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1 year ago
  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. IM NAMEN DES VOLKES
  3. URTEIL
  4. I ZR 66/01
  5. Verkündet am:
  6. 3. Juli 2003
  7. Führinger
  8. Justizangestellte
  9. als Urkundsbeamtin
  10. der Geschäftsstelle
  11. in dem Rechtsstreit
  12. -2-
  13. Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 3. Juli 2003 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann
  14. und die Richter Prof. Starck, Pokrant, Dr. Büscher und Dr. Schaffert
  15. für Recht erkannt:
  16. Die Revision gegen das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 14. Dezember 2000 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
  17. Von Rechts wegen
  18. Tatbestand:
  19. Die Beklagte betreibt unter der Telefonnummer 11880 einen Inlandsauskunftsdienst. Sie stellt den Kunden hierfür 0,992
  20. 
  21. 1,94 DM) und, sofern das
  22. Gespräch länger als eine Minute dauert, je angefangenen weiteren 7,5 Sekunden zusätzlich 0,062
  23. 
  24. 
  25. DM) in Rechnung. Sie bewirbt ihre Leistun-
  26. gen u.a. in Zeitschriften sowie in Fernsehspots, wobei sie jeweils auch die Telefonnummer 11880 angibt. In vier solchen im Oktober 1999 gesendeten Spots
  27. hat sie ohne Hinweis auf die von ihr verlangten Preise geworben. Auch ihre
  28. Werbung in den Zeitschriften enthielt teilweise keine Hinweise auf die von ihr für
  29. die Auskünfte berechneten Entgelte.
  30. -3-
  31. Der Kläger ist der Bundesverband der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände. Er hat die Werbung der Beklagten ohne die Angabe der von
  32. dieser in Rechnung gestellten Entgelte als Verstoß gegen § 1 der Preisangabenverordnung (v. 14.3.1985, BGBl. I S. 580, neugefaßt gemäß Bekanntmachung vom 28.7.2000, BGBl. I S. 1244 - PAngV) und damit zugleich gegen § 1
  33. UWG sowie als irreführend i.S. von § 3 UWG beanstandet.
  34. Der Kläger hat beantragt,
  35. der Beklagten unter Androhung von Ordnungsmitteln zu untersagen, im geschäftlichen Verkehr in Zeitschriften oder in Fernsehspots zu Zwecken des Wettbewerbs die Leistung "AuskunftsdienstInland" unter der Nummer 11880 Letztverbrauchern anzubieten,
  36. bzw. für diese Leistung gegenüber Letztverbrauchern in Zeitschriften oder in Fernsehspots zu werben, ohne den Preis für die Leistung anzugeben.
  37. Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Sie hat die Auffassung vertreten, Werbung in Printmedien und im Rundfunk stelle kein Angebot i.S. des
  38. § 1 PAngV, sondern lediglich eine Aufforderung dar, der Beklagten gegenüber
  39. ein Angebot abzugeben. Allenfalls beinhaltete die Fernsehwerbung ein mündliches Angebot i.S. von § 7 Abs. 1 Nr. 4 PAngV (a.F.; nunmehr § 9 Abs. 1 Nr. 4
  40. PAngV), so daß die Preisangabenverordnung jedenfalls insoweit nicht einschlägig wäre. Da sich der Verkehr inzwischen daran gewöhnt habe, daß die
  41. Tarife für telefonische Auskünfte weitaus höher lägen als die Gebühren für
  42. Ortsgespräche, sei die Beklagte auch nicht im Hinblick auf das Irreführungsverbot in § 3 UWG verpflichtet, die Verbraucher über ihre Preise aufzuklären.
  43. -4-
  44. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers
  45. hat zur Verurteilung der Beklagten gemäß dem Klageantrag geführt (OLG München ZUM-RD 2001, 454 = OLG-Rep 2001, 219).
  46. Hiergegen richtet sich die Revision der Beklagten, mit der diese ihren
  47. Klageabweisungsantrag weiterverfolgt. Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.
  48. Entscheidungsgründe:
  49. I. Das Berufungsgericht hat das vom Kläger beanstandete Verhalten der
  50. Beklagten als Verstoß gegen die Preisangabenverordnung und damit zugleich
  51. i.S. von § 1 UWG wettbewerbswidrige Verhaltensweise gewertet. Zur Begründung hat es ausgeführt:
  52. Der Begriff des Anbietens i.S. des § 1 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 PAngV schließe solche Erklärungen ein, durch die der Kunde, wenn auch rechtlich noch unverbindlich, tatsächlich schon gezielt und so konkret auf den Erwerb eines Produkts angesprochen werde, daß aus seiner Sicht nach der Auffassung des Verkehrs ein Geschäftsabschluß ohne weiteres möglich sei. Das sei hier der Fall,
  53. da die Leistung der Beklagten aufgrund der in Rede stehenden Werbemaßnahmen sofort und ohne weiteres in Anspruch genommen werden könne.
  54. Ein (ausschließlich) mündlich vorgetragenes Angebot liege auch bei einem Werbespot im Fernsehen nicht vor. Zwar sei das Bild dort nur kurze Zeit zu
  55. sehen; es stehe aber einem mündlichen Angebot nicht gleich, weil dessenun-
  56. -5-
  57. geachtet Preise technisch ohne weiteres schriftbildlich angegeben werden
  58. könnten.
  59. Die mit der Klage angegriffene Verhaltensweise der Beklagten berühre
  60. wesentliche Belange der Verbraucher, da diese keine zumutbare Gelegenheit
  61. hätten, die Preise für die Auskunftsleistung zu vergleichen.
  62. II. Die gegen diese Beurteilung gerichtete Revision der Beklagten hat
  63. keinen Erfolg.
  64. 1. Der Kläger erfüllt die für seine Klagebefugnis nach § 13 Abs. 2 Nr. 3
  65. UWG (in der Fassung, in der diese Bestimmung seit dem 1. Juli 2000 gilt) erforderliche Voraussetzung der Eintragung in die Liste qualifizierter Einrichtungen nach § 4 UKlaG.
  66. 2. Entgegen der Auffassung der Revision ändert der Umstand, daß die
  67. Beklagte als Anbieterin von Telekommunikationsdienstleistungen für die Öffentlichkeit gemäß § 27 Abs. 1 der Telekommunikations-Kundenschutzverordnung
  68. (v. 11.12.1997, BGBl. I S. 2910, zuletzt geändert durch die Zweite Verordnung
  69. zur Änderung der Telekommunikations-Kundenschutzverordnung v. 20.8.2002,
  70. BGBl. I S. 3365 - TKV) namentlich die von den Endkunden verlangten Entgelte
  71. zu veröffentlichen hat, nichts an ihrer nach den sonstigen Vorschriften bestehenden Verpflichtung zur Angabe von Preisen. Das folgt aus § 41 des Telekommunikationsgesetzes (v. 25.7.1996, BGBl. I S. 1120, zuletzt geändert durch
  72. das Erste Gesetz zur Änderung des Telekommunikationsgesetzes vom
  73. 21.10.2002, BGBl. I S. 4186 - TKG), auf dessen Grundlage die Telekommunikations-Kundenschutzverordnung erlassen worden ist. Diese Bestimmung enthält lediglich die Ermächtigung zum Erlaß von Rahmenvorschriften für die Inan-
  74. -6-
  75. spruchnahme von Telekommunikationsdienstleistungen "zum besonderen
  76. Schutz der Nutzer, insbesondere der Verbraucher". Dementsprechend läßt die
  77. Telekommunikations-Kundenschutzverordnung nach anderen Bestimmungen
  78. bestehende Informationspflichten unberührt. Das gilt auch für die Informationspflichten nach der Preisangabenverordnung, die ihrerseits für den Bereich der
  79. Telekommunikation keine Ausnahme vorsieht.
  80. 3. Das Berufungsgericht hat die in Rede stehenden Werbemaßnahmen
  81. nicht lediglich als Werbung i.S. des § 1 Abs. 1 Satz 1 Fall 2 PAngV, sondern als
  82. Leistungsangebot i.S. des § 1 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 PAngV angesehen. Diese
  83. Beurteilung entspricht der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, wonach
  84. hierfür Ankündigungen genügen, die so konkret gefaßt sind, daß sie nach der
  85. Auffassung des Verkehrs den Abschluß eines Geschäfts auch aus der Sicht
  86. des Kunden ohne weiteres zulassen (vgl. BGH, Urt. v. 4.3.1982 - I ZR 30/80,
  87. GRUR 1982, 493, 494 = WRP 1982, 411 - Sonnenring; Urt. v. 23.6.1983
  88. - I ZR 75/81, GRUR 1983, 658, 659 f. - Hersteller-Preisempfehlung in Kfz-Händlerwerbung; Urt. v. 23.6.1983 - I ZR 109/81, GRUR 1983, 661, 662 = WRP
  89. 1983, 559 - Sie sparen 4 000.- DM; vgl. auch Völker, Preisangabenrecht,
  90. 2. Aufl., § 1 PAngV Rdn. 25 f. m.w.N.). Denn die im Zusammenhang mit einer
  91. konkreten Dienstleistung beworbene Telefonnummer ermöglicht es dem Verbraucher, mit deren Wahl auf die angebotene Dienstleistung unmittelbar zuzugreifen.
  92. Die Möglichkeit einer allgemeinen Unternehmenswerbung ohne die Verpflichtung zur Preisangabe bleibt der Beklagten unbenommen. Der im Verbotstenor des Berufungsurteils entsprechend dem Klageantrag enthaltene Zusatz
  93. "bzw. für diese Leistung ... zu werben" erfaßt nicht diese Imagewerbung, son-
  94. -7-
  95. dern sollte erkennbar lediglich verdeutlichen, daß das Angebot der Dienstleistung in Werbeträgern erfolgt ist.
  96. 4. Mit Recht hat das Berufungsgericht auch die Werbesendungen der
  97. Beklagten im Fernsehen nicht als nach § 9 Abs. 1 Nr. 4 PAngV (§ 7 Abs. 1 Nr. 4
  98. PAngV a.F.) ohne Angabe von Preisen zulässige mündliche Angebote angesehen. Daß die Preisangabenverordnung die über Bildschirm erfolgenden Angebote nicht als mündliche Angebote behandelt, erschließt sich aus ihren § 4
  99. Abs. 4, § 5 Abs. 1 Satz 3, wo als Ort des Leistungsangebots neben den Printmedien auch die "Bildschirmanzeige" ausdrücklich erwähnt wird (vgl. Völker
  100. aaO § 4 PAngV Rdn. 32 und § 5 PAngV Rdn. 19).
  101. 5. Zweck der Preisangabenverordnung ist es, durch eine sachlich zutreffende und vollständige Verbraucherinformation Preiswahrheit und Preisklarheit zu gewährleisten und durch optimale Preisvergleichsmöglichkeiten die
  102. Stellung der Verbraucher gegenüber Handel und Gewerbe zu stärken und den
  103. Wettbewerb zu fördern (st. Rspr.; vgl. BGH, Urt. v. 28.11.1996 - I ZR 197/94,
  104. GRUR 1997, 767, 769 = WRP 1997, 735 - Brillenpreise II; Urt. v. 25.2.1999
  105. - I ZR 4/97, GRUR 1999, 762, 763 = WRP 1999, 845 - Herabgesetzte Schlußverkaufspreise). Ihre Bestimmungen weisen damit Wettbewerbsbezug auf,
  106. weshalb Verstöße gegen sie zugleich den Tatbestand des § 1 UWG erfüllen.
  107. Die vom Kläger beanstandete Verhaltensweise der Beklagten berührt
  108. auch wesentliche Belange der Verbraucher im Sinne des § 13 Abs. 2 Nr. 3
  109. Satz 2 UWG, da sie deren Interessen nicht lediglich am Rande betrifft.
  110. Für die vorliegende Entscheidung ist es entgegen dem Vorbringen der
  111. Revision in der mündlichen Verhandlung unerheblich, daß der Bundesgesetz-
  112. -8-
  113. geber derzeit den Erlaß einer sondergesetzlichen Regelung beabsichtigt, mit
  114. der für bestimmte Telefon-Mehrwertdienste, zu denen der von der Beklagten
  115. betriebene Auskunftsdienst nicht gehören soll, eine Verpflichtung zur Mitteilung
  116. des vom Verbraucher zu zahlenden Preises vor Beginn der Entgeltpflichtigkeit
  117. eingeführt werde (vgl. Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für
  118. Wirtschaft und Arbeit v. 4.6.2003, BT-Drucks. 15/1126, S. 5).
  119. 6. Nach allem ist nicht näher zu erörtern, ob der geltend gemachte Unterlassungsanspruch sich auch aus §§ 2, 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UKlaG ergeben
  120. könnte, weil die vom Kläger beanstandeten Werbemaßnahmen der Beklagten
  121. verbraucherschutzgesetzwidrige Praktiken im Sinne des am 1. Juli 2000 in Kraft
  122. getretenen, d.h. im Zeitpunkt der Berufungsverhandlung bereits geltenden und
  123. ab 1. Januar 2002 durch den - inhaltsgleichen - § 2 UKlaG ersetzten § 22
  124. AGBG darstellen.
  125. III. Danach war die Revision der Beklagten mit der Kostenfolge aus § 97
  126. Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.
  127. Ullmann
  128. Starck
  129. Büscher
  130. Pokrant
  131. Schaffert