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1 year ago
  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. BESCHLUSS
  3. IX ZB 3/15
  4. vom
  5. 22. Oktober 2015
  6. in dem Insolvenzverfahren
  7. Nachschlagewerk:
  8. ja
  9. BGHZ:
  10. nein
  11. BGHR:
  12. ja
  13. InsO § 20 Abs. 2, § 289 Abs. 2 aF
  14. a) Wird das Insolvenzverfahren auf einen Gläubigerantrag eröffnet, kann ein während des laufenden Insolvenzverfahrens gestellter Antrag des Schuldners auf
  15. Restschuldbefreiung nicht wegen verspäteter Antragstellung als unzulässig verworfen werden, wenn das Insolvenzgericht den Schuldner nicht rechtzeitig über
  16. die Notwendigkeit eines Eigenantrags verbunden mit einem Antrag auf Restschuldbefreiung belehrt und ihm hierfür eine bestimmte richterliche Frist gesetzt
  17. hat (Ergänzung zu BGHZ 162, 181).
  18. b) Ist dem Schuldner vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens auf Antrag eines Gläubigers keine ausreichende Belehrung erteilt worden, kann ihm nach Eröffnung eine mindestens zweiwöchige Frist zur Stellung eines isolierten Restschuldbefreiungsantrags gesetzt werden. Andernfalls ist ein solcher Antrag bis zur Aufhebung
  19. des laufenden Insolvenzverfahrens zulässig.
  20. BGH, Beschluss vom 22. Oktober 2015 - IX ZB 3/15 - LG Düsseldorf
  21. AG Düsseldorf
  22. - 2 -
  23. Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Richter Vill, die Richterin Lohmann, die Richter Dr. Pape, Grupp und die Richterin Möhring
  24. am 22. Oktober 2015
  25. beschlossen:
  26. Auf die Rechtsbeschwerde des Schuldners wird der Beschluss der
  27. 25. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf vom 18. Dezember
  28. 2014 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Entscheidung,
  29. auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das
  30. Beschwerdegericht zurückverwiesen.
  31. Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf
  32. 5.000 € festgesetzt.
  33. Gründe:
  34. I.
  35. 1
  36. Am 18. März 2005 stellte ein Gläubiger des als niedergelassener Zahnarzt tätigen Schuldners den Antrag, über dessen Vermögen das Insolvenzverfahren zu eröffnen. Das Insolvenzgericht übermittelte dem Schuldner diesen
  37. Antrag und wies ihn mit Verfügung vom 24. März 2005 darauf hin, dass er einen
  38. Antrag auf Restschuldbefreiung nur dann stellen könne, wenn er selbst die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über sein Vermögen beantrage. Auf diesen
  39. Hinweis reagiert der Schuldner nicht. Am 1. Oktober 2005 eröffnete das Insol-
  40. - 3 -
  41. venzgericht das Insolvenzverfahren. In diesem Verfahren legte der Schuldner
  42. im Oktober 2007 einen Insolvenzplan vor, in dessen Vergleichsrechnung er davon ausging, einen Antrag auf Restschuldbefreiung gestellt zu haben. Auf Hinweis des Insolvenzgerichts, in dem Plan werde zu Unrecht ein Restschuldbefreiungsantrag unterstellt, ließ der Schuldner den Insolvenzplan Anfang 2008
  43. zurücknehmen.
  44. 2
  45. In dem bis dahin nicht abgeschlossenen Insolvenzverfahren stellte der
  46. Schuldner mit einem am 20. Juni 2012 beim Insolvenzgericht eingegangenen
  47. Schriftsatz Antrag auf Restschuldbefreiung. In diesem Antrag machte er geltend, zu Beginn des Verfahrens auf die Möglichkeit der Restschuldbefreiung
  48. nicht hingewiesen worden zu sein. Hierauf beraumte das Insolvenzgericht einen
  49. Termin zur Entscheidung über die Restschuldbefreiung an, in dem die weiteren
  50. Beteiligten zu 1 und 2 den Antrag stellten, dem Schuldner die Restschuldbefreiung zu versagen.
  51. 3
  52. Mit Beschluss vom 10. April 2013 hat das Insolvenzgericht dem Schuldner die Restschuldbefreiung wegen der Verletzung von Mitwirkungspflichten im
  53. Verfahren versagt. Die hiergegen gerichtete Beschwerde des Schuldners ist
  54. erfolglos geblieben. Hiergegen wendet sich der Schuldner mit seiner vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde.
  55. II.
  56. 4
  57. Der Insolvenzantrag gegen den Schuldner ist vor dem 1. Juli 2014 gestellt worden; auf diesen Antrag sind deshalb nach Art. 103h Satz 1 EGInsO die
  58. bis dahin geltenden gesetzlichen Vorschriften weiter anzuwenden.
  59. - 4 -
  60. III.
  61. 5
  62. Die gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO, § 6 Abs. 1, § 289 Abs. 2
  63. Satz 1 InsO aF statthafte Rechtsbeschwerde ist zulässig. Sie führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung, soweit der Restschuldbefreiungsantrag
  64. als unzulässig verworfen worden ist, und zur Zurückverweisung der Sache an
  65. das Beschwerdegericht.
  66. 6
  67. 1. Das Beschwerdegericht, dessen Entscheidung in ZInsO 2015, 365
  68. veröffentlicht ist, hat ausgeführt, der Antrag auf Restschuldbefreiung sei nicht
  69. rechtzeitig gestellt. Zwar könne ein Schuldner, dem im Insolvenzeröffnungsverfahren keine richterliche Frist für die Stellung eines Eigenantrags gesetzt worden sei, grundsätzlich auch im bereits eröffneten Verfahren bis zu dessen Aufhebung oder Einstellung einen Antrag auf Restschuldbefreiung stellen, ohne
  70. dass es noch eines eigenen Insolvenzantrags bedürfe. Diese Möglichkeit entfalle aber dann, wenn den Schuldner ein schwerwiegendes Mitverschulden treffe,
  71. etwa weil er seinen Antrag zumindest grob fahrlässig erheblich verzögere, obwohl ihm die gesetzliche Möglichkeit der Restschuldbefreiung zumindest im
  72. Kern bekannt sei und sich ihm das Erfordernis einer klarstellenden Anfrage bei
  73. dem Insolvenzgericht aufdrängen müsse. Entsprechenden Anlass habe er
  74. schon aufgrund der Verfügung des Insolvenzgerichts vom 24. März 2005 gehabt, mit der ihm der unvollständige Hinweis auf die Möglichkeit einer Restschuldbefreiung zugegangen sei. Anlass für eine Rückfrage beim Insolvenzgericht habe ferner nach Zugang des Hinweises auf den fehlenden Restschuldbefreiungsantrag nach Vorlage seines Insolvenzplans im Jahr 2007 bestanden.
  75. Soweit der Schuldner den Zugang des gerichtlichen Hinweises vom 24. März
  76. 2005 bestreite, reiche es für den Nachweis des Zugangs aus, dass der Zusteller
  77. in der Wohnung des Schuldners eine Person angetroffen habe, die dem Zustel-
  78. - 5 -
  79. ler gegenüber als in der Familie beschäftigte Person aufgetreten sei und das
  80. Schreiben entgegengenommen habe. Die daraus folgenden Beweisanzeichen
  81. habe der Schuldner nicht entkräftet.
  82. 7
  83. 2. Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.
  84. Der im Juni 2012 beim Insolvenzgericht eingegangene Antrag des Schuldners
  85. auf Restschuldbefreiung ist zulässig, weil er innerhalb des laufenden Insolvenzverfahrens gestellt und der Schuldner zu keinem Zeitpunkt darauf hingewiesen
  86. worden ist, dass er den Restschuldbefreiungsantrag innerhalb einer bestimmten
  87. Frist zu stellen habe.
  88. 8
  89. a) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist es dem Schuldner verwehrt, im eröffneten Verfahren einen Antrag auf Restschuldbefreiung zu
  90. stellen, wenn er vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über sein Vermögen
  91. auf Antrag eines Gläubigers auf die Möglichkeit hingewiesen worden ist, zur
  92. Erreichung der Restschuldbefreiung einen eigenen Insolvenzantrag verbunden
  93. mit einem Antrag auf Restschuldbefreiung zu stellen, und wenn ihm hierfür eine
  94. richterliche Frist gesetzt worden ist, bei der es sich allerdings nicht um eine
  95. Ausschlussfrist handelt (BGH, Beschluss vom 17. Februar 2005 - IX ZB 176/03,
  96. BGHZ 162, 181; vom 3. Juli 2008 - IX ZB 182/07, ZInsO 2008, 924 Rn. 14 ff;
  97. vom 25. September 2008 - IX ZB 1/08, ZInsO 2008, 1138 Rn. 6 f; vom 7. Mai
  98. 2009 - IX ZB 202/07, ZInsO 2009, 1171 Rn. 6; vom 4. Dezember 2014 - IX ZB
  99. 5/14, ZInsO 2015, 90 Rn. 8; vom 9. Juli 2015 - IX ZB 68/14, ZInsO 2015, 1734
  100. Rn. 20). Hat das Insolvenzgericht den Schuldner entsprechend belehrt, kann er
  101. nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens auf Antrag des Gläubigers keinen zulässigen Eigenantrag mehr stellen. Damit scheidet auch ein Antrag auf Restschuldbefreiung aus. Ist ein solcher Hinweis dagegen nicht oder nur unvollständig - etwa ohne die erforderliche Fristsetzung - ergangen, soll der Schuldner
  102. - 6 -
  103. nicht aus Rechtsunkenntnis die Chance auf Restschuldbefreiung verlieren. Ein
  104. fehlerhafter, unvollständiger oder verspäteter Hinweis des Insolvenzgerichts
  105. darf dem Schuldner nicht zum Nachteil gereichen (BGH, Beschluss vom 9. Juli
  106. 2015, aaO Rn. 20 mwN). Deswegen ist es in einem solchen Fall ausreichend,
  107. dass der Schuldner nach Verfahrenseröffnung lediglich einen (isolierten) Antrag
  108. auf Restschuldbefreiung stellt (BGH, Beschluss vom 9. Juli 2015, aaO).
  109. 9
  110. Zwar hat das Insolvenzgericht den Schuldner in der Verfügung vom
  111. 24. März 2005 gemäß § 20 Abs. 2 InsO auf die Möglichkeit einer Eigenantragstellung und eines Restschuldbefreiungsantrags hingewiesen. Eine Fristsetzung
  112. für einen solchen Antrag ist jedoch unterblieben, so dass ein vollständiger Hinweis nicht erfolgt ist. Der Schuldner, der nach der am 1. Oktober 2005 erfolgten
  113. Eröffnung des Insolvenzverfahrens keinen zulässigen Eigenantrag mehr stellen
  114. konnte (vgl. BGH, Beschluss vom 17. Februar 2005 - IX ZB 176/03, BGHZ 162,
  115. 181, 183), hatte deshalb ausnahmsweise die Möglichkeit, während des laufenden Verfahrens isoliert die Erteilung der Restschuldbefreiung zu beantragen.
  116. Hiervon hat er mit seinem am 20. Juni 2012 beim Insolvenzgericht eingegangenen Schriftsatz seines Verfahrensbevollmächtigten in zulässiger Art und Weise
  117. Gebrauch gemacht.
  118. 10
  119. b) Soweit das Beschwerdegericht meint, den Schuldner treffe ein schweres Mitverschulden, weil er den Antrag auf Restschuldbefreiung in dem Verfahren nicht früher gestellt habe, überspannt es die Anforderungen an die Sorgfaltspflichten des nicht ordnungsgemäß belehrten Schuldners. Es kann deshalb
  120. dahingestellt bleiben, ob dem Schuldner das Schreiben des Insolvenzgerichts
  121. vom 24. März 2005 zugegangen ist. Selbst wenn er das Schreiben erhalten haben sollte, hätte es mangels Fristsetzung die Sperrwirkung des gerichtlichen
  122. - 7 -
  123. Hinweises für eine Antragsstellung des Schuldners während des auf Antrag des
  124. Gläubigers eröffneten Insolvenzverfahrens nicht ausgelöst.
  125. 11
  126. aa) Ein schweres Mitverschulden des Schuldners, welches nach Auffassung des Beschwerdegerichts darin liegen soll, dass er nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens trotz Kenntnis der Möglichkeit einer Restschuldbefreiung,
  127. welche er der Verfügung vom 24. März 2005 entnehmen konnte, nicht alsbald
  128. einen entsprechenden Antrag gestellt hat, ist schon deshalb nicht anzunehmen,
  129. weil der Schuldner zu keinem Zeitpunkt auf die Erforderlichkeit der Einhaltung
  130. einer bestimmten Frist hingewiesen worden ist, innerhalb derer er einen entsprechenden Antrag zu stellen habe. Aufgrund der fehlenden Fristsetzung in
  131. dem Schreiben vom 24. März 2005 ist eine Verletzung des Anspruchs des
  132. Schuldners auf rechtliches Gehör eingetreten. Hieran hat sich durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens nichts geändert.
  133. 12
  134. bb) Etwas anderes folgt nicht aus den Umständen, unter denen der
  135. Schuldner im Jahre 2007 einen Insolvenzplan vorgelegt und nach Hinweis auf
  136. das Fehlen eines Restschuldbefreiungsantrags wieder zurückgenommen hat.
  137. Auch in diesem Zusammenhang ist der Schuldner nicht auf die Möglichkeit hingewiesen worden, während des laufenden Insolvenzverfahrens einen isolierten
  138. Restschuldbefreiungsantrag zu stellen. Soweit das Beschwerdegericht meint,
  139. der Schuldner habe spätestens jetzt Anlass gehabt, beim Insolvenzgericht
  140. nachzufragen, ob und unter welchen Voraussetzungen er einen Antrag auf
  141. Restschuldbefreiung noch stellen könne, führt dies nicht zur Unzulässigkeit des
  142. Antrags. Eine derartige Obliegenheit des Schuldners, deren Nichterfüllung zur
  143. Unzulässigkeit eines später gestellten Restschuldbefreiungsantrags führen soll,
  144. kann nicht angenommen werden, solange der Schuldner nicht auf die Möglichkeit hingewiesen worden war, aufgrund der fehlerhaften Belehrung während
  145. - 8 -
  146. des laufenden Insolvenzverfahrens einen isolierten Antrag auf Restschuldbefreiung zu stellen. Würde man den später gestellten Antrag ungeachtet des fehlenden Hinweises als unzulässig ansehen, erlitte der Schuldner aus Rechtsunkenntnis Nachteile, welche durch die strenge gerichtliche Hinweispflicht vermieden werden sollen (vgl. BGH, Beschluss vom 17. Februar 2005, aaO S. 186).
  147. 13
  148. cc) Das Insolvenzgericht hätte allerdings die Möglichkeit gehabt, den
  149. Schuldner nach Eröffnung des Verfahrens - etwa aus Anlass der gescheiterten
  150. Durchführung des Insolvenzplanverfahrens - darauf hinzuweisen, dass er nunmehr einen isolierten Antrag auf Restschuldbefreiung verbunden mit einer Abtretungserklärung nach § 287 Abs. 2 InsO innerhalb einer bestimmten Frist stellen könne, nach deren Ablauf ein solcher Antrag unzulässig werde. In diesem
  151. Fall wäre der nach Fristablauf isoliert gestellte Antrag auf Restschuldbefreiung
  152. unzulässig gewesen.
  153. 14
  154. Aus § 20 Abs. 2, § 287 Abs. 1 Satz 2, § 306 Abs. 3 Satz 1 InsO ist zu
  155. entnehmen, dass die Insolvenzordnung von dem Willen getragen ist, möglichst
  156. frühzeitig Klarheit über die Frage zu gewinnen, ob der Schuldner eine Restschuldbefreiung anstrebt (vgl. BGH, Beschluss vom 17. Februar 2005 - IX ZB
  157. 176/03, BGHZ 162, 181, 184; BT-Drucks. 14/5680 S. 24; Pape in Kübler/
  158. Prütting/Bork, InsO, 2005, § 20 Rn. 70; Uhlenbruck/Zipperer, InsO, 14. Aufl.,
  159. § 20 Rn. 46). Die Beantwortung dieser Frage hat erhebliche Bedeutung für die
  160. vom Schuldner im Verfahren zu erfüllenden Pflichten. Diese Klarheit muss auch
  161. noch nach Eröffnung gewonnen werden können, wenn ein isolierter Restschuldbefreiungsantrag zulässig bleibt. Dies gilt künftig insbesondere auch im
  162. Hinblick auf die für sämtliche Schuldner in den seit dem 1. Juli 2014 beantragten Verfahren gemäß § 287b InsO geltende Erwerbsobliegenheit und die nach
  163. § 290 Abs. 2 Satz 1 InsO seither für die Gläubiger bestehende Möglichkeit, je-
  164. - 9 -
  165. derzeit schriftlich Anträge auf Versagung der Restschuldbefreiung zu stellen.
  166. Frühzeitig für Klarheit zu sorgen ist deshalb nicht nur in Verfahren, in denen der
  167. Schuldner einen eigenen Insolvenzantrag gestellt hat, sondern auch in solchen,
  168. die auf Antrag eines Gläubigers eröffnet worden sind (BGH, Beschluss vom
  169. 17. Februar 2005, aaO S. 184 f).
  170. 15
  171. Aus der Rechtsprechung zur Anschließung des Schuldners an den Antrag eines Gläubigers im Eröffnungsverfahren ist deshalb für das eröffnete Verfahren die Möglichkeit abzuleiten, dem Schuldner bei einem im Eröffnungsverfahren unterbliebenen, unvollständigen oder nicht mit einer Fristsetzung versehenen Hinweis nach Verfahrenseröffnung darauf hinzuweisen, dass er nunmehr
  172. die Möglichkeit hat, während des eröffneten Verfahren einen isolierten Antrag
  173. auf Restschuldbefreiung zu stellen. Erteilt das Insolvenzgericht dem Schuldner
  174. einen entsprechenden Hinweis, hat es ihm zugleich eine angemessene richterliche Frist zu setzen und ihn darüber zu belehren, dass er nach ungenutztem
  175. Verstreichenlassen dieser Frist in dem noch laufenden Insolvenzverfahren keinen zulässigen Antrag auf Restschuldbefreiung mehr stellen kann.
  176. 16
  177. Angemessen erscheint insoweit eine Frist, die nicht kürzer als zwei Wochen ist. Eine solche im Einzelfall auf Antrag verlängerbare Frist ist in der Regel
  178. ausreichend, um dem Schuldner die erforderliche Bedenkzeit einzuräumen.
  179. Anders als bei der im Eröffnungsverfahren für angemessen gehaltenen vierwöchigen Frist (BGH, Beschluss vom 17. Februar 2005, aaO S. 186) bedarf es
  180. einer derart langen Frist im eröffneten Verfahren, in dem das Erfordernis, einen
  181. eigenen Insolvenzantrag zu stellen, entfällt, im Regelfall nicht. Der Schuldner
  182. hat nur zu entscheiden, ob er einen Antrag auf Restschuldbefreiung stellt, den
  183. er gegebenenfalls mit einer Abtretungserklärung gemäß § 287 Abs. 2 InsO verbinden muss.
  184. - 10 -
  185. 17
  186. Im Streitfall hat das Insolvenzgericht von einer derartigen, ihm allerdings
  187. auch noch nicht bekannten Hinweismöglichkeit keinen Gebrauch gemacht. Ohne entsprechende Hinweise konnte der Schuldner seinen Restschuldbefreiungsantrag deshalb noch bis zum Ende des laufenden Insolvenzverfahrens
  188. stellen. Eine dem Schuldner vorwerfbare Antragsverzögerung scheidet aus.
  189. 18
  190. d) Dem Schuldner kann schließlich auch nicht als schuldhaftes Handeln,
  191. welches zur Unzulässigkeit des Antrags auf Restschuldbefreiung führen könnte,
  192. angelastet werden, dass er den Antrag auf Restschuldbefreiung erst nach dem
  193. am 1. Oktober 2011 eingetretenen Ablauf der sechsjährigen Frist gestellt hat,
  194. für die er seine Bezüge gemäß § 287 Abs. 2 InsO hätte abtreten müssen. Die
  195. Frist des § 287 Abs. 2 InsO läuft in jedem Fall ab dem Zeitpunkt der Eröffnung
  196. des Insolvenzverfahrens, nicht etwa ab dem Zeitpunkt des Eingangs des Restschuldbefreiungsantrags. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist
  197. in Altverfahren, in denen zum Zeitpunkt des Ablaufs der Abtretungserklärung
  198. gemäß § 287 Abs. 2 InsO das Insolvenzverfahren noch nicht abgeschlossen ist,
  199. über den Antrag auf Restschuldbefreiung von Amts wegen zu entscheiden
  200. (BGH, Beschluss vom 3. Dezember 2009 - IX ZB 247/08, BGHZ 183, 258
  201. Rn. 40; Beschluss vom 22. April 2010 - IX ZB 196/09, ZInsO 2010, 1011 Rn. 9;
  202. vom 13. Februar 2014 - IX ZB 23/13, ZInsO 2014, 603 Rn. 8). Auch aus dieser
  203. Rechtsprechung, die der Gesetzgeber mit der am 1. Juli 2014 in Kraft getretenen Neuregelung des § 300 Abs. 1 Satz 1, § 300a InsO in das Gesetz übernommen hat, ergibt sich nicht, dass der Schuldner den isolierten Antrag auf
  204. Restschuldbefreiung vor oder spätestens bis zum Ablauf der sechsjährigen Abtretungsfrist zu stellen hat. Ein gerichtlicher Hinweis ist in Verfahren, in welchen
  205. der Schuldner keine Restschuldbefreiung beantragt hat, mit dem Fristablauf
  206. nicht verbunden. Es bleibt deshalb dabei, dass er im Fall einer fehlerhaften Be-
  207. - 11 -
  208. lehrung über die Möglichkeit, einen Restschuldbefreiungsantrag zu stellen, diesen bis zur Aufhebung des laufenden Insolvenzverfahrens nachholen kann.
  209. IV.
  210. 19
  211. Der angefochtene Beschluss kann daher keinen Bestand haben. Er ist
  212. aufzuheben. Da die Sache nicht zur Endentscheidung reif ist, ist sie an das Beschwerdegericht zurückzuverweisen (§ 577 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Das Beschwerdegericht wird sich nun mit den von den Gläubigern geltend gemachten
  213. Versagungsgründen zu beschäftigen haben.
  214. Vill
  215. Lohmann
  216. Grupp
  217. Pape
  218. Möhring
  219. Vorinstanzen:
  220. AG Düsseldorf, Entscheidung vom 10.04.2013 - 511 IN 37/05 LG Düsseldorf, Entscheidung vom 18.12.2014 - 25 T 276/14 -