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1 year ago
  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. IM NAMEN DES VOLKES
  3. URTEIL
  4. V ZR 356/00
  5. Verkündet am:
  6. 18. Mai 2001
  7. Kanik,
  8. Justizamtsinspektorin
  9. als Urkundsbeamtin
  10. der Geschäftsstelle
  11. in dem Rechtsstreit
  12. -2-
  13. Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
  14. vom 18. Mai 2001 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Wenzel und die Richter
  15. Tropf, Schneider, Dr. Klein und Dr. Lemke
  16. für Recht erkannt:
  17. Auf die Revision der Beklagten wird unter Zurückweisung des
  18. weitergehenden Rechtsmittels das Urteil des 15. Zivilsenats in
  19. Kassel
  20. des
  21. Oberlandesgerichts
  22. Frankfurt
  23. am
  24. Main
  25. vom
  26. 28. Oktober 1999 insoweit aufgehoben, als es den Hauptantrag
  27. unter 1 auf Feststellung zum Gegenstand hat.
  28. In diesem Umfang wird die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Einzelrichters der 4. Zivilkammer des Landgerichts Kassel
  29. vom 30. März 1998 zurückgewiesen.
  30. Wegen der Hilfsanträge wird die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Landgericht zurückverwiesen.
  31. Von Rechts wegen
  32. -3-
  33. Tatbestand:
  34. Im Jahr 1991 kaufte die Klägerin von den Beklagten für 6.150.000 DM
  35. ein jahrzehntelang von einem Großreparaturbetrieb für Kraftfahrzeuge genutztes Grundstück. Die Beklagten verpflichteten sich, die vermuteten Altlasten gegen Erstattung eines Pauschalbetrages von 700.000 DM durch die Klägerin zu
  36. beseitigen und im Ergebnis für die Altlastenfreiheit zu garantieren. Nachdem
  37. 1991/1992 eine Untersuchung erhebliche Verunreinigungen mit Mineralölkohlenwasserstoffen (MKW) ergeben hatte, kam es im Februar 1992 zu einer ergänzenden notariellen Abfindungsvereinbarung, mit der die Parteien die Sanierungskosten der Beklagten im Bereich der damals geplanten Baugrube durch
  38. die Zahlung eines Betrages von 650.000 DM begrenzten und die Beklagten
  39. gegenüber sämtlichen Entsorgungsforderungen der Klägerin bis Ende 1995 auf
  40. die Einrede der Verjährung verzichteten. Die Beklagten begannen im Herbst
  41. 1994 mit der Entsorgung. Im Hinblick auf weitere Untersuchungsergebnisse
  42. und eine behördliche Stellungnahme wurde sie aber nicht abgeschlossen. Ende 1995 lehnten die Beklagten eine Verlängerung des Verjährungsverzichts ab;
  43. eine Einigung über das weitere Vorgehen kam nicht zustande.
  44. Mit der im Dezember 1995 erhobenen Klage verlangt die Klägerin mit
  45. mehreren Hilfsanträgen die Feststellung der Verpflichtung der Beklagten zur
  46. Beseitigung der vorhandenen Altlasten außerhalb der ehemaligen Baugrube
  47. sowie der entsprechenden Garantiepflicht und zur Schadensersatzleistung bei
  48. Verzug mit der Erfüllung dieser Verpflichtung. Das Landgericht hat die Klage
  49. als unzulässig abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Oberlandesgericht diese Entscheidung aufgehoben und den Rechtsstreit an das Landge-
  50. -4-
  51. richt zurückverwiesen. Hiergegen richtet sich die Revision der Beklagten. Die
  52. Klägerin beantragt die Zurückweisung des Rechtsmittels.
  53. Entscheidungsgründe:
  54. Das Berufungsgericht hat ausgeführt, die erforderliche Bestimmtheit einer Feststellungsklage verlange, daß das Rechtsverhältnis, dessen Feststellung begehrt wird, so genau bezeichnet werde, daß es vom Gericht bejaht oder
  55. verneint werden könne und daß über den Umfang der Rechtskraft seiner Entscheidung keine Ungewißheit verbleibe. Die Klägerin habe die vertragliche
  56. Verpflichtung der Beklagten eindeutig dadurch bestimmt, daß sie die Feststellung der Verpflichtung begehre, von dem gesamten Grundstück - mit Ausnahme des Bereichs der Baugrube - auf ihre Kosten mit MKW verseuchten Boden
  57. und Gebäudeteile zu entfernen und zu entsorgen, so daß eine Belastung nicht
  58. stärker als 100 mg/kg MKW gegeben sei. Die Lage der Baugrube, die von der
  59. Verpflichtung ausgenommen sei, werde in dem Antrag durch die von der Klägerin vorgelegten Pläne und Skizzen, die zum Bestandteil des Urteils gemacht
  60. werden könnten, hinreichend bestimmt. Selbst wenn die dort angegebenen
  61. Maße nicht zentimetergenau sein sollten, sei der Antrag hinreichend bestimmt,
  62. weil auch bei etwaigen Entsorgungsmaßnahmen aus technischen Gründen
  63. nicht zentimetergenau gearbeitet werden könne. Eine vorrangige Leistungsklage sei der Klägerin nicht möglich und zumutbar, weil sich erst bei Durchführung
  64. der Entsorgungsmaßnahmen feststellen lasse, in welchem Umfang verseuchtes Material anfalle und wie es entsorgt werden müsse.
  65. Diese Ausführungen halten der Revision nur zum Teil stand.
  66. -5-
  67. II.
  68. Die Klage ist mit dem Hauptantrag unter 2. und mit dem Hilfsantrag unter
  69. 3. zulässig.
  70. 1. Der von der Klägerin zuletzt gestellte Feststellungsantrag unter 1. ist
  71. unzulässig.
  72. a) Der Antrag entbehrt allerdings nicht der erforderlichen Bestimmtheit.
  73. Die dahinzielende Rüge der Revision ist unbegründet. Der Klageantrag muß
  74. das Rechtsverhältnis, dessen Bestehen oder Nichtbestehen festgestellt werden
  75. soll, so genau bezeichnen, daß über dessen Identität und damit über den Umfang der Rechtskraft des begehrten Feststellungsanspruchs keinerlei Ungewißheit herrschen kann (BGH, Urt. v. 10. Januar 1983, VIII ZR 231/81, NJW
  76. 1983, 2247, 2250). Dem genügt der Feststellungsantrag zu 1. Das Rechtsverhältnis, dessen Bestehen die Klägerin festgestellt haben will, nämlich die Verpflichtung der Beklagten, das Grundstück von den Altlasten zu befreien, ist hinreichend genau bezeichnet; das bezweifelt auch die Revision nicht. Damit aber
  77. ist dem Bestimmtheitserfordernis des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO Genüge getan.
  78. Daß dem Beseitigungsanspruch nach den vertraglichen Vereinbarungen seinem Umfang nach Grenzen gesetzt sind, betrifft nicht die Zulässigkeit, sondern
  79. die Begründetheit der Klage (vgl. BGH, Urt. v. 22. September 1981,
  80. VI ZR 257/80, VersR 1982, 68, 69).
  81. Auch die übrigen Bedenken der Revision hinsichtlich der Festlegung des
  82. Bereichs der ehemaligen Baugrube, der von der beantragten Feststellung der
  83. Entsorgungsverpflichtung ausgenommen wird, und hinsichtlich einer Fehler-
  84. -6-
  85. haftigkeit oder Manipulierbarkeit der Bauzeichnungen sind im Ergebnis nicht
  86. berechtigt.
  87. b) Die Revision hat jedoch deswegen Erfolg, weil die Klägerin im Umfang der Feststellungsantrags unter 1 die zum Gegenstand ihres Hilfsantrags
  88. unter 3 gemachte Leistungsklage erheben kann und ihr aus diesem Grund das
  89. Feststellungsinteresse fehlt. Soweit das Berufungsgericht diesen Hilfsantrag
  90. für unbestimmt hält, weil sich erst im Zuge der konkreten Entsorgungsmaßnahmen feststellen lasse, in welchem Umfang kontaminierter Boden entsorgt
  91. werden müsse, betrifft dies nicht die Zulässigkeit des Antrags, sondern die Art
  92. der Durchführung der geschuldeten Leistung, die im Belieben des Schuldners
  93. steht. Insoweit unterscheidet sich der Fall von dem der Entscheidung des VI.
  94. Zivilsenats vom 4. Juni 1996 (VI ZR 123/95, ZIP 1996, 1395) zugrundliegenden. Dort waren die Schadstoffe und die Erfordernisse sowie Möglichkeiten
  95. ihrer Beseitigung erst im Laufe des Berufungsverfahrens festgestellt worden.
  96. Außerdem ging es dort um einen Schadensersatzanspruch, während hier ein
  97. vertraglicher Beseitigungsanspruch den Streitgegenstand bildet. Ob die Beklagten im Umfang des Antrags zur Leistung allerdings verpflichtet sind, ist eine Frage der Begründetheit des Anspruchs.
  98. 2. Der Antrag zu 2 auf Feststellung der Verpflichtung der Beklagten, den
  99. Verzögerungsschaden zu ersetzen, ist dagegen zulässig.
  100. Soweit die Revision meint, die Beklagten befänden sich nicht in Verzug,
  101. weil sie ausdrücklich ihre Leistungsbereitschaft erklärt hätten, die Leistung
  102. aber nicht erbringen konnten, da die Klägerin ihre Zustimmung von der Vorlage
  103. nicht geschuldeter Unterlagen abhängig gemacht habe, hat dies nicht für die
  104. -7-
  105. Zulässigkeit, sondern allenfalls für die Begründetheit des Feststellungsantrags
  106. Bedeutung.
  107. Ob der geltend gemachte Anspruch tatsächlich zu verjähren drohte, ist
  108. für die Zulässigkeit ebenfalls ohne Belang, weil die Beklagten eine Verlängerung des Verzichts auf die Einrede der Verjährung ausdrücklich abgelehnt haben, so daß allein aus diesem Grunde ein Feststellungsinteresse besteht.
  109. Nachdem das angefochtene Urteil teilweise Bestand hat, war auch im
  110. übrigen die Sache zwecks einheitlicher Verhandlung und Entscheidung an das
  111. Landgericht zurückzuverweisen.
  112. Wenzel
  113. Tropf
  114. Klein
  115. Schneider
  116. Lemke