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1 year ago
  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. BESCHLUSS
  3. IX ZR 124/16
  4. vom
  5. 30. Mai 2017
  6. in dem Rechtsstreit
  7. ECLI:DE:BGH:2017:300517BIXZR124.16.0
  8. - 2 -
  9. Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
  10. Prof. Dr. Kayser, die Richterin Lohmann, den Richter Prof. Dr. Pape, die Richterin Möhring und den Richter Meyberg
  11. am 30. Mai 2017
  12. beschlossen:
  13. Der Senat beabsichtigt, die Revision gegen das Urteil des
  14. 28. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 31. Mai 2016
  15. gemäß § 552a Satz 1 ZPO auf Kosten der Beklagten zurückzuweisen.
  16. Die Parteien erhalten Gelegenheit, hierzu binnen eines Monats
  17. Stellung zu nehmen.
  18. Der Streitwert des Revisionsverfahrens wird auf 32.044,11 € festgesetzt.
  19. Gründe:
  20. I.
  21. 1
  22. Der Kläger nimmt die Beklagten zu 1 und 2, Schweizer Rechtsanwälte,
  23. die eine Anwaltskanzlei in der Rechtsform einer Personengesellschaft geführt
  24. haben, aus einem Anwaltsvertrag wegen Anwaltsfehlern und die Beklagte zu 3,
  25. eine am 17. Juni 2011 von den Beklagten zu 1 und 2 gegründete Anwaltsgesellschaft in der Form einer Aktiengesellschaft nach Schweizer Recht, auf
  26. - 3 -
  27. Schadensersatz in Anspruch, weil die Beklagten zu 1 und 2 alle Passiva und
  28. Aktiva ihrer vormaligen Anwaltsgesellschaft in die neue Gesellschaft eingebracht hätten und diese deswegen nach Schweizer Recht neben den Beklagten
  29. zu 1 und 2 für deren Anwaltsfehler hafte. Die Beklagten betreiben eine Internetseite in deutscher und englischer Sprache, die von Deutschland erreichbar ist.
  30. 2
  31. Der in Deutschland lebende Kläger ist als selbständiger Maler- und Lackiermeister in Kirchhundem tätig, seit 2002 zusammen mit seinem Vater in der
  32. Rechtsform einer GmbH, wobei er und sein Vater jeweils 50 v.H. der Gesellschaftsanteile hielten. Seit 2007 hält der Kläger die Anteile an der Gesellschaft
  33. alleine. Er legte aufgrund von Vermögensverwaltungsverträgen ab 2002 im eigenen Namen Gelder bei einer Vermögensverwaltungsgesellschaft mit Firmensitz in der Schweiz (künftig: Unternehmen) an, die ohne Erlaubnis nach § 32
  34. Abs. 1 KWG ihre Anlageprodukte in Deutschland vertrieb. Im Jahr 2006 kündigte der Kläger die Verträge, erhielt aber nur einen Teilbetrag der eingezahlten
  35. Gelder zurück. Deswegen beauftragte er seine Rechtsanwälte, die neben ihm
  36. 60 bis 100 weitere Mandanten gegen dasselbe Unternehmen vertraten, mit der
  37. Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen. Spätestens im Sommer
  38. 2010 wurde den klägerischen Anwälten bekannt, dass über das Vermögen des
  39. Schweizer Unternehmens ein sogenanntes Nachlassverfahren nach Schweizer
  40. Recht anhängig war, das der Schuldensanierung dient. Deswegen fragten sie
  41. Ende 2010 den Beklagten zu 1, ob er bereit sei, ihre Mandanten im Schweizer
  42. Nachlassverfahren zu vertreten.
  43. 3
  44. Mit Schreiben vom 3. Januar 2011 überließ der Beklagte zu 1 den klägerischen Anwälten per Email zum Ausdrucken Auftragsformulare, Vollmachten
  45. sowie Formulare für die sogenannten Forderungseingaben im Nachlassverfahren. Das genannte Schreiben war an die geschädigten Kunden des Unterneh-
  46. - 4 -
  47. mens gerichtet; in ihm stellte der Beklagte zu 1 seine Anwaltskanzlei und das
  48. Nachlassverfahren vor und erklärte die Bereitschaft, die Geschädigten im Nachlassverfahren zu vertreten. Die klägerischen Anwälte vervielfältigten die Unterlagen und leiteten sie mit einem Anschreiben an ihre Mandanten weiter, unter
  49. anderem an den Kläger. Der Kläger gab die Unterlagen unterschrieben unter
  50. dem Datum des 11. Januar 2011 an seine Anwälte zurück, die sie an die Beklagten zu 1 und 2 weiterleiteten. Danach hatte der Kläger die Beklagten zu 1
  51. und 2 mit der Forderungseingabe in das Nachlassverfahren und der Vertretung
  52. in den Gläubigerversammlungen beauftragt. Auftragsgemäß meldete der Beklagte zu 1 die klägerischen Forderungen im Nachlassverfahren an und stimmte
  53. in der Gläubigerversammlung am 7. November 2011 auch namens des Klägers
  54. dem Nachlassvertrag mit Vermögensabtretung zwischen dem Unternehmen
  55. und seinen Gläubigern vorbehaltlos zu.
  56. 4
  57. Parallel zum Nachlassverfahren verklagte der Kläger einen ehemaligen
  58. stellvertretenden Direktor und den ehemaligen Präsidenten des Verwaltungsrats des Unternehmens auf Schadensersatz. Die Klage wurde abgewiesen, weil
  59. in Deutschland kein Gerichtsstand begründet sei. Die klägerische Berufung gegen dieses Urteil wurde zurückgewiesen; zwar seien die deutschen Gerichte
  60. international zuständig, doch sei die Klage unbegründet, weil die Schadensersatzansprüche des Klägers nach dem anzuwendenden Schweizer Recht gemäß Artikel 303 Abs. 2 des Bundesgesetzes über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG) untergegangen seien. Nach dieser Regelung wahrt ein Gläubiger,
  61. welcher dem Nachlassvertrag zugestimmt hat, seine Rechte gegen Mitschuldner, Bürgen und Gewährspflichtige nur, sofern er ihnen mindestens zehn Tage
  62. vor der Gläubigerversammlung deren Ort und Zeit mitgeteilt und ihnen die Abtretung seiner Forderung gegen Zahlung angeboten hat.
  63. - 5 -
  64. 5
  65. Nunmehr verlangt der Kläger wegen des Verlusts dieser Ansprüche von
  66. den Beklagten Schadensersatz in Höhe von 32.044,11 €. Das Landgericht hat
  67. durch Zwischenurteil festgestellt, dass es international zuständig ist. Die Berufung der Beklagten hiergegen ist erfolglos geblieben. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision möchten die Beklagten die Verwerfung der Klage wegen fehlender internationaler Zuständigkeit erreichen.
  68. II.
  69. 6
  70. Nach Auffassung des Berufungsgerichts ist das angerufene Landgericht
  71. Siegen nach Art. 16 Abs. 1, Art. 15 Abs. 1 Buchst. c Fall 2 des LuganoÜbereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 30. Oktober 2007
  72. (künftig: LugÜ 2007 oder Lugano-Übereinkommen) international zuständig. Gegenstand der Klage seien Ansprüche des Klägers aus einem Vertrag, welchen
  73. er als Verbraucher geschlossen habe. Die Beklagten zu 1 und 2 hätten ihre Tätigkeit auf Deutschland als Wohnsitzstaat des Klägers sowohl durch ihren Internetauftritt als auch durch ihr Schreiben vom 3. Januar 2011 ausgerichtet, als sie
  74. die Mandanten der klägerischen Rechtsanwälte, auch den Kläger, am 3. Januar
  75. 2011 werbend angeschrieben und dem Anschreiben Auftrags- und Vollmachtformulare beigefügt hätten. Auch die Beklagte zu 3 könne im Verbrauchergerichtsstand in Deutschland verklagt werden. Sie sei zwar nicht selbst Vertragspartner des Klägers geworden, habe den Vertrag jedoch durch Übernahme der
  76. Mandate der vorher bestehenden Anwaltsgesellschaft übernommen und könne
  77. deswegen als Rechtsnachfolgerin im Verbrauchergerichtsstand verklagt werden.
  78. - 6 -
  79. III.
  80. 7
  81. Die statthafte Revision gegen das Zwischenurteil (§ 280 Abs. 2 Satz 1
  82. ZPO) ist zulässig. Doch liegen die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision nicht vor. Die Revision hat auch keine Aussicht auf Erfolg (§ 552a Satz 1
  83. ZPO).
  84. 8
  85. 1. Das Berufungsgericht hat die Revision wegen der Frage zugelassen,
  86. ob die Beklagten zu 1 und 2 ihre Tätigkeit auf den Wohnsitzstaat des Klägers
  87. ausgerichtet haben. Diese Frage ist nicht mehr klärungsbedürftig, weil sie der
  88. Senat mit Urteil vom 9. Februar 2017 (IX ZR 67/16, WM 2017, 565) entschieden
  89. hat.
  90. 9
  91. 2. Die Revision hat auch keine Aussicht auf Erfolg.
  92. 10
  93. a) Die Wertung des Berufungsgerichts, die Beklagten zu 1 und 2 hätten
  94. ihre anwaltliche Tätigkeit auf Deutschland ausgerichtet, hält der eingeschränkten revisionsrechtlichen Überprüfung stand (vgl. BGH, aaO Rn. 28). Dabei kann
  95. der Senat dahinstehen lassen, ob die Beklagten zu 1 und 2 allein durch die
  96. Ausgestaltung der Internetseite ihre anwaltliche Tätigkeit gerade auch auf
  97. Deutschland ausgerichtet haben. Denn jedenfalls die Gesamtschau von Internetseite und den von den Beklagten zu 1 und 2 vorgenommenen Tätigkeiten,
  98. um den Vertragsschluss zu erreichen, ergibt das Ausrichten ihrer Tätigkeit gerade auch auf Deutschland.
  99. 11
  100. aa) Die Internetseite der Beklagten zu 1 und 2 enthält allerdings allenfalls
  101. schwache Anhaltspunkte für ein Ausrichten ihrer Anwaltstätigkeit auf Deutschland. Doch belegt der Internetauftritt, dass die Beklagten zu 1 und 2 ihre Tätig-
  102. - 7 -
  103. keit auch auf Mandanten aus dem Ausland ausgerichtet haben, ohne Verbraucher als Mandanten auszuschließen. Dabei hat der Kläger mit der Vorlage eines Ausdrucks der aktuellen Internetseite der Beklagten zu 3 das Erforderliche
  104. getan, um den Inhalt der Internetseite der Beklagten zu 1 und 2 zum Zeitpunkt
  105. des Vertragsschlusses frühestens im Januar 2011 zu beschreiben. Es hätte
  106. nunmehr den Beklagten oblegen, diesen Vortrag gemäß § 138 Abs. 2 ZPO
  107. substantiiert zu bestreiten (BGH, aaO Rn. 30 f).
  108. 12
  109. Auf der in deutscher und englischer Sprache abgefassten Internetseite
  110. warben die Beklagten zu 1 und 2 damit, ihre Rechtsanwälte sprächen neben
  111. Deutsch und Englisch Französisch, Italienisch, Spanisch und Tibetisch, wovon
  112. nur Deutsch, Französisch und Italienisch Landessprachen sind. Weiter haben
  113. die Beklagten zu 1 und 2 darauf hingewiesen, Personen und Unternehmen aus
  114. der Schweiz und aus dem Ausland zu vertreten. Sie boten eine international
  115. ausgerichtete Rechtsberatung an und warben mit internationalen Kompetenzen.
  116. Sie verwendeten einen anderen Domänennamen oberster Stufe als den der
  117. Schweiz; Telefonnummer und Anschrift waren mit Auslandsvorwahl und Länderkennzeichen versehen. Interessenten konnten über die Internetseite, die von
  118. Deutschland aus zu erreichen war, Kontakt zu den Beklagten aufnehmen (vgl.
  119. BGH, aaO Rn. 33). Dass den angebotenen Dienstleistungen in Bezug auf die
  120. forensische Tätigkeit der internationale Charakter fehlte, hindert die nationalen
  121. Gerichte nicht, aufgrund einer Gesamtwürdigung aller festgestellten Indizien
  122. dennoch ein Ausrichten der Tätigkeit auf einen anderen Staat anzunehmen.
  123. Denn keines der vom Europäischen Gerichtshof aufgestellten Kriterien ist für
  124. sich alleine für die Annahme des Merkmals des Ausrichtens erforderlich oder
  125. ausschlaggebend. Der Europäische Gerichtshof misst dem Indiz des internationalen Charakters der Tätigkeit zudem nur eine begrenzte Wirkung zu (BGH,
  126. aaO Rn. 34 f mwN).
  127. - 8 -
  128. 13
  129. bb) Das Berufungsgericht durfte in dem Schreiben der Beklagten zu 1
  130. und 2 vom 3. Januar 2011 ein Werbeschreiben sehen, durch das ein Ausrichten
  131. begründet wird (vgl. BGH, aaO Rn. 25). Die Beklagten zu 1 und 2 haben mit
  132. ihrem Schreiben nicht nur einem die Bedingungen eines Anwaltsmandats erfragenden Interessenten geantwortet, sondern ihnen weder namentlich noch in der
  133. Zahl bekannte Mandanten der klägerischen Anwaltskanzlei beworben, um sie
  134. zu einem Vertragsschluss zu veranlassen. Weiter haben sie ihnen entweder ein
  135. ausdrückliches Angebot oder aber eine Aufforderung zur Abgabe eines Angebots gemacht. Dadurch haben sie ihren Willen zum Ausdruck gebracht, in
  136. Deutschland ansässige Mandanten zum Abschluss eines Anwaltsvertrages zu
  137. motivieren (vgl. BGH, aaO Rn. 39 ff). Einen faktisch bereits ausgehandelten
  138. Anwaltsvertrag hat es ausweislich des Anschreibens vom 3. Januar 2011 nicht
  139. gegeben (BGH, aaO Rn. 40). Der Verbrauchergerichtsstand kann auch nicht
  140. deswegen verneint werden, weil der Kläger den Anwaltsvertrag mit den Beklagten zu 1 und 2 letztlich aufgrund einer dahin gehenden Beratung und Empfehlung durch seine deutschen Anwälte geschlossen hat. Gegen das Merkmal des
  141. Ausrichtens spricht jedenfalls nicht die fehlende (oder über den Zurechnungszusammenhang zu modifizierende) Kausalität oder Motivation durch die absatzfördernde Tätigkeit des Unternehmers, weil diese nicht erforderlich ist. Für das
  142. Merkmal des Verbrauchers kommt es darüber hinaus auf eine tatsächlich vorhandene Schutzbedürftigkeit nicht an, solange der Vertragspartner eines gutgläubigen Unternehmers nicht den Eindruck erweckt, er handele zu beruflichen
  143. oder gewerblichen Zwecken (vgl. BGH, aaO Rn. 47). Zudem sind vorliegend
  144. den Beklagten zu 1 und 2 die absatzfördernden Handlungen der klägerischen
  145. Anwälte zuzurechnen. Die im Streitfall festgestellten Umstände sprechen für ein
  146. gemeinsames Vermarktungskonzept von klägerischen Anwälten und Beklagten.
  147. Deswegen ist die Empfehlung durch die klägerischen Anwälte, die Beklagten
  148. - 9 -
  149. zu 1 und 2 zu beauftragen, diesen als Unternehmer zuzurechnen, weil sie mit
  150. deren Wissen und Wollen als Teil des Konzeptes erfolgt ist (vgl. BGH, aaO
  151. Rn. 48 ff).
  152. 14
  153. b) Ohne Rechtsfehler hat das Berufungsgericht weiter festgestellt, dass
  154. der Kläger Verbraucher im Sinne von Art. 15 LugÜ 2007 ist.
  155. 15
  156. aa) Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs sind Verbraucher natürliche Personen, die zu einem privaten Zweck einen Vertrag
  157. schließen, der nicht einer beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit zugerechnet
  158. werden kann. Der Begriff des Verbrauchers ist eng auszulegen und nach der
  159. Stellung dieser Person innerhalb des konkreten Vertrages in Verbindung mit
  160. dessen Natur und Zielsetzung und nicht nach der subjektiven Stellung dieser
  161. Person zu bestimmen, so dass ein und dieselbe Person im Rahmen bestimmter
  162. Geschäfte als Verbraucher und im Rahmen anderer als Unternehmer angesehen werden kann. Es fallen nur Verträge unter diese Sonderregelung, die eine
  163. Einzelperson ohne Bezug zu einer beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit oder
  164. Zielsetzung und unabhängig von einer solchen schließt. Die Beweislast für die
  165. Verbrauchereigenschaft trägt derjenige, der sich darauf beruft (BGH, aaO Rn.
  166. 13).
  167. 16
  168. bb) Zutreffend hat das Berufungsgericht angenommen, dass der Kläger
  169. den Anwaltsvertrag allein zu nichtberuflichen und nichtgewerblichen Zwecken
  170. mit den Beklagten zu 1 und 2 geschlossen hat, weil er die dem Anwaltsvertrag
  171. zugrundeliegenden Kapitalanlagevertrag zu einem allein nichtberuflichen und
  172. nichtgewerblichen Zweck geschlossen hat. Es hat darauf verwiesen, dass der
  173. Kläger sowohl den Anwaltsvertrag als auch die Vermögensverwaltungsverträge
  174. im eigenen Namen ohne Bezug auf sein in der Rechtsform einer GmbH betrie-
  175. - 10 -
  176. benes Malergeschäft als Privatperson geschlossen hat und nicht als Vertreter
  177. seines Unternehmens. Dem Vertragsschluss mit dem Schweizer Unternehmen
  178. war eine Anlageberatung vorausgegangen, in der nach der privaten Lebenssituation des Klägers und seinen Anlagezielen gefragt worden ist. Das Unternehmen beglückwünschte den Kläger nach Vertragsschluss dazu, einen wichtigen Schritt für seine "private Vermögensbildung" getan zu haben. Daraus hat
  179. das Berufungsgericht geschlossen, dass dieser Vertrag dazu diente, privates
  180. Vermögen des Klägers anzulegen und zu verwalten. Anhaltspunkte dafür, dass
  181. das nach dem Willen der Anleger über Jahrzehnte hinweg einzuzahlende Kapital letztlich wieder dem Betriebsvermögen hätte zugeführt werden sollen, lägen
  182. nicht vor und seien auch nicht plausibel. Das gelte auch, wenn die Behauptung
  183. der Beklagten zutreffe, der Kläger habe die Mittel für die Geldanlagen in der
  184. Schweiz aus den (unversteuerten) Einnahmen des Malerbetriebes gezahlt.
  185. 17
  186. Gegen diese tatrichterliche Beweiswürdigung ist revisionsrechtlich nichts
  187. zu erinnern. Die grundsätzlich dem Tatrichter obliegende Beweiswürdigung
  188. kann vom Revisionsgericht lediglich daraufhin überprüft werden, ob sich der
  189. Tatrichter entsprechend dem Gebot des § 286 ZPO mit dem Streitstoff und den
  190. Beweisergebnissen auseinandergesetzt hat, die Beweiswürdigung also vollständig und rechtlich möglich ist und nicht gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze verstößt (BGH, aaO Rn. 15). Solche Fehler weist die Revision nicht nach.
  191. Sie rügt insoweit lediglich, das Berufungsgericht habe gehörswidrig den Vortrag
  192. der Beklagten übergangen, der Kläger sei deswegen als Unternehmer anzusehen, weil er die Erlöse aus der unternehmerischen Tätigkeit seiner Gesellschaft
  193. bei dem Schweizer Unternehmen angelegt habe, die er als Bargeld am deutschen Fiskus vorbei in die Schweiz geschafft habe. Das angelegte Geld entstamme deswegen nicht seinem Privatvermögen und sei auch nicht aus dem
  194. Betriebsvermögen in sein Privatvermögen überführt worden. Der Kläger hätte
  195. - 11 -
  196. substantiiert vortragen und nachweisen müssen, dass er die angelegten Gelder
  197. in sein Privatvermögen überführt und dann aus seinem Privatvermögen in die
  198. Schweiz transferiert habe. Deswegen entbehre die Auffassung des Berufungsgerichts, der Kläger habe als Verbraucher gehandelt, jeder tragfähigen Grundlage.
  199. 18
  200. Der behauptete Gehörsverstoß liegt nicht vor. Das Berufungsgericht hat
  201. den Vortrag der Beklagten berücksichtigt, es kam auf diesen Vortrag nach der
  202. Rechtsansicht des Berufungsgerichts jedoch nicht an. Diese Ansicht des Berufungsgerichts ist auch richtig, weil der Vortrag unerheblich ist. Auch wenn der
  203. Kläger das Geld für die Kapitalanlagen aus dem (unversteuerten) Betriebsvermögen der Gesellschaft entnommen haben sollte, um dieses selbst am deutschen Fiskus vorbei in eigenem Namen in der Schweiz anzulegen, verfolgte der
  204. seinem Wortlaut und Inhalt nach auf eine solche private Vermögensanlage
  205. ausgerichtete Anlagevertrag keine beruflichen oder gewerblichen Zwecke. Entgegen der Ansicht der Beklagten ist die (möglicherweise strafrechtlich relevante) Herkunft des Geldes für die Zweckbestimmung unerheblich. Denn anderenfalls würde der Verbrauchergerichtsstand eine internationale Zuständigkeit selten begründen können, weil ein Verbraucher die Geldmittel für seine privaten
  206. Geschäfte regelmäßig mit beruflichen Einnahmen erwirtschaftet (BGH, aaO
  207. Rn. 17).
  208. 19
  209. Soweit die Beklagten unter Hinweis auf § 286 ZPO rügen, dass das Berufungsgericht nicht ohne Nachweis den Angaben des informatorisch angehörten Klägers habe glauben dürfen, das Geld für die Kapitalanlagen in der
  210. Schweiz stamme von seiner Ehefrau und aus der Veräußerung mehrerer amerikanischer Motorräder, beruht das Urteil hierauf nicht. Denn das Berufungsgericht hat alternativ den Vortrag der Beklagten zur Herkunft des Geldes unter-
  211. - 12 -
  212. stellt und ist zu dem - zutreffenden - Ergebnis gelangt, auf die Herkunft des
  213. Geldes komme es aufgrund der konkreten Vertragsgestaltung des Anwaltsvertrages und der Vermögensanlageverträge rechtlich nicht an. Soweit die Revision geltend macht, die fehlende Verbrauchereigenschaft des Klägers ergebe
  214. sich daraus, dass er im Vorprozess gebeten habe, die Gerichtskostenrechnung
  215. aus steuerlichen Gründen auf seinen Namen und seine Anschrift auszustellen,
  216. liegt der behauptete Verfahrensverstoß nicht vor. Denn auch in dem Vorprozess
  217. hat der Kläger unter eigenem Namen und nicht im Namen seiner GmbH geklagt.
  218. 20
  219. Die Geschäfte des Klägers im Zusammenhang mit der Verwaltung eigenen Privatvermögens lassen ihn nicht zum Unternehmer werden. Insbesondere
  220. steht das Vorliegen eines Gewinninteresses der Einordnung seiner Person als
  221. Verbraucher nicht entgegen. Ob etwas anderes gilt, wenn die Anlage einer Privatperson einen solchen Umfang annimmt, dass sie eine kaufmännische Organisation erforderlich macht, kann dahin stehen, weil dies auf den Kläger nicht
  222. zutrifft (vgl. BGH, aaO Rn. 18).
  223. 21
  224. Die Beklagten zu 1 und 2 können sich auch nicht darauf berufen, dass
  225. der Kläger durch sein Verhalten gegenüber seinen künftigen Vertragspartnern
  226. bei diesen den Eindruck erweckt habe, er handele zu beruflich-gewerblichen
  227. Zwecken, und diese den nichtberuflich-gewerblichen Zweck des Geschäftes
  228. deswegen nicht hätten erkennen müssen. Der Kläger ist ihnen gegenüber nie
  229. unter einer Berufsbezeichnung, sondern als Privatperson aufgetreten. Ebenso
  230. wenig ergab sich aus dem Anlagevertrag, der Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit war, ein Bezug zu einer beruflichen Tätigkeit des Klägers. Die Beklagten
  231. zu 1 und 2 haben die Forderungen des Klägers aus den Anlageverträgen im
  232. Nachlassverfahren nicht unter der Firma des klägerischen Unternehmens an-
  233. - 13 -
  234. gemeldet. Sie hatten deswegen keine Anhaltspunkte, die sie hätten berechtigen
  235. können, von einem beruflichen Zweck des Anwalts- und des Anlagevertrages
  236. auszugehen (vgl. BGH, aaO Rn. 19).
  237. 22
  238. c) Der
  239. Verbrauchergerichtsstand
  240. nach
  241. Art. 15
  242. Abs. 1
  243. Buchst. c
  244. LugÜ 2007 ist auch im Verhältnis zu der Beklagten zu 3 gegeben, wie das Berufungsgericht zutreffend entschieden hat. Allerdings wurde die Beklagte zu 3
  245. erst nach Abschluss des Anwaltsvertrages gegründet, sie wurde daher nicht
  246. originär Vertragspartnerin des Klägers im Sinne der genannten Regelung. Doch
  247. hat der Kläger unter Verweis auf den Handelsregisterauszug vom 4. November
  248. 2014 vorgetragen, die Beklagte zu 3 habe bei der Gründung das Geschäft der
  249. nicht im Handelsregister eingetragenen einfachen Gesellschaft T.
  250. Rechtsanwälte, übernommen, und zwar mit allen Aktiven und Passiven.
  251. Nach dem Vortrag des Klägers hat dies nach Schweizer Recht zur Folge, dass
  252. die Beklagte zu 3 dem Kläger neben den Beklagten zu 1 und 2 als Gesamtschuldnerin hafte. Dann aber bleibt es bei dem Verbrauchergerichtsstand auch
  253. gegenüber der Beklagten zu 3. Für die Annahme der internationalen Zuständigkeit am Wohnsitz des Verbrauchers ist es unerheblich, ob dieser den Vertragspartner oder einen Rechtsnachfolger des Vertragspartners des Verbrauchervertrages nach Art. 15 Abs. 1 Buchst. c/Art. 17 Abs. 1 Buchst. c EuGVVO aF/nF,
  254. Art. 15 Abs. 1 Buchst. c LugÜ 2007 verklagt. In beiden Fällen ist der Verbrauchergerichtsstand gegeben (BGH, aaO Rn. 52 f).
  255. 23
  256. Im Rahmen der Prüfung der Zuständigkeit nach dem LuganoÜbereinkommen ist es nicht erforderlich, zu strittigen Tatsachen, die sowohl für
  257. die Frage der Zuständigkeit als auch für das Bestehen des geltend gemachten
  258. Anspruchs von Relevanz sind, ein umfassendes Beweisverfahren durchzuführen. Das angerufene Gericht prüft im Stadium der Prüfung der internationalen
  259. - 14 -
  260. Zuständigkeit weder die Zulässigkeit noch die Begründetheit der Klage nach
  261. den Vorschriften des nationalen Rechts, sondern ermittelt nur die Anknüpfungspunkte mit dem Staat des Gerichtsstands, die seine Zuständigkeit nach
  262. dieser Bestimmung rechtfertigen. Daher darf das nationale Gericht, soweit es
  263. nur um die Prüfung seiner Zuständigkeit nach der genannten Bestimmung geht,
  264. die einschlägigen Behauptungen des Klägers zu den die internationale Zuständigkeit begründenden Merkmalen als erwiesen ansehen (BGH, aaO Rn. 54).
  265. 24
  266. 3. Hat mithin die Revision keine Aussicht auf Erfolg, steht die grundsätzliche Klärung entscheidungserheblicher Rechtsfragen erst nach Einlegung der
  267. vom Berufungsgericht zugelassenen Revision einer Revisionszurückweisung
  268. - 15 -
  269. durch Beschluss nach § 552a ZPO nicht entgegen (BGH, Beschluss vom
  270. 15. Februar 2017- IV ZR 373/13, nv Rn. 13; Zöller/Heßler ZPO, 31. Aufl.,
  271. § 552a Rn. 3).
  272. Kayser
  273. Lohmann
  274. Möhring
  275. Pape
  276. Meyberg
  277. Hinweis: Das Revisionsverfahren ist durch Revisionsrücknahme erledigt
  278. worden.
  279. Vorinstanzen:
  280. LG Siegen, Entscheidung vom 22.05.2015 - 2 O 224/14 OLG Hamm, Entscheidung vom 31.05.2016 - I-28 U 99/15 -