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- BUNDESGERICHTSHOF
- BESCHLUSS
- II ZR 374/13
- vom
- 23. September 2014
- in dem Rechtsstreit
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- Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 23. September 2014 durch
- den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bergmann, die Richterin Caliebe und die
- Richter Dr. Drescher, Born und Sunder
- einstimmig beschlossen:
- Die Parteien werden darauf hingewiesen, dass der Senat
- beabsichtigt, die Revision der Beklagten gegen das Urteil
- des 11. Zivilsenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts in
- Hamburg vom 17. Mai 2013 durch Beschluss nach § 552a
- ZPO auf ihre Kosten zurückzuweisen.
- Streitwert: 300 €
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- Gründe:
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- Zulassungsgründe liegen nicht vor, die Revision hat auch keine Aussicht
- auf Erfolg.
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- I. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts hat die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder
- die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts. Allein das Fehlen einer höchstrichterlichen Entscheidung zu einer
- Frage, hier dazu, ob ein Kommanditist gegen den registerführenden Treuhandgesellschafter, mit dem er durch einen Verwaltungstreuhandvertrag verbunden
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- ist, einen Anspruch auf Auskunft über Namen und Anschriften der Treugeber
- hat, begründet noch nicht deren Erforderlichkeit und ist daher kein Zulassungsgrund (vgl. BGH, Beschluss vom 8. Dezember 2011 - IX ZR 57/08, NZI 2012,
- 81 Rn. 5). Im Übrigen ist die Frage, ob sich ein Auskunftsanspruch aus einem
- zweiseitigen Treuhandverhältnis ergibt, nicht entscheidungserheblich, da der
- Klägerin der Auskunftsanspruch gegen die Beklagte bereits aus ihrer gesellschafterlicher Verbundenheit iVm § 242 BGB zusteht (s. nachfolgend II).
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- II. Die Revision hat auch keine Aussicht auf Erfolg.
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- 1. Der Klägerin steht gegen die Beklagte als registerführende Gesellschafterin aus gesellschaftsvertraglicher Verbundenheit ein Anspruch auf Mitteilung der Namen und Adressen der Treugeber zu (vgl. hierzu BGH, Urteil vom
- 5. Februar 2013 - II ZR 134/11, BGHZ 196, 131 Rn. 48 mwN).
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- a) Sowohl das Berufungsgericht als auch die Revision gehen allerdings
- zu Recht davon aus, dass die Treugeber weder unmittelbare Vertragspartner
- der Klägerin (zum Auskunftsanspruch vgl. BGH, Beschluss vom 21. September
- 2009 - II ZR 264/08, ZIP 2010, 27 Rn. 7 ff.) noch mit ihr durch eine Innengesellschaft verbunden (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 11. Januar 2011 - II ZR 187/09,
- ZIP 2011, 322 Rn. 11 ff.) oder nach den Regelungen im Gesellschafts- und
- Treuhandvertrag - anders als in den Sachverhalten, die den Entscheidungen
- des Senats vom 5. Februar 2013 (II ZR 134/11, BGHZ 196, 131 und
- II ZR 136/11, ZIP 2013, 619) zugrunde lagen - wie unmittelbare Mitgesellschafter der Klägerin zu behandeln sind (sog. qualifizierte Treuhand).
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- b) Die Klägerin und die Beklagte sind jedoch beide unmittelbare Kommanditisten - die Klägerin ist als solche, nachdem sie sich zuvor nur als Treugeberin beteiligt hatte, seit dem 12. April 2006 im Handelsregister eingetragen -
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- und demgemäß durch den Gesellschaftsvertrag miteinander verbunden. Aufgrund dieser (gesellschafts-)vertraglichen Beziehung schulden sie sich in diesem Verhältnis gegenseitige Rücksichtnahme, die auch die Pflicht umfasst, die
- Ausübung von Gesellschafterrechten nicht zu be- oder zu verhindern. Daraus
- folgt hier die Pflicht der Beklagten zur Auskunftserteilung. Die Beklagte verfügt
- als nach dem Gesellschafts- und Treuhandvertrag registerführende Gesellschafterin über die Angaben zu den Treugebern, auf deren Kenntnis die Klägerin angewiesen ist, um ihr Gesellschafterrecht aus § 7 (2) des Gesellschaftsvertrags, die Einberufung einer Gesellschafterversammlung zu verlangen, ausüben
- zu können. Eine andere Möglichkeit, an deren Namen und Anschriften zu gelangen und so das für das Einberufungsverlangen erforderliche Quorum zu erreichen, besteht für die Klägerin nicht. Ohne die Auskunftsverpflichtung hätte
- die Beklagte es mithin in der Hand, die Klägerin an der Ausübung ihres Mitgliedschaftsrechts auf Dauer und endgültig zu hindern.
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- c) Das Fehlen einer unmittelbaren gesellschaftsvertraglichen Beziehung
- zwischen der Klägerin und den Treugebern begründet kein schützenswertes
- Anonymitätsinteresse der Treugeber und steht dem Auskunftsanspruch nicht
- entgegen. Wie der Senat bereits in früheren Entscheidungen ausgeführt hat
- (Urteile vom 5. Februar 2013 - II ZR 134/11, BGHZ 196, 131 Rn. 28 und
- II ZR 136/11, ZIP 2013, 619 Rn. 29), hat der Gesellschafter einer Publikumspersonengesellschaft - wie auch ein GmbH-Gesellschafter - grundsätzlich gegen einen Mitgesellschafter, der seinen Gesellschaftsanteil treuhänderisch für
- einen Dritten hält, einen Anspruch darauf zu erfahren, wer dessen Treugeber
- ist.
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- d) Dieses Auskunftsrecht der Klägerin ist lediglich durch das Verbot der
- unzulässigen Rechtsausübung (§ 242 BGB) und das Schikaneverbot gemäß
- § 226 BGB begrenzt (vgl. BGH, Urteil vom 11. Januar 2011 - II ZR 187/09, ZIP
- 2011, 322 Rn. 22; Urteil vom 5. Februar 2013 - II ZR 134/11, BGHZ 196, 131
- Rn. 12). Anhaltspunkte für das Vorliegen dieser Ausschlussgründe hat das Berufungsgericht nicht festgestellt.
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- 2. Angesichts dessen kommt es nicht mehr darauf an, dass sich der Anspruch der Klägerin auf Auskunft gemäß § 666 BGB auch aus dem nach der
- Eintragung der Klägerin als Direktkommanditistin als Verwaltungstreuhand fortbestehenden Treuhandverhältnis mit der Beklagten ergibt, wie das Berufungsgericht zu Recht angenommen hat.
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- a) Dabei ist ergänzend darauf abzustellen, dass es sich im vorliegenden
- Fall nur bei formaler Betrachtung um lediglich zweiseitige Treuhandverhältnisse
- zwischen der Beklagten und ihren jeweiligen Treugebern handelt. In der Sache
- sind diese vielmehr gesellschaftsvertraglich überlagert: So ist bereits die Begründung des jeweiligen Treuhandverhältnisses durch den Abschluss eines
- dreiseitigen Vertrags zwischen der Beklagten, dem einzelnen Treugeber und
- der Fondsgesellschaft erfolgt. Der Beitritt zur Fondsgesellschaft war einem Anleger nur als Treugeber möglich. Auch wenn die Treugeber hier nicht wie bei
- einer qualifizierten Treuhand einem unmittelbaren Gesellschafter in den Rechten und Pflichten gleichgestellt sind, so ist doch zwischen allen drei vertragschließenden Parteien des Treuhandvertrages vereinbart worden, dass die
- Treugeber hinsichtlich der Erträge wie Gesellschafter gestellt werden, § 6 (1)
- des Treuhandvertrages, und sie weiter einen Anspruch darauf haben, dass die
- Beklagte ihnen eine Vollmacht zur persönlichen Stimmrechtsausübung in der
- Gesellschafterversammlung erteilt, § 4 (2) des Treuhandvertrages. Ersichtlich
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- ist nur im Hinblick auf diese Möglichkeit der unmittelbaren Stimmrechtsausübung in der Gesellschafterversammlung eine separate Treugeberversammlung nicht für erforderlich gehalten worden, § 4 (3) des Treuhandvertrages.
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- b) Wegen dieser gesellschaftsvertraglichen Überlagerung ist es der Beklagten verwehrt sich darauf zu berufen, die Namen und Anschriften der anderen Treugeber seien von ihrer Auskunftspflicht gemäß § 666 BGB aus der Verwaltungstreuhand mit der Klägerin nicht umfasst, da sich der Treuhandvertrag
- auf Pflichten gegenüber der Klägerin aus dem zweiseitigen Treuhandverhältnis
- beschränke. Aus der Einbettung in das Gesellschaftsverhältnis folgt vielmehr
- die Pflicht der Beklagten jedem einzelnen Treugeber und Direktkommanditisten
- gegenüber, diesem die Ausübung seiner (Treugeber)Rechte zu ermöglichen,
- und sei es in der Form, eine gemeinsame Weisung mehrerer Treugeber an die
- Beklagte herbeizuführen, auf Grund derer diese die Einberufung einer Gesellschafterversammlung verlangen müsste. Dem einzelnen Vertragspartner der
- Beklagten, sei er Treugeber, sei er Kommanditist, ist diese Möglichkeit, eine
- Einberufung der Gesellschafterversammlung zu bewirken, aber nur dann eröffnet, wenn er mit den anderen Treugebern in Kontakt treten kann.
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- c) Hier kommt noch hinzu, dass das von der Beklagten angeführte Anonymitätsinteresse der Treugeber auch deshalb nicht schützenswert ist, weil
- nach dem Fondsprospekt (S. 9, 43, 55), den alle Beitretenden als für sich verbindlich anerkannt haben, ohnehin beabsichtigt war, nach einer gewissen
- Übergangszeit aus steuerlichen Gründen sämtliche Treuhandverhältnisse aufzulösen und den Treugebern durch Eintragung ins Handelsregister die Stellung
- unmittelbarer Kommanditisten zu verschaffen. Dass dieses Vorhaben nicht bei
- allen umgesetzt worden ist, ändert nichts daran, dass die Treugeber von Anfang an damit rechnen mussten, dass sie unmittelbare Gesellschafter und dann
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- als Vertragspartner einander zur Mitteilung ihrer Namen und Anschriften verpflichtet sein würden (vgl. BGH, Urteil vom 5. Februar 2013 - II ZR 134/11,
- BGHZ 196, 131 Rn. 12 mwN).
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- Bergmann
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- Caliebe
- Born
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- Drescher
- Sunder
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- Hinweis: Das Revisionsverfahren ist durch Revisionsrücknahme erledigt
- worden.
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- Vorinstanzen:
- LG Hamburg, Entscheidung vom 05.04.2012 - 330 O 299/11 OLG Hamburg, Entscheidung vom 17.05.2013 - 11 U 106/12 -
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