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- BUNDESGERICHTSHOF
- IM NAMEN DES VOLKES
- URTEIL UND VERSÄUMNISURTEIL
- I ZR 71/04
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- Verkündet am:
- 8. Februar 2007
- Walz
- Justizamtsinspektor
- als Urkundsbeamter
- der Geschäftsstelle
- in dem Rechtsstreit
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- Nachschlagewerk: ja
- BGHZ:
- nein
- BGHR:
- ja
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- bodo Blue Night
- MarkenG § 26 Abs. 3
- Besteht eine Übung, zur Kennzeichnung einer Ware oder Dienstleistung mehrere Marken zu verwenden - etwa eine auf das Unternehmen hinweisende
- Hauptmarke und eine der Kennzeichnung der einzelnen Artikel dienende
- Zweitmarke -, können beide Marken für sich genommen rechtserhaltend benutzt werden.
- BGH, Urt. u. Versäumnisurt. v. 8. Februar 2007 - I ZR 71/04 - OLG Hamm
- LG Bochum
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- Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 8. Februar 2007 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bornkamm
- und
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- die
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- Richter
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- Dr. v. Ungern-Sternberg,
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- Pokrant,
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- Dr. Schaffert
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- und
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- Dr. Kirchhoff
- für Recht erkannt:
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- Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 4. Zivilsenats des
- Oberlandesgerichts Hamm vom 1. Juni 2004 aufgehoben.
- Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch
- über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
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- Von Rechts wegen
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- Tatbestand:
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- Die Klägerin ist Inhaberin der am 25. Oktober 1996 angemeldeten und
- am 7. März 1997 unter anderem für "Parfümerien, Eau de Toilette, After Shave"
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- eingetragenen Wortmarke "Blue Night". Sie geht aus dieser Marke gegen die
- Benutzung des Zeichens
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- vor, das die Beklagte zu 2 für von der Beklagten zu 1 vertriebene Duftwässer
- (After Shave und Eau de Toilette) verwendet. Darüber hinaus ist die Klägerin
- Inhaberin der am 18. August 1998 für "Parfümerien, ätherische Öle, Mittel zur
- Körper- und Schönheitspflege, Haarwässer" eingetragenen Wortmarke "Bodo".
- 2
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- Die Klägerin verwendet die Marke "Blue Night" wie nachstehend wiedergegeben in Verbindung mit ihrer Marke "Bodo":
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- Die Klägerin sieht in der oben wiedergegebenen Verwendung der Kennzeichnung "MAN BLUE NIGHT" eine Verletzung ihrer Marke "Blue Night". Das
- zusammengesetzte Zeichen "MAN BLUE NIGHT" werde durch den Bestandteil
- "Blue Night" geprägt. Dagegen sei der Bestandteil "MAN" ein rein beschreiben-
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- der Gattungsbegriff, der lediglich darauf hinweise, dass es sich um einen Duft
- für Männer handele. Bei der von ihr verwendeten Marke stelle "bodo" den
- Oberbegriff für eine Vielzahl von Parfümartikeln dar, die sie vertreibe.
- Die Klägerin macht Ansprüche auf Unterlassung, Auskunftserteilung und
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- Feststellung der Schadensersatzpflicht gegen die Beklagten geltend.
- Die Beklagten sind der Klage entgegengetreten. Sie haben eine rechts-
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- erhaltende Benutzung der Marke "Blue Night" durch die Klägerin in Abrede gestellt, da sie ausschließlich die Marke "bodo Blue Night" verwendet habe. Durch
- das Hinzufügen des ebenfalls prägenden Bestandteils "bodo" sei ein neues Gesamtzeichen entstanden, das der Verkehr nicht mehr mit der Marke "Blue
- Night" gleichsetze.
- Das Landgericht hat der Klage im Wesentlichen stattgegeben. Das Beru-
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- fungsgericht hat die Klage abgewiesen.
- Mit der vom Senat zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Be-
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- klagte zu 1 beantragt, erstrebt die Klägerin die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils. Die Beklagte zu 2 war im Revisionsverfahren nicht vertreten.
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- Entscheidungsgründe:
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- I. Über den gegen die Beklagte zu 2 gerichteten Revisionsantrag ist - da
- die Beklagte zu 2 trotz ordnungsgemäßer Ladung im Revisionsverhandlungs-
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- termin nicht vertreten war - auf Antrag der Klägerin durch Versäumnisurteil zu
- entscheiden.
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- II. Das Berufungsgericht hat eine rechtserhaltende Benutzung der Marke
- "Blue Night" durch die Klägerin verneint. Dazu hat es ausgeführt:
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- Die Klägerin habe die Wortmarke "Blue Night" nicht benutzt, sondern nur
- das - im Tatbestand wiedergegebene - Zeichen "bodo Blue Night". Gemäß § 26
- Abs. 3 MarkenG gelte als Benutzung einer Marke zwar auch die Verwendung
- einer Form, die von der Eintragung abweiche, soweit der kennzeichnende Charakter der Marke durch die Abweichungen nicht verändert werde. Der Verkehr
- verstehe "bodo" als Hinweis auf eine bestimmte Duftserie der Klägerin und
- "Blue Night" als die Bezeichnung einer Duftnote aus dieser Serie, zumal bei
- Duftwässern eine derartige Kennzeichnungspraxis nicht unüblich sei. Mit "bodo"
- werde auf die gemeinsame Qualität der Produkte dieser Duftserie verwiesen
- und das Produkt gleichsam als Serienmitglied zusätzlich gekennzeichnet. Dem
- Bestandteil "bodo", der selbst als Wortmarke für die Klägerin eingetragen sei,
- messe der Verkehr eine eigene kennzeichnende Wirkung bei und sehe daher in
- der Eintragung ("Blue Night") und der tatsächlichen Benutzungsform ("bodo
- Blue Night") nicht mehr ein und dasselbe Zeichen. Der Bestandteil "bodo" trete
- auch nicht aus anderen Erwägungen in dem Maße in den Hintergrund, dass der
- Verkehr ihm keine eigene kennzeichnende Wirkung beimesse.
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- III. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision haben
- Erfolg. Sie führen zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Das Berufungsgericht hätte in
- Betracht ziehen müssen, dass der Verkehr in der Verwendung des Zeichens
- "Blue Night" neben "bodo" möglicherweise eine zweite Marke erkennt.
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- 1. Die rechtserhaltende Benutzung einer Marke i.S. von § 26 Abs. 1
- MarkenG erfordert, dass die Marke in üblicher und sinnvoller Weise für die Ware verwendet wird, für die sie eingetragen ist (BGH, Urt. v. 13.6.2002
- - I ZR 312/99, GRUR 2002, 1072, 1073 = WRP 2002, 1284 - SYLT-Kuh; Urt. v.
- 21.7.2005 - I ZR 293/02, GRUR 2005, 1047, 1049 = WRP 2005, 1527 - OTTO).
- Wird die Marke in einer von der Eintragung abweichenden Form benutzt, liegt
- eine rechtserhaltende Benutzung nach § 26 Abs. 3 MarkenG nur vor, wenn die
- Abweichungen den kennzeichnenden Charakter der Marke nicht verändern.
- Das ist dann der Fall, wenn der Verkehr das abweichend benutzte Zeichen gerade bei Wahrnehmung der Unterschiede dem Gesamteindruck nach noch mit
- der eingetragenen Marke gleichsetzt, d.h. in der benutzten Form noch dieselbe
- Marke sieht (BGH, Urt. v. 28.8.2003 - I ZR 293/00, GRUR 2003, 1047, 1048 =
- WRP 2003, 1439 - Kellogg's/Kelly's).
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- 2. Werden zur Kennzeichnung einer Ware - wie im Streitfall - zwei Zeichen verwendet, liegt es in der Regel nahe, dass der Verkehr darin ein aus zwei
- Teilen bestehendes zusammengesetztes Zeichen erblickt. Denkbar ist aber
- auch, dass der Verkehr in der Kennzeichnung keinen einheitlichen Herkunftshinweis, sondern zwei voneinander zu unterscheidende Zeichen sieht (vgl.
- BGH, Urt. v. 5.4.2001 - I ZR 168/98, GRUR 2002, 171, 174 = WRP 2001, 1315
- - Marlboro-Dach; Urt. v. 22.7.2004 - I ZR 204/01, GRUR 2004, 865, 866 = WRP
- 2004, 1281 - Mustang). Da zur rechtserhaltenden Benutzung einer Marke auch
- deren Verwendung als Zweitmarke ausreicht (vgl. BGH, Urt. v. 1.7.1993
- - I ZR 194/91, GRUR 1993, 972, 974 - Sana/Schosana; Beschl. v. 10.11.1999
- - I ZB 53/98, GRUR 2000, 510 = WRP 2000, 541 - Contura), muss diese Möglichkeit auch im Streitfall in die Betrachtung miteinbezogen werden (vgl. Hildebrandt, Marken und andere Kennzeichen, § 12 Rdn. 24 f.).
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- Der Verkehr ist vielfach an die Verwendung von Zweitkennzeichen gewöhnt (BGH GRUR 1993, 972, 974 - Sana/Schosana, m.w.N.; GRUR 2000,
- 510 f. - Contura; BGH, Beschl. v. 20.1.2005 - I ZB 31/03, GRUR 2005, 515, 516
- = WRP 2005, 620 - FERROSIL). Ohne weiteres wird die Verwendung einer
- Zweitmarke dann deutlich, wenn es sich bei einem der beiden Zeichen um den
- dem Verkehr bekannten Namen des Unternehmens handelt. Die Verwendung
- einer Zweitmarke liegt aber auch bei Serienzeichen nahe, bei denen das eine
- Zeichen die Produktfamilie, das andere das konkrete Produkt benennt. Bei
- Duftwässern entspricht eine solche Kennzeichnungspraxis - wie auch das Berufungsgericht festgestellt hat - durchaus dem Üblichen.
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- Die Verwendung mehrerer Marken zur Kennzeichnung einer Ware oder
- Dienstleistung stellt eine weit verbreitete, wirtschaftlich sinnvolle Praxis dar.
- Insbesondere ist es üblich, neben einem auf das Unternehmen hinweisenden
- Hauptzeichen weitere Marken zur Identifizierung der speziellen einzelnen Artikel einzusetzen. In solchen Fällen können sowohl die Haupt- als auch die
- Zweitmarke auf die betriebliche Herkunft hinweisen mit der Folge, dass beide
- für sich genommen rechtserhaltend benutzt werden (vgl. BGH GRUR 1993,
- 972, 974 - Sana/Schosana; GRUR 2000, 510 f. - Contura; Ströbele in Ströbele/
- Hacker, Markengesetz, 8. Aufl., § 26 Rdn. 81).
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- 3. Das Berufungsgericht hat bislang keine Feststellungen dazu getroffen,
- ob das mit der Klagemarke "Blue Night" kombinierte Zeichen "bodo" vom Verkehr als eigenständiges Zeichen aufgefasst wird. Ist dies der Fall, kommt es bei
- der Prüfung der rechtserhaltenden Benutzung der Klagemarke nicht darauf an,
- dass die Produkte der Klägerin auch noch das Zeichen "bodo" tragen. Für die
- Annahme, dass der Verkehr in dem Zeichenbestandteil "bodo" eine selbständi-
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- ge Zweitmarke erblickt, könnten im Streitfall etwa die häufige Verwendung von
- Zweitmarken auf dem hier in Rede stehenden Warengebiet (vgl. BGH GRUR
- 1993, 972, 974 - Sana/Schosana; GRUR 2002, 171, 174 - Marlboro-Dach) und
- insbesondere eine entsprechende Verwendung des Zeichens "bodo" im Zusammenhang mit anderen Duftnoten sprechen. Die Revision rügt mit Erfolg,
- dass das Berufungsgericht dem entsprechenden Vorbringen der Klägerin nicht
- nachgegangen ist. Hat die Klägerin - wie von ihr vorgetragen und vom Landgericht festgestellt - unter dem Zeichen "bodo" eine Vielzahl von Düften verschiedener, gesondert gekennzeichneter Duftserien vertrieben, liegt die Annahme
- nahe, dass der Verkehr in dem Zeichen "Blue Night" die eingetragene Wortmarke der Klägerin wiedererkennt. Diese Frage bedarf der Klärung.
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- IV. Danach ist das angefochtene Urteil auf die Revision der Klägerin aufzuheben. Die Sache ist zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über
- die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
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- Bornkamm
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- v. Ungern-Sternberg
- Schaffert
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- Vorinstanzen:
- LG Bochum, Entscheidung vom 01.10.2003 - 13 O 100/03 OLG Hamm, Entscheidung vom 01.06.2004 - 4 U 134/03 -
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- Pokrant
- Kirchhoff
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