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1 year ago
  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. IN DEM NAMEN DES VOLKES
  3. URTEIL
  4. V ZR 17/01
  5. in dem Rechtsstreit
  6. Nachschlagewerk:
  7. Verkündet am:
  8. 3. Mai 2002
  9. K a n i k,
  10. Justizamtsinspektorin
  11. als Urkundsbeamtin
  12. der Geschäftsstelle
  13. ja
  14. BGHZ:
  15. nein
  16. BGHR:
  17. ja
  18. BGB §§ 1023, 1090
  19. Auch das sachenrechtliche Bestimmtheitsgebot schließt es grundsätzlich nicht aus,
  20. daß die Beteiligten die Bestimmung des Ausübungsbereichs einer Dienstbarkeit der
  21. tatsächlichen Ausübung überlassen (Fortführung der Senatsrechtsprechung, zuletzt
  22. BGHZ 90, 181).
  23. BGB §§ 1026, 1090
  24. Das Erlöschen einer Dienstbarkeit bei Teilung des belasteten Grundstücks setzt
  25. voraus, daß der Berechtigte nicht nur tatsächlich, sondern nach dem Rechtsinhalt
  26. der Dienstbarkeit oder auf Grund rechtsgeschäftlich vereinbarter Ausübungsregelung dauernd rechtlich gehindert ist, die Ausübung auf andere Teile des belasteten
  27. Grundstücks zu erstrecken.
  28. BGH, Urt. v. 3. Mai 2002 - V ZR 17/01 - OLG München
  29. LG Landshut
  30. -2-
  31. Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
  32. vom 3. Mai 2002 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Wenzel und die Richter
  33. Prof. Dr. Krüger, Dr. Klein, Dr. Lemke und Dr. Gaier
  34. für Recht erkannt:
  35. Auf die Revision der Klägerinnen und der Nebenintervenientin
  36. wird das Urteil des 20. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 11. Oktober 2000 aufgehoben.
  37. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 2. Zivilkammer
  38. des Landgerichts Landshut vom 20. April 2000 wird zurückgewiesen.
  39. Die Kosten der Rechtsmittelverfahren, einschließlich der Kosten
  40. der Nebenintervention, trägt die Beklagte.
  41. Von Rechts wegen
  42. Tatbestand:
  43. Mit privatschriftlichem Vertrag vom 4. Dezember 1969 übertrug der
  44. Rechtsvorgänger der Nebenintervenientin das Bohr- und Abbaurecht für kieselsaure Tonerde auf zwei seiner Grundstücke (Flurstücke Nrn. 1452 und 1453
  45. mit einer Gesamtfläche von 65,52 Tagwerk) in der Gemarkung W.
  46. an
  47. die Beklagte. Es wurde vereinbart, die Beklagte solle nach Durchführung von
  48. Probebohrungen mitteilen, welche "Flächengrößen für den Abbau des Tones in
  49. -3-
  50. Frage kommen". Weiter bestimmt § 3 des Vertrages, daß "auf den davon betroffenen Plannummern" zugunsten der Beklagten "eine beschränkt persönliche Dienstbarkeit für das Abbaurecht" in das Grundbuch eingetragen werden
  51. soll. Unter § 4 sind "als Kaufpreis für den Ton" 12.000 DM für jedes abbaufähige Tagwerk vereinbart. Bei den Regelungen zur Zahlungsweise findet sich
  52. unter § 4 lit. c eine Klausel, nach der die Beklagte "weiteren abbaufähigen
  53. Ton", der beim Abbau festgestellt wird, "zu den gleichen oben vereinbarten
  54. Bedingungen in Anspruch nehmen" kann. Mit Schreiben vom 11. Dezember
  55. 1969 erklärte die Beklagte, sie werde von beiden Grundstücken eine Teilfläche
  56. von 7,5 Tagwerk für das Abbaurecht beanspruchen, und forderte den Rechtsvorgänger der Nebenintervenientin auf, "für diese obenbezeichnete Fläche" zu
  57. ihren Gunsten eine beschränkte persönliche Dienstbarkeit eintragen zu lassen.
  58. Daraufhin räumte der Rechtsvorgänger der Nebenintervenientin mit notarieller
  59. Urkunde vom 16. Dezember 1969 der Beklagten "als beschränkte persönliche
  60. Dienstbarkeit, gemäß des abgeschlossenen Vertrages vom 4. Dezember 1969,
  61. das
  62. alleinige
  63. und
  64. ausschließliche
  65. Recht
  66. ein,
  67. an
  68. den
  69. Grundstük-
  70. ken ... Fl.Nr. 1452 und 1453 ... an einer Fläche von 7,50 Tagwerk auf für Bleicherde brauchbare Tonerde auszubeuten ...". Gleichzeitig bewilligte er die
  71. Eintragung der Dienstbarkeiten an den betroffenen Grundstücken. Am
  72. 27. Januar 1970 wurde in das Grundbuch zugunsten der Beklagten jeweils das
  73. "Recht zur Ausbeutung von Tonerde ... gemäß Bewilligung vom 16. Dezember
  74. 1969" eingetragen. Im Hinblick auf einen bereits 1951 geschlossenen Vertrag
  75. über ein anderes Abbaugebiet einigten sich die Vertragsparteien durch Nachtragsvereinbarung vom 25. März 1970 über eine Erweiterung der für den Abbau von Tonerde in Anspruch genommenen Fläche auf insgesamt 8 Tagwerk.
  76. -4-
  77. Mit Schreiben vom 11. November 1998 teilte die Beklagte der Nebenintervenientin
  78. mit,
  79. sie
  80. beabsichtige,
  81. gemäß
  82. dem
  83. Abbauvertrag
  84. vom
  85. 4. Dezember 1969 den Bentonittagebau auf die Flurstücke Nrn. 1452 und 1453
  86. zu erweitern. Sie legte den Bevollmächtigten der Nebenintervenientin mit weiterem Schreiben vom 12. Januar 1999 eine Karte vor, in die das "vertraglich
  87. gesicherte" Abbaugebiet von 8 Tagwerk eingezeichnet und eine angrenzende
  88. mögliche Erweiterungsfläche angedeutet war. In der Folgezeit versuchte die
  89. Beklagte vergeblich, das von ihr für den erweiterten Abbau vorgesehene Areal
  90. von etwa 7,67 Tagwerk von der Nebenintervenientin zu erwerben.
  91. Statt dessen kauften die Klägerinnen von der Nebenintervenientin mit
  92. notarieller Urkunde vom 3. August 1999 noch zu vermessende Teilflächen beider Grundstücke von insgesamt 10 Tagwerk. Hierbei wurden neben dem
  93. Grundstückspreis gesonderte Preise für die auf den Grundstücken vorhandenen Rohbentonit- und Kiesvorkommen vereinbart. Die verkauften Teilflächen
  94. liegen außerhalb des Bereiches der 8 Tagwerk, den die Beklagte als "vertraglich gesichert" für den Abbau von Tonerde in Anspruch nimmt, umfaßt aber
  95. weitgehend die von ihr geforderte Erweiterungsfläche. Nach Vermessung der
  96. Teilflächen und Zuschreibung sind die Klägerinnen seit dem 11. November
  97. 1999 als Eigentümerinnen des neu entstandenen Grundstücks (Flurstück
  98. Nr. 1453/2) zu je ½ eingetragen. Auf das Grundstück wurde die Belastung mit
  99. der beschränkten persönlichen Dienstbarkeit zugunsten der Beklagten übertragen.
  100. Die Klägerinnen verlangen von der Beklagten die Zustimmung zur Löschung der auf ihrem Grundstück (Flurstück Nr. 1453/2) lastenden Dienstbarkeit. Sie sind der Auffassung, die Dienstbarkeit sei wegen Mißachtung des Be-
  101. -5-
  102. stimmtheitsgebotes nicht wirksam bestellt. In jedem Fall erstrecke sich die
  103. Dienstbarkeit, nachdem die Beklagte das Abbaugebiet konkretisiert habe, nicht
  104. auf die übrigen Flächen und damit auch nicht auf ihr Grundstück. Dagegen
  105. vertritt die Beklagte die Meinung, nach den Vereinbarungen in dem Abbauvertrag vom 4. Dezember 1969 erlaube ihr die Dienstbarkeit auch, weitere Abbauflächen in Anspruch zu nehmen, und von dieser Option habe sie 1999 gegenüber der Nebenintervenientin Gebrauch gemacht.
  106. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht die Klage abgewiesen. Hiergegen richtet
  107. sich die Revision der Klägerinnen und der Nebenintervenientin, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt.
  108. Entscheidungsgründe:
  109. Die Revision ist begründet und führt zur Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.
  110. I.
  111. Das Berufungsgericht ist der Ansicht, der Beklagten stehe eine beschränkte persönliche Dienstbarkeit auf der Gesamtfläche der früheren Flurstücke Nrn. 1452 und 1453 zu. Von der Dienstbarkeit umfaßt sei daher auch
  112. die Fläche des nun gebildeten Trennstücks (Flurstück Nr. 1453/2). Das sachenrechtliche Bestimmtheitserfordernis sei nicht mißachtet worden. Die Bela-
  113. -6-
  114. stung habe beide Grundstücke in ihrer Gesamtheit erfaßt, eine örtliche Ausübungsbeschränkung sei nicht Rechtsinhalt der Dienstbarkeit gewesen. Mit
  115. den in der Bestellungsurkunde genannten 7,5 Tagwerk sei nur das Ausmaß
  116. des aktuellen Tonerdekaufs bezeichnet worden. Eine rechtsgeschäftliche
  117. Festlegung der Ausübungsstelle sei nicht erfolgt, insbesondere der in der Bestellungsurkunde in Bezug genommene Vertrag vom 4. Dezember 1969 bringe
  118. den Parteiwillen zum Ausdruck, der Beklagten eine Dienstbarkeit ohne Beschränkung auf eine Teilfläche einzuräumen. Die Ausübungsstelle müsse auch
  119. nicht vertraglich festgelegt werden; denn die Parteien seien nicht gehindert,
  120. dem Nutzungsberechtigten die Fixierung eines den Ausmaßen nach beschränkten Ausbeutungsrechts zu überlassen. Ein Anspruch aus § 1026 BGB
  121. stehe den Klägerinnen ebenfalls nicht zu. Die Dienstbarkeit diene nämlich auch
  122. der Sicherung der - noch nicht verjährten - Option der Beklagten, die Abbaufläche nach § 4 lit. c des Vertrages vom 4. Dezember 1969 zu erweitern. Die zugrundeliegende Vereinbarung sei schließlich auch nicht sittenwidrig. Ein wucherähnliches Geschäft scheide aus, weil die Marktverhältnisse aus dem Jahr
  123. 1969 maßgeblich seien und für den erweiterten Abbau jedenfalls eine Anpassung des Entgelts an die heutigen Verhältnisse möglich sei.
  124. Das hält revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand.
  125. II.
  126. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts steht den Klägerinnen
  127. gegenüber der Beklagten der geltend gemachte Anspruch auf Grundbuchberichtigung (§ 894 BGB) zu. Soweit das Grundbuch zugunsten der Beklagten
  128. -7-
  129. eine beschränkte persönliche Dienstbarkeit an dem Grundstück der Klägerinnen (Flurstück Nr. 1453/2) verlautbart, stimmt es mit der wirklichen Rechtslage
  130. nicht überein.
  131. -8-
  132. 1. Das wirksame Entstehen der von dem Rechtsvorgänger der Nebenintervenientin zugunsten der Beklagten bestellten beschränkten persönlichen
  133. Dienstbarkeiten hat das Berufungsgericht allerdings im Ergebnis zu Recht bejaht. Insbesondere stellt die Entnahme von Bodenbestandteilen - wie hier von
  134. Tonerde - eine Grundstücksnutzung dar, die nach § 1090 Abs. 1, § 1018 BGB
  135. Inhalt einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit sein kann (vgl. Senat, Urt.
  136. v. 20. September 1974, V ZR 44/73, NJW 1974, 2123 für die Grunddienstbarkeit). Entgegen der Ansicht der Revision ist der Rechtsinhalt der Dienstbarkeiten auch hinreichend bestimmt.
  137. a) Für die notwendige Bestimmtheit dinglicher Rechte sind - was das
  138. Berufungsgericht nicht beachtet hat - der in das Grundbuch aufgenommene
  139. Eintragungsvermerk und die von ihm in Bezug genommene Eintragungsbewilligung entscheidend (vgl. Senat, Urt. 17. Januar 1969, V ZR 162/65, NJW 1969,
  140. 502, 503; Urt. v. 28. November 1975, V ZR 138/72, LM § 1018 BGB Nr. 24).
  141. Den demnach maßgeblichen Inhalt des Grundbuchs kann der Senat uneingeschränkt selbst auslegen (Senat, BGHZ 37, 147, 149; 92, 351, 355). Hierbei ist
  142. nach ständiger Rechtsprechung des Senats - im Hinblick auf den öffentlichen
  143. Glauben des Grundbuchs und den Verkehrsschutz (Senat, BGHZ 60, 226, 230;
  144. 145, 16, 20) - vorrangig auf Wortlaut und Sinn der Eintragung abzustellen, wie
  145. er sich aus dem Grundbuch und der darin in Bezug genommenen Eintragungsbewilligung für einen unbefangenen Betrachter als nächstliegende Bedeutung
  146. ergibt. Umstände außerhalb dieser Urkunden dürfen nur insoweit mit herangezogen werden, als sie nach den besonderen Verhältnissen des Einzelfalles für
  147. jedermann ohne weiteres erkennbar sind (s. nur Senat, BGHZ 90, 181, 184; 92,
  148. 351, 355; 145, 16, 20 f).
  149. -9-
  150. b) Weder der Eintragungsvermerk vom 27. Januar 1970 selbst noch die
  151. Eintragungsbewilligung in der Urkunde vom 16. Dezember 1969, auf die er Bezug nimmt, lassen eine rechtsgeschäftlich vereinbarte Ausübungsstelle für den
  152. Abbau der Tonerde erkennen. Hieraus folgt zwar, daß die der Beklagten eingeräumten Dienstbarkeiten auf den gesamten betroffenen Grundstücke lasten
  153. (vgl. Senat, Urt. v. 30. April 1965, V ZR 17/63, BB 1965, 1125). Entgegen der
  154. Auffassung des Berufungsgerichts bedeutet dies jedoch nicht, daß die Beklagte
  155. das Abbaurecht auch auf der gesamten Fläche beider Grundstücke ausüben
  156. kann. Es wurde vielmehr eine Gesamtbelastung jedes der beiden Grundstücke
  157. durch die Dienstbarkeiten mit einer Beschränkung der Ausübung auf einen
  158. realen Teil der Grundstücke verbunden.
  159. aa) Die Eintragungsbewilligung in der notariellen Urkunde vom 16. Dezember 1969 hat nämlich, wie dort unter II. bestimmt ist, Dienstbarkeiten zum
  160. Gegenstand, deren Inhalt sich auf den Abbau von Tonerde "an einer Fläche
  161. von 7,50 Tagwerk" der beiden genannten Grundstücke beschränkt. Da diese
  162. Fläche erheblich hinter der Fläche der belasteten Grundstücke zurückbleibt,
  163. ergibt sich zwangsläufig, daß sich die Ausübung des Abbaurechts nicht auf
  164. diese insgesamt, sondern nur auf die genannte Teilfläche erstrecken kann.
  165. bb) Soweit das Berufungsgericht meint, mit der Flächenangabe sei nur
  166. das Ausmaß des "aktuellen Tonerdeverkaufs" umschrieben, läßt es außer acht,
  167. daß dem Wortlaut der Eintragungsbewilligung - dem nach den geschilderten
  168. Auslegungsgrundsätzen maßgebliche Bedeutung zukommt - kein Hinweis auf
  169. die Möglichkeit einer nachträglichen Erweiterung der Abbaufläche als Inhalt der
  170. Dienstbarkeit entnommen werden kann. Nur mit diesem Verständnis ergibt
  171. überdies die Erwähnung einer auf lediglich 7,5 Tagwerk begrenzten Abbauflä-
  172. - 10 -
  173. che einen Sinn. Sollte Inhalt der Dienstbarkeit ein Abbaurecht an der Gesamtfläche der Grundstücke sein, hätte deren ordnungsgemäße Bezeichnung
  174. in der Eintragungsbewilligung genügt. Die Angabe des Umfangs, in dem das
  175. Recht gegenwärtig ausgeübt werden soll, wäre dann für den Rechtsinhalt der
  176. Dienstbarkeit ohne Belang und hätte einer Regelung im Rahmen der schuldrechtlichen Beziehungen der Parteien (vgl. Senat, BGHZ 95, 144, 147) vorbehalten werden können.
  177. An diesem Ergebnis ändert sich selbst dann nichts, wenn mit dem Berufungsgericht zur Auslegung der - der notariellen Urkunde beigeschlossene (Kausal-)Vertrag vom 4. Dezember 1969 herangezogen wird (vgl. Senat, Urt. v.
  178. 27. Januar 1960, V ZR 148/58, NJW 1960, 673). Es mag sein, daß wegen des
  179. dort vereinbarten Rechts der Beklagten, nach § 4 lit. c des Vertrages auch
  180. weitere Flächen der Grundstücke für den Abbau von Tonerde in Anspruch zu
  181. nehmen, das Abbaurecht, für das nach § 3 Satz 2 des Vertrages die Bestellung
  182. einer Dienstbarkeit vereinbart wurde, als auf die Gesamtfläche bezogen zu
  183. verstehen ist. Dies kann aber keine maßgebliche Bedeutung erlangen, nachdem der Wortlaut und Sinn der Eintragungsbewilligung zu einer in der Ausübung begrenzten Dienstbarkeit führen. Für einen unbefangenen Dritten liegen
  184. nämlich unter diesen Umständen nur zwei Möglichkeiten nahe: Entweder er
  185. geht davon aus, daß sich die Vertragsparteien einvernehmlich oder versehentlich mit einer geringeren dinglichen Sicherung als vereinbart zufriedengegeben
  186. haben, oder er schließt auf einen vom Wortlaut abweichenden Willen der Vertragsparteien. Ersteres läßt aber den Inhalt der tatsächlich bestellten dinglichen Rechte unberührt, während letzterem bei der Auslegung einer Grundbucheintragung keine Bedeutung zukommt (vgl. Senat, BGHZ 60, 226, 230 f).
  187. Auch der - vom Berufungsgericht weiter herangezogenen - Regelung zur
  188. - 11 -
  189. Überlassung von Verkehrs- und Lagerflächen (§ 5 des Vertrages vom
  190. 4. Dezember 1969) kann nichts für die Ermittlung des Inhalts der Dienstbarkeiten entnommen werden. Da die Bestellung einer Dienstbarkeit nach § 3
  191. Satz 2 des Vertrages ausdrücklich nur "für das Abbaurecht" vereinbart ist, kann
  192. das Vertragswerk hinsichtlich der übrigen Flächen lediglich die Vereinbarung
  193. eines obligatorischen Rechts der Beklagten vorsehen. Aus § 7 des Vertrages,
  194. in dem sich der Rechtsvorgänger der Nebenintervenientin verpflichtet hat, während der Vertragsdauer Dritten keine Bohr- und Abbaurechte einzuräumen, läßt
  195. sich ebenfalls nichts für das Auslegungsergebnis des Berufungsgerichts herleiten. Näher liegt sogar ein gegenteiliges Verständnis; denn wäre die Beklagte
  196. durch eine Dienstbarkeit dinglich gesichert, bedürfte es der vereinbarten
  197. schuldrechtlichen Unterlassungsverpflichtung nicht mehr.
  198. cc) Die vom Berufungsgericht überdies noch berücksichtigte Nachtragsvereinbarung aus dem Jahre 1970 kann für die Auslegung des Eintragungsvermerks nach den geschilderten Grundsätzen keine Berücksichtigung finden.
  199. Es handelt sich hierbei um einen Umstand außerhalb der Grundbucheintragung und der darin in Bezug genommenen Eintragungsbewilligung, der nicht
  200. für jedermann ohne weiteres erkennbar ist.
  201. c) Daß hiernach die Ausübung der Dienstbarkeiten nur Teilflächen der
  202. belasteten Grundstücke in einer Größe von insgesamt 7,5 Tagwerk erfaßt, hat
  203. keine unzureichende Bestimmtheit der dinglichen Rechte zur Folge. Um eine
  204. Dienstbarkeit auf nur einen Teil des Grundstücks zu beschränken, ist neben
  205. dem Weg über eine Abschreibung nach § 7 Abs. 1 GBO oder deren Ersetzung
  206. nach § 7 Abs. 2 GBO auch die Möglichkeit eröffnet, bei einer Belastung des
  207. gesamten Grundstücks mit der Dienstbarkeit eine Ausübungsstelle durch
  208. - 12 -
  209. Rechtsgeschäft festzulegen (vgl. § 1090 Abs. 2, § 1023 Abs. 1 Satz 2 BGB).
  210. Von alle dem haben die damaligen Vertragsparteien hier aber keinen Gebrauch gemacht. Insbesondere haben sie eine Ausübungsfläche nicht rechtsgeschäftlich zum Inhalt der Dienstbarkeit gemacht. Vielmehr soll nach § 3
  211. Satz 1 des Vertrages vom 4. Dezember 1969 die Beklagte nach dem Ergebnis
  212. der ausgebrachten Bohrungen darüber befinden, welche Flächen der Grundstücke sie für den Abbau in Anspruch nehmen will. Nur die "Flächengrößen",
  213. nicht aber deren Lage, sind von der Beklagten mitzuteilen, weshalb mangels
  214. Kenntnis des Grundstückseigentümers von einer bestimmten Ausübungsfläche
  215. deren Vereinbarung ausscheidet. Dies ist jedoch unschädlich. Die Parteien
  216. müssen nämlich in dem Fall der Gesamtbelastung eines Grundstücks durch
  217. eine Dienstbarkeit trotz gewollter Ausübungsbeschränkung keine rechtsgeschäftliche Vereinbarung zur Bestimmung der Ausübungsstelle treffen. Sie
  218. können dies vielmehr, wie hier geschehen, der tatsächlichen Ausübung überlassen. Ist die Ausübungsstelle Inhalt der Belastung, muß sie zwar in der Bewilligung eindeutig bezeichnet werden, bleibt dagegen die Festlegung der Ausübungsstelle der tatsächlichen Ausübung durch den Berechtigten überlassen,
  219. besteht dieses Eintragungserfordernis - auch aus Gründen der Wahrung des
  220. Bestimmtheitsgebotes - nicht (Senat, BGHZ 90, 181, 183; Urt. v. 17. Januar
  221. 1969, aaO; Beschl. v. 6. März 1981, V ZB 2/81, NJW 1981, 1781; vgl. auch
  222. Senat, Urt. v. 25. Oktober 1991, V ZR 196/90, NJW 1992, 1101). Ob anderes
  223. gilt, wenn die Bezeichnung der Ausübungsstelle für das zu bestellende Recht
  224. oder das zu belastende Grundstück von derart "essentieller Bedeutung" ist,
  225. daß ohne ihre Festlegung das Wesen der Dienstbarkeit nicht erkennbar wäre
  226. (vgl. etwa KG, NJW 1973, 1128, 1129; OLG Hamm, OLGZ 1981, 270, 272 f),
  227. bedarf keiner Entscheidung. Die zugunsten der Beklagten bestellten beschränkten persönlichen Dienstbarkeiten lassen nämlich auch ohne rechtsge-
  228. - 13 -
  229. schäftliche Vereinbarung der Ausübungsstelle den Inhalt der Belastung der
  230. betroffenen Grundstücke erkennen. Der Wesenskern dieser Dienstbarkeiten ist
  231. bereits durch das Recht festgelegt, auf den belasteten Grundstücken in bestimmtem Umfang Tonerde abbauen zu dürfen (vgl. Senat, BGHZ 90, 181, 185
  232. für eine Leitungsdienstbarkeit).
  233. 2. Obwohl die Dienstbarkeiten danach wirksam entstanden sind, können
  234. die Klägerinnen von der Beklagten Zustimmung zu der Berichtigung des
  235. Grundbuches verlangen. Nach Teilung des belasteten Grundstücks bestehen
  236. die Rechte zwar grundsätzlich an den Teilgrundstücken fort (vgl. BayObLG,
  237. DNotZ 1984, 565), hier folgt aber aus § 1090 Abs. 2, § 1026 BGB das Erlöschen der beschränkten persönlichen Dienstbarkeit an jedem der beiden
  238. Trennstücke. Das Grundbuch ist daher hinsichtlich der Dienstbarkeit unrichtig,
  239. die auf das durch Zuschreibung des kleineren zum größeren Trennstück entstandene neue Grundstück der Klägerinnen (als einheitliches Recht, vgl. Staudinger/Ring, BGB [1994], § 1026 Rdn. 1) mitübertragen wurde. Damit ist für die
  240. Klägerinnen ein Anspruch nach § 894 BGB eröffnet (vgl. Senat, Urt. v.
  241. 24. Februar 1984, V ZR 177/82, NJW 1984, 2157).
  242. a) Nach § 1026 BGB werden bei realer Teilung des belasteten Grundstücks in mehrere selbständige Grundstücke solche Teilflächen von der
  243. Dienstbarkeit frei, die außerhalb des Ausübungsbereichs liegen. Die für die
  244. Anwendung des § 1026 BGB erforderliche Realteilung ist vorliegend hinsichtlich der Grundstücke erfolgt, die den Flurstücken Nrn. 1452 und 1453 entsprachen und jeweils mit inhaltsgleichen beschränkt persönlichen Dienstbarkeiten
  245. belastet waren. Gemäß den Vereinbarungen in dem Kaufvertrag zwischen den
  246. Klägerinnen und der Nebenintervenientin wurden die Teilflächen vermessen,
  247. - 14 -
  248. die nach Buchung als selbständige Grundstücke und Zuschreibung schließlich
  249. zu dem in dem Eigentum der Klägerinnen stehenden Grundstück führten.
  250. b) Auch die weitere Voraussetzung für das Erlöschen der zugunsten der
  251. Beklagten auf dem Grundstück der Klägerinnen eingetragenen Dienstbarkeit ist
  252. erfüllt. Der Ausübungsbereich der beschränkten persönlichen Dienstbarkeiten
  253. der Beklagten erfaßt das neu entstandene Grundstück der Klägerinnen nicht.
  254. aa) Die erforderliche Beschränkung der Dienstbarkeit auf einen bestimmten Teil des belasteten Grundstücks ist gegeben, wenn der Berechtigte
  255. lediglich die zur Zeit der Teilung in Anspruch genommene Fläche benutzen
  256. darf, der Eigentümer also eine Ausübung des Rechts an anderen Teilen des
  257. Grundstücks nicht zu dulden braucht (vgl. Staudinger/Ring, aaO, § 1026
  258. Rdn. 3). Nicht genügend ist es, wenn der Berechtigte zum Zeitpunkt der Teilung nur einen bestimmten Teil des Grundstücks nutzt, jedoch berechtigt ist,
  259. die Nutzung auch auf andere Flächen zu erstrecken. Der Berechtigte muß
  260. vielmehr unmittelbar nach dem Rechtsinhalt der Dienstbarkeit oder auf Grund
  261. rechtsgeschäftlich vereinbarter Ausübungsregelung dauernd rechtlich - und
  262. nicht nur tatsächlich - gehindert sein, bestimmte Teile des belasteten Grundstücks zu benutzen (BayObLGZ 1954, 286, 294; 1985, 31, 34; BayObLG,
  263. DNotZ 1984, 565; KG, NJW 1969, 470; auch bereits KGJ 24, A 118, 120;
  264. RGRK-BGB/Rothe, 12. Aufl., § 1026 Rdn. 2; MünchKomm-BGB/Falckenberg,
  265. 3. Aufl., § 1026 Rdn. 2; Erman/Küchenhoff/Grziwotz, BGB, 10. Aufl., § 1026
  266. Rdn. 2).
  267. bb) Nach dem Inhalt der zugunsten der Beklagten bestellten Dienstbarkeiten ist deren Ausübung nur auf bestimmte Teilflächen der beiden ungeteilten
  268. - 15 -
  269. Grundstücke beschränkt. Wie bereits ausgeführt, wird die Nutzung der belasteten Grundstücke auf den Abbau von Tonerde "an einer Fläche von 7,50
  270. Tagwerk" begrenzt und die Bestimmung der Ausübungsstelle der tatsächlichen
  271. Ausübung durch die Beklagte überlassen. Diese Bestimmung traf die Beklagte
  272. möglicherweise schon nach dem Ergebnis der Probebohrungen in dem Vorfeld
  273. ihres Schreibens vom 11. Dezember 1969, mit dem sie dem Rechtsvorgänger
  274. der Nebenintervenientin mitteilte, es habe sich auf einer Fläche von 7,5 Tagwerk zum Abbau brauchbarer Ton ergeben. Jedenfalls steht aber seit dem
  275. Schreiben der Beklagten vom 12. Januar 1999 zweifelsfrei fest, in welchem
  276. Bereich der belasteten Grundstücke die Beklagte ihr Abbaurecht tatsächlich
  277. ausüben will. In der dem Schreiben beigefügten Karte ist das "vertraglich gesicherte" Abbaugebiet gekennzeichnet, an dem die Beklagte unverändert festhält. Da die ausgewiesene Abbaufläche mit 7,5 Tagwerk (zuzüglich dem ½
  278. Tagwerk aus der Nachtragsvereinbarung vom 25. März 1970) der Fläche entspricht, auf die sich die Dienstbarkeit beschränkt, kann die Beklagte in Ausübung dieses Rechts keine weiteren Flächen mehr in Anspruch nehmen. Es ist
  279. mithin rechtlich auf Dauer ausgeschlossen, daß die Beklagte in Ausübung der
  280. Dienstbarkeit den Abbau von Tonerde an weiteren Teilflächen der belasteten
  281. Grundstücke betreiben kann. Die Beklagte hat ihre Rechte aus der Dienstbarkeit mit den von ihr beanspruchten Flächen zur Ausbeutung der Grundstücke
  282. gewissermaßen erschöpft. Da sich der im geschilderten Sinne abschließende
  283. Ausübungsbereich der Dienstbarkeit unstreitig auf eine zusammenhängende
  284. Fläche der belasteten Grundstücke erstreckt, die nach deren Teilung nicht zu
  285. dem neu gebildeten Grundstück der Klägerinnen zählt, wurde dieses nach
  286. § 1026 BGB von der Belastung frei.
  287. - 16 -
  288. c) Ob die Beklagte aus dem Vertrag vom 4. Dezember 1969 einen noch
  289. immer durchsetzbaren schuldrechtlichen Anspruch auf Überlassung weiterer
  290. Flächen der früheren Grundstücke zur Ausbeutung von Tonerde und Bestellung einer entsprechenden Dienstbarkeit hat, bedarf keiner Entscheidung. Es
  291. kann insbesondere dahinstehen, ob dieser Vertrag - wie von der Revision geltend gemacht - als wucherähnliches Geschäft wegen Sittenwidrigkeit nichtig ist
  292. (§ 138 Abs. 1 BGB) oder die Beklagte durch die inzwischen verstrichene Zeit
  293. an der Ausübung eines ihr etwa eingeräumten Optionsrechts - wegen Verjährung, Verwirkung oder entsprechend § 503 BGB a.F. - gehindert wird. Nicht
  294. entscheidungserheblich ist daher auch, ob das Berufungsgericht mit der Berücksichtigung der Erklärungen des als Zeugen benannten Mitarbeiters S.
  295. der Beklagten gegen das Verfahrensrecht, insbesondere die Bestimmungen
  296. zum Zeugenbeweis, verstoßen hat. Etwaige schuldrechtliche Ansprüche der
  297. Beklagten auf Ausbeutung weiterer Flächen (vgl. dazu Senat, BGHZ 93, 142,
  298. 144) oder Bestellung einer Dienstbarkeit mit diesem Inhalt können nicht zu einer für § 1026 BGB beachtlichen Erweiterung des Ausübungsbereichs der bestehenden dinglichen Rechte führen. Maßgeblich ist insoweit - wie bereits ausgeführt - allein der Inhalt der beschränkten persönlichen Dienstbarkeiten einschließlich einer etwaigen Ausübungsregelung. Die von ihr beanspruchte "Option" könnte die Beklagte einem aus § 1026 BGB hergeleiteten Berichtigungsanspruch allenfalls durch den Einwand unzulässiger Rechtsausübung ("dolo
  299. facit qui petit quod statim redditurus est") entgegenhalten (vgl. Senat, Urt. v.
  300. 28. Juni 1974, V ZR 131/72, NJW 1974, 1651). Die Klägerinnen als Berechtigte
  301. des Anspruch aus § 894 BGB sind jedoch gegenüber der Beklagten unter keinen Umständen zur Neubestellung der erloschenen Dienstbarkeit verpflichtet.
  302. Eine etwaige schuldrechtliche Verpflichtung zur Bestellung einer Dienstbarkeit
  303. träfe nämlich in jedem Fall nur die Nebenintervenientin als Rechtsnachfolgerin
  304. - 17 -
  305. des Vertragspartners der Beklagten. Nachdem diese inzwischen nicht mehr
  306. Eigentümerin der Trennstücke ist, hinsichtlich derer das Erlöschen der Dienstbarkeit geltend gemacht wird, können der Beklagten ihr gegenüber allenfalls
  307. Schadensersatzansprüche, etwa aus § 325 oder § 326 BGB a.F., zustehen.
  308. - 18 -
  309. III.
  310. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 Satz 1, § 97 Abs. 1, § 101
  311. Abs. 1 ZPO.
  312. Wenzel
  313. Krüger
  314. Lemke
  315. Klein
  316. Gaier