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1 year ago
  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. BESCHLUSS
  3. IX ZB 91/05
  4. vom
  5. 22. September 2005
  6. in dem Rechtsstreit
  7. Nachschlagewerk:
  8. BGHZ:
  9. ja
  10. nein
  11. InsO § 209 Abs. 1 Satz 2
  12. ZPO § 104
  13. Macht der Insolvenzverwalter mit den im Kostenfestsetzungsverfahren zulässigen
  14. Beweismitteln glaubhaft, dass gegenüber den Neumassegläubigern Masseunzulänglichkeit eingetreten ist, fehlt das Rechtsschutzinteresse für den Erlass eines
  15. Kostenfestsetzungsbeschlusses (Fortführung von BGH, Beschl. v. 17. März 2005
  16. - IX ZR 247/03, ZIP 2005, 817).
  17. BGH, Beschluss vom 22. September 2005 - IX ZB 91/05 - LG Dresden
  18. AG Dresden
  19. -2-
  20. Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
  21. Dr. Fischer, die Richter Raebel, Kayser, Cierniak und die Richterin Lohmann
  22. am 22. September 2005
  23. beschlossen:
  24. Auf die Rechtsbeschwerde der Klägerin wird der Beschluss der
  25. 2. Zivilkammer des Landgerichts Dresden vom 10. Februar 2005
  26. aufgehoben.
  27. Die Sache wird zur neuen Entscheidung - auch über die Kosten
  28. des Rechtsbeschwerdeverfahrens - an das Landgericht zurückverwiesen.
  29. Der Gegenstandswert für die Rechtsbeschwerdeinstanz wird auf
  30. 530,30 € festgesetzt.
  31. Gründe:
  32. I.
  33. Die Klägerin ist Verwalterin in dem am 2. August 2000 eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen der L.
  34. GmbH. Am 8. August 2000
  35. zeigte sie dem Insolvenzgericht die Masseunzulänglichkeit an. In ihrer Eigenschaft als Verwalterin erhob sie im Jahre 2003 Klage gegen die Beklagte. Das
  36. - 3 -
  37. Amtsgericht Dresden wies die Klage mit Urteil vom 15. Juli 2004 ab und erlegte
  38. der Klägerin die Kosten des Rechtsstreits auf.
  39. Auf den Antrag der Beklagten hat das Amtsgericht deren Kosten in Höhe
  40. von 530,30 € festgesetzt. Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde der
  41. Klägerin ist erfolglos geblieben. Hiergegen wendet sich die Klägerin mit der
  42. zugelassenen Rechtsbeschwerde.
  43. II.
  44. Die gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 2 ZPO statthafte und
  45. auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde ist begründet.
  46. 1. Der Senat hat mit Beschluss vom 17. März 2005 (IX ZB 247/03, ZIP
  47. 2005, 817, 818) entschieden, dass der Erlass eines Kostenfestsetzungsbeschlusses zugunsten eines Altmassegläubigers (§ 209 Abs. 1 Nr. 3 InsO) nach
  48. Anzeige der Masseunzulänglichkeit unzulässig ist. Zur Begründung hat der
  49. Senat ausgeführt, dass der Antragsteller wegen des in § 210 InsO angeordneten Vollstreckungsverbots - nicht anders als im Klageverfahren - kein Rechtsschutzinteresse für den Erlass eines Kostenfestsetzungsbeschlusses hat.
  50. 2. In dem hier zu entscheidenden Fall liegt eine Neumasseverbindlichkeit gemäß § 209 Abs. 1 Nr. 2 InsO vor, weil die Klägerin die Klage gegen die
  51. Beklagte nach der Anzeige der Masseunzulänglichkeit erhoben hat. Auch in
  52. einem solchen Fall kann das Rechtsschutzinteresse für den Erlass eines Kostenfestsetzungsbeschlusses fehlen (vgl. zur Leistungsklage BGHZ 147, 28,
  53. - 4 -
  54. 36 f; BAG ZIP 2003, 1850; ZInsO 2005, 50, 52; MünchKomm-InsO/Hefermehl,
  55. § 210 Rn. 23).
  56. a) Der Senat hat für das Klageverfahren entschieden, dass es in den
  57. Fällen der erneuten Masseunzulänglichkeit gegenüber den Neumassegläubigern geboten ist, auf eine entsprechende Einwendung des Insolvenzverwalters
  58. hin nur noch die Feststellungsklage zuzulassen. Allerdings hat der nur im Prozess vorgebrachte Einwand der Masseunzulänglichkeit nicht die verbindliche
  59. Wirkung einer Anzeige gemäß § 208 InsO. Vielmehr obliegen dem Insolvenzverwalter die Darlegung und der Nachweis der Masseunzulänglichkeit. Das
  60. Prozessgericht hat die Voraussetzungen der Masseunzulänglichkeit entsprechend § 287 Abs. 2 ZPO zu beurteilen (BGHZ 154, 358, 369; BGH, Urt. v.
  61. 4. Dezember 2003 - IX ZR 222/02, ZIP 2004, 326, 330; v. 29. April 2004
  62. - IX ZR 141/03, ZInsO 2004, 674, 676; v. 7. Juli 2005 - IX ZR 241/01 zu § 60
  63. KO, z.V.b.).
  64. b) Im Kostenfestsetzungsverfahren kann es sich grundsätzlich nicht anders verhalten. Denn das Kostenfestsetzungsverfahren ist lediglich ein im Vergleich zu einem klageweisen Vorgehen regelmäßig weniger aufwendiges Verfahren. Das Ziel, in beiden Fällen einen zur Vollstreckung geeigneten Titel zu
  65. schaffen, ist jedoch dasselbe. Deswegen müssen die Verfahren auch in dem
  66. hier gegebenen Zusammenhang gleich behandelt werden (vgl. BGH, Beschl. v.
  67. 17. März 2005, aaO).
  68. Allerdings kommt eine umfangreiche Beweisaufnahme über eine (erneute) Masseunzulänglichkeit im Kostenfestsetzungsverfahren nicht in Betracht.
  69. Entscheidend ist vielmehr, ob der Insolvenzverwalter mit den im Kostenfestset-
  70. - 5 -
  71. zungsverfahren zulässigen Beweismitteln (vgl. Musielak/Wolst, ZPO 4. Aufl.
  72. § 104 Rn. 18) darlegen und glaubhaft machen (§ 104 Abs. 2 Satz 1 ZPO) kann,
  73. dass
  74. nunmehr
  75. auch
  76. gegenüber
  77. den
  78. Neumassegläubigern
  79. Masse-
  80. unzulänglichkeit eingetreten ist (vgl. OLG Zweibrücken, Beschl. v. 20. August
  81. 2001 - 1 W 44/01 <juris>). Gelingt ihm dies nicht, ist der Titel zu erlassen und
  82. der Verwalter gegebenenfalls auf den Weg der Vollstreckungsabwehrklage zu
  83. verweisen (§ 794 Abs. 1, §§ 795, 767 ZPO; vgl. BAG ZInsO 2005, 50, 52;
  84. MünchKomm-InsO/Hefermehl, § 210 Rn. 21).
  85. c) Ob danach der Kostenfestsetzungsbeschluss gegen die Klägerin ergehen durfte, vermag der Senat nicht abschließend zu entscheiden. Die Klägerin hat im Kostenfestsetzungsverfahren geltend gemacht, dass "weiterhin Masseunzulänglichkeit besteht" und zum Beleg einen Kontoauszug vom 31. August
  86. 2004 vorgelegt, der ein Guthaben von 6.339,61 € ausweist. Die Klägerin hat
  87. nicht die mindestens drohende Zahlungsunfähigkeit (vgl. § 208 Abs. 1 Satz 2
  88. i.V.m. § 18 Abs. 2 InsO) des für Neumasseverbindlichkeiten gebildeten, abgesonderten Massebestandteils im Einzelnen dargelegt; dies war jedoch erforderlich (vgl. BGHZ 154, 358, 370). Die Anzeige der Unzulänglichkeit der Masse
  89. hat für eine Unzulänglichkeit der für die Neumassegläubiger zur Verfügung
  90. stehenden Masse keine Indizwirkung (BGH, Urt. v. 29. April 2004, aaO).
  91. III.
  92. Die angefochtene Entscheidung ist daher gemäß § 577 Abs. 4 Satz 1
  93. ZPO aufzuheben; die Sache ist zur erneuten Entscheidung zurückzuverweisen.
  94. Das Beschwerdegericht wird die Prüfung der Masseunzulänglichkeit gegenüber
  95. - 6 -
  96. den Neumassegläubigern, auf die es nach seiner Rechtsauffassung nicht ankam, nachzuholen haben.
  97. Vorsorglich weist der Senat darauf hin, dass ein Feststellungsausspruch
  98. nicht in Betracht kommt. Denn die Klägerin hat nicht eingewandt, der angefochtene Kostenfestsetzungsbeschluss sei sachlich oder rechnerisch unrichtig. Die
  99. Zulässigkeit eines solchen Ausspruchs im Kostenfestsetzungsverfahren kann
  100. daher auch hier dahinstehen (vgl. BGH, Beschl. v. 17. März 2005, aaO
  101. S. 818 f).
  102. Fischer
  103. Raebel
  104. Cierniak
  105. Kayser
  106. Lohmann