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1 year ago
  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. IM NAMEN DES VOLKES
  3. URTEIL
  4. LwZR 6/00
  5. Verkündet am:
  6. 27. April 2001
  7. Kanik
  8. Justizamtsinspektorin
  9. als Urkundsbeamtin
  10. der Geschäftsstelle
  11. in dem Rechtsstreit
  12. Nachschlagewerk:
  13. ja
  14. BGHZ:
  15. nein
  16. BGHR:
  17. ja
  18. -----------------------------------
  19. BGB § 591 b Abs. 1
  20. § 591 b Abs. 1 BGB findet auf Ansprüche wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung des Verpächters keine Anwendung.
  21. BGH, Urt. v. 27. April 2001- LwZR 6/00 - OLG Celle
  22. AG Langen
  23. -2-
  24. Der Bundesgerichtshof, Senat für Landwirtschaftssachen, hat auf die mündliche Verhandlung vom 27. April 2001 durch den Vorsitzenden Richter
  25. Dr. Wenzel und die Richter Prof. Dr. Krüger und Dr. Klein sowie die ehrenamtlichen Richter Dahm und Schroth
  26. für Recht erkannt:
  27. Auf die Revision der Beklagten zu 2 wird das Urteil des
  28. 7. Zivilsenats
  29. - Senat
  30. für
  31. Landwirtschaftssachen -
  32. des
  33. Oberlandesgerichts Celle vom 3. Februar 2000 im Kostenausspruch und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der
  34. Beklagten zu 2 entschieden worden ist.
  35. In diesem Umfang wird der Rechtsstreit zur anderweiten
  36. Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des
  37. Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
  38. Von Rechts wegen
  39. Tatbestand:
  40. Die Beklagten sind miteinander verheiratet. Der Beklagte zu 1 pachtete
  41. durch Verträge vom 13. Juni 1975 und 1. Juli 1981 von der Klägerin landwirtschaftliche Nutzflächen (im folgenden: Pachtgrundstücke). Diese nutzte er neben anderen Pachtflächen und den zu dem Hof der Beklagten zu 2 gehörenden
  42. -3-
  43. Grundstücken zur Milchwirtschaft. Er erhielt auch die Milchreferenzmenge zugeteilt.
  44. Am 15. August 1991 beantragte er die Bewilligung einer Milchaufgabevergütung. Die Vergütung wurde unter Einbeziehung der Pachtgrundstücke
  45. festgesetzt. Das hat zur Folge, daß die Pachtgrundstücke wirtschaftlich nicht
  46. mehr zur Milcherzeugung genutzt werden können.
  47. Die auf 287.085 DM festgesetzte Vergütung wurde am 27. Februar 1992
  48. dem Beklagten zu 1 ausgezahlt. 100.000 DM hiervon überweis er am 3. März
  49. 1992 an die Beklagte zu 2. Die Pachtverträge zwischen der Klägerin und dem
  50. Beklagten zu 1 wurden beendet. Am 5. März 1993 erhielt die Klägerin den Besitz an den Pachtgrundstücken zurück. Sie hat zunächst den Beklagten zu 1
  51. auf Zahlung von 54.651,37 DM Schadenersatz in Anspruch genommen. Das
  52. Landwirtschaftsgericht hat der Klage in Höhe von 34.976,88 DM zuzüglich Zinsen stattgegeben. Das Urteil des Landwirtschaftsgerichts haben die Klägerin
  53. und der Beklagte zu 1 angefochten. Die Vollstreckung aus dem Urteil des
  54. Landwirtschaftsgerichts gegen den Beklagten zu 1 verlief erfolglos. Durch
  55. Schriftsatz vom 23. Dezember 1998 hat die Klägerin die Klage auf die Beklagte
  56. zu 2 erstreckt und die gesamtschuldnerische Verurteilung der Beklagten zur
  57. Zahlung von 94.995,52 DM beantragt. Das Oberlandesgericht hat der Klage
  58. gegenüber dem Beklagten zu 1 in Höhe weiterer 48.983,64 DM stattgegeben,
  59. seine Berufung gegen das Urteil des Landwirtschaftsgerichts zurückgewiesen
  60. und die Beklagte zu 2 verurteilt, als Gesamtschuldnerin neben dem Beklagten
  61. an die Klägerin 83.960,52 DM zuzüglich Zinsen zu zahlen. Mit der Revision
  62. erstrebt die Beklagte zu 2 die Abweisung der gegen sie gerichteten Klage.
  63. -4-
  64. Entscheidungsgründe:
  65. I.
  66. Das Berufungsgericht hält die Erweiterung der Klage auf die Beklagte
  67. zu 2 für zulässig und den geltend gemachten Anspruch auch ihr gegenüber im
  68. wesentlichen für begründet. Es führt aus, die Beantragung einer Milchaufgabevergütung unter Einbeziehung der Pachtgrundstücke bedeute eine Verletzung
  69. der Pflichten des Beklagten zu 1 aus dem Pachtvertrag und eine Schädigung
  70. des Eigentums der Klägerin an den Grundstücken. Insoweit habe die Beklagte
  71. zu 2 gemeinschaftlich mit dem Beklagten zu 1 gehandelt. Sie sei der Klägerin
  72. daher nach §§ 823 Abs. 1, 830, 840 BGB gesamtschuldnerisch mit dem Beklagten zu 1 zum Ersatz verpflichtet. Die von der Beklagten zu 2 erhobene Einrede der Verjährung sei nicht begründet. Die Verjährungsfrist sei ihr gegenüber
  73. nach § 852 BGB zu bestimmen und bei Erstreckung der Klage nicht abgelaufen
  74. gewesen.
  75. Das hält revisionsrechtlicher Nachprüfung teilweise nicht stand.
  76. II.
  77. 1. Ohne Erfolg wendet sich die Revision allerdings gegen die Zulässigkeit der Klageerweiterung auf die Beklagte zu 2 im Berufungsverfahren. Die
  78. Einbeziehung eines weiteren Beklagten im Berufungsverfahren verkürzt den
  79. Rechtsstreit diesem gegenüber um eine Instanz. Sie ist daher nur zulässig,
  80. wenn er der Erstreckung der Klage zustimmt oder die Verweigerung seiner Zustimmung rechtsmißbräuchlich ist (st. Rspr., vgl. BGHZ 21, 285, 287; 65, 264,
  81. -5-
  82. 268; BGH, Urt. v. 26. April 1988, VI ZR 246/86, NJW 1988, 2298, 2299). Die
  83. Verweigerung der Zustimmung ist rechtsmißbräuchlich, wenn der mit der Erweiterung der Klage verbundene Verlust nicht zu einer beachtlichen Schlechterstellung des neuen Beklagten führt. So ist es, wenn die Klage im ersten
  84. Rechtszug gegen den im zweiten Rechtszug in den Rechtsstreit einbezogenen
  85. neuen Beklagten abgewiesen worden wäre (BGH, Urt. v. 4. Oktober 1985,
  86. V ZR 136/84, NJW-RR 1986, 356) oder der Klage gegen die im ersten Rechtszug allein verklagte Partei zwar stattgegeben worden ist, der weitere Beklagte
  87. mit dem vorgetragenen Sachverhalt jedoch vertraut ist und sein tatsächliches
  88. Vorbringen die Grundlage der Inanspruchnahme im ersten Rechtszug allein
  89. verklagten Partei nicht in Frage stellt (BGH, Urt. v. 18. März 1997, XI ZR 34/96,
  90. NJW 1997, 2885, 2886 f).
  91. Nach diesen Grundsätzen ist die Klageerweiterung zulässig. Davon, daß
  92. die Beklagte zu 2 mit der Prozeßführung des Beklagten zu 1 im ersten Rechtszug vertraut ist, ist auszugehen. Die Beklagten sind miteinander verheiratet;
  93. der Beklagte zu 1 hat den Hof der Beklagten zu 2 für die von ihm betriebene
  94. Milchwirtschaft genutzt. Zur Aufgabe der Milchwirtschaft haben sich die Beklagten gemeinsam entschlossen, die vom Beklagten zu 1 hierfür erhaltene
  95. Vergütung ist zu einem großen Teil an die Beklagte zu 2 gelangt. Zum Grund
  96. der Haftung des Beklagten zu 1 macht sie keine Ausführungen, die von denen
  97. des Beklagten zu 1 abweichen und dessen Haftung in Frage stellen könnten.
  98. 2. Zu Unrecht hat das Berufungsgericht jedoch die Verjährung des gegen die Beklagte zu 2 aus § 823 Abs. 1 BGB geltend gemachten Anspruchs
  99. verneint. Es kann daher dahingestellt bleiben, ob es sich bei der Möglichkeit
  100. wirtschaftlicher Nutzung der Pachtgrundstücke zur Milchviehhaltung aufgrund
  101. -6-
  102. der Befugnis zur abgabefreien Anlieferung von Milch überhaupt um eine Eigenschaft der Grundstücke handelt, deren Beeinträchtigung eine Haftung unter
  103. dem Gesichtspunkt der Eigentumsverletzung begründen kann.
  104. a) Die Erwirkung einer Milchaufgabevergütung durch den Pächter bedeutet rechtlich eine Verschlechterung der Pachtsache (Senat, BGHZ 135,
  105. 284, 290 f). Ein hieraus resultierender Anspruch des Verpächters verjährt daher in der Frist des § 591 b BGB (Senat, aaO). Denn die Vorschrift erfaßt nicht
  106. nur vertragliche Ansprüche des Verpächters, sondern auch Ansprüche wegen
  107. der Beschädigung des Eigentums an der Pachtsache, soweit sie auf dasselbe
  108. Ziel wie die vertraglichen Ansprüche gerichtet sind (vgl. Protokolle II 194; st.
  109. Rechtspr., vgl. BGHZ 47, 53, 55; 98, 235, 237 f; BGH, Urt. v. 8. Januar 1986,
  110. VIII ZR 134/84, NJW 1986, 1608; Urt. v. 1. Dezember 1991, XII ZR 169/90,
  111. NJW 1992, 1821; Urt. v. 17. Juni 1993, IX ZR 206/92, NJW 1993, 2797, 2798).
  112. Soweit ein Dritter neben dem Pächter dem Verpächter wegen der Schädigung der Pachtsache ersatzpflichtig ist, findet § 591 b BGB auch auf die
  113. Verjährung gegen ihn gerichteter Ansprüche Anwendung, sofern der Dritte in
  114. den Schutzbereich des Pachtvertrages einbezogen ist (st. Rechtspr., vgl.
  115. BGHZ 71, 175, 178; Urt. v. 16. März 1994, XII ZR 245/92, NJW 1994, 1788 f;
  116. MünchKomm-BGB/Voelskow, 3. Aufl., § 558 Rdn. 16; Soergel/Heintzmann,
  117. BGB, 12. Aufl. § 558 Rdn. 9; Staudinger/Emmerich, BGB [1994], § 558
  118. Rdn. 23). So verhält es sich mit der Beklagten zu 2. Als Ehefrau des Beklagten
  119. zu 1 ist sie in den Schutzbereich der Pachtverträge zwischen der Klägerin und
  120. dem Beklagten zu 1 mit einbezogen. Da die Pachtgrundstücke am 5. März
  121. 1993 der Klägerin zurückgegeben worden sind, sind die gegen die Beklagte
  122. -7-
  123. zu 2 im Jahre 1998 rechtshängig gemachten Ansprüche wegen einer Verletzung des Eigentums an den Grundstücken verjährt.
  124. b) Anders verhält es sich dagegen bei einem Anspruch aus vorsätzlicher
  125. sittenwidriger Schädigung (§ 826 BGB). Auf einen solchen Anspruch gegen
  126. den Pächter oder einen in den Schutzbereich des Pachtvertrages einbezogenen Dritten findet § 591 b BGB keine Anwendung (offen gelassen in BGH, Urt.
  127. v. 17. Juni 1993, IX ZR 206/92, NJW 1993, 2797, 2798). Zweck der in §§ 558,
  128. 591 b BGB bestimmten kurzen Verjährungsfrist ist es zu gewährleisten, daß die
  129. Parteien eines Gebrauchsüberlassungsvertrages sich nach der Beendigung
  130. des Vertragsverhältnisses rasch auseinandersetzen. Insbesondere die Ansprüche wegen des Zustandes der überlassenen Sache bei ihrer Rückgabe sollen
  131. beschleunigt geklärt werden (vgl. Protokolle II 117, 194; BGHZ 47, 53, 56; 86,
  132. 71, 78; 98, 235, 237). Dieser Zweck gebietet es nicht, die Vorschriften auch auf
  133. die Ansprüche des Verpächters aus § 826 BGB anzuwenden (Palandt/Weidenkaff, BGB, 60. Aufl. § 558 Rdn. 7; Soergel/Heintzmann, § 558 BGB Rdn. 3;
  134. Bub/Treier/Gramlich, Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, 3. Aufl.,
  135. VI Rdn. 16; zweifelnd Erman/Jendrek, BGB, 10. Aufl., § 558 Rdn. 4). Denn
  136. Haftungsgrund ist hier nicht die Beschädigung der Pachtsache, sondern die
  137. vorsätzliche sittenwidrige Schädigung des Verpächters. An welchem Rechtsgut
  138. der Schaden eingetreten ist, ist für die Ersatzpflicht ohne Bedeutung. Für die
  139. Verjährung des Anspruchs aus § 826 BGB muß es daher bei der Regelung von
  140. § 852 BGB verbleiben (vgl. MünchKomm-BGB/Stein, § 852 Rdn. 41).
  141. Die Verjährung eines solchen Anspruchs der Klägerin gegen die Beklagte zu 2 wäre hier nach den insoweit nicht angegriffenen Feststellungen des
  142. -8-
  143. Berufungsgerichts durch die Erstreckung der Klage auf die Beklagte zu 2
  144. rechtzeitig unterbrochen worden.
  145. 3. Der Rechtstreit ist zur abschließenden Entscheidung durch den Senat
  146. nicht reif. Das Berufungsgericht wird die von der Klägerin gegenüber der Beklagten zu 2 unter dem Gesichtspunkt der vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung erhobenen Vorwürfe zu klären haben.
  147. Wenzel
  148. Krüger
  149. Klein