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1 year ago
  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. IM NAMEN DES VOLKES
  3. URTEIL
  4. IV ZR 329/05
  5. Verkündet am:
  6. 11. Oktober 2006
  7. Heinekamp
  8. Justizhauptsekretär
  9. als Urkundsbeamter
  10. der Geschäftsstelle
  11. in dem Rechtsstreit
  12. Nachschlagewerk: ja
  13. BGHZ:
  14. ja
  15. BGHR:
  16. ja
  17. _____________________
  18. AHB § 5 Nr. 7
  19. 1. Der Haftpflichtversicherer wird von § 5 Nr. 7 AHB uneingeschränkt zu Verhandlungen mit dem Geschädigten bevollmächtigt und tritt in der Regel dem Geschädigten
  20. auch als Vertreter des Schädigers gegenüber.
  21. 2. Erkennt der Versicherer unter diesen Voraussetzungen den Haftpflichtanspruch
  22. des Geschädigten gemäß § 208 BGB a.F. an, wird die Verjährung auch zu Lasten
  23. des versicherten Schädigers unterbrochen, und zwar auch insoweit, als der Versicherer wegen eines Selbstbehaltes oder Überschreitung der Deckungssumme den
  24. Schaden nicht selbst reguliert.
  25. 3. Will der Versicherer von seiner Vollmacht nur eingeschränkt Gebrauch machen,
  26. muss er dies dem Geschädigten gegenüber ausdrücklich klarstellen.
  27. BGH, Urteil vom 11. Oktober 2006 - IV ZR 329/05 - OLG Frankfurt am Main
  28. LG Darmstadt
  29. -2-
  30. Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch die Richter
  31. Seiffert, Dr. Schlichting, Wendt, die Richterin Dr. Kessal-Wulf und den
  32. Richter Dr. Franke auf die mündliche Verhandlung vom 11. Oktober 2006
  33. für Recht erkannt:
  34. Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 24. Zivilsenats in Darmstadt des Oberlandesgerichts Frankfurt am
  35. Main vom 17. Juni 2005 unter Zurückweisung der Revision
  36. im Übrigen im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als
  37. die Klage in Höhe von 3.067,75 € nebst Zinsen in Höhe von
  38. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 12. April
  39. 2001 abgewiesen worden ist.
  40. Der Beklagte wird verurteilt, über den vom Berufungsgericht
  41. ausgeurteilten Betrag hinaus weitere 3.067,75 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz
  42. seit 12. April 2001 zu zahlen.
  43. Die Kosten des Revisionsverfahrens tragen die Klägerin zu
  44. einem Drittel und der Beklagte zu zwei Dritteln. Im Übrigen
  45. tragen die Klägerin ein Sechstel und der Beklagte fünf
  46. Sechstel der Kosten des Rechtsstreits. Soweit der Beklagte
  47. jeweils die Prozesskosten trägt, fallen ihm auch die Kosten
  48. der Streithilfe zur Last; im Übrigen trägt die Streithelferin ihre Kosten selbst.
  49. Von Rechts wegen
  50. -3-
  51. Tatbestand:
  52. Die Klägerin nimmt den Beklagten, der als Steuerberater für sie tä-
  53. 1
  54. tig war, auf Schadensersatz in Anspruch. Er hat in den Einkommensteuererklärungen der Klägerin für die Jahre 1988-1998 Renteneinkünfte aus
  55. der gesetzlichen Unfallversicherung irrig als steuerpflichtiges Einkommen angegeben. Eine Änderung der auf dieser Grundlage ergangenen
  56. Steuerbescheide hat das Finanzamt abgelehnt.
  57. Darauf verlangte die Klägerin mit Schreiben vom 1. November
  58. 2
  59. 2000 den Ausgleich ihres durch zuviel bezahlte Einkommensteuer entstandenen Schadens in Höhe von 53.653 DM (27.432,34 €). Der Beklagte antwortete mit Schreiben vom 6. November 2000, er habe das Schreiben der Klägerin "zwecks Prüfung und eventueller Regulierung" an seinen
  60. Berufshaftpflichtversicherer
  61. weitergeleitet.
  62. Dieser
  63. zahlte
  64. 10.372,30 DM (5.303,27 €) und teilte der Klägerin dazu in einem Schreiben vom 13. März 2001 u.a. mit:
  65. Ihre Ansprüche bis einschließlich 1992 sind in jedem Fall
  66. verjährt. Die Ansprüche ab 1993 haben wir durch Überweisung des Betrages von 10.372,30 DM reguliert, wobei allerdings der von Herrn … [Beklagter] abgeschlossene Versicherungsvertrag eine Besonderheit aufweist. Herr … [Beklagter] hat je Versicherungsfall eine feste Selbstbeteiligung von 3.000 DM zu übernehmen. Da hier pro Jahr von
  67. einem Versicherungsfall auszugehen ist, mussten wir für
  68. den nicht verjährten Zeitraum einen entsprechenden Abzug
  69. vornehmen.
  70. Herr … [Beklagter] ist abschriftlich unterrichtet.
  71. -4-
  72. 3
  73. Der Beklagte lehnte die Zahlung des noch offenen Differenzbetrages mit Schreiben vom 4. Mai 2001 unter Berufung auf die Einrede der
  74. Verjährung ab. Die Klägerin macht im vorliegenden Verfahren einen den
  75. Selbstbehalten der sechs Jahre 1993 bis 1998 entsprechenden Betrag
  76. von (3.000 DM x 6 =) 18.000 DM (9.203,25 €) geltend.
  77. 4
  78. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht
  79. hat den Beklagten im Hinblick auf die Steuerjahre 1996 bis 1998 zur
  80. Zahlung von insgesamt (3.000 DM x 3 =) 9.000 DM (4.601,63 €) verurteilt, die Abweisung im Übrigen aber bestätigt. Mit der Revision verlangt
  81. die Klägerin für die Steuerjahre 1993 bis 1995 zusammen weitere
  82. 4.601,62 €.
  83. Entscheidungsgründe:
  84. 5
  85. Die Revision hat teilweise Erfolg.
  86. 6
  87. I. Das Berufungsgericht hat angenommen, die dem Grunde und
  88. der Höhe nach unstreitigen Ersatzansprüche der Klägerin seien, soweit
  89. es um das Steuerjahr 1993 gehe, gemäß § 68 StBerG a.F. nach Ablauf
  90. von drei Jahren seit Zugang des Einkommensteuerbescheids, d.h. am
  91. 27. Januar 1998, verjährt gewesen. Vor dieser Entwicklung habe der Beklagte die Klägerin allerdings pflichtwidrig nicht gewarnt. Der deshalb
  92. begründete
  93. Schadensersatzanspruch
  94. (sog.
  95. Sekundäranspruch,
  96. vgl.
  97. BGHZ 94, 380, 385 ff.) sei nach weiteren drei Jahren, also am 27. Ja-
  98. -5-
  99. nuar 2001 (und nicht, wie im Berufungsurteil auf Seite 6 oben zu lesen,
  100. am 27. Januar 2002) ebenfalls verjährt gewesen. Die Klägerin habe im
  101. vorliegenden Verfahren am 8. Oktober 2002 einen Antrag auf Erlass eines Mahnbescheids eingereicht; der Mahnbescheid sei erst am 5. April
  102. 2003 zugestellt worden. Nach dem gemäß Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 2
  103. EGBGB bis 31. Dezember 2001 anzuwendenden alten Recht sei die Verjährung nicht durch Verhandlungen gehemmt gewesen und auch nicht
  104. durch ein Anerkenntnis zu Lasten des Beklagten unterbrochen worden
  105. (§ 208 BGB a.F.). Als solches könne weder das Schreiben des Beklagten
  106. vom 6. November 2000 gewertet werden noch das Schreiben des Versicherers vom 13. März 2001.
  107. 7
  108. Aus Letzterem sei zwar zu entnehmen, dass der Versicherer die
  109. geltend gemachten Ansprüche für die Jahre 1993 bis 1998 dem Grunde
  110. nach für gerechtfertigt gehalten habe. Insoweit sei ein Abzug nur im Hinblick auf den Selbstbehalt des Beklagten in Höhe von 3.000 DM pro Jahr
  111. gemacht worden. Insgesamt habe der Versicherer den Betrag von
  112. 18.000 DM für die sechs Jahre von 1993 bis 1998 also für ersatzpflichtig
  113. gehalten.
  114. 8
  115. Diese Erklärung des Versicherers wirke aber nicht als Anerkenntnis zu Lasten des beklagten Versicherungsnehmers. Es lasse sich schon
  116. nicht feststellen, dass die Erklärung des Versicherers in dessen Schreiben vom 13. März 2001 im Namen des Beklagten erfolgt sei, den er lediglich "abschriftlich unterrichtet" habe. Eine Erklärung namens des Beklagten wäre überdies nicht von einer Vollmacht gedeckt gewesen. Zwar
  117. sei für den Geltungsbereich des § 10 Nr. 5 AKB anerkannt, dass der
  118. Versicherer umfassend zugunsten und zulasten des Versicherungsneh-
  119. -6-
  120. mers zur Abwicklung des Versicherungsfalles bevollmächtigt sei, auch
  121. soweit Ansprüche des Geschädigten die Deckungssumme überstiegen.
  122. Ob dies auch in der (hier aufgrund von § 67 StBerG vorgeschriebenen)
  123. Berufshaftpflichtversicherung anzunehmen sei, für die sich die Vollmacht
  124. des Versicherers aus § 5 Nr. 7 der Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Haftpflichtversicherung (im Folgenden: AHB) ergebe, habe
  125. der Bundesgerichtshof in einem Urteil vom 7. Oktober 2003 (VI ZR
  126. 392/02 - NJW-RR 2004, 109 unter II 2 b aa) offen gelassen. Anders als
  127. in der Kraftfahrzeugversicherung habe der Versicherer im Rahmen einer
  128. Privat- oder Berufshaftpflichtversicherung nicht selten nur für einen Teil
  129. des Schadens einzustehen, weil die Deckungssumme von vornherein
  130. begrenzt oder der Umfang seiner Leistungspflicht durch Selbstbehalte
  131. eingeschränkt werde. Damit fehle der sachliche Grund, der die umfassende Vollmacht des Versicherers in der Kraftfahrzeugversicherung
  132. rechtfertige, nämlich die Belastung des Versicherers mit dem vollen wirtschaftlichen Risiko.
  133. 9
  134. Ebenso wie die Ansprüche bezüglich des Steuerjahres 1993 seien
  135. auch die Ansprüche für das Steuerjahr 1994 verjährt. Die regelmäßige
  136. Verjährung sei drei Jahre nach Zustellung des Steuerbescheids am
  137. 12. Mai 1999 eingetreten; der Sekundäranspruch sei am 12. Mai 2002
  138. verjährt.
  139. 10
  140. Auch hinsichtlich des Steuerjahres 1995 sei die regelmäßige Verjährungsfrist am 9. Januar 2000 abgelaufen und die Sekundärverjährung
  141. am 9. Januar 2003. Der am 8. Oktober 2002 eingereichte Mahnbescheidsantrag habe nicht zu einer Unterbrechung oder Hemmung der
  142. Verjährung geführt, weil er nicht demnächst zugestellt worden sei. Nicht
  143. -7-
  144. verjährt seien lediglich die Ansprüche der Klägerin für die Steuerjahre
  145. 1996 bis 1998.
  146. 11
  147. II. Die Revision wendet sich grundsätzlich mit Recht gegen die
  148. Auffassung des Berufungsgerichts, das Schreiben des Versicherers vom
  149. 13. März 2001 könne nicht als ein die Verjährung nach altem Recht unterbrechendes Anerkenntnis (§ 208 BGB a.F.) zu Lasten des Beklagten
  150. gewertet werden, auch soweit es um dessen Selbstbehalte geht.
  151. 12
  152. 1. a) Darauf kommt es allerdings für den Anspruch wegen des
  153. Steuerjahres 1993 nicht an. Die Verjährung des Sekundäranspruchs war
  154. insoweit bereits am 27. Januar 2001 vollendet. Deshalb konnten die Zahlung und das Schreiben des Versicherers vom 13. März 2001 die Verjährung nicht mehr unterbrechen. Das hat das Berufungsgericht übersehen,
  155. weil es unzutreffend von einem Ablauf der Verjährungsfrist erst am
  156. 27. Januar 2002 statt am 27. Januar 2001 ausgegangen ist.
  157. 13
  158. b) Die Revision meint, das Schreiben vom 13. März 2001 könne
  159. als Verzicht des Versicherers auf die bereits eingetretene Verjährung
  160. gewertet werden (vgl. BGHZ 83, 382, 389; BGH, Urteil vom 16. November 1995 - IX ZR 148/94 - NJW 1996, 661 unter II 3). Dem ist nicht zu
  161. folgen. Insoweit kann der Senat das Schreiben vom 13. März 2001
  162. aufgrund des Sachvortrags der Parteien selbst auslegen. Von einem Verzicht ist dort nicht die Rede. Vielmehr beruft sich der Versicherer ausdrücklich auf Verjährung, macht also für die Klägerin als Empfängerin
  163. der Erklärung erkennbar gerade Gebrauch von dieser Einrede, soweit er
  164. sie für begründet hielt. Die Formulierung, dass Ansprüche bis einschließ-
  165. -8-
  166. lich 1992 "in jedem Fall" verjährt seien, könnte zwar bedeuten, dass der
  167. Versicherer eine Verjährung auch späterer Ansprüche nicht für ganz
  168. ausgeschlossen hielt. Dass er sich insoweit nicht auf die Einrede der
  169. Verjährung berufen, sondern Zahlungen geleistet hat, genügt aber nicht,
  170. um einen rechtsgeschäftlichen Verzicht auf eine möglicherweise bestehende Verjährungseinrede anzunehmen. An die Annahme eines konkludent erklärten Verzichts sind strenge Anforderungen zu stellen (st. Rspr.,
  171. vgl. BGH, Urteil vom 29. November 1995 - VIII ZR 293/94 - NJW 1996,
  172. 588 unter II 1 m.w.N.).
  173. 14
  174. c) Das Geltendmachen der Verjährungseinrede im Prozess ist im
  175. Übrigen auch unter Berücksichtigung des Schreibens des Versicherers
  176. vom 13. März 2001 nicht etwa treuwidrig (vgl. BGH, Urteil vom 4. November 1997 - VI ZR 375/96 - NJW 1998, 902 unter II 3 b cc). Der Beklagte hat sich auf die Einrede bereits in seinem Schreiben an die
  177. Klägerin vom 4. Mai 2001 berufen. Die Klägerin hat den Anspruch daraufhin aber nicht binnen angemessener Frist gerichtlich geltend gemacht, sondern erst am 8. Oktober 2002 einen Mahnbescheid beantragt.
  178. 15
  179. Danach hat das Berufungsgericht den für das Steuerjahr 1993 verlangten Betrag im Ergebnis mit Recht als verjährt angesehen.
  180. 16
  181. 2. a) Die Sekundäransprüche für die Steuerjahre 1994 und 1995
  182. verjährten dagegen erst am 12. Mai 2002 bzw. am 9. Januar 2003. Die
  183. Verjährung war insoweit mithin bei Zugang des Schreibens des Versicherers vom 13. März 2001 noch nicht vollendet, konnte also durch ein Anerkenntnis im Sinne von § 208 BGB a.F. mit der Wirkung unterbrochen
  184. werden, dass eine neue, dreijährige Verjährungsfrist in Lauf gesetzt wur-
  185. -9-
  186. de. Der von der Klägerin erwirkte Mahnbescheid ist dem Beklagten am
  187. 5. April 2003 und damit vor Ablauf dieser Fristen zugestellt worden.
  188. b) Die Annahme des Berufungsgerichts, aus dem Schreiben vom
  189. 17
  190. 13. März 2001 gehe deutlich genug hervor, dass der Versicherer die geltend gemachten Ansprüche, soweit er sich nicht auf die Einrede der Verjährung berief, für begründet halte, ist rechtsfehlerfrei und überzeugend.
  191. Der Versicherer hat den sich danach ergebenden Betrag unter Abzug der
  192. Selbstbeteiligung des Beklagten auch bezahlt. Damit liegt ein die Verjährung nach altem Recht unterbrechendes Anerkenntnis vor (vgl. BGH, Urteil vom 30. September 1993 - VII ZR 136/92 - NJW-RR 1994, 373 unter I
  193. 2 b).
  194. 18
  195. c) Dieses Anerkenntnis wirkt auch zu Lasten des Beklagten.
  196. 19
  197. aa) Auf der Grundlage des Berufungsurteils ist hier davon auszugehen, dass sich für den Versicherer eine Regulierungsvollmacht aus § 5
  198. Nr. 7 AHB ergab. Die Vorschrift lautet:
  199. Der Versicherer gilt als bevollmächtigt, alle zur Beilegung
  200. oder Abwehr des Anspruchs ihm zweckmäßig erscheinenden Erklärungen im Namen des Versicherungsnehmers abzugeben.
  201. 20
  202. Der Bundesgerichtshof hat dieser Bestimmung eine unbeschränkte
  203. Verhandlungsvollmacht entnommen und verlangt, dass der Versicherer,
  204. wenn er von ihr nur eingeschränkt Gebrauch machen wolle, dies dem
  205. Verhandlungspartner deutlich erkennbar machen müsse (Urteil vom
  206. 22. November 1988 - VI ZR 20/88 - VersR 1989, 138 unter II 1 c; so auch
  207. - 10 -
  208. Littbarkski, AHB § 5 Rdn. 141, 144; Späte, Haftpflichtversicherung § 5
  209. Rdn. 63, 67 f.). Dem liegt der Gedanke zugrunde, dass der Versicherer
  210. in der Praxis regelmäßig der maßgebliche Ansprechpartner des Geschädigten ist; dieser soll sich auf das Wort des Versicherers verlassen können, ohne von sich aus nachforschen zu müssen, ob der Versicherer
  211. seinem Versicherungsnehmer, dem Schädiger, gegenüber teilweise leistungsfrei ist (vgl. BGH, Urteil vom 7. Oktober 2003 - VI ZR 392/02 NJW-RR 2004, 109 unter II 2 b aa).
  212. 21
  213. An dieser Rechtsprechung, der sich der erkennende Senat anschließt, ist festzuhalten. § 5 Nr. 7 AHB ist als Teil Allgemeiner Versicherungsbedingungen so auszulegen, wie ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer ohne rechtliche Spezialkenntnisse diese Bestimmung bei
  214. verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und Berücksichtigung
  215. des erkennbaren Sinnzusammenhangs verstehen muss; dabei kommt es
  216. auch auf seine Interessen an (st. Rspr., vgl. BGHZ 123, 83, 85). Die Vorschrift enthält im Wortlaut keinerlei Einschränkung der dem Versicherer
  217. erteilten Vollmacht. Vielmehr kann er "alle" zur Beilegung oder Abwehr
  218. des Anspruchs "ihm" zweckmäßig erscheinenden Erklärungen im Namen
  219. des Versicherungsnehmers abgeben. Einschränkungen der Leistungspflicht des Versicherers, die sich aus der begrenzten Höhe der Deckungssumme oder aus vereinbarten Selbstbehalten des Versicherungsnehmers ergeben, spielen im Außenverhältnis zum Geschädigten keine
  220. Rolle für die Reichweite der in § 5 Nr. 7 AHB erteilten Vollmacht. Das
  221. findet erkennbar seine Rechtfertigung in dem allseitigen Interesse an einer umfassenden und abschließenden Regulierung der Ansprüche des
  222. Geschädigten. Dadurch wird der Versicherungsnehmer, der die Höhe der
  223. Deckungssumme und eine etwa vereinbarte Selbstbeteiligung kennt,
  224. - 11 -
  225. nicht unangemessen belastet (vgl. OLG Düsseldorf VersR 1979, 151).
  226. Soweit in der Senatsentscheidung BGHZ 101, 276, 284, die einen anderen Sachzusammenhang betrifft, als Grundsatz formuliert worden ist,
  227. dass die Regulierungsvollmacht nicht weiter reiche als die Regulierungspflicht (dazu vgl. Voit/Knappmann in Prölss/Martin, VVG 27. Aufl. § 5
  228. AHB Rdn. 20), hält der Senat daran für den Anwendungsbereich des § 5
  229. Nr. 7 AHB in dieser Allgemeinheit nicht fest.
  230. 22
  231. bb) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist darüber
  232. hinaus anzunehmen, dass der Haftpflichtversicherer, der erkennbar auf
  233. der Grundlage der Vollmacht des § 5 Nr. 7 AHB Verhandlungen mit dem
  234. Geschädigten führt, regelmäßig nicht in eigenem Namen, sondern als
  235. Vertreter des Versicherungsnehmers und Schädigers auftritt, sofern nicht
  236. besondere Umstände entgegen stehen (BGH, Urteil vom 22. April 1958
  237. - VI ZR 74/57 - VersR 1958, 564 unter IV b). Auch daran ist festzuhalten
  238. (im Ergebnis ähnlich Voit/Knappmann, aaO § 156 VVG Rdn. 12 und AHB
  239. § 5 Rdn. 25). Aus der maßgeblichen Sicht des Geschädigten liegt im Allgemeinen die Annahme fern, der uneingeschränkt bevollmächtigte Haftpflichtversicherer wolle, wenn er mit dem Geschädigten in Verbindung
  240. tritt, etwa nur eigene Pflichten gegenüber seinem Versicherungsnehmer,
  241. dem Schädiger, erfüllen und nicht zugleich dessen Pflichten gegenüber
  242. dem Geschädigten. Will der Versicherer von der Vollmacht des § 5 Nr. 7
  243. AHB nur eingeschränkt etwa in Höhe seiner Deckungspflicht Gebrauch
  244. machen, muss er dies dem Geschädigten gegenüber ausdrücklich klarstellen.
  245. 23
  246. Im vorliegenden Fall macht der Hinweis auf die Selbstbeteiligung
  247. des Beklagten im Schreiben des Versicherers vom 13. März 2001 nicht
  248. - 12 -
  249. deutlich, dass der Versicherer, soweit er den Schaden nicht selbst ausgeglichen hatte, bei der Prüfung der geltend gemachten Ansprüche etwa
  250. nicht im Namen des Beklagten gehandelt habe. Die abschließende Mitteilung, der Beklagte sei "abschriftlich unterrichtet", konnte von der Klägerin durchaus dahin verstanden werden, dass der Beklagte über das
  251. Ergebnis der Prüfung der erhobenen Ansprüche, also auch darüber informiert werden sollte, dass und in welchem Umfang diese Ansprüche im
  252. Sinne von § 208 BGB a.F. anerkannt worden waren.
  253. - 13 -
  254. 24
  255. cc) Mithin ist die Verjährung der Schadensersatzansprüche wegen
  256. der Steuerjahre 1994 und 1995 auch hinsichtlich der Selbstbeteiligung
  257. des Beklagten rechtzeitig durch das Anerkenntnis des Versicherers unterbrochen worden. Der Beklagte muss den Schaden daher in Höhe weiterer 6.000 DM = 3.067,75 € ersetzen.
  258. Seiffert
  259. Dr. Schlichting
  260. Dr. Kessal-Wulf
  261. Wendt
  262. Dr. Franke
  263. Vorinstanzen:
  264. LG Darmstadt, Entscheidung vom 25.01.2005 - 9 O 539/03 OLG Frankfurt in Darmstadt, Entscheidung vom 17.06.2005 - 24 U 48/05 -