berufung der Beklagten
  64. hat das Landgericht zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.
  65. Entscheidungsgründe:
  66. I.
  67. Das Berufungsgericht vertritt in seiner - in SP 2004, 53 abgedruckten Entscheidung die Auffassung, die Klägerin sei aktivlegitimiert, da die Abtretung
  68. -4-
  69. nicht wegen Verstoßes gegen Art. 1 § 1 RBerG nichtig sei. Bei Berücksichtigung der gesamten Umstände und der erforderlichen wirtschaftlichen Betrachtung habe die Klägerin nicht die Rechtsangelegenheiten des Geschädigten besorgen, sondern die ihr eingeräumte Sicherheit verwirklichen wollen. Dafür
  70. sprächen der Wortlaut und der begrenzte Umfang der Sicherungsabtretung, die
  71. hervorhebe, daß der Geschädigte sich selbst um die Schadensabwicklung zu
  72. kümmern habe. Allein der Umstand, daß die Klägerin ihre Rechnung auch an
  73. die Beklagte versandt habe, erfülle noch nicht den Tatbestand der Besorgung
  74. fremder Rechtsangelegenheiten. Auch die weitere Vorgehensweise der Klägerin rechtfertige nicht den Vorwurf einer Umgehung des Rechtsberatungsgesetzes, zumal der Geschädigte zu keinem Zeitpunkt gehindert gewesen sei, seine
  75. Ansprüche selbst gegen die Beklagte geltend zu machen.
  76. Der Anspruch scheitere auch nicht an der Höhe des Unfallersatztarifs.
  77. Dieser halte sich im Rahmen des nach § 249 Satz 2 BGB a.F. erstattungsfähigen Aufwands, da er die – hier maßgebliche – übliche Höhe anderer Unfallersatztarife nicht übersteige. Die Beklagte könne sich auch nicht nach § 404 BGB
  78. auf einen Freistellungs- bzw. Schadensersatzanspruch des Geschädigten wegen Verletzung einer Aufklärungspflicht berufen. Der Vermieter sei nämlich
  79. nicht verpflichtet, den Geschädigten auf die mögliche Inanspruchnahme des
  80. preiswerteren Normaltarifs hinzuweisen.
  81. II.
  82. Diese Ausführungen halten den Angriffen der Revision nicht stand.
  83. 1. Entgegen deren Auffassung ist allerdings nicht zu beanstanden, daß
  84. das Berufungsgericht unter den Umständen des konkreten Falls einen Verstoß
  85. -5-
  86. gegen Art. 1 § 1 RBerG verneint hat. Die in erster Linie dem Tatrichter obliegende Würdigung der den vertraglichen Vereinbarungen zugrundeliegenden
  87. Umstände steht in Einklang mit der Rechtsprechung des erkennenden Senats
  88. und läßt keinen Rechtsfehler erkennen.
  89. a) Nach ständiger Rechtsprechung bedarf der Inhaber eines Mietwagenunternehmens, das es geschäftsmäßig übernimmt, für unfallgeschädigte Kunden die Schadensregulierung durchzuführen, der Erlaubnis nach Art. 1 § 1
  90. Abs. 1 RBerG, und zwar auch dann, wenn er sich die Schadensersatzforderungen erfüllungshalber abtreten lässt und die eingezogenen Beträge auf seine
  91. Forderungen an die Kunden verrechnet (vgl. Senatsurteile BGHZ 47, 364, 366;
  92. 61, 317, 319; vom 26. April 1994 – VI ZR 305/93 – VersR 1994, 950; vom
  93. 18. März 2003 – VI ZR 152/02 – VersR 2003, 656 und vom 22. Juni 2004
  94. - VI ZR 272/03 – VersR 2004, 1062, 1063). Die Ausnahmevorschrift des Art. 1
  95. § 5 Nr. 1 RBerG kommt ihm nicht zugute (vgl. Senatsurteile BGHZ 47, 364,
  96. 368; vom 26. April 1994 – VI ZR 305/93 – aaO; vom 18. März 2003 – VI ZR
  97. 152/02 – aaO und vom 22. Juni 2004 – VI ZR 272/03 - VersR 2004, 1062,
  98. 1064). Bei der Beurteilung, ob die Abtretung den Weg zu einer erlaubnispflichtigen Besorgung von Rechtsangelegenheiten eröffnen sollte, ist nicht allein auf
  99. den Wortlaut der getroffenen vertraglichen Vereinbarung, sondern auf die gesamten diesen zugrundeliegenden Umstände und ihren wirtschaftlichen Zusammenhang abzustellen, also auf eine wirtschaftliche Betrachtung, die es
  100. vermeidet, daß Art. 1 § 1 RBerG durch formale Anpassung der geschäftsmäßigen Rechtsbesorgung an den Gesetzeswortlaut und die hierzu entwickelten
  101. Rechtsgrundsätze umgangen wird (vgl. Senatsurteile BGHZ 61, 317, 320 f.;
  102. vom 26. April 1994 – VI ZR 305/93 – aaO; vom 18. März 2003 – VI ZR 152/02 –
  103. aaO und vom 22. Juni 2004 – VI ZR 272/03 – VersR 2004, 1062, 1063). Deshalb kommt es darauf an, wie sämtliche Teilstücke der getroffenen Vereinbarung wirtschaftlich ineinander greifen, ob sie sich wirtschaftlich als Teilstücke
  104. -6-
  105. eines Verfahrens zur Entlastung des Geschädigten von der Schadensabwicklung einschließlich der Besorgung damit verbundener rechtlicher Angelegenheiten darstellen; insbesondere ist von maßgeblicher Bedeutung, in welcher Eigenschaft und in welchem Verhältnis zueinander die Beteiligten an der Geltendmachung der Schadensersatzansprüche mitwirken sollen (vgl. Senatsurteile BGHZ 61, 317, 321; vom 18. März 2003 – VI ZR 152/02 – aaO und vom
  106. 22. Juni 2004 – VI ZR 272/03 – aaO).
  107. Geht es dem Mietwagenunternehmen im wesentlichen darum, die durch
  108. die Abtretung eingeräumte Sicherheit zu verwirklichen, so besorgt es keine
  109. Rechtsangelegenheit des geschädigten Kunden, sondern eine eigene Angelegenheit. Ein solcher Fall liegt aber nicht vor, wenn nach der Geschäftspraxis
  110. des Mietwagenunternehmens die Schadensersatzforderungen der unfallgeschädigten Kunden eingezogen werden, bevor diese selbst auf Zahlung in Anspruch genommen werden. Denn damit werden den Geschädigten Rechtsangelegenheiten abgenommen, um die sie sich eigentlich selbst zu kümmern hätten
  111. (vgl. Senatsurteile BGHZ
  112. 47, 364, 366 f. und vom 18. März 2003
  113. - VI ZR 152/02 – aaO).
  114. b) Unter Beachtung dieser Grundsätze ist das Berufungsgericht ohne
  115. Rechtsfehler zu der Überzeugung gelangt, daß es der Klägerin bei der Einziehung der abgetretenen Forderung nicht um die Besorgung solcher Rechtsgeschäfte ging, die eigentlich dem Geschädigten oblagen, sondern darum, die ihr
  116. eingeräumte Sicherheit zu verwirklichen. Die Rechtsprechungsgrundsätze lassen es dabei durchaus zu, dem praktischen Bedürfnis nach einer gewissen
  117. Mitwirkung des Fahrzeugvermieters bei der Geltendmachung der Schadensersatzansprüche des Geschädigten gegenüber dem Haftpflichtversicherer des
  118. Schädigers Rechnung zu tragen (vgl. Senatsurteile BGHZ 61, 317, 322 f.; vom
  119. -7-
  120. 26. April 1994 – VI ZR 305/93 – VersR 1994, 950, 952 und vom 18. März 2003
  121. – VI ZR 152/02 – VersR 2003, 656, 657).
  122. Die Abtretungserklärung enthält bereits ihrem Wortlaut nach eine Zweckbestimmung zur Sicherung der Zahlungsansprüche der Klägerin gegen den
  123. Geschädigten und einen deutlichen Hinweis darauf, daß dieser die Schadensersatzansprüche selbst durchzusetzen habe. Anders als in den den Senatsurteilen vom 18. April 1967 (BGHZ 47, 364) und 6. November 1973 (BGHZ 61,
  124. 317) zugrunde liegenden Fällen hat sich die Klägerin zudem nicht sämtliche
  125. Ansprüche des Geschädigten gegen den Schädiger abtreten lassen; die Abtretung ist vielmehr auf die Ersatzansprüche hinsichtlich der Mietwagenkosten beschränkt. Auch dies spricht gegen eine umfassende Besorgung fremder Angelegenheiten im Sinne des Art. 1 § 1 RBerG.
  126. Ebenso ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden, daß das Berufungsgericht auch aufgrund des weiteren Vorgehens der Klägerin nicht eine
  127. Umgehung des Rechtsberatungsgesetzes angenommen hat. Insoweit verweist
  128. es darauf, daß die Klägerin den Geschädigten ernsthaft aufgefordert habe, die
  129. noch offene Forderung zu bezahlen. Seine Wertung, weder der Wortlaut des
  130. Schreibens vom 11. Juli 2002 noch die darin gesetzte Zahlungsfrist von zwei
  131. Wochen ließen den Rückschluß zu, daß von Anfang an eine ernsthafte Rechtsverfolgung allein gegenüber dem Haftpflichtversicherer beabsichtigt gewesen
  132. sei, und Anhaltspunkte für eine entsprechende mündliche Absprache zwischen
  133. der Klägerin und dem Geschädigten seien nicht ersichtlich, läßt keine Rechtsfehler erkennen.
  134. Ohne Erfolg macht die Revision demgegenüber geltend, es sei tatsächlich beabsichtigt gewesen, in Höhe der Mietwagenkosten von vornherein gegen
  135. den Haftpflichtversicherer vorzugehen. Sie will dies aus einer Formulierung in
  136. -8-
  137. einer weiteren Vereinbarung zur Sicherungsabtretung ableiten, die wie folgt lautet: "Forderungen von A. aus dem Mietvertrag gegen mich werden von dieser
  138. Abtretung nicht berührt; A. kann sie gegen mich jederzeit nach den Bestimmungen des Mietvertrages geltend machen und wird dieses tun, falls die gegnerische Versicherung sich außerstande sieht, binnen drei Wochen einen vollständigen Ausgleich der Forderung von A. vorzunehmen". Dieser Vereinbarung läßt
  139. sich jedoch nur entnehmen, daß die Klägerin dem Versicherer Gelegenheit geben sollte, den Ausgleich der Forderung vorzunehmen, bevor sie gegen den
  140. Geschädigten vorgehen konnte. Dies trägt dem Umstand Rechnung, daß der
  141. Ersatz des Schadens letztlich durch den Versicherer erfolgen soll, ohne daß
  142. etwas über eine etwaige Durchsetzung der Ansprüche ausgesagt wird. Wie der
  143. Senat im Urteil vom 26. April 1994 (VI ZR 305/93, aaO) bereits entschieden hat,
  144. ist in gewissem Umfang eine Mitwirkung des Kfz-Vermieters an der Geltendmachung der Schadensersatzansprüche des Geschädigten gegenüber dem Haftpflichtversicherer des Schädigers zulässig. So stellt es keine unerlaubte
  145. Rechtsberatung dar, wenn ein Mietwagenunternehmen von seinen unfallgeschädigten Kunden, die ihm ihre Ansprüche auf Ersatz der Mietwagenkosten
  146. sicherheitshalber abgetreten haben, einen Unfallbericht fertigen läßt und diesen
  147. zusammen mit der Aufforderung, die Mietwagenkosten zu begleichen, an die
  148. Haftpflichtversicherung des Schädigers weiterleitet, sofern zweifelsfrei klargestellt ist, daß die Kunden für die Verfolgung und Durchsetzung ihrer Schadensersatzansprüche selbst tätig werden müssen (vgl. Senatsurteile vom 26. April
  149. 1994 – VI ZR 305/93 – aaO und vom 18. März 2003 – VI ZR 152/02 – VersR
  150. 2003, 656, 657).
  151. Dieser Gedanke gilt auch hier. Deshalb muß nicht darin eine unerlaubte
  152. Rechtsberatung gesehen werden, daß die Klägerin der Beklagten durch Übersendung einer Kopie der Rechnung Gelegenheit gegeben hat, die Verbindlichkeiten des Geschädigten direkt durch Zahlung an sie zu tilgen. Dieses Vorge-
  153. -9-
  154. hen erforderte keine besonderen Rechtskenntnisse und nahm dem Geschädigten nicht seine Verpflichtung zur eigenen Rechtsbesorgung ab. Es oblag vielmehr weiterhin ihm, seine Schadensersatzansprüche – auch soweit sie nicht
  155. die Mietwagenkosten betrafen – gegenüber dem Schädiger bzw. der Beklagten
  156. geltend zu machen. Bei dieser Sachlage konnte das Berufungsgericht ohne
  157. Rechtsfehler annehmen, daß die Klägerin nur zur Vereinfachung der Schadensabwicklung und nicht zur Schadensregulierung handelte (vgl. auch BGH,
  158. Urteile vom 10. Mai 1974 - I ZR 46/73 - NJW 1974, 1244 ff.; vom 5. Juli 1984
  159. – I ZR 90/82 – VersR 1984, 986; vom 30. März 2000 – I ZR 289/97 – VersR
  160. 2001, 80, 81).
  161. 2. Im Ansatz zutreffend geht das Berufungsgericht demgemäß davon
  162. aus, daß die Klägerin von der Beklagten aus abgetretenem Recht nach § 249
  163. Satz 2 BGB a.F. (vgl. Art. 2 Nr. 1 des Zweiten Schadensrechtsänderungsgesetzes vom 19. Juli 2002 – BGBl. I 2674) als Herstellungsaufwand den Ersatz der
  164. objektiv erforderlichen Mietkosten verlangen kann (vgl. Senatsurteil BGHZ 132,
  165. 373, 375 f. m.w.N.). Daraus folgt aber nicht ohne weiteres, daß der Klägerin der
  166. rund 89 % über dem Normaltarif liegende Unfallersatztarif schon deswegen in
  167. voller Höhe zusteht, weil er die übliche Höhe anderer Unfallersatztarife nicht
  168. übersteigt.
  169. a) Mietwagenkosten gehören regelmäßig zu den Kosten der Schadensbehebung im Sinne des § 249 Satz 2 BGB a.F. (vgl. Senatsurteile vom
  170. 6. November 1974 – VI ZR 27/73 – VersR 1974, 90 – insoweit nicht in BGHZ
  171. 61, 346 ff.; vom 4. Dezember 1984 – VI ZR 225/82 – VersR 1985, 283, 284;
  172. vom 2. Juli 1985 - VI ZR 177/84 - VersR 1985, 1092). Der Schädiger hat sie
  173. jedoch nicht unbegrenzt zu ersetzen. So ist der Anspruch auf Schadensersatz
  174. bei Beschädigung eines gewerblich genutzten Kraftfahrzeugs durch § 251
  175. Abs. 2
  176. BGB
  177. begrenzt
  178. (vgl.
  179. Senatsurteile
  180. vom
  181. 4. Dezember
  182. 1984
  183. - 10 -
  184. – VI ZR 225/82 – aaO und vom 19. Oktober 1993 – VI ZR 20/93 – VersR 1994,
  185. 64, 65).
  186. Auch sind Mietwagenkosten grundsätzlich nur insoweit zu ersetzen, als
  187. dies tatsächlich zur Herstellung des Zustands erforderlich ist, der ohne die
  188. Schädigung bestehen würde. Zur Herstellung erforderlich sind nur die Aufwendungen, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des
  189. Geschädigten für zweckmäßig und notwendig halten darf (vgl. Senatsurteile
  190. BGHZ 61, 346, 349 f.; 132, 373, 375 f.; 154, 395, 398; 155, 1, 4 f.; Senatsurteil
  191. vom 4. Dezember 1984 – VI ZR 225/82 – aaO). Der Geschädigte ist dabei unter
  192. dem Gesichtspunkt der Schadensminderungspflicht gehalten, im Rahmen des
  193. ihm Zumutbaren von mehreren möglichen den wirtschaftlicheren Weg der
  194. Schadensbeseitigung zu wählen (st. Rspr., vgl. Senatsurteile BGHZ 132, aaO.;
  195. 155, aaO.; vom 2. Juli 1985 – VI ZR 86/84 – VersR 1985, 1090 und
  196. – VI ZR 177/84 – aaO, jeweils m.w.N.).
  197. b) Im allgemeinen ist davon auszugehen, daß der Geschädigte nicht allein deshalb gegen seine Pflicht zur Schadensgeringhaltung verstößt, weil er
  198. ein Kraftfahrzeug zu einem "Unfallersatztarif" anmietet, der gegenüber einem
  199. Normaltarif teurer ist, solange dies dem Geschädigten nicht ohne weiteres erkennbar ist (vgl. Senatsurteil BGHZ 132, 373, 378 f.).
  200. Dieser Grundsatz, an dem der Senat festhält, kann jedoch keine uneingeschränkte Geltung beanspruchen in den Fällen, in denen sich ein besonderer
  201. Tarif für Ersatzmietwagen nach Unfällen entwickelt hat, der nicht mehr maßgeblich von Angebot und Nachfrage bestimmt wird. Dies wird etwa dann anzunehmen sein, wenn die Preise für Ersatzmietwagen durch weitgehend gleichförmiges Verhalten der Anbieter geprägt sind. Für die hier zu beurteilende Konstellation ist es typisch, daß die Kraftfahrzeugmieter kein eigenes Interesse an der
  202. - 11 -
  203. Wahl eines bestimmten Tarifs haben, während die am Mietvertrag nicht beteiligten Dritten wie Schädiger oder Haftpflichtversicherer zwar die Verpflichtungen
  204. aus diesem Vertrag wirtschaftlich zu tragen haben, auf die Tarifwahl aber keinen Einfluß nehmen können. Das kann – wie im Schrifttum geltend gemacht
  205. wird und inzwischen auch in der Rechtsprechung der Instanzgerichte anklingt
  206. (vgl. OLG München NZV 1994, 359; OLG Naumburg NZV 1996, 233; OLG Jena
  207. OLGR 2003, 316 f.) – zur Folge haben, daß die Preise der dem Unfallgeschädigten angebotenen "Unfallersatztarife" erheblich über den für Selbstzahler angebotenen "Normaltarifen" liegen (vgl. Albrecht NZV 1996, 49 ff.; Cavada, Die
  208. Unfallersatztarife, S. 3 ff.; a.A. Göhringer ZfS 2004, 437 ff.). Wenn das so ist,
  209. kann aus schadensrechtlicher Sicht der zur Herstellung "erforderliche" Geldbetrag nicht ohne weiteres mit dem "Unfallersatztarif" gleichgesetzt werden. Vielmehr ist zu prüfen, ob und inwieweit ein solcher Tarif nach seiner Struktur als
  210. "erforderlicher" Aufwand zur Schadensbeseitigung angesehen werden kann.
  211. Dies kann nur insoweit der Fall sein, als die Besonderheiten dieses Tarifs mit
  212. Rücksicht auf die Unfallsituation (etwa die Vorfinanzierung, das Risiko eines
  213. Ausfalls mit der Ersatzforderung wegen falscher Bewertung der Anteile am Unfallgeschehen durch den Kunden oder das Mietwagenunternehmen u.ä.) einen
  214. gegenüber dem "Normaltarif" höheren Preis aus betriebswirtschaftlicher Sicht
  215. rechtfertigen, weil sie auf Leistungen des Vermieters beruhen, die durch die
  216. besondere Unfallsituation veranlaßt und infolgedessen zur Schadensbehebung
  217. nach § 249 BGB erforderlich sind.
  218. c) Im hier zu entscheidenden Fall hat die Beklagte darauf hingewiesen,
  219. daß die Preise nach dem "Unfallersatztarif" der Klägerin deutlich über den Preisen anderer Tarife lägen, und geltend gemacht, im "Normaltarif" sei eine Anmietung zu dem von ihr bereits gezahlten Betrag möglich gewesen. Sie hat damit bestritten, daß der vom Geschädigten mit der Klägerin vereinbarte Mietzins
  220. zur Herstellung "erforderlich" (§ 249 Satz 2 BGB a.F.) war. Nach Aufhebung
  221. - 12 -
  222. und Zurückverweisung wird das Berufungsgericht daher – gegebenenfalls nach
  223. weiterem Sachvortrag der Parteien – mit sachverständiger Hilfe zu prüfen haben, ob der von der Klägerin mit dem Geschädigten vereinbarte Tarif nach den
  224. oben dargelegten Grundsätzen in seiner Struktur als "erforderlicher" Aufwand
  225. zur Schadensbeseitigung zu werten und deshalb im Rahmen des § 249 BGB
  226. erstattungsfähig ist.
  227. Soweit das nicht der Fall ist, wird es darauf ankommen, ob dem Geschädigten im hier zu entscheidenden Fall ein günstigerer "Normaltarif" zugänglich
  228. war. Anknüpfungspunkt kann nämlich nur ein "Normaltarif" sein, also regelmäßig ein Tarif, der für Selbstzahler Anwendung findet und daher unter marktwirtschaftlichen Gesichtspunkten gebildet wird. Eine Erhöhung dieses Betrags ist
  229. nur gerechtfertigt, soweit sie nach den vorstehenden Ausführungen unfallbedingt ist. Inwieweit dies der Fall ist, wird der Tatrichter auf Grund des Vortrags
  230. der Klägerin gegebenenfalls nach Beratung durch einen Sachverständigen gemäß § 287 Abs. 1 ZPO zu schätzen haben. Die Beweislast für die Berechtigung
  231. einer Erhöhung des Tarifs obliegt dem Geschädigten bzw. seinem Rechtsnachfolger.
  232. 3) Im Hinblick auf die vorstehenden Ausführungen kommt es auf die weitere Rüge der Revision, daß eine Aufklärungspflichtverletzung der Klägerin vorliege, weil diese verpflichtet gewesen sei, den Geschädigten auf die mögliche
  233. Inanspruchnahme des preiswerteren Normaltarifs hinzuweisen, nicht mehr an.
  234. Die Sache ist nämlich schon deswegen an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, um mit Hilfe eines Sachverständigen zu klären, ob der von der Klägerin
  235. geltend gemachte Mietzins bei einem Unfallersatztarif als "erforderlich" im Sinne des § 249 Satz 2 BGB a.F. anzusehen ist. Unter diesen Umständen kommt
  236. es schadensrechtlich nicht darauf an, ob der Geschädigte einem etwaigen
  237. - 13 -
  238. Nachforderungsanspruch der Klägerin die etwaige Verletzung einer Aufklärungspflicht entgegenhalten kann.
  239. Müller
  240. Wellner
  241. Stöhr
  242. Diederichsen
  243. Zoll