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1 year ago
  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. IM NAMEN DES VOLKES
  3. URTEIL
  4. V ZR 224/11
  5. Verkündet am:
  6. 14. Dezember 2012
  7. Mayer
  8. Justizangestellte
  9. als Urkundsbeamtin
  10. der Geschäftsstelle
  11. in dem Rechtsstreit
  12. Nachschlagewerk:
  13. ja
  14. BGHZ:
  15. ja
  16. BGHR:
  17. ja
  18. WEG § 14 Nr. 1, § 22 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1, Abs. 3
  19. a) Im Grundsatz kann auch eine bauliche Maßnahme, die eine optische Veränderung
  20. der Wohnungseigentumsanlage bewirkt, eine Gebrauchswerterhöhung darstellen
  21. und durch qualifizierte Mehrheit beschlossen werden.
  22. b) Dies setzt voraus, dass die Maßnahme aus der Sicht eines verständigen
  23. Wohnungseigentümers eine sinnvolle Neuerung darstellt, die voraussichtlich
  24. geeignet ist, den Gebrauchswert des Wohnungseigentums nachhaltig zu erhöhen;
  25. an einer solchen sinnvollen Neuerung wird es unter anderem dann fehlen, wenn die
  26. entstehenden Kosten bzw. Mehrkosten außer Verhältnis zu dem erzielbaren Vorteil
  27. stehen.
  28. c) Ist eine erhebliche optische Veränderung der Wohnungseigentumsanlage weder als
  29. modernisierende
  30. Instandsetzung
  31. noch
  32. als
  33. Modernisierungsmaßnahme
  34. einzuordnen, bedarf sie als nachteilige bauliche Maßnahme der Zustimmung aller
  35. Wohnungseigentümer.
  36. BGH, Urteil vom 14. Dezember 2012 - V ZR 224/11 - LG Bremen
  37. AG Bremen
  38. -2-
  39. Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
  40. vom 14. Dezember 2012 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Stresemann, die
  41. Richter
  42. Prof. Dr. Schmidt-Räntsch
  43. und
  44. Dr. Roth
  45. und
  46. die
  47. Richterinnen
  48. Dr. Brückner und Weinland
  49. für Recht erkannt:
  50. Auf die Revision der Kläger wird das Urteil der 4. Zivilkammer des
  51. Landgerichts Bremen vom 9. September 2011 aufgehoben.
  52. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch
  53. über
  54. die
  55. Kosten
  56. des
  57. Revisionsverfahrens,
  58. an
  59. das
  60. Berufungsgericht zurückverwiesen.
  61. Von Rechts wegen
  62. Tatbestand:
  63. 1
  64. Die Parteien bilden eine Wohnungseigentümergemeinschaft. Die Kläger
  65. wenden sich gegen mehrere in den Eigentümerversammlungen vom 6. April
  66. 2010 und 12. August 2010 gegen ihre Stimmen gefasste Beschlüsse. Diese
  67. sehen
  68. vor,
  69. dass
  70. die
  71. sanierungsbedürftigen,
  72. aus
  73. Holz
  74. gefertigten
  75. Balkonbrüstungen „im Wege der modernisierenden Instandsetzung“ durch
  76. solche aus Stahl und Glas ersetzt werden. Das Amtsgericht hat die Klage
  77. abgewiesen. Die Berufung ist erfolglos geblieben. Mit der zugelassenen
  78. Revision, deren Zurückweisung die Beklagten beantragen, verfolgen die Kläger
  79. weiterhin ihr Ziel, die Beschlüsse für ungültig erklären zu lassen.
  80. 3
  81. Entscheidungsgründe:
  82. I.
  83. 2
  84. Das Berufungsgericht meint, die beschlossene Sanierung sei eine
  85. bauliche Maßnahme gemäß § 22 Abs. 1 WEG. Die Zustimmung der Kläger sei
  86. entbehrlich, weil sie nicht über das in § 14 Nr. 1 WEG bestimmte Maß hinaus
  87. beeinträchtigt würden. Die optische Veränderung stelle aus der gebotenen
  88. objektiven Sicht keine Beeinträchtigung dar, und zwar auch nicht im Hinblick auf
  89. die entstehenden Kosten. Das gelte selbst dann, wenn die Stahl- und
  90. Glaskonstruktion - der Behauptung der Kläger entsprechend - 280.000 €, die
  91. Sanierung der Holzbrüstungen aber nur 70.000 € koste. Auch ohne
  92. Beweisaufnahme sei davon auszugehen, dass die geplanten Balkonbrüstungen
  93. wetterbeständiger und dauerhafter seien. Soweit die Kläger behaupteten, die
  94. Stahl- und Glaskonstruktion verursache in der laufenden Unterhaltung höhere
  95. Reparaturkosten, seien sie ihrer im Hinblick auf eine Beeinträchtigung
  96. bestehenden primären Substantiierungslast nicht nachgekommen.
  97. II.
  98. 3
  99. Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Sollte
  100. die beschlossene Erneuerung der im Gemeinschaftseigentum stehenden
  101. Balkonbrüstungen - wie das Berufungsgericht meint - eine bauliche Maßnahme
  102. im Sinne von § 22 Abs. 1 WEG sein, wäre sie für die Kläger nachteilig im Sinne
  103. von § 22 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 14 Nr. 1 WEG und bedürfte ihrer Zustimmung.
  104. Das Berufungsgericht hat den Rechtsbegriff des Nachteils nicht zutreffend
  105. erfasst.
  106. 4
  107. 4
  108. 1. Nachteil ist jede nicht ganz unerhebliche Beeinträchtigung. Sie muss
  109. konkret
  110. und
  111. objektiv
  112. sein;
  113. entscheidend
  114. ist,
  115. ob
  116. sich
  117. nach
  118. der
  119. Verkehrsanschauung ein Wohnungseigentümer in der entsprechenden Lage
  120. verständlicherweise
  121. beeinträchtigt
  122. fühlen
  123. kann
  124. (Senat,
  125. Beschluss
  126. vom
  127. 19. Dezember 1991 - V ZB 27/90, BGHZ 116, 392, 396; Urteil vom 1. Juni 2012
  128. - V ZR 195/11, NJW 2012, 2725 Rn. 12 mwN; Merle in Bärmann, WEG,
  129. 11. Aufl., § 22 Rn. 170 mwN). Insoweit sind die mit der Maßnahme
  130. verbundenen
  131. Kosten
  132. ebenso
  133. wenig
  134. wie
  135. eine
  136. mögliche
  137. Haftung
  138. im
  139. Außenverhältnis zu berücksichtigen (Senat, Beschluss vom 19. Dezember 1991
  140. - V ZB 27/90, aaO, 396 f.). Denn die nicht zustimmenden Wohnungseigentümer
  141. sind von den Kosten der § 22 Abs. 1 WEG unterfallenden Maßnahmen ohnehin
  142. befreit (§ 16 Abs. 6 Satz 1 Halbsatz 2 WEG; näher Senat, Urteil vom
  143. 11. November 2011 - V ZR 65/11, NJW 2012, 603 Rn. 4, 6 ff.).
  144. 5
  145. 2. Wenn - wovon das Berufungsgericht nachvollziehbar ausgeht - eine
  146. erhebliche optische Veränderung des gesamten Gebäudes mit der Maßnahme
  147. einhergeht, ist ein Nachteil regelmäßig anzunehmen und die Zustimmung aller
  148. Wohnungseigentümer erforderlich (OLG Düsseldorf, FGPrax 1995, 102; OLG
  149. Köln, NZM 2000, 765; Hogenschurz in Jennißen, WEG, 3. Aufl., § 22 Rn. 32;
  150. Timme/Elzer, WEG, § 22 Rn. 122 jeweils mwN; vgl. auch BGH, Beschluss vom
  151. 18. Januar 1979 - VII ZB 9/78, BGHZ 73, 196, 202; aA BayObLG, WuM 1997,
  152. 186 f.; Merle in Bärmann, aaO, § 22 Rn. 186; Niedenführ, NZM 2001, 1105,
  153. 1107 f.). Denn ob eine erhebliche optische Veränderung des Gebäudes ein
  154. Vorteil oder ein Nachteil ist, können im Regelfall auch verständige
  155. Wohnungseigentümer unterschiedlich bewerten, selbst wenn die Maßnahme
  156. dem gängigen Zeitgeschmack entspricht. Die Minderheit muss sich dem
  157. Geschmack der Mehrheit nicht fügen; das gilt allerdings nur, wenn und soweit
  158. die Entscheidung nach dem Gesetz nicht - insbesondere gemäß § 22 Abs. 2
  159. WEG - der Mehrheitsmacht unterworfen ist.
  160. 5
  161. 6
  162. 3. Seit der Reform des Wohnungseigentumsrechts im Jahr 2007 ergibt
  163. sich diese Auslegung des Begriffs „Nachteil“ auch daraus, dass die
  164. Anforderungen an die durch die Einfügung von § 22 Abs. 2 WEG erweiterte
  165. Beschlusskompetenz für Modernisierungsmaßnahmen nicht
  166. werden
  167. dürfen.
  168. Wären
  169. - wie
  170. das
  171. Berufungsgericht
  172. meint -
  173. unterlaufen
  174. erhebliche
  175. Änderungen des äußerlichen Erscheinungsbildes des Gebäudes nicht als
  176. nachteilig anzusehen, sofern das Gericht sie für vorteilhaft hält, könnten
  177. derartige Maßnahmen auch dann mit einfacher Stimmenmehrheit beschlossen
  178. werden, wenn sie zu einer Modernisierung des Gebäudes führten. Dies
  179. widerspräche § 22 Abs. 2 Satz 1 WEG; danach bedarf es nämlich einer
  180. qualifizierten Mehrheit für Modernisierungen, die unabhängig von einem
  181. Reparaturbedarf unter anderem dann beschlossen werden können, wenn sie im
  182. Sinne
  183. von
  184. §
  185. 559
  186. Abs.
  187. 1
  188. Alt. 1
  189. BGB
  190. den
  191. Gebrauchswert
  192. des
  193. Wohnungseigentums nachhaltig erhöhen. Sind die dafür erforderlichen
  194. Voraussetzungen nicht gegeben, sollen Maßnahmen der hier in Rede
  195. stehenden Art nur einstimmig beschlossen werden können. Dementsprechend
  196. ging der Gesetzgeber bei der Einführung von § 22 Abs. 2 WEG davon aus,
  197. dass ohne die Erweiterung der Beschlusskompetenz unter anderem jede nicht
  198. ganz
  199. unerhebliche
  200. Änderung
  201. des
  202. äußeren
  203. Erscheinungsbildes
  204. einen
  205. allstimmigen Beschluss erfordere (BT-Drucks. 16/887, S. 29).
  206. III.
  207. 7
  208. Der Senat kann nicht in der Sache selbst entscheiden, weil sie nicht zur
  209. Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 ZPO). Die Beklagten
  210. machen zu Recht geltend, dass der Beschluss gemäß § 22 Abs. 3 i.V.m. § 21
  211. Abs. 5 Nr. 2 WEG oder gemäß § 22 Abs. 2 WEG wirksam sein könnte.
  212. 6
  213. 8
  214. 1. Sanierungsarbeiten, die sich - wie die beschlossene Erneuerung der
  215. Balkonbrüstungen - nicht auf die Erhaltung oder Wiederherstellung des
  216. bestehenden
  217. Zustands
  218. beschränken,
  219. können
  220. eine
  221. modernisierende
  222. Instandsetzung im Sinne von § 22 Abs. 3 i.V.m. § 21 Abs. 5 Nr. 2 WEG sein.
  223. Ist
  224. das
  225. nicht
  226. der
  227. Fall,
  228. sind
  229. die
  230. Voraussetzungen
  231. einer
  232. Modernisierungsmaßnahme gemäß § 22 Abs. 2 WEG zu prüfen. Nur wenn
  233. beide Vorschriften nicht eingreifen, handelt es sich um eine bauliche
  234. Maßnahme im Sinne von § 22 Abs. 1 WEG. Diese Einordnung ist entscheidend
  235. für die Frage, ob die Sanierung gegen die Stimmen der Kläger beschlossen
  236. werden konnte.
  237. 9
  238. 2. Die Feststellungen des Berufungsgerichts reichen nicht aus, um zu
  239. beurteilen, um welche Art von Maßnahme es sich handelt.
  240. 10
  241. a) Weil ein Instandsetzungsbedarf für die aus Holz gefertigten
  242. Balkonbrüstungen besteht, kann sie unter Umständen als eine modernisierende
  243. Instandsetzung einzuordnen sein, die mit einfacher Mehrheit beschlossen
  244. werden kann (§ 22 Abs. 3 i.V.m. § 21 Abs. 5 Nr. 2 WEG). Eine Maßnahme
  245. ordnungsgemäßer Instandhaltung und Instandsetzung darf über die bloße
  246. Reparatur oder Wiederherstellung des früheren Zustands hinausgehen, wenn
  247. die Neuerung eine technisch bessere oder wirtschaftlich sinnvollere Lösung
  248. darstellt (Merle in Bärmann, aaO, § 21 Rn. 101 ff., § 22 Rn. 25 mwN). Der
  249. Maßstab
  250. eines
  251. vernünftigen,
  252. wirtschaftlich
  253. denkenden
  254. und
  255. erprobten
  256. Neuerungen gegenüber aufgeschlossenen Hauseigentümers darf dabei nicht
  257. zu eng an dem bestehenden Zustand ausgerichtet werden, wenn die im
  258. Wohnungseigentum stehenden Gebäude nicht zum Schaden aller Eigentümer
  259. vorzeitig veralten und an Wert verlieren sollen (BayObLG, ZMR 2004, 442;
  260. Merle in Bärmann, aaO, § 21 Rn. 101 mwN). Von besonderer Bedeutung ist
  261. insoweit eine Kosten-Nutzen-Analyse, die das Berufungsgericht unterlassen
  262. hat. Sofern sich die Mehraufwendungen innerhalb eines angemessenen
  263. 7
  264. Zeitraums - der bei Maßnahmen der hier in Rede stehenden Art in der Regel
  265. zehn Jahre beträgt - amortisieren, hielten sich die Maßnahmen noch im
  266. Rahmen der modernisierenden Instandsetzung (vgl. BayObLG, FGPrax 2005,
  267. 108 ff.; KG, FGPrax 1996, 95; Merle in Bärmann, aaO, § 21 Rn. 102). Dazu
  268. bedarf es näherer Feststellungen zu dem jeweiligen Kostenaufwand. Die
  269. Annahme
  270. des
  271. Berufungsgerichts,
  272. die
  273. geplante
  274. Konstruktion
  275. sei
  276. wetterbeständiger, ist nicht belegt und das konkrete Einsparpotential nicht
  277. beziffert.
  278. 11
  279. b) Andernfalls könnte sich die Beschlusskompetenz aus § 22 Abs. 2
  280. Satz 1 WEG ergeben; dass die Wohnungseigentümer die Maßnahme bei der
  281. Beschlussfassung als modernisierende Instandsetzung angesehen haben, steht
  282. dem nicht entgegen, wenn - wie hier - die erforderliche qualifizierte Mehrheit
  283. erreicht worden ist.
  284. 12
  285. aa) Nach § 22 Abs. 2 Satz 1 WEG sind weitergehende Modernisierungen
  286. der Entscheidung durch qualifizierte Mehrheit unter anderem dann zugänglich,
  287. wenn sie im Sinne von § 559 Abs. 1 BGB den Gebrauchswert nachhaltig
  288. erhöhen. Der Rechtsprechung des Senats zufolge gibt die angeordnete
  289. entsprechende Heranziehung der mietrechtlichen Regelung Raum für eine
  290. großzügigere Handhabung des Modernisierungsbegriffes. Denn zum einen
  291. kommen den Wohnungseigentümern auch solche Verbesserungen zugute, von
  292. denen im Mietrecht nur der Vermieter, nicht aber auch der Mieter profitiert. Zum
  293. anderen
  294. ist
  295. zu
  296. berücksichtigen,
  297. dass
  298. das
  299. mit
  300. der
  301. Erweiterung
  302. der
  303. Beschlusskompetenz nach § 22 Abs. 2 WEG verfolgte gesetzgeberische
  304. Anliegen darin besteht, den Wohnungseigentümern - unabhängig von dem
  305. Bestehen eines Reparaturbedarfs - die Befugnis einzuräumen, mit qualifizierter
  306. Mehrheit einer Verkehrswertminderung durch Anpassung der Wohnungsanlage
  307. an die „Erfordernisse der Zeit“ entgegenzuwirken. Deshalb genügt es, dass die
  308. Maßnahme aus der Sicht eines verständigen Wohnungseigentümers eine
  309. 8
  310. sinnvolle
  311. Neuerung
  312. darstellt,
  313. die
  314. voraussichtlich
  315. geeignet
  316. ist,
  317. den
  318. Gebrauchswert des Wohnungseigentums nachhaltig zu erhöhen (näher Senat,
  319. Urteil vom 18. Februar 2011 - V ZR 82/10, NJW 2011, 1221 Rn. 9 f. mwN); an
  320. einer solchen sinnvollen Neuerung wird es unter anderem dann fehlen, wenn
  321. die entstehenden Kosten bzw. Mehrkosten außer Verhältnis zu dem erzielbaren
  322. Vorteil stehen.
  323. 13
  324. bb) Begrenzt wird diese Befugnis der Mehrheit zudem durch den
  325. Umstand, dass kein Wohnungseigentümer gegenüber anderen unbillig
  326. beeinträchtigt werden darf (näher BT-Drucks. 16/887, S. 30 f.; Senat, Urteil vom
  327. 18. Februar 2011 - V ZR 82/10, aaO, Rn. 12 f.). Zudem darf die Eigenart der
  328. Wohnanlage nicht geändert werden. Auf diese Weise soll das Vertrauen eines
  329. Erwerbers auf den wesentlichen inneren und äußeren Bestand der Wohnanlage
  330. geschützt werden; insbesondere Luxussanierungen sollen vermieden werden
  331. (BT-Drucks. 16/887 S. 30).
  332. 14
  333. cc) Danach kann im Grundsatz auch eine optische Veränderung eine
  334. Gebrauchswerterhöhung bewirken; die Wohnungseigentümer können mit
  335. qualifizierter Mehrheit beschließen, veraltete durch zeitgemäße Materialien zu
  336. ersetzen und das äußere Erscheinungsbild der Wohnanlage ansprechender zu
  337. gestalten.
  338. 15
  339. dd) Ob - wie die Revision behauptet - die Wohnungseigentümer die
  340. Finanzierung der Maßnahme aus der Instandhaltungsrücklage beschlossen
  341. haben, und
  342. ob
  343. bzw.
  344. unter welchen Voraussetzungen
  345. eine
  346. derartige
  347. Finanzierungsregelung zur Ungültigkeit eines auf § 22 Abs. 2 Satz 1 WEG
  348. beruhenden Beschlusses führen kann, bedarf keiner Entscheidung; denn das
  349. Berufungsgericht hat hierzu keine Feststellungen getroffen und die Revision
  350. zeigt nicht auf, dass die Klage fristgerecht auf diesen Punkt gestützt worden ist.
  351. 16
  352. 3. Für das weitere Verfahren weist der Senat ferner auf Folgendes hin:
  353. 9
  354. 17
  355. a)
  356. Für
  357. die
  358. im
  359. Rahmen
  360. der
  361. modernisierenden
  362. Instandsetzung
  363. erforderliche Kosten-Nutzen-Analyse muss die Höhe der Kosten festgestellt
  364. werden, die durch eine Sanierung der vorhandenen Holzbrüstungen und die
  365. geplante Maßnahme entstehen. Darüber hinaus bedarf es einer Prognose der
  366. jeweiligen Unterhaltungskosten über einen angemessenen Zeitraum, der hier
  367. bei etwa zehn Jahren liegt. Nur wenn danach die erzielbaren Einsparungen die
  368. entstehenden Mehrkosten annähernd aufwiegen, ist eine modernisierende
  369. Instandsetzung gegeben (§ 22 Abs. 3 i.V.m. § 21 Abs. 5 Nr. 2 WEG).
  370. 18
  371. b) Für die Prüfung der Beschlusskompetenz gemäß § 22 Abs. 2 Satz 1
  372. WEG i.V.m. § 559 Abs. 1 Alt. 1 BGB sind Feststellungen zu dem erzielbaren
  373. Vorteil erforderlich, der nicht notwendigerweise finanzieller Natur sein muss
  374. (vgl. Senat, Urteil vom 18. Februar 2011 - V ZR 82/10, aaO, Rn. 10). Auch
  375. insoweit muss der entstehende Aufwand ermittelt werden; weil ohnehin ein
  376. Sanierungsbedarf besteht, kommt es auf den Mehraufwand an. Die Abwägung,
  377. ob ein verständiger Wohnungseigentümer den durch die andere Bauausführung
  378. erzielten Vorteil gemessen an dem erforderlichen Mehraufwand als sinnvolle
  379. Neuerung ansehen wird, ist eine Frage tatrichterlicher Würdigung.
  380. 19
  381. Weiter darf eine Modernisierungsmaßnahme gemäß § 22 Abs. 2 Satz 1
  382. WEG nicht dazu führen, dass die Eigenart der Wohnanlage geändert wird. In
  383. diesem Zusammenhang wird der Vortrag der Kläger zu berücksichtigen sein,
  384. demzufolge nicht nur die eigene Wohnanlage, sondern auch die sie
  385. umgebenden Gebäude insgesamt einheitlich mit Holzbalkonen gestaltet sind.
  386. Ob in Anbetracht dessen die Eigenart der Wohnanlage geändert wird, unterliegt
  387. ebenfalls tatrichterlicher Würdigung.
  388. 20
  389. c) Die Darlegungs- und Beweislast für Anfechtungsgründe trägt im
  390. Rahmen der Anfechtungsklage grundsätzlich der Kläger (Suilmann in Jennißen,
  391. WEG, 3. Aufl., § 46 Rn. 145; Then in Spielbauer/Then, WEG, 2. Aufl., vor § 43
  392. 10
  393. Rn. 15 f.). Allerdings dürfen die Anforderungen an die Substantiierung seines
  394. Vortrags nicht überspannt werden; sie bemessen sich insbesondere an den im
  395. Vorfeld
  396. überlassenen
  397. Unterlagen
  398. wie
  399. etwa
  400. den
  401. Angaben
  402. in
  403. der
  404. Beschlussvorlage.
  405. Stresemann
  406. Schmidt-Räntsch
  407. Brückner
  408. Vorinstanzen:
  409. AG Bremen, Entscheidung vom 30.09.2010 - 29 C 40/10 LG Bremen, Entscheidung vom 09.09.2011 - 4 S 318/10 -
  410. Roth
  411. Weinland