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- BUNDESGERICHTSHOF
- IM NAMEN DES VOLKES
- URTEIL
- V ZR 224/11
- Verkündet am:
- 14. Dezember 2012
- Mayer
- Justizangestellte
- als Urkundsbeamtin
- der Geschäftsstelle
- in dem Rechtsstreit
- Nachschlagewerk:
-
- ja
-
- BGHZ:
-
- ja
-
- BGHR:
-
- ja
-
- WEG § 14 Nr. 1, § 22 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1, Abs. 3
- a) Im Grundsatz kann auch eine bauliche Maßnahme, die eine optische Veränderung
- der Wohnungseigentumsanlage bewirkt, eine Gebrauchswerterhöhung darstellen
- und durch qualifizierte Mehrheit beschlossen werden.
- b) Dies setzt voraus, dass die Maßnahme aus der Sicht eines verständigen
- Wohnungseigentümers eine sinnvolle Neuerung darstellt, die voraussichtlich
- geeignet ist, den Gebrauchswert des Wohnungseigentums nachhaltig zu erhöhen;
- an einer solchen sinnvollen Neuerung wird es unter anderem dann fehlen, wenn die
- entstehenden Kosten bzw. Mehrkosten außer Verhältnis zu dem erzielbaren Vorteil
- stehen.
- c) Ist eine erhebliche optische Veränderung der Wohnungseigentumsanlage weder als
- modernisierende
- Instandsetzung
- noch
- als
- Modernisierungsmaßnahme
- einzuordnen, bedarf sie als nachteilige bauliche Maßnahme der Zustimmung aller
- Wohnungseigentümer.
- BGH, Urteil vom 14. Dezember 2012 - V ZR 224/11 - LG Bremen
- AG Bremen
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- -2-
-
- Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
- vom 14. Dezember 2012 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Stresemann, die
- Richter
-
- Prof. Dr. Schmidt-Räntsch
-
- und
-
- Dr. Roth
-
- und
-
- die
-
- Richterinnen
-
- Dr. Brückner und Weinland
-
- für Recht erkannt:
- Auf die Revision der Kläger wird das Urteil der 4. Zivilkammer des
- Landgerichts Bremen vom 9. September 2011 aufgehoben.
- Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch
- über
-
- die
-
- Kosten
-
- des
-
- Revisionsverfahrens,
-
- an
-
- das
-
- Berufungsgericht zurückverwiesen.
-
- Von Rechts wegen
-
- Tatbestand:
-
- 1
-
- Die Parteien bilden eine Wohnungseigentümergemeinschaft. Die Kläger
- wenden sich gegen mehrere in den Eigentümerversammlungen vom 6. April
- 2010 und 12. August 2010 gegen ihre Stimmen gefasste Beschlüsse. Diese
- sehen
-
- vor,
-
- dass
-
- die
-
- sanierungsbedürftigen,
-
- aus
-
- Holz
-
- gefertigten
-
- Balkonbrüstungen „im Wege der modernisierenden Instandsetzung“ durch
- solche aus Stahl und Glas ersetzt werden. Das Amtsgericht hat die Klage
- abgewiesen. Die Berufung ist erfolglos geblieben. Mit der zugelassenen
- Revision, deren Zurückweisung die Beklagten beantragen, verfolgen die Kläger
- weiterhin ihr Ziel, die Beschlüsse für ungültig erklären zu lassen.
-
- 3
-
- Entscheidungsgründe:
-
- I.
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- 2
-
- Das Berufungsgericht meint, die beschlossene Sanierung sei eine
- bauliche Maßnahme gemäß § 22 Abs. 1 WEG. Die Zustimmung der Kläger sei
- entbehrlich, weil sie nicht über das in § 14 Nr. 1 WEG bestimmte Maß hinaus
- beeinträchtigt würden. Die optische Veränderung stelle aus der gebotenen
- objektiven Sicht keine Beeinträchtigung dar, und zwar auch nicht im Hinblick auf
- die entstehenden Kosten. Das gelte selbst dann, wenn die Stahl- und
- Glaskonstruktion - der Behauptung der Kläger entsprechend - 280.000 €, die
- Sanierung der Holzbrüstungen aber nur 70.000 € koste. Auch ohne
- Beweisaufnahme sei davon auszugehen, dass die geplanten Balkonbrüstungen
- wetterbeständiger und dauerhafter seien. Soweit die Kläger behaupteten, die
- Stahl- und Glaskonstruktion verursache in der laufenden Unterhaltung höhere
- Reparaturkosten, seien sie ihrer im Hinblick auf eine Beeinträchtigung
- bestehenden primären Substantiierungslast nicht nachgekommen.
- II.
-
- 3
-
- Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Sollte
- die beschlossene Erneuerung der im Gemeinschaftseigentum stehenden
- Balkonbrüstungen - wie das Berufungsgericht meint - eine bauliche Maßnahme
- im Sinne von § 22 Abs. 1 WEG sein, wäre sie für die Kläger nachteilig im Sinne
- von § 22 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 14 Nr. 1 WEG und bedürfte ihrer Zustimmung.
- Das Berufungsgericht hat den Rechtsbegriff des Nachteils nicht zutreffend
- erfasst.
-
- 4
-
- 4
-
- 1. Nachteil ist jede nicht ganz unerhebliche Beeinträchtigung. Sie muss
- konkret
-
- und
-
- objektiv
-
- sein;
-
- entscheidend
-
- ist,
-
- ob
-
- sich
-
- nach
-
- der
-
- Verkehrsanschauung ein Wohnungseigentümer in der entsprechenden Lage
- verständlicherweise
-
- beeinträchtigt
-
- fühlen
-
- kann
-
- (Senat,
-
- Beschluss
-
- vom
-
- 19. Dezember 1991 - V ZB 27/90, BGHZ 116, 392, 396; Urteil vom 1. Juni 2012
- - V ZR 195/11, NJW 2012, 2725 Rn. 12 mwN; Merle in Bärmann, WEG,
- 11. Aufl., § 22 Rn. 170 mwN). Insoweit sind die mit der Maßnahme
- verbundenen
-
- Kosten
-
- ebenso
-
- wenig
-
- wie
-
- eine
-
- mögliche
-
- Haftung
-
- im
-
- Außenverhältnis zu berücksichtigen (Senat, Beschluss vom 19. Dezember 1991
- - V ZB 27/90, aaO, 396 f.). Denn die nicht zustimmenden Wohnungseigentümer
- sind von den Kosten der § 22 Abs. 1 WEG unterfallenden Maßnahmen ohnehin
- befreit (§ 16 Abs. 6 Satz 1 Halbsatz 2 WEG; näher Senat, Urteil vom
- 11. November 2011 - V ZR 65/11, NJW 2012, 603 Rn. 4, 6 ff.).
- 5
-
- 2. Wenn - wovon das Berufungsgericht nachvollziehbar ausgeht - eine
- erhebliche optische Veränderung des gesamten Gebäudes mit der Maßnahme
- einhergeht, ist ein Nachteil regelmäßig anzunehmen und die Zustimmung aller
- Wohnungseigentümer erforderlich (OLG Düsseldorf, FGPrax 1995, 102; OLG
- Köln, NZM 2000, 765; Hogenschurz in Jennißen, WEG, 3. Aufl., § 22 Rn. 32;
- Timme/Elzer, WEG, § 22 Rn. 122 jeweils mwN; vgl. auch BGH, Beschluss vom
- 18. Januar 1979 - VII ZB 9/78, BGHZ 73, 196, 202; aA BayObLG, WuM 1997,
- 186 f.; Merle in Bärmann, aaO, § 22 Rn. 186; Niedenführ, NZM 2001, 1105,
- 1107 f.). Denn ob eine erhebliche optische Veränderung des Gebäudes ein
- Vorteil oder ein Nachteil ist, können im Regelfall auch verständige
- Wohnungseigentümer unterschiedlich bewerten, selbst wenn die Maßnahme
- dem gängigen Zeitgeschmack entspricht. Die Minderheit muss sich dem
- Geschmack der Mehrheit nicht fügen; das gilt allerdings nur, wenn und soweit
- die Entscheidung nach dem Gesetz nicht - insbesondere gemäß § 22 Abs. 2
- WEG - der Mehrheitsmacht unterworfen ist.
-
- 5
-
- 6
-
- 3. Seit der Reform des Wohnungseigentumsrechts im Jahr 2007 ergibt
- sich diese Auslegung des Begriffs „Nachteil“ auch daraus, dass die
- Anforderungen an die durch die Einfügung von § 22 Abs. 2 WEG erweiterte
- Beschlusskompetenz für Modernisierungsmaßnahmen nicht
- werden
-
- dürfen.
-
- Wären
-
- - wie
-
- das
-
- Berufungsgericht
-
- meint -
-
- unterlaufen
- erhebliche
-
- Änderungen des äußerlichen Erscheinungsbildes des Gebäudes nicht als
- nachteilig anzusehen, sofern das Gericht sie für vorteilhaft hält, könnten
- derartige Maßnahmen auch dann mit einfacher Stimmenmehrheit beschlossen
- werden, wenn sie zu einer Modernisierung des Gebäudes führten. Dies
- widerspräche § 22 Abs. 2 Satz 1 WEG; danach bedarf es nämlich einer
- qualifizierten Mehrheit für Modernisierungen, die unabhängig von einem
- Reparaturbedarf unter anderem dann beschlossen werden können, wenn sie im
- Sinne
-
- von
-
- §
-
- 559
-
- Abs.
-
- 1
-
- Alt. 1
-
- BGB
-
- den
-
- Gebrauchswert
-
- des
-
- Wohnungseigentums nachhaltig erhöhen. Sind die dafür erforderlichen
- Voraussetzungen nicht gegeben, sollen Maßnahmen der hier in Rede
- stehenden Art nur einstimmig beschlossen werden können. Dementsprechend
- ging der Gesetzgeber bei der Einführung von § 22 Abs. 2 WEG davon aus,
- dass ohne die Erweiterung der Beschlusskompetenz unter anderem jede nicht
- ganz
-
- unerhebliche
-
- Änderung
-
- des
-
- äußeren
-
- Erscheinungsbildes
-
- einen
-
- allstimmigen Beschluss erfordere (BT-Drucks. 16/887, S. 29).
-
- III.
- 7
-
- Der Senat kann nicht in der Sache selbst entscheiden, weil sie nicht zur
- Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 ZPO). Die Beklagten
- machen zu Recht geltend, dass der Beschluss gemäß § 22 Abs. 3 i.V.m. § 21
- Abs. 5 Nr. 2 WEG oder gemäß § 22 Abs. 2 WEG wirksam sein könnte.
-
- 6
-
- 8
-
- 1. Sanierungsarbeiten, die sich - wie die beschlossene Erneuerung der
- Balkonbrüstungen - nicht auf die Erhaltung oder Wiederherstellung des
- bestehenden
-
- Zustands
-
- beschränken,
-
- können
-
- eine
-
- modernisierende
-
- Instandsetzung im Sinne von § 22 Abs. 3 i.V.m. § 21 Abs. 5 Nr. 2 WEG sein.
- Ist
-
- das
-
- nicht
-
- der
-
- Fall,
-
- sind
-
- die
-
- Voraussetzungen
-
- einer
-
- Modernisierungsmaßnahme gemäß § 22 Abs. 2 WEG zu prüfen. Nur wenn
- beide Vorschriften nicht eingreifen, handelt es sich um eine bauliche
- Maßnahme im Sinne von § 22 Abs. 1 WEG. Diese Einordnung ist entscheidend
- für die Frage, ob die Sanierung gegen die Stimmen der Kläger beschlossen
- werden konnte.
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-
- 2. Die Feststellungen des Berufungsgerichts reichen nicht aus, um zu
- beurteilen, um welche Art von Maßnahme es sich handelt.
-
- 10
-
- a) Weil ein Instandsetzungsbedarf für die aus Holz gefertigten
- Balkonbrüstungen besteht, kann sie unter Umständen als eine modernisierende
- Instandsetzung einzuordnen sein, die mit einfacher Mehrheit beschlossen
- werden kann (§ 22 Abs. 3 i.V.m. § 21 Abs. 5 Nr. 2 WEG). Eine Maßnahme
- ordnungsgemäßer Instandhaltung und Instandsetzung darf über die bloße
- Reparatur oder Wiederherstellung des früheren Zustands hinausgehen, wenn
- die Neuerung eine technisch bessere oder wirtschaftlich sinnvollere Lösung
- darstellt (Merle in Bärmann, aaO, § 21 Rn. 101 ff., § 22 Rn. 25 mwN). Der
- Maßstab
-
- eines
-
- vernünftigen,
-
- wirtschaftlich
-
- denkenden
-
- und
-
- erprobten
-
- Neuerungen gegenüber aufgeschlossenen Hauseigentümers darf dabei nicht
- zu eng an dem bestehenden Zustand ausgerichtet werden, wenn die im
- Wohnungseigentum stehenden Gebäude nicht zum Schaden aller Eigentümer
- vorzeitig veralten und an Wert verlieren sollen (BayObLG, ZMR 2004, 442;
- Merle in Bärmann, aaO, § 21 Rn. 101 mwN). Von besonderer Bedeutung ist
- insoweit eine Kosten-Nutzen-Analyse, die das Berufungsgericht unterlassen
- hat. Sofern sich die Mehraufwendungen innerhalb eines angemessenen
-
- 7
-
- Zeitraums - der bei Maßnahmen der hier in Rede stehenden Art in der Regel
- zehn Jahre beträgt - amortisieren, hielten sich die Maßnahmen noch im
- Rahmen der modernisierenden Instandsetzung (vgl. BayObLG, FGPrax 2005,
- 108 ff.; KG, FGPrax 1996, 95; Merle in Bärmann, aaO, § 21 Rn. 102). Dazu
- bedarf es näherer Feststellungen zu dem jeweiligen Kostenaufwand. Die
- Annahme
-
- des
-
- Berufungsgerichts,
-
- die
-
- geplante
-
- Konstruktion
-
- sei
-
- wetterbeständiger, ist nicht belegt und das konkrete Einsparpotential nicht
- beziffert.
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-
- b) Andernfalls könnte sich die Beschlusskompetenz aus § 22 Abs. 2
- Satz 1 WEG ergeben; dass die Wohnungseigentümer die Maßnahme bei der
- Beschlussfassung als modernisierende Instandsetzung angesehen haben, steht
- dem nicht entgegen, wenn - wie hier - die erforderliche qualifizierte Mehrheit
- erreicht worden ist.
-
- 12
-
- aa) Nach § 22 Abs. 2 Satz 1 WEG sind weitergehende Modernisierungen
- der Entscheidung durch qualifizierte Mehrheit unter anderem dann zugänglich,
- wenn sie im Sinne von § 559 Abs. 1 BGB den Gebrauchswert nachhaltig
- erhöhen. Der Rechtsprechung des Senats zufolge gibt die angeordnete
- entsprechende Heranziehung der mietrechtlichen Regelung Raum für eine
- großzügigere Handhabung des Modernisierungsbegriffes. Denn zum einen
- kommen den Wohnungseigentümern auch solche Verbesserungen zugute, von
- denen im Mietrecht nur der Vermieter, nicht aber auch der Mieter profitiert. Zum
- anderen
-
- ist
-
- zu
-
- berücksichtigen,
-
- dass
-
- das
-
- mit
-
- der
-
- Erweiterung
-
- der
-
- Beschlusskompetenz nach § 22 Abs. 2 WEG verfolgte gesetzgeberische
- Anliegen darin besteht, den Wohnungseigentümern - unabhängig von dem
- Bestehen eines Reparaturbedarfs - die Befugnis einzuräumen, mit qualifizierter
- Mehrheit einer Verkehrswertminderung durch Anpassung der Wohnungsanlage
- an die „Erfordernisse der Zeit“ entgegenzuwirken. Deshalb genügt es, dass die
- Maßnahme aus der Sicht eines verständigen Wohnungseigentümers eine
-
- 8
-
- sinnvolle
-
- Neuerung
-
- darstellt,
-
- die
-
- voraussichtlich
-
- geeignet
-
- ist,
-
- den
-
- Gebrauchswert des Wohnungseigentums nachhaltig zu erhöhen (näher Senat,
- Urteil vom 18. Februar 2011 - V ZR 82/10, NJW 2011, 1221 Rn. 9 f. mwN); an
- einer solchen sinnvollen Neuerung wird es unter anderem dann fehlen, wenn
- die entstehenden Kosten bzw. Mehrkosten außer Verhältnis zu dem erzielbaren
- Vorteil stehen.
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-
- bb) Begrenzt wird diese Befugnis der Mehrheit zudem durch den
- Umstand, dass kein Wohnungseigentümer gegenüber anderen unbillig
- beeinträchtigt werden darf (näher BT-Drucks. 16/887, S. 30 f.; Senat, Urteil vom
- 18. Februar 2011 - V ZR 82/10, aaO, Rn. 12 f.). Zudem darf die Eigenart der
- Wohnanlage nicht geändert werden. Auf diese Weise soll das Vertrauen eines
- Erwerbers auf den wesentlichen inneren und äußeren Bestand der Wohnanlage
- geschützt werden; insbesondere Luxussanierungen sollen vermieden werden
- (BT-Drucks. 16/887 S. 30).
-
- 14
-
- cc) Danach kann im Grundsatz auch eine optische Veränderung eine
- Gebrauchswerterhöhung bewirken; die Wohnungseigentümer können mit
- qualifizierter Mehrheit beschließen, veraltete durch zeitgemäße Materialien zu
- ersetzen und das äußere Erscheinungsbild der Wohnanlage ansprechender zu
- gestalten.
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-
- dd) Ob - wie die Revision behauptet - die Wohnungseigentümer die
- Finanzierung der Maßnahme aus der Instandhaltungsrücklage beschlossen
- haben, und
-
- ob
-
- bzw.
-
- unter welchen Voraussetzungen
-
- eine
-
- derartige
-
- Finanzierungsregelung zur Ungültigkeit eines auf § 22 Abs. 2 Satz 1 WEG
- beruhenden Beschlusses führen kann, bedarf keiner Entscheidung; denn das
- Berufungsgericht hat hierzu keine Feststellungen getroffen und die Revision
- zeigt nicht auf, dass die Klage fristgerecht auf diesen Punkt gestützt worden ist.
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-
- 3. Für das weitere Verfahren weist der Senat ferner auf Folgendes hin:
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- 17
-
- a)
-
- Für
-
- die
-
- im
-
- Rahmen
-
- der
-
- modernisierenden
-
- Instandsetzung
-
- erforderliche Kosten-Nutzen-Analyse muss die Höhe der Kosten festgestellt
- werden, die durch eine Sanierung der vorhandenen Holzbrüstungen und die
- geplante Maßnahme entstehen. Darüber hinaus bedarf es einer Prognose der
- jeweiligen Unterhaltungskosten über einen angemessenen Zeitraum, der hier
- bei etwa zehn Jahren liegt. Nur wenn danach die erzielbaren Einsparungen die
- entstehenden Mehrkosten annähernd aufwiegen, ist eine modernisierende
- Instandsetzung gegeben (§ 22 Abs. 3 i.V.m. § 21 Abs. 5 Nr. 2 WEG).
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- b) Für die Prüfung der Beschlusskompetenz gemäß § 22 Abs. 2 Satz 1
- WEG i.V.m. § 559 Abs. 1 Alt. 1 BGB sind Feststellungen zu dem erzielbaren
- Vorteil erforderlich, der nicht notwendigerweise finanzieller Natur sein muss
- (vgl. Senat, Urteil vom 18. Februar 2011 - V ZR 82/10, aaO, Rn. 10). Auch
- insoweit muss der entstehende Aufwand ermittelt werden; weil ohnehin ein
- Sanierungsbedarf besteht, kommt es auf den Mehraufwand an. Die Abwägung,
- ob ein verständiger Wohnungseigentümer den durch die andere Bauausführung
- erzielten Vorteil gemessen an dem erforderlichen Mehraufwand als sinnvolle
- Neuerung ansehen wird, ist eine Frage tatrichterlicher Würdigung.
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- 19
-
- Weiter darf eine Modernisierungsmaßnahme gemäß § 22 Abs. 2 Satz 1
- WEG nicht dazu führen, dass die Eigenart der Wohnanlage geändert wird. In
- diesem Zusammenhang wird der Vortrag der Kläger zu berücksichtigen sein,
- demzufolge nicht nur die eigene Wohnanlage, sondern auch die sie
- umgebenden Gebäude insgesamt einheitlich mit Holzbalkonen gestaltet sind.
- Ob in Anbetracht dessen die Eigenart der Wohnanlage geändert wird, unterliegt
- ebenfalls tatrichterlicher Würdigung.
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- c) Die Darlegungs- und Beweislast für Anfechtungsgründe trägt im
- Rahmen der Anfechtungsklage grundsätzlich der Kläger (Suilmann in Jennißen,
- WEG, 3. Aufl., § 46 Rn. 145; Then in Spielbauer/Then, WEG, 2. Aufl., vor § 43
-
- 10
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- Rn. 15 f.). Allerdings dürfen die Anforderungen an die Substantiierung seines
- Vortrags nicht überspannt werden; sie bemessen sich insbesondere an den im
- Vorfeld
-
- überlassenen
-
- Unterlagen
-
- wie
-
- etwa
-
- den
-
- Angaben
-
- in
-
- der
-
- Beschlussvorlage.
-
- Stresemann
-
- Schmidt-Räntsch
- Brückner
-
- Vorinstanzen:
- AG Bremen, Entscheidung vom 30.09.2010 - 29 C 40/10 LG Bremen, Entscheidung vom 09.09.2011 - 4 S 318/10 -
-
- Roth
- Weinland
-
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