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1 year ago
  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. IM NAMEN DES VOLKES
  3. URTEIL
  4. KZR 7/09
  5. Verkündet am:
  6. 30. März 2011
  7. Bürk
  8. Justizhauptsekretärin
  9. als Urkundsbeamtin
  10. der Geschäftsstelle
  11. in dem Rechtsstreit
  12. -2-
  13. Der Kartellsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 7. Dezember 2010 durch den Präsidenten des Bundesgerichtshofs
  14. Prof. Dr. Tolksdorf und die Richter Dr. Raum, Dr. Strohn, Dr. Kirchhoff und
  15. Dr. Bacher
  16. für Recht erkannt:
  17. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Kartellsenats des
  18. Oberlandesgerichts München vom 8. Januar 2009 (U [K] 1511/08)
  19. aufgehoben.
  20. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 4. Kammer für Handelssachen des Landgerichts München I vom 29. November 2007
  21. wird zurückgewiesen.
  22. Die Klägerin trägt die Kosten der Rechtsmittelverfahren.
  23. Von Rechts wegen
  24. Tatbestand:
  25. 1
  26. Die Klägerin betreibt in Stockstadt eine Vertragswerkstatt für die Daimler
  27. AG. Außerdem ist sie für dieses Unternehmen im Neuwagengeschäft als Han-
  28. -3-
  29. delsvertreterin tätig. Die Beklagte zu 2 gehört zum MAN-Konzern, der - ebenso
  30. wie der Daimler-Konzern - Nutzfahrzeuge herstellt. MAN unterhält ein internationales Servicenetz, dem unter anderem 28 herstellereigene Niederlassungen,
  31. 168 eigene Servicebetriebe und 222 autorisierte Servicewerkstätten angehören.
  32. 2
  33. Mit Schreiben vom 4. Dezember 2002 wandte sich die Klägerin an die im
  34. MAN-Konzern dafür zuständige Beklagte zu 2 und bat um Abschluss eines Service-Vertrages als zugelassene MAN-Werkstatt. Nachdem die Beklagte zu 2
  35. dies abgelehnt hatte, hat die Klägerin die Beklagten auf Abgabe einer entsprechenden Willenserklärung - hilfsweise auf Abgabe einer Willenserklärung zum
  36. Abschluss eines Vertrages über den Vertrieb von MAN-Originalteilen - und auf
  37. Feststellung einer entsprechenden Schadensersatzpflicht verklagt.
  38. 3
  39. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat ihr
  40. bezüglich der Beklagten zu 2 (im Folgenden: Beklagte) in vollem Umfang stattgegeben. Dagegen wendet sich die Beklagte mit ihrer vom Senat zugelassenen
  41. Revision.
  42. Entscheidungsgründe:
  43. 4
  44. Die Revision der Beklagten hat Erfolg und führt zur Wiederherstellung
  45. des landgerichtlichen Urteils.
  46. 5
  47. A.
  48. Das Berufungsgericht hat im Wesentlichen ausgeführt:
  49. -4-
  50. 6
  51. Der Anspruch der Klägerin auf Aufnahme in das MAN-Servicenetz ergebe sich aus § 20 Abs. 1 GWB. Danach sei die Ablehnung von Bewerbern für
  52. selektive Vertriebssysteme unzulässig, soweit hierin eine sachlich nicht gerechtfertigte Behinderung oder Diskriminierung liege. Die Beklagte sei als marktbeherrschendes Unternehmen Normadressatin des § 20 Abs. 1 GWB. Der räumlich auf das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland beschränkte Markt umfasse in sachlicher Hinsicht die Instandsetzungs- und Wartungsdienstleistungen für
  53. Nutzfahrzeuge der Marke MAN. Auf dem so abgegrenzten Markt verfüge die
  54. Beklagte, was sie nicht substanziiert bestritten habe, über einen Marktanteil von
  55. 30% beziehungsweise von über einem Drittel. Die daran anknüpfende Vermutung einer marktbeherrschenden Stellung (§ 19 Abs. 3 Satz 1 GWB) habe sie
  56. nicht widerlegt.
  57. 7
  58. Die Klägerin werde in einem für gleichartige Unternehmen üblicherweise
  59. zugänglichen Geschäftsverkehr diskriminiert, indem sie von dem Vertriebssystem der Beklagten ausgeschlossen werde. Dass die Klägerin im Neufahrzeugvertrieb und auf dem Kundendienstmarkt bereits für einen Wettbewerber tätig
  60. sei, stelle keinen sachlichen Grund für eine Ablehnung dar. Denn bei der Interessenabwägung seien die Wertungen der VO (EG) 1400/2002 vom 31. Juli
  61. 2002 (Kfz-GVO 2002) zu berücksichtigen. Nach Art. 5 Abs. 1b Kfz-GVO stehe
  62. es einer Freistellung entgegen, wenn ein Lieferant die Zulassung eines Bewerbers mit der Begründung verweigere, dieser sei als Handelsvertreter für eine
  63. andere Marke tätig.
  64. 8
  65. B.
  66. Die Ausführungen des Berufungsgerichts sind nicht frei von
  67. Rechtsfehlern.
  68. -5-
  69. 9
  70. I.
  71. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ergibt sich ein
  72. Anspruch der Klägerin auf Zulassung als Vertragswerkstatt oder "zugelassene
  73. Werkstatt" i.S. des Art. 1 Abs. 1 Buchst. l Kfz-GVO 2002 bzw. Art. 1 Abs. 1
  74. Buchst. c VO (EU) 461/2010 vom 27. Mai 2010 (Kfz-GVO 2010) zum Werkstattnetz der Beklagten nicht aus § 33 i.V.m. § 19 Abs. 1, 4 Nr. 1, § 20 Abs. 1
  75. GWB. Die Beklagte ist auf dem relevanten Markt nicht marktbeherrschend i.S.
  76. von § 19 Abs. 2 GWB.
  77. 10
  78. Die Abgrenzung des maßgebenden Marktes ist grundsätzlich Sache des
  79. Tatrichters, da sie wesentlich von den tatsächlichen Gegebenheiten des Marktes abhängt. Das Revisionsgericht kann nur überprüfen, ob der Tatrichter von
  80. zutreffenden rechtlichen Maßstäben ausgegangen ist, ob er alle für die Abgrenzung wesentlichen Umstände hinreichend in Betracht gezogen hat und ob seine
  81. Entscheidung in Einklang mit den Denkgesetzen und einschlägigen Erfahrungssätzen steht (vgl. BGH, Urteil vom 2. Oktober 1984 - KVR 5/83, BGHZ 92,
  82. 223, 238 - Gruner+Jahr/Die Zeit I; Urteil vom 16. Januar 2007 - KVR 12/06,
  83. BGHZ 170, 299 Rn. 13 ff. - National Geographic II). Die Marktabgrenzung im
  84. angefochtenen Urteil beruht auf einem unzutreffenden rechtlichen Maßstab.
  85. 11
  86. 1.
  87. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts betrifft das Kla-
  88. gebegehren nicht den - sachlichen - Endkundenmarkt für die Inanspruchnahme
  89. von Instandsetzungs- und Wartungsdienstleistungen für Nutzfahrzeuge, sondern den vorgelagerten Markt, auf dem sich die Werkstätten als Nachfrager und
  90. die Hersteller von Nutzfahrzeugen und andere Unternehmen als Anbieter von
  91. Ressourcen gegenüberstehen, die zur Erbringung von Instandsetzungs- und
  92. Wartungsarbeiten eingesetzt werden.
  93. -6-
  94. a)
  95. 12
  96. Nach dem für die Marktabgrenzung maßgeblichen Bedarfsmarkt-
  97. konzept sind dem relevanten (Angebots-)Markt alle Produkte zuzurechnen, die
  98. nach Eigenschaft, Verwendungszweck und Preislage zur Deckung eines bestimmten Bedarfs austauschbar sind (BGHZ 170, 299 Rn. 14 - National Geografic II; BGH, Urteil vom 11. November 2008 - KVR 60/07, BGHZ 178, 285
  99. Rn. 15 - E.ON/Stadtwerke Eschwege). Entscheidend ist hierbei die Sicht der
  100. Nachfrager auf der betroffenen Stufe. Die Verhältnisse auf einem nachgelagerten Markt können allerdings im Einzelfall Auswirkungen auf die Abgrenzung des
  101. vorgelagerten Marktes haben, zum Beispiel wenn eine bestimmte Leistung auf
  102. der vorgelagerten Stufe deshalb nicht austauschbar ist, weil sie für eine Teilnahme am Wettbewerb auf der nachgelagerten Stufe schlechthin unentbehrlich
  103. ist.
  104. 13
  105. Einen vorgelagerten Markt kann es nicht nur beim Vertrieb von Gütern
  106. über mehrere Handelsstufen hinweg geben, sondern auch bei der Erbringung
  107. von Dienstleistungen oder bei der Einräumung von Rechten. Ist durch eine Industrienorm oder durch ein vergleichbares Regelwerk eine standardisierte,
  108. durch Schutzrechte geschützte Gestaltung eines Produkts vorgegeben, so bildet die Vergabe von Rechten, die potentielle Anbieter dieses Produkts erst in
  109. die Lage versetzen, das Produkt auf den Markt zu bringen, regelmäßig einen
  110. eigenen, dem Produktmarkt vorgelagerten Markt (BGH, Urteil vom 13. Juli 2004
  111. - KZR 40/02, BGHZ 160, 67, 74 - Standard-Spundfass). In seinem - nach Verkündung der angefochtenen Entscheidung ergangenen - Urteil vom 3. März
  112. 2009 (KZR 2/07, WuW/E DE-R 2708 Rn. 18 - Reisestellenkarte) hat der Senat
  113. angenommen, dem Markt für Reisestellenkarten mit Umsatzsteuerausweis sei
  114. ein Markt für die Gestattung des Umsatzsteuerausweises für Reiseleistungen,
  115. die über Reisestellenkarten abgerechnet werden können, vorgelagert. Dies entspricht der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union, der etwa
  116. -7-
  117. zwischen einem Markt für Programmzeitschriften und einem vorgelagerten
  118. Markt für die Überlassung von Programminformationen unterscheidet (EuGH,
  119. Urteil vom 6. April 1995 - C-241/91 P, Slg. 1995, I-743 = GRUR Int. 1995, 490
  120. Rn. 47 - Magill TV Guide).
  121. 14
  122. Die Klägerin will Instandsetzungs- und Wartungsdienstleistungen für
  123. Nutzfahrzeuge gegenüber Endkunden anbieten und begehrt von der Beklagten
  124. vorgelagerte Leistungen, die dazu dienen sollen, diese Tätigkeit auszuüben.
  125. Für die Frage, ob die Beklagte marktbeherrschend ist, sind deshalb die Verhältnisse auf diesem vorgelagerten Markt maßgebend.
  126. 15
  127. b)
  128. Der vorgelagerte Markt umfasst im Streitfall alle Produkte, Dienst-
  129. leistungen und Rechte, die den Zutritt auf dem nachgelagerten Endkundenmarkt zur Erbringung von Instandsetzungs- und Wartungsdienstleistungen für
  130. Nutzfahrzeuge erleichtern. Dazu gehören das Angebot von Ersatzteilen, Diagnosegeräten und Spezialwerkzeugen, die Vermittlung der erforderlichen jeweiligen markenspezifischen Fachkenntnisse und die Zulassungen als Vertragswerkstatt für bestimmte Fahrzeugmarken. Dabei bildet die Zulassung als Vertragswerkstatt keinen eigenständigen Markt. Sie ist vielmehr nur eine von mehreren untereinander austauschbaren Ressourcen und stellt damit einen Teil des
  131. umfassenderen Marktes dar, auf dem diese Ressourcen angeboten werden.
  132. 16
  133. Der Status als Vertragswerkstatt ist nach dem übereinstimmenden Vortrag der Parteien erforderlich für die Erbringung von Garantieleistungen, von
  134. Kulanzleistungen nach Ablauf der Gewährleistungsfrist und von Leistungen im
  135. Rahmen von Rückrufaktionen, nach dem für das Revisionsverfahren als richtig
  136. zu unterstellenden Vortrag der Klägerin außerdem noch für Inspektionen innerhalb der Garantiefrist. Aus den Feststellungen des Berufungsgerichts ergeben
  137. -8-
  138. sich keine hinreichenden Anhaltspunkte für die Annahme, dass dieser Teilbereich einen eigenständigen Markt bildet, der von dem Markt für die Ressourcen
  139. zur Erbringung sonstiger Werkstattleistungen abzugrenzen ist.
  140. 17
  141. c)
  142. Für
  143. die
  144. Abgrenzung
  145. des
  146. vorgelagerten
  147. Marktes
  148. ist
  149. hier
  150. unerheblich, ob der nachgelagerte Endkundenmarkt markenbezogen abzugrenzen ist. Zwar kann es aus Sicht eines Endkunden, der beispielsweise eine Garantiereparatur nachfragt, an der Austauschbarkeit fehlen, weil er in aller Regel
  151. nicht bereit sein wird, auf die ihm zustehenden Gewährleistungsrechte zu verzichten und die Reparatur stattdessen gegen Vergütung in einer anderen Werkstatt vornehmen zu lassen. Aus der maßgeblichen Sicht des Betreibers einer
  152. Reparaturwerkstatt ist jedoch auch die Erbringung derartiger Leistungen nur ein
  153. Ausschnitt aus einer Reihe möglicher Dienstleistungen, die sich nicht hinsichtlich des Gegenstandes der erbrachten Leistung unterscheiden, sondern nur
  154. hinsichtlich der rechtlichen Rahmenbedingungen, unter denen diese Leistungen
  155. erbracht werden. Der Betreiber einer Werkstatt ist auch, soweit er Werkstattleistungen speziell für eine bestimmte Marke anbieten will, nicht darauf angewiesen, diese im Rahmen eines Garantie- oder Kulanzverhältnisses oder einer
  156. sonstigen rechtlichen Beziehung zwischen seinem Kunden und dem Hersteller
  157. des Fahrzeugs anzubieten, sondern kann sich stattdessen um vergleichbare
  158. Aufträge außerhalb dieses rechtlichen Rahmens bemühen. Dass das Angebot
  159. von Instandsetzungs- und Wartungsdienstleistungen für Nutzfahrzeuge ohne
  160. eine Zulassung als Vertragswerkstatt unmöglich oder wirtschaftlich sinnlos wäre, ist weder festgestellt noch sonst ersichtlich und wird für Fahrzeuge der Marke MAN schon durch den vom Berufungsgericht festgestellten Umstand widerlegt, dass der überwiegende Teil der entsprechenden Werkstattleistungen von
  161. freien Werkstätten ausgeführt wird.
  162. -9-
  163. 18
  164. 2.
  165. Räumlich hat das Berufungsgericht den relevanten Markt auf das
  166. Gebiet der Bundesrepublik Deutschland abgegrenzt. Dagegen erheben die Parteien keine Einwände. Aus Rechtsgründen ist dagegen nichts zu erinnern.
  167. 19
  168. 3.
  169. Die Beklagte ist auf dem danach sachlich und räumlich relevanten
  170. Markt nicht marktbeherrschend.
  171. 20
  172. a)
  173. Eine marktbeherrschende Stellung der Beklagten ergibt sich nicht
  174. daraus, dass die Zulassung als MAN-Vertragswerkstatt nur mit ihrer Mitwirkung
  175. möglich ist. Die Stellung als MAN-Vertragswerkstatt ist aus den oben genannten Gründen keine Ressource, die für den Zugang zum Endkundenmarkt unerlässlich ist.
  176. 21
  177. Entgegen der vom Vertreter des Bundeskartellamts in der mündlichen
  178. Verhandlung geäußerten Auffassung reicht es für die Annahme einer beherrschenden Stellung auf dem vorgelagerten Markt nicht aus, dass ein Anbieter
  179. über eine Ressource verfügt, die Voraussetzung für die Erbringung einer marktrelevanten Leistung ist - hier zum Beispiel für die Garantie- und Kulanzleistungen. Erforderlich ist vielmehr, dass es sich um eine Ressource handelt, ohne
  180. die der Zugang zu dem nachgelagerten Markt nicht oder jedenfalls nicht sinnvoll
  181. möglich ist. Einen solchen Zusammenhang hat der Senat beispielsweise für
  182. den Fall bejaht, dass eine Reisestellenkarte mit Vorsteuerabzugsmöglichkeit
  183. nur dann wettbewerbsfähig ist, wenn sie auch für innerdeutsche Flüge mit der in
  184. diesem Bereich führenden Fluggesellschaft genutzt werden kann (BGH WuW/E
  185. DE-R 2708 Rn. 28 - Reisestellenkarte). Ein Anbieter von Instandsetzungs- und
  186. Wartungsdienstleistungen für Nutzfahrzeuge ist, wie bereits dargelegt, hingegen auch dann wettbewerbsfähig, wenn er nicht den Status einer Vertragswerkstatt hat. Die Zulassung als Vertragswerkstatt ist nicht erforderlich, um als
  187. - 10 -
  188. Werkstatt auf dem Endkundenmarkt für die Erbringung von Werkstattleistungen
  189. erfolgreich tätig werden zu können.
  190. b)
  191. 22
  192. Eine marktbeherrschende Stellung der Beklagten ergibt sich auch
  193. nicht aus ihrer Stellung auf dem Endkundenmarkt für Instandsetzungs- und
  194. Wartungsdienstleistungen für Nutzfahrzeuge. Die vom Berufungsgericht zu
  195. Grunde gelegte Annahme, der MAN-Konzern habe mit seinen Eigen- und Vertragswerkstätten auf dem markenabhängig abgegrenzten Endkundenmarkt für
  196. die Wartung und Instandsetzung von MAN-Nutzfahrzeugen einen Marktanteil
  197. von "über 30% bzw. über einem Drittel", reicht für die Annahme einer marktbeherrschenden Stellung auf dem hier relevanten vorgelagerten Markt nicht aus.
  198. Denn dieser Markt ist, wie bereits dargelegt, nicht markenspezifisch abzugrenzen.
  199. 23
  200. II.
  201. Das angefochtene Urteil kann nicht aus anderen Gründen Bestand
  202. 1.
  203. Zutreffend hat das Berufungsgericht einen Anspruch auf Zulas-
  204. haben.
  205. 24
  206. sung zum Werkstattnetz der Beklagten nicht aus der Kfz-Gruppenfreistellungsverordnung hergeleitet. Daraus kann sich ein derartiger Anspruch schon grundsätzlich nicht ergeben. In der Verordnung sind allein die Voraussetzungen geregelt, unter denen Vertriebsvereinbarungen gruppenweise gemäß Art. 101
  207. Abs. 3 AEUV (= Art. 81 Abs. 3 EG) vom Verbot des Art. 101 Abs. 1 AEUV freigestellt sind. Zivilrechtlich durchsetzbare Verhaltenspflichten des Fahrzeugherstellers im Hinblick auf Freistellungsvoraussetzungen oder -hindernisse lassen
  208. sich daraus nicht herleiten (BGH, Urteil vom 28. Juni 2005 - KZR 26/04, WuW/E
  209. DE-R 1621, 1623 f. = NJW-RR 2006, 689 Rn. 21 ff. - Qualitative Selektion).
  210. - 11 -
  211. 25
  212. 2.
  213. Der Klageanspruch ergibt sich auch nicht aus §§ 33, 20 Abs. 2
  214. GWB. Im Verhältnis zur Klägerin ist die Beklagte nicht Adressatin dieser Norm.
  215. 26
  216. Die Klägerin steht außerhalb des Vertriebsnetzes der Beklagten. Ihr fehlt
  217. deshalb, anders als einem Vertragshändler, der sich ausschließlich an einen
  218. Fahrzeughersteller gebunden hat (vgl. BGH, Urteil vom 23. Februar 1988 - KZR
  219. 20/86, WuW/E 2491, 2493 - Opel-Blitz; Urteil vom 21. Februar 1995 - KZR
  220. 33/93, WuW/E 2983, 2988 - Kfz-Vertragshändler), oder einer Vertragswerkstatt,
  221. die ihren Geschäftsbetrieb durch erhebliche Investitionen auf einen bestimmten
  222. Fahrzeughersteller ausgerichtet hat (vgl. BGH, Urteil vom 9. Februar 2006
  223. - KZR 26/04, WuW/E DE-R 1621 = NJW-RR 2006, 689 Rn. 1, 16 - Qualitative
  224. Selektion), eine zur Anwendung des § 20 Abs. 2 GWB führende unternehmensbedingte Abhängigkeit.
  225. 27
  226. Auch unter dem Gesichtspunkt der sortimentsbedingten Abhängigkeit
  227. bedarf die Klägerin keiner Zulassung zum Servicenetz der Beklagten. Sie kann
  228. ohne eine solche Zulassung erfolgreich im Werkstattgeschäft tätig sein. Als Vertragswerkstatt der Daimler AG kann sie für Nutzfahrzeuge dieser Marke sämtliche Werkstattleistungen erbringen, einschließlich der Garantie- und Kulanzleistungen. Darüber hinaus kann sie in erheblichem Umfang auch für andere Marken einschließlich der Marke MAN tätig werden. Sie kann die dafür benötigten
  229. Originalersatzteile kaufen, wenn auch nach ihrem Vortrag mit geringeren Rabatten, als sie MAN-Vertragswerkstätten eingeräumt werden, und mit längeren Lieferfristen. Weiter kann sie die für die Instandsetzungs- und Wartungsarbeiten
  230. erforderlichen Diagnose- und sonstigen Geräte beziehen und die von der Beklagten angebotenen Schulungen in Anspruch nehmen. Die Klägerin ist allein
  231. davon ausgeschlossen, Garantie- und Kulanzleistungen - in geringem Umfang
  232. auch Inspektionsleistungen - für andere als Daimler-Nutzfahrzeuge zu erbrin-
  233. - 12 -
  234. gen. Dass sie für eine erfolgreiche Geschäftstätigkeit als Werkstatt für Nutzfahrzeuge davon abhängig ist, gerade derartige Leistungen ausführen zu können, ist weder festgestellt noch sonst ersichtlich.
  235. 28
  236. 3.
  237. Auch aus Art. 102 AEUV (= Art. 82 EG) ergibt sich - aus den zu
  238. § 20 GWB genannten Gründen - kein Anspruch der Klägerin auf Abschluss eines Werkstattvertrages. Dass die Beklagte, die auf dem relevanten nationalen
  239. Markt keine marktbeherrschende Stellung hat, eine solche auf dem Gemeinsamen Markt oder auf einem wesentlichen Teil desselben haben könnte, ist auszuschließen.
  240. 29
  241. 4.
  242. Da weitere Feststellungen nicht erforderlich sind, kann der Senat
  243. in der Sache entscheiden und den ersten Hauptantrag der Klägerin abweisen.
  244. 30
  245. III.
  246. Damit ist zugleich der Feststellungsantrag abzuweisen. Da die
  247. Klägerin keinen Anspruch auf Abschluss eines Servicevertrages hat, besteht
  248. auch kein auf die Verweigerung des Abschlusses gestützter Schadensersatzanspruch.
  249. 31
  250. IV.
  251. Der Hilfsantrag, die Beklagte zum Abschluss eines Vertrages über
  252. den Verkauf und Vertrieb von MAN-Originalteilen, MAN-Originalaustauschteilen
  253. und MAN-Zubehör zu verurteilen, ist ebenfalls unbegründet.
  254. 32
  255. Die Beklagte ist im Rahmen ihrer Vertragsfreiheit berechtigt, den Abschluss eines solchen Vertrages, den sie auch anderen Unternehmen nicht anbietet, abzulehnen. Sie hat weder eine marktbeherrschende Stellung i.S. des
  256. § 19 Abs. 2 GWB, noch ist die Klägerin insoweit von der Beklagten abhängig
  257. i.S. des § 20 Abs. 2 GWB.
  258. - 13 -
  259. 33
  260. Eine solche Abhängigkeit könnte hier allenfalls dann vorliegen, wenn die
  261. Klägerin nicht in der Lage wäre, Ersatzteile und Zubehör der Marke MAN in
  262. zumutbarer Weise anderweitig zu beziehen (BGH, Beschluss vom 23. Februar
  263. 1988 - KVR 2/87, WuW/E 2479, 2482 f. - Reparaturbetrieb). Nach dem unstreitigen Vortrag der Parteien hat die Klägerin aber die Möglichkeit, die begehrten
  264. Teile einzukaufen. Dass sie dabei nach ihrem Vortrag geringere Rabatte erhält
  265. und längere Lieferfristen zu gewärtigen hat als die MAN-Vertragswerkstätten,
  266. macht diesen Bezug für sie noch nicht unzumutbar i.S. des § 20 Abs. 2 GWB.
  267. Tolksdorf
  268. Raum
  269. Kirchhoff
  270. Strohn
  271. Bacher
  272. Vorinstanzen:
  273. LG München I, Entscheidung vom 29.11.2007 - 4 HKO 2439/06 OLG München, Entscheidung vom 08.01.2009 - U (K) 1511/08 -