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1 year ago
  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. IM NAMEN DES VOLKES
  3. URTEIL
  4. II ZR 174/09
  5. Verkündet am:
  6. 22. März 2011
  7. Vondrasek
  8. Justizangestellte
  9. als Urkundsbeamtin
  10. der Geschäftsstelle
  11. in dem Rechtsstreit
  12. -2-
  13. Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
  14. vom 22. November 2010 durch den Vorsitzenden Richter am Bundesgerichtshof
  15. Dr. Bergmann, die Richterin Caliebe und die Richter Dr. Drescher, Born und
  16. Sunder
  17. für Recht erkannt:
  18. Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des 15. Zivilsenats in
  19. Kassel des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 25. Juni
  20. 2009 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
  21. Von Rechts wegen
  22. Tatbestand:
  23. Der Kläger ist Insolvenzverwalter über das Vermögen der F.
  24. 1
  25. und Geschäftshaus Objekt B.
  26. W.
  27. H.
  28. Büro-
  29. und Hotel Objekt
  30. KG (im Folgenden: Schuldnerin), deren Gesellschaftszweck die
  31. Vermietung zweier in ihrem Eigentum stehender Immobilien war.
  32. Der Beklagte erklärte am 20. Dezember 1996 gegenüber der Treuhände-
  33. 2
  34. rin P.
  35. Verwaltungs- und Treuhandgesellschaft mbH seinen Beitritt zur
  36. Schuldnerin mit einer Beteiligungssumme von 250.000 DM zuzüglich 5 % Agio.
  37. Die Treuhänderin übernahm gemäß § 1 des Treuhandvertrages für den Beklagten die förmliche Stellung als Kommanditistin im Handelsregister; nach § 5 des
  38. Treuhandvertrages hatte der Treugeber die Treuhänderin von ihrer persönlichen Kommanditistenhaftung freizustellen.
  39. -3-
  40. § 13 des Gesellschaftsvertrages lautet auszugsweise:
  41. „(1) An dem Vermögen und an Gewinn und Verlust der Gesellschaft sind die
  42. Gesellschafter in dem zum 31. Dezember des jeweiligen Geschäftsjahres gegebenen Verhältnis ihrer festen Kapitalkonten beteiligt, also im Verhältnis ihrer
  43. geleisteten Einlage.
  44. (3) Allen Kommanditisten werden Verlustanteile auch dann zugerechnet, wenn
  45. diese die Kommanditeinlage übersteigen. Zum Ausgleich eines Verlustvortragskontos sind die Gesellschafter weder gegenüber der Gesellschaft, noch
  46. untereinander verpflichtet.
  47. (5) Die Gesellschaft hat die Mietzinsüberschüsse, die nach Leistung des Kapitaldienstes, Abdeckung ihrer sonstigen Kosten und Aufrechterhaltung einer Liquiditätsreserve in Höhe der in der Liquiditätsprognose des Beteiligungsprospektes angegebenen Höhe verbleiben, halbjährlich, jeweils zum 31.1. und
  48. 31.7. des Jahres, erstmals am 31.7.1998, an die Gesellschafter im Verhältnis
  49. ihrer festen Kapitalkonten auszuschütten. Das gilt auch dann, wenn die Kapitalkonten durch vorangegangene Verluste unter den Stand der Kapitalanlage
  50. gesunken sind.
  51. (6) Soweit die Ausschüttungen der Gesellschaft an die Kommanditisten nach
  52. den handelsrechtlichen Vorschriften als Rückzahlung der von dem Treuhänder
  53. für Rechnung seiner Treugeber geleisteten Kommanditeinlage anzusehen
  54. sind, entsteht für den Treuhänder eine persönliche Haftung für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft (§ 172 Abs. 4 HGB). Von dieser Haftung haben diejenigen Treugeber bzw. Kommanditisten, für die der Treuhänder die Kommanditbeteiligung im eigenen Namen hält, den Treuhänder nach Maßgabe des Treuhandvertrages freizustellen.“
  55. -4-
  56. 3
  57. In den Jahren 1998 bis 2004 erhielt der Beklagte in zwei halbjährlichen
  58. Zahlungen Ausschüttungen in Höhe von insgesamt 38.986,01 €. Die Handelsbilanzen der Schuldnerin von 1996 bis 2006 wiesen in den Anfangsjahren erhebliche Anlaufverluste und nur für die Jahre 2000, 2003 und 2004 jeweils einen
  59. Gewinn aus.
  60. 4
  61. Die Schuldnerin stellte am 12. Juni 2007 Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens wegen Zahlungsunfähigkeit; das Verfahren wurde am 1. August
  62. 2007 eröffnet. Mit Vereinbarung vom 24./31. Oktober 2007 ließ sich der Kläger
  63. von der Treuhandkommanditistin deren Freistellungsansprüche gegen die Anleger abtreten.
  64. 5
  65. Der Kläger verlangt von dem Beklagten Rückzahlung der Ausschüttungen; er hat den Anspruch auf § 172 Abs. 4, § 171 Abs. 2 HGB, hilfsweise auf
  66. abgetretenes Recht und auf §§ 134, 143 InsO gestützt. Das Landgericht hat der
  67. Klage aus abgetretenem Recht stattgegeben. Das Berufungsgericht hat die Berufung des Beklagten zurückgewiesen. Dagegen richtet sich seine vom Berufungsgericht zugelassene Revision.
  68. Entscheidungsgründe:
  69. 6
  70. Die Revision des Beklagten hat keinen Erfolg.
  71. 7
  72. I. Das Berufungsgericht hat im Wesentlichen ausgeführt:
  73. 8
  74. Zwar hafte der Beklagte nicht unmittelbar als Kommanditist. Dem Kläger
  75. stehe aber aus abgetretenem Recht ein Anspruch auf Rückzahlung der Ausschüttungen zu. Die Abtretung verstoße trotz Inhaltsänderung nicht gegen
  76. -5-
  77. § 399 BGB, da der Anspruch an den Gläubiger der zu tilgenden Schuld abgetreten worden sei. Der Treuhandvertrag sei nicht wegen Verstoßes gegen das
  78. Rechtsberatungsgesetz gemäß § 134 BGB nichtig. Der Treuhandvertrag sei
  79. ergänzend dahin auszulegen, dass der Freistellungsanspruch wie ein Anspruch
  80. gegen einen Gesellschafter aus Verbindlichkeiten der Gesellschaft erst in fünf
  81. Jahren nach der Auflösung der Gesellschaft verjähre. Eine Aufrechnung mit
  82. behaupteten Schadensersatzansprüchen gegen die Treuhandkommanditistin
  83. aus Aufklärungspflichtverletzung sei nach dem Haftungssystem der Kommanditgesellschaft ausgeschlossen.
  84. 9
  85. II. Das hält revisionsrechtlicher Nachprüfung im Ergebnis stand.
  86. 10
  87. 1. Der Senat hat die Rüge der mangelnden Zulässigkeit der Berufung
  88. geprüft und für nicht durchgreifend erachtet (§ 564 ZPO).
  89. 11
  90. 2. Zutreffend hat das Berufungsgericht einen unmittelbaren Anspruch des
  91. Klägers gegen den beklagten Treugeber aus § 172 Abs. 4, § 171 Abs. 1 und 2
  92. HGB mangels formeller Kommanditisteneigenschaft verneint (vgl. BGH, Urteil
  93. vom 28. Januar 1980 - II ZR 250/78, BGHZ 76, 127, 130; Urteil vom 11. November 2008 - XI ZR 468/07, BGHZ 178, 271 Rn. 21; Urteil vom 12. Februar
  94. 2009 - III ZR 90/08, NZG 2009, 380 Rn. 35; Urteil vom 21. April 2009
  95. - XI ZR 148/08, ZIP 2009, 1266 Rn. 15).
  96. 12
  97. 3. Dem Kläger steht jedoch, wie das Berufungsgericht ebenfalls zutreffend erkannt hat, ein Anspruch auf Rückzahlung der ausgeschütteten Beträge
  98. aus abgetretenem Recht der Treuhandkommanditistin zu. Die Treuhandkommanditistin hat den Freistellungsanspruch aus § 5 des Treuhandvertrages, der
  99. zudem aus dem Geschäftsbesorgungsverhältnis zwischen Treuhandkommanditistin und Beklagtem folgt (§§ 675, 670 BGB), wirksam an den Kläger abgetre-
  100. -6-
  101. ten; der Anspruch ist nicht verjährt und nicht durch Aufrechnung mit Schadensersatzansprüchen des Beklagten erloschen.
  102. 13
  103. a) Der Treuhandvertrag - und damit die darin enthaltene Freistellungsverpflichtung - ist entgegen der Ansicht der Revision nicht wegen Verstoßes
  104. gegen Art. 1 § 1 RBerG nichtig. Für die Frage, ob eine Besorgung fremder
  105. Rechtsangelegenheiten im Sinne von Art. 1 § 1 RBerG vorliegt, ist entscheidend, ob der Schwerpunkt der geschuldeten Tätigkeit überwiegend auf wirtschaftlichem oder auf rechtlichem Gebiet liegt (st.Rspr., vgl. nur BGH, Urteil
  106. vom 16. Dezember 2002 - II ZR 109/01, BGHZ 153, 214, 218; Urteil vom
  107. 25. April 2006 - XI ZR 29/05, BGHZ 167, 223 Rn. 15). Nur derjenige, der im
  108. Rahmen eines Immobilienfondsprojekts nicht nur die wirtschaftlichen Belange
  109. der Anleger wahrzunehmen, sondern für sie auch die erforderlichen Verträge
  110. abzuschließen hatte, bedurfte einer Erlaubnis nach dem Rechtsberatungsgesetz (st.Rspr., vgl. nur BGH, Urteil vom 14. Juni 2004 - II ZR 393/02, BGHZ 159,
  111. 294, 299; Urteil vom 8. Mai 2006 - II ZR 123/05, ZIP 2006, 1201 Rn. 9). Eine
  112. Vollmacht, für den beklagten Treugeber Verträge zu schließen, die diesen
  113. selbst verpflichteten, enthält der Treuhandvertrag hier jedoch nicht. Die in § 1
  114. Abs. 3 des Treuhandvertrags genannten Verträge sind solche der Fondsgesellschaft oder der Objektgesellschaften mit Dritten.
  115. 14
  116. b) Der Freistellungsanspruch ist, wie das Berufungsgericht weiter zutreffend erkannt hat, wirksam an den Kläger abgetreten worden.
  117. 15
  118. Die Abtretung ist entgegen der Auffassung der Revision nicht gemäß
  119. § 399 Fall 1 BGB ausgeschlossen. Zwar verändert der Freistellungsanspruch
  120. infolge der Abtretung seinen Inhalt, da er sich in einen Zahlungsanspruch umwandelt. Eine solche Veränderung des Leistungsinhalts hindert die Abtretung
  121. aber nicht, wenn der Freistellungsanspruch gerade an den Gläubiger der zu
  122. tilgenden Schuld abgetreten wird (vgl. BGH, Urteil vom 22. Januar 1954
  123. -7-
  124. - I ZR 34/53, BGHZ 12, 136, 141 f.; Urteil vom 5. Mai 2010 - III ZR 209/09, ZIP
  125. 2010, 1295 Rn. 12; Palandt/Grüneberg, BGB, 70. Aufl., § 399 Rn. 4 m.w.N.).
  126. Als solcher ist hinsichtlich der sich aus der Kommanditistenhaftung gemäß
  127. § 171 Abs. 1, § 172 Abs. 4 HGB ergebenden Ansprüche im Insolvenzverfahren
  128. über das Vermögen der Kommanditgesellschaft der Insolvenzverwalter anzusehen (vgl. auch OLG Köln, NZG 2009, 543, 544; OLG Stuttgart, ZIP 2010, 1694,
  129. 1695 f. m.w.N.). Gemäß § 171 Abs. 2 HGB ist er zur Durchsetzung der Ansprüche gegen Kommanditisten ermächtigt, während die Gesellschaftsgläubiger, die
  130. materiell-rechtliche Anspruchsinhaber bleiben, daran gehindert sind, ihre Ansprüche selbst geltend zu machen. Berechtigte Interessen des Schuldners des
  131. Freistellungsanspruchs, deren Schutz das Abtretungsverbot nach § 399 Fall 1
  132. BGB bezweckt, werden durch die Abtretung an den Insolvenzverwalter anstelle
  133. des Gesellschaftsgläubigers nicht beeinträchtigt.
  134. 16
  135. Die Parteien haben die Abtretung auch nicht vertraglich ausgeschlossen,
  136. § 399 Fall 2 BGB. Eine solche Abrede ergibt sich insbesondere nicht aus § 5
  137. des Treuhandvertrages, der den Freistellungsanspruch der Treuhandkommanditistin regelt. Anhaltspunkte, die ein konkludent vereinbartes Abtretungsverbot
  138. nahe legen, sind nicht ersichtlich. Die Abtretung ist ferner weder sittenwidrig
  139. noch stellt sie eine unzulässige Rechtsausübung gemäß § 242 BGB dar. Infolge
  140. der Abtretung verwirklicht sich vielmehr nur das mit dem Treuhandvertrag verbundene Ziel, dass die wirtschaftlichen Folgen der Kommanditbeteiligung die
  141. Treugeber selbst treffen.
  142. 17
  143. c) § 172 Abs. 5 HGB steht dem Anspruch des Klägers nicht entgegen.
  144. Ein Gutglaubensschutz nach dieser Vorschrift setzt den Bezug von Gewinn aufgrund einer unrichtigen Bilanz voraus, die tatsächlich nicht vorhandene Gewinne ausweist (vgl. BGH, Urteil vom 20. April 2009 - II ZR 88/08, ZIP 2009, 1222
  145. Rn. 12 m.w.N.). Die Ausschüttungen beruhten hier nicht auf in den Bilanzen
  146. -8-
  147. ausgewiesenen Gewinnen, sondern waren gemäß § 13 Abs. 5 des Gesellschaftsvertrages unabhängig von einem Gewinn der Gesellschaft aus den Liquiditätsüberschüssen zu zahlen.
  148. 18
  149. d) Infolge der Abtretung des Freistellungsanspruchs steht dem Kläger
  150. gegen den Beklagten ein Zahlungsanspruch in Höhe von 38.986,01 € zu. Die
  151. Treuhandkommanditistin kann in dieser Höhe die Freistellung von dem ihr gegenüber begründeten Anspruch aus § 172 Abs. 4, § 171 Abs. 1 und 2 HGB von
  152. dem beklagten Treugeber verlangen.
  153. 19
  154. aa) Durch die Ausschüttungen an die über die Treuhandkommanditistin
  155. beteiligten Treugeber hat die Schuldnerin die Einlage im Sinne von § 172 Abs. 4
  156. HGB teilweise zurückbezahlt (vgl. BGH, Urteil vom 20. Oktober 1975
  157. - II ZR 214/74, WM 1976, 130, 131; Urteil vom 28. Januar 1980 - II ZR 250/78,
  158. BGHZ 76, 127, 130; Strohn in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, 2. Aufl.,
  159. § 172 Rn. 36). Der Anspruch aus § 172 Abs. 4, § 171 Abs. 1 und 2 HGB ist
  160. zwar nicht begründet, soweit die Haftsumme zur Befriedigung der Gesellschaftsgläubiger nicht benötigt wird (vgl. BGH, Urteil vom 20. März 1958
  161. - II ZR 2/57, BGHZ 27, 51, 56 f.; Urteil vom 11. Dezember 1989 - II ZR 78/89,
  162. BGHZ 109, 334, 344; Strohn in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, 2. Aufl.,
  163. § 171 Rn. 96). Diese Voraussetzung ist hier indes erfüllt. Die zur Insolvenztabelle festgestellten Forderungen, die nicht aus der Insolvenzmasse befriedigt werden können, übersteigen, wie schon das Landgericht zutreffend festgestellt hat,
  164. die Summe aller Ausschüttungen. Diese Feststellung hat der insoweit darlegungspflichtige Beklagte nicht substantiiert angegriffen.
  165. 20
  166. bb) Der Rückzahlungsanspruch des Klägers erfasst alle Ausschüttungen;
  167. sie waren alle haftungsbegründend nach § 172 Abs. 4 HGB.
  168. -9-
  169. 21
  170. Der Umfang, in dem die Haftung des Kommanditisten nach § 172 Abs. 4
  171. HGB wieder auflebt, ist in dreifacher Hinsicht, nämlich durch die Haftsumme,
  172. die Höhe des ausgezahlten Betrags und durch das Ausmaß der dadurch gegebenenfalls
  173. entstehenden
  174. Haftsummenunterdeckung
  175. begrenzt
  176. (vgl.
  177. MünchKommHGB/K. Schmidt, 2. Aufl., §§ 171, 172 Rn. 65). Die Ausschüttungen in Höhe von 38.986,01 € sind die niedrigste Position. Die Haftsumme beträgt 127.822,97 €; die Haftsummenunterdeckung übersteigt diese noch. Der
  178. Kläger hat in einer Beispielsberechnung für eine Beteiligungssumme von
  179. 100.000 DM dargelegt, wie sich das Kapitalkonto eines Anlegers durch die Ausschüttungen und die Zuschreibungen der handelsbilanziell ausgewiesenen Gewinne und Verluste entwickelt hat. Übertragen auf die Beteiligungssumme des
  180. Beklagten bedeutet dies, dass sein Kapitalkonto infolge der Ausschüttungen
  181. und der zugeschriebenen Verluste rechnerisch sogar negativ ist. Da die
  182. Schuldnerin im ersten Geschäftsjahr 1996 handelsbilanzielle Verluste von über
  183. 24 Mio. € und im zweiten Geschäftsjahr von über 19 Mio. € aufzuweisen hatte,
  184. die gemäß § 13 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrages den Kapitalkonten der Treugeber im Verhältnis ihrer Anteile zugewiesen worden sind, lag bereits bei der
  185. ersten Ausschüttung am 12. August 1998 in Höhe von 3.195,57 € eine erhebliche Haftsummenunterdeckung vor (Stand Kapitalkonto des Beklagten am
  186. 31. Dezember 1997: 37.046,51 € statt 127.822,97 €). Diese hat sich durch die
  187. dem Kapitalkonto in 1998, 1999, 2001 und 2002 zugewiesenen Verluste sowie
  188. die jährlichen Ausschüttungen noch weiter vertieft. Die Gewinne in 2000 (knapp
  189. 5 Mio. €), 2003 (16.798,33 €) und 2004 (83.017,72 €) die dem Kapitalkonto anteilig zugewiesen wurden, haben dieses nicht ansatzweise über einen Stand
  190. von 88.836,96 € (= Haftsumme ./. Ausschüttungen) bzw. gar auf den Stand der
  191. Haftsumme aufzufüllen vermocht.
  192. - 10 -
  193. 22
  194. e) Das Berufungsgericht hat entgegen der Ansicht der Revision weiter im
  195. Ergebnis zutreffend angenommen, dass der vom Kläger aus abgetretenem
  196. Recht geltend gemachte Zahlungsanspruch nicht verjährt ist.
  197. 23
  198. aa) Die Verjährungsfrist für den Befreiungsanspruch eines Treuhänders
  199. nach § 257 Satz 1 BGB beginnt nach der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs frühestens mit dem Schluss des Jahres zu laufen, in dem die
  200. Forderungen fällig werden, von denen zu befreien ist (BGH, Urteil vom 5. Mai
  201. 2010 - III ZR 209/09, ZIP 2010, 1295 Rn. 21 f.; Urteil vom 12. November 2009
  202. - III ZR 113/09, ZIP 2010, 1299 Rn. 13). Der gesetzliche Befreiungsanspruch
  203. nach § 257 Satz 1 BGB wird zwar nach allgemeiner Auffassung sofort mit der
  204. Eingehung der Verbindlichkeit, von der freizustellen ist, fällig, unabhängig davon, ob diese Verbindlichkeit ihrerseits bereits fällig ist (BGH, Urteil vom 5. Mai
  205. 2010 - III ZR 209/09, aaO Rn. 20 m.w.N.). Nach allgemeinen verjährungsrechtlichen Grundsätzen wäre der Zeitpunkt, zu dem ein Befreiungsanspruch entsteht und fällig wird, auch maßgeblich dafür, zu welchem Zeitpunkt die Verjährungsfrist des Freistellungsanspruchs beginnt (§ 199 BGB). Dies widerspräche
  206. indes den Interessen der Vertragsparteien eines Treuhandvertrags der hier vorliegenden Art. Wäre für den Lauf der Verjährungsfrist auf die Fälligkeit des Freistellungsanspruchs abzustellen, wäre die Treuhandkommanditistin regelmäßig
  207. bereits zu einem Zeitpunkt zur Geltendmachung ihres Freistellungsanspruchs
  208. gegenüber den Treugebern gezwungen, in dem weder die Fälligkeit der Drittforderung, von der freizustellen ist, absehbar ist noch feststeht, ob zu deren Erfüllung überhaupt auf Mittel der Treugeber zurückgegriffen werden muss.
  209. 24
  210. bb) Der Befreiungsanspruch der Treuhänderin ist danach nicht verjährt.
  211. Es ist weder dargetan noch sonst ersichtlich, dass keine der eingegangenen
  212. Verbindlichkeiten im Sinne von § 257 Satz 1 BGB, für die die Treuhänderin
  213. nach § 128, § 161 Abs. 2, § 171 Abs. 1 und 2, § 172 Abs. 4 HGB in Höhe von
  214. - 11 -
  215. 38.986,01 € haftet, in - im Hinblick auf die dreijährige Verjährungsfrist nach
  216. §§ 195, 199 Abs. 1 BGB und die die Klageerhebung Ende Dezember 2007
  217. (§ 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB) - unverjährter Zeit fällig geworden ist.
  218. 25
  219. f) Ebenfalls zutreffend hält das Berufungsgericht eine Aufrechnung des
  220. Beklagten gegenüber dem an den Kläger abgetretenen Rückzahlungsanspruch
  221. mit etwaigen gegen die Treuhandkommanditistin bestehenden Schadensersatzansprüchen für ausgeschlossen.
  222. 26
  223. aa) Die Aufrechnung ist schon unzulässig.
  224. 27
  225. Über die gesetzlich oder vertraglich ausdrücklich geregelten Fälle hinaus
  226. ist eine Aufrechnung verboten, wenn nach dem besonderen Inhalt des zwischen
  227. den Parteien begründeten Schuldverhältnisses der Ausschluss als stillschweigend vereinbart angesehen werden muss (§ 157 BGB) oder wenn die Natur der
  228. Rechtsbeziehung oder der Zweck der geschuldeten Leistung eine Erfüllung im
  229. Wege der Aufrechnung als mit Treu und Glauben unvereinbar (§ 242 BGB) erscheinen lassen (BGH, Urteil vom 24. Juni 1985 - III ZR 219/83, BGHZ 95, 109,
  230. 113 m.w.N.). So liegt der Fall hier. Die Treuhandkommanditistin hat die Beteiligung treuhänderisch für Rechnung der Treugeber übernommen und gehalten.
  231. Bei einer Gestaltung der Anlegerbeteiligung wie der vorliegenden darf der Anleger zwar grundsätzlich, soweit sich das nicht aus der Zwischenschaltung des
  232. Treuhänders unvermeidbar ergibt, nicht schlechter stehen, als wenn er selbst
  233. Kommanditist wäre; er darf aber auch nicht besser gestellt werden, als wenn er
  234. sich unmittelbar beteiligt hätte. Ihn trifft daher, wenn keine besonderen Verhältnisse vorliegen, auch das Anlagerisiko so, als ob er sich unmittelbar als Kommanditist
  235. beteiligt
  236. hätte
  237. (vgl.
  238. BGH,
  239. Urteil
  240. vom
  241. 17. Dezember
  242. 1979
  243. - II ZR 240/78, ZIP 1980, 277, 278; Urteil vom 21. März 1988 - II ZR 135/87,
  244. BGHZ 104, 50, 55). Die Einbindung der Anleger durch das Treuhandverhältnis
  245. erfasst auch die Haftung der Treuhandkommanditistin gegenüber Gesell-
  246. - 12 -
  247. schaftsgläubigern, soweit die Einlagen nicht erbracht oder wieder zurückbezahlt
  248. worden sind. Aus diesem Grund kann sich der Anleger der ihn mittelbar über
  249. die Inanspruchnahme durch die Treuhandkommanditistin treffenden Haftung
  250. gegenüber Gesellschaftsgläubigern nach §§ 171, 172 Abs. 4 HGB nicht durch
  251. Aufrechnung mit Ansprüchen gegen die Treuhandkommanditistin entziehen
  252. (vgl. OLG Düsseldorf, ZIP 1991, 1494, 1499; OLG Köln, NZG 2009, 543, 544;
  253. Henze in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, 2. Aufl., § 177a Anh. B Rn. 102;
  254. Heymann/Horn, HGB, 2. Aufl., § 161 Rn. 176).
  255. 28
  256. bb) Die Aufrechnung des Beklagten würde im Übrigen auch nicht durchgreifen, da er eine Aufklärungspflichtverletzung nicht ausreichend dargelegt hat.
  257. Dass die Ausschüttungen nicht mit Gewinnen gleichzusetzen waren, ergab sich
  258. hinreichend deutlich aus dem Fondsprospekt und dem Gesellschaftsvertrag, wo
  259. darauf hingewiesen wird, dass die Ausschüttungen aus der Liquidität/den Mietzinsüberschüssen der Gesellschaft erfolgen und auch dann ausgeschüttet wird,
  260. wenn die Kapitalkonten durch Verluste unter die Haftsumme gesunken sind.
  261. Ebenso wird unter Nennung von § 172 Abs. 4 HGB darauf hingewiesen, dass
  262. für die im Handelsregister eingetragenen Kommanditisten und für den Beteiligungstreuhänder eine persönliche Haftung für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft entsteht, soweit die Einlagen der Kapitalanleger aus Liquiditätsüber-
  263. - 13 -
  264. schüssen der Gesellschaft zurückgezahlt werden. Zu einer weitergehenden Erläuterung der Haftungsvorschrift des § 172 Abs. 4 HGB war die Treuhandkommanditistin nicht verpflichtet (vgl. BGH, Beschluss vom 9. November 2009
  265. - II ZR 16/09, ZIP 2009, 2335). Auf die eingeschränkte Handelbarkeit der Anteile weist der Prospekt ebenfalls hinreichend deutlich hin.
  266. Bergmann
  267. Caliebe
  268. Born
  269. Drescher
  270. Sunder
  271. Vorinstanzen:
  272. LG Marburg, Entscheidung vom 21.05.2008 - 2 O 403/07 OLG Frankfurt in Kassel, Entscheidung vom 25.06.2009 - 15 U 101/08 -