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1 year ago
  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. IM NAMEN DES VOLKES
  3. URTEIL
  4. I ZR 259/00
  5. Verkündet am:
  6. 17. Juli 2003
  7. Walz
  8. Justizamtsinspektor
  9. als Urkundsbeamter
  10. der Geschäftsstelle
  11. in dem Rechtsstreit
  12. Nachschlagewerk: ja
  13. BGHZ:
  14. ja
  15. BGHR:
  16. ja
  17. Paperboy
  18. ZPO § 253 Abs. 2 Nr. 2
  19. Werden mit einer Klage Verbote verschiedener Handlungen begehrt, deren
  20. Ausspruch jeweils von unterschiedlichen tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen abhängt, erfordert es das Gebot, einen bestimmten Klageantrag zu
  21. stellen, daß die einzelnen Handlungen in gesonderten Anträgen als konkrete
  22. Verletzungsformen umschrieben werden.
  23. -2-
  24. UrhG § 16 Abs. 1
  25. a) Wird ein Hyperlink zu einer Datei auf einer fremden Webseite mit einem urheberrechtlich geschützten Werk gesetzt, wird dadurch nicht in das Vervielfältigungsrecht an diesem Werk eingegriffen.
  26. b) Ein Berechtigter, der ein urheberrechtlich geschütztes Werk ohne technische
  27. Schutzmaßnahmen im Internet öffentlich zugänglich macht, ermöglicht dadurch bereits selbst die Nutzungen, die ein Abrufender vornehmen kann. Es
  28. wird deshalb grundsätzlich kein urheberrechtlicher Störungszustand geschaffen, wenn der Zugang zu dem Werk durch das Setzen von Hyperlinks
  29. (auch in der Form von Deep-Links) erleichtert wird.
  30. UrhG § 15
  31. a) Nach § 15 UrhG (i.d.F. vom 9. September 1965) steht dem Urheber das ausschließliche Recht zu, die öffentliche Zugänglichmachung seines Werkes zu
  32. erlauben oder zu verbieten. Dieses Recht ist als unbenanntes Recht in dem
  33. umfassenden Verwertungsrecht des Urhebers aus § 15 UrhG enthalten.
  34. b) Durch das Setzen eines Hyperlinks auf eine vom Berechtigten öffentlich zugänglich gemachte Webseite mit einem urheberrechtlich geschützten Werk,
  35. wird in das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung des Werkes nicht eingegriffen.
  36. -3-
  37. UrhG § 87b
  38. a) Das Setzen von Hyperlinks auf Artikel, die vom Berechtigten im Internet als
  39. Bestandteile einer Datenbank öffentlich zugänglich gemacht worden sind, ist
  40. keine dem Datenbankhersteller vorbehaltene Nutzungshandlung.
  41. b) Das Datenbankherstellerrecht aus § 87b Abs. 1 Satz 2 UrhG wird nicht verletzt, wenn aus Zeitungs- und Zeitschriftenartikeln, die in einer Datenbank
  42. gespeichert sind, durch einen Internet-Suchdienst einzelne kleinere Bestandteile auf Suchwortanfrage an Nutzer übermittelt werden, um diesen einen Anhalt dafür zu geben, ob der Abruf des Volltextes für sie sinnvoll wäre.
  43. Dies gilt auch dann, wenn der Suchdienst dabei wiederholt und systematisch
  44. im Sinne des § 87b Abs. 1 Satz 2 UrhG auf die Datenbank zugreift.
  45. UWG § 1
  46. Ein Internet-Suchdienst, der Informationsangebote, insbesondere Presseartikel,
  47. auswertet, die vom Berechtigten öffentlich zugänglich gemacht worden sind,
  48. handelt grundsätzlich nicht wettbewerbswidrig, wenn er Nutzern unter Angabe
  49. von Kurzinformationen über die einzelnen Angebote durch Deep-Links den unmittelbaren Zugriff auf die nachgewiesenen Angebote ermöglicht und die Nutzer
  50. so an den Startseiten der Internetauftritte, unter denen diese zugänglich gemacht sind, vorbeiführt. Dies gilt auch dann, wenn dies dem Interesse des Informationsanbieters widerspricht, dadurch Werbeeinnahmen zu erzielen, daß
  51. Nutzer, die Artikel über die Startseiten aufrufen, zunächst der dort aufgezeigten
  52. Werbung begegnen. Die Tätigkeit von Suchdiensten und deren Einsatz von Hyperlinks ist wettbewerbsrechtlich zumindest dann grundsätzlich hinzunehmen,
  53. -4-
  54. wenn diese lediglich den Abruf vom Berechtigten öffentlich zugänglich gemachter Informationsangebote ohne Umgehung technischer Schutzmaßnahmen für Nutzer erleichtern.
  55. BGH, Urteil vom 17. Juli 2003 - I ZR 259/00 - OLG Köln
  56. LG Köln
  57. -5-
  58. Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 17. Juli 2003 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann
  59. und die Richter Dr. v. Ungern-Sternberg, Prof. Starck, Pokrant und Dr. Büscher
  60. für Recht erkannt:
  61. Die Revision gegen das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 27. Oktober 2000 wird auf Kosten der Klägerin mit
  62. der Maßgabe zurückgewiesen, daß der Klageantrag zu 1 statt als
  63. unbegründet als unzulässig abgewiesen wird.
  64. Von Rechts wegen
  65. Tatbestand:
  66. Im Verlag der Klägerin erscheinen die Zeitung "Handelsblatt" und die
  67. Zeitschrift "DM". Einzelne darin veröffentlichte Beiträge nimmt die Klägerin auch
  68. in ihr Internet-Informationsangebot auf.
  69. Die Beklagten, die eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts bilden, bieten
  70. im Internet unter der Adresse "www.paperboy.de" einen Suchdienst für tagesaktuelle Nachrichten, insbesondere Zeitungsnachrichten, an. Der Suchdienst
  71. -6-
  72. "Paperboy" wertet die Website (d.h. den Internetauftritt als die Gesamtheit der
  73. unter einer Internetadresse in das Internet gestellten Webseiten) von mehreren
  74. hundert Nachrichtenanbietern aus. Weit überwiegend handelt es sich dabei um
  75. die Webangebote von Zeitungstiteln, darunter auch von "Handelsblatt" und
  76. "DM", aber auch um Veröffentlichungen von Unternehmen und Organisationen,
  77. Staatsorganen, Behörden und politischen Parteien. In die Suche werden nur
  78. tagesaktuelle Informationen einbezogen. Aus diesem Material weist "Paperboy"
  79. auf Anfrage diejenigen Veröffentlichungen in Form einer Auflistung nach, die
  80. den vom Nutzer (insbesondere durch Suchworte) vorgegebenen Suchkriterien
  81. entsprechen. Zugleich werden aus der betreffenden Veröffentlichung Stichworte
  82. und, zumindest teilweise, Satzteile oder Sätze angegeben, um den Inhalt der
  83. Veröffentlichung näher zu kennzeichnen.
  84. Ein Beispiel ist folgender Hinweis auf eine Webseite des "K. Express":
  85. "[K. Express]: Express Online - News
  86. Donnerstag, 25. Februar 1999, 02.39 Uhr News
  87. Bundestag: Es krachte gewaltig
  88. Kanzler kontra CSU-Chef exp Bonn - Die Redeschlacht war hart, die
  89. Wortwahl markig. Regierung und Opposition schenkten sich am zweiten
  90. Investoren Vorgängerregierung Schieflage Union FDP Kampf
  91. 759 Wörter, 5550 Bytes".
  92. Die beiden Aussagen "Bundestag: Es krachte gewaltig" und "Kanzler
  93. kontra CSU-Chef" geben wörtlich Überschriften des nachgewiesenen Artikels
  94. wieder. Dem Artikel entstammen weiter der Satz "Die Redeschlacht war hart,
  95. die Wortwahl markig", der Satzteil "Regierung und Opposition schenkten sich
  96. am zweiten" sowie die Worte "Investoren Vorgängerregierung Schieflage Union
  97. FDP Kampf".
  98. -7-
  99. In der jeweils ersten Zeile der aufgelisteten Suchergebnisse ist die Quelle angegeben (im Beispiel: "[K. Express]: Express Online - News"). Diese
  100. Angabe ist als ein Hyperlink (elektronischer Verweis) ausgestaltet, über den der
  101. Nutzer die angegebene Datei unmittelbar aufrufen kann. Durch Anklicken des
  102. Links kann die Datei mittels des im Computer des Nutzers eingerichteten Webbrowsers (eines Programms, das im World Wide Web den Zugang zu Webseiten und deren Betrachtung ermöglicht) automatisch abgerufen, in den Computer geladen und auf dem Bildschirm dargestellt werden. Bei dem Suchdienst
  103. "Paperboy" führt das Anklicken des Hyperlinks den Nutzer nicht auf die Startseite (Homepage) der Website des Informationsanbieters, sondern als sog.
  104. Deep-Link unmittelbar auf die ("tieferliegende") Webseite, auf der sich das Angebot befindet. Auf diese Weise wird der Nutzer an den Werbeeintragungen,
  105. die sich auf der Startseite des Internetauftritts befinden, vorbeigeleitet.
  106. Die Beklagten bieten weiter an, dem Nutzer täglich eine Zusammenstellung aller tagesaktuellen Veröffentlichungen zu Suchworten, die von ihm angegeben werden, per E-Mail zu übermitteln. Diese Zusammenstellung bezeichnen
  107. sie als "persönliche Tageszeitung".
  108. Die Klägerin ist der Ansicht, daß der Suchdienst "Paperboy" ihre Rechte
  109. an dem Online-Angebot von "Handelsblatt" und "DM" verletze. Die von ihr auf
  110. diese Weise in das Internet gestellten Artikel seien urheberrechtlich schutzfähige Werke sowie Teile von Datenbanken, die nach § 87a UrhG geschützt seien.
  111. Mit der Nutzung der unter den Adressen "www.handelsblatt.com" und
  112. "www.dm-online.de" zugänglichen Datenbanken sei sie nur einverstanden,
  113. wenn dazu die von ihr selbst eingerichteten Suchmaschinen (etwa "Handelsblatt Topix") verwendet würden. Die Übermittlung von Teilen einzelner Artikel an
  114. den Nutzer des Suchdienstes sei ebenso rechtswidrig wie die Ermöglichung
  115. -8-
  116. des unmittelbaren Aufrufs des Volltextes der Artikel durch Hyperlinks. Das
  117. Suchdienstangebot von "Paperboy" und die Herstellung der "persönlichen Tageszeitung" seien zudem als unlautere Ausbeutung einer fremden Leistung,
  118. Rufausbeutung und Behinderung wettbewerbswidrig. Die Werbung mit der Bezeichnung "Ihre persönliche Tageszeitung" sei schließlich auch irreführend, weil
  119. der Nutzer durch die E-Mail-Übermittlung lediglich Hinweise auf Veröffentlichungen erhalte, auf die er mittels Hyperlink zugreifen könne.
  120. Die Klägerin hat beantragt, die Beklagten zu verurteilen, es zu unterlassen, wie auf ihren - in den Antrag in Form von Ausdrucken aufgenommenen Webseiten
  121. 1. im Geschäftsverkehr das Paperboy-Informationssuchsystem für
  122. tagesaktuelle Nachrichten anzubieten und/oder anbieten zu lassen und/oder dafür zu werben und/oder dafür werben zu lassen,
  123. soweit sich dies auf die Presseobjekte der Klägerin "DM"
  124. und/oder "Handelsblatt" bezieht, und/oder
  125. 2. die Einrichtung einer persönlichen Tageszeitung anzubieten und/
  126. oder anbieten zu lassen.
  127. Auf einer der im Antrag wiedergegebenen Webseiten, deren Inhalt sich
  128. auch aus dem Berufungsurteil (S. 3-12) ergibt, wird "Paperboy" wie folgt vorgestellt:
  129. "Paperboy ... Ihre persönliche Tageszeitung
  130. Paperboy ist ein Informationssuchsystem für tagesaktuelle Nachrichten.
  131. Mit Paperboy können Sie zum einen in den heutigen Meldungen von mehr
  132. als 290 der wichtigsten Nachrichtenanbietern suchen und zum anderen
  133. Ihre persönliche Tageszeitung erstellen, die Ihnen fortan jeden morgen
  134. als e-mail zugestellt wird, so daß Ihnen garantiert nichts mehr über Ihr
  135. -9-
  136. Unternehmen, Ihren Verein oder interessante Persönlichkeiten entgehen
  137. wird.
  138. Dieser Service ist kostenlos.
  139. Paperboy
  140. ist ein Service des
  141. H. systemhauses,
  142. bieten Lösungen für Inter- und Intranetanwendungen."
  143. H..
  144. Wir
  145. Bei den übrigen in den Antrag aufgenommenen Webseiten handelt es
  146. sich um die Startseite (Homepage) von "Paperboy", die lediglich den Einstieg
  147. zu den anderen Webseiten eröffnet, eine Seite mit Hinweisen zum richtigen Suchen mit Hilfe des Suchdienstes, eine Liste der ausgewerteten Quellen (deren
  148. Zahl mit "zur Zeit 302" angegeben wird), eine Webseite mit der Aufforderung,
  149. weitere auszuwertende Quellen mitzuteilen, eine Zusammenstellung anderer
  150. Suchmaschinen und Verzeichnisse sowie eine Webseite, auf der angegeben
  151. wird, wie sich der Nutzer eine "persönliche Tageszeitung" einrichten könne.
  152. Die Beklagten haben ein rechtswidriges Handeln in Abrede gestellt.
  153. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Es liege zwar keine Urheberrechtsverletzung vor, wohl aber ein Verstoß gegen § 1 UWG unter dem Gesichtspunkt des sittenwidrigen Ausnutzens eines fremden Arbeitsergebnisses.
  154. Das Berufungsgericht hat auf die Berufung der Beklagten das landgerichtliche Urteil teilweise abgeändert und im Hauptausspruch insgesamt wie
  155. folgt neu gefaßt:
  156. Die Beklagten werden verurteilt, es bei Meidung eines vom Gericht
  157. für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zur Höhe von 500.000 DM, ersatzweise Ordnungshaft, oder
  158. Ordnungshaft bis zur Dauer von sechs Monaten zu unterlassen,
  159. - 10 -
  160. die Einrichtung einer persönlichen Tageszeitung wie auf den nachfolgenden Seiten 3 bis 12 dieses Urteils wiedergegeben anzubieten
  161. und/oder anbieten zu lassen.
  162. Im übrigen hat das Berufungsgericht die Klage abgewiesen und die weitergehende Berufung zurückgewiesen (OLG Köln GRUR-RR 2001, 97).
  163. Gegen dieses Urteil wendet sich die Klägerin mit ihrer Revision. Die Revisionsbeklagten waren in der mündlichen Verhandlung nicht vertreten. Die
  164. Klägerin beantragt, das Berufungsurteil durch Versäumnisurteil aufzuheben,
  165. soweit zu ihrem Nachteil erkannt worden ist, und insoweit die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
  166. Entscheidungsgründe:
  167. I. Das Berufungsgericht hat den - im Revisionsverfahren allein noch zu
  168. beurteilenden - Klageantrag zu 1 abgewiesen, weil das Informationssuchsystem
  169. "Paperboy" weder unter urheberrechtlichen noch unter wettbewerbsrechtlichen
  170. Gesichtspunkten zu beanstanden sei.
  171. Der Klägerin stünden auch dann keine Unterlassungsansprüche aus dem
  172. Urheberrechtsgesetz zu, wenn unterstellt werde, daß jedenfalls einzelne der
  173. Artikel aus "Handelsblatt" und "DM" urheberrechtlich geschützte Werke seien
  174. und angenommen werde, daß der im Internet zugängliche geordnete Bestand
  175. einer Vielzahl von Artikeln und Beiträgen aus beiden Presseerzeugnissen eine
  176. Datenbank im Sinne des § 87a UrhG sei.
  177. - 11 -
  178. Wenn "Paperboy" für seine Nutzer auf Suchanfrage hin tagesaktuelle
  179. Veröffentlichungen aufliste, würden keine urheberrechtlichen Nutzungsrechte
  180. verletzt. Die Rechte an der Vervielfältigung und Verbreitung betroffener Werke
  181. würden dadurch schon deshalb nicht berührt, weil nicht dargetan sei, daß bei
  182. der Angabe einzelner Sätze, Satzteile oder Stichworte auch nur in Einzelfällen
  183. urheberrechtlich schutzfähige Werkteile übernommen worden seien.
  184. Eine solche Wiedergabe von Ausschnitten aus den einzelnen Artikeln
  185. greife auch nicht in etwaige Rechte der Klägerin an einer Datenbank ein, weil
  186. sie weder einer normalen Auswertung der Datenbank zuwiderlaufe noch die
  187. berechtigten Interessen der Klägerin an der Datenbank unzumutbar beeinträchtige.
  188. Urheberrechtliche Nutzungsrechte der Klägerin würden auch nicht dadurch verletzt, daß der Suchdienst "Paperboy" nicht jeweils auf die Startseite
  189. (Homepage) des Internetauftritts (der Website) der Klägerin, sondern durch
  190. Deep-Links unmittelbar auf den gesuchten Beitrag verweise. Da die Beiträge
  191. durch die Nutzer aufgerufen würden, komme insoweit nur eine Haftung der Beklagten als Störer oder Anstifter in Betracht. Eine solche Haftung sei jedoch
  192. nicht gegeben, weil die Nutzer nicht rechtswidrig handelten. Die abgerufenen
  193. Beiträge würden nicht im Sinne des § 17 UrhG verbreitet. Wenn ein einzelner
  194. Beitrag durch den Nutzer vorübergehend im Arbeitsspeicher seines Computers
  195. gespeichert werde, sei dies zwar eine Vervielfältigung im Sinne des § 16 UrhG,
  196. diese sei aber nicht rechtswidrig, weil sie nur zum eigenen Gebrauch vorgenommen werde und daher von der Urheberrechtsschranke des § 53 UrhG gedeckt sei.
  197. - 12 -
  198. Die Nutzung der tagesaktuellen Veröffentlichungen sei weiterhin kein
  199. rechtswidriger Eingriff in das - unterstellte - Recht der Klägerin als Herstellerin
  200. einer Datenbank aus § 87b UrhG, weil durch den Abruf einzelner, allenfalls weniger Beiträge jedenfalls nicht nach Art und Umfang wesentliche Teile der Datenbank der Klägerin genutzt würden. Die Datenbank werde von den Nutzern,
  201. auch wenn diese wiederholt auf sie zugreifen sollten, nicht systematisch vervielfältigt.
  202. Die tägliche Auflistung der jeweils aktuellen Veröffentlichungen gemäß
  203. den vom Nutzer bestimmten Suchworten und die E-Mail-Übermittlung dieser
  204. Liste an den Nutzer als "persönliche Tageszeitung" greife ebenfalls nicht in
  205. Rechte der Klägerin an den einzelnen Artikeln oder der Datenbank ein. Insoweit
  206. gelte letztlich nichts anderes als bei der Beurteilung der Vorgänge bei den einzelnen Suchabfragen.
  207. Die Beklagten handelten auch nicht wettbewerbswidrig, wenn sie Nutzer
  208. von "Paperboy", die einen gefundenen Beitrag abrufen wollten, durch die Verwendung von Deep-Links an der Werbung vorbeiführten, die sich auf den
  209. "überschlagenen" Webseiten befinde. Dabei könne offenbleiben, ob die Klägerin dies technisch verhindern könne. Der Nutzer habe ein Interesse daran,
  210. schnell und ohne als Umweg empfundene Zwischenstufen an sein Ziel geleitet
  211. zu werden. Dieses Interesse müsse sich die Klägerin entgegenhalten lassen,
  212. nehme sie doch durch die Präsentation ihrer Beiträge im Internet ein Medium
  213. für ihre gewerblichen Zwecke in Anspruch, bei dem ein möglichst unmittelbarer
  214. und schneller Zugriff auf die Fülle der dort zugänglichen Informationen im allgemeinen Interesse liege. Die Minderung ihrer Werbeeinnahmen wiege für die
  215. Klägerin nicht schwer genug, um das Vorgehen der Beklagten wettbewerbswid-
  216. - 13 -
  217. rig zu machen. Die Klägerin könne zudem ihre Werbeeinblendungen weitgehend auf die Webseiten mit den Beiträgen verlagern.
  218. II. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Revisionsangriffe haben keinen Erfolg.
  219. Der Klageantrag zu 1 ist - abweichend von der Ansicht des Berufungsgerichts - nicht als unbegründet, sondern als unzulässig abzuweisen, da er nicht
  220. hinreichend bestimmt ist (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Ein derartiger Mangel ist
  221. auch im Revisionsverfahren von Amts wegen zu beachten (BGHZ 144, 255,
  222. 263 - Abgasemissionen).
  223. Nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO darf ein Unterlassungsantrag - und nach
  224. § 313 Abs. 1 Nr. 4 ZPO eine darauf beruhende Verurteilung - nicht derart undeutlich gefaßt sein, daß der Streitgegenstand und der Umfang der Prüfungsund Entscheidungsbefugnis des Gerichts nicht mehr klar umrissen sind, der
  225. Beklagte sich deshalb nicht erschöpfend verteidigen kann und im Ergebnis dem
  226. Vollstreckungsgericht die Entscheidung darüber überlassen bleibt, was dem
  227. Beklagten verboten ist (st. Rspr.; vgl. BGHZ 144, 255, 263 - Abgasemissionen;
  228. BGH, Urt. v. 4.7.2002 - I ZR 38/00, GRUR 2002, 1088, 1089 = WRP 2002, 1269
  229. - Zugabenbündel; Urt. v. 13.3.2003 - I ZR 143/00, Umdruck S. 7 - Erbenermittler, jeweils m.w.N.). Diesen Anforderungen genügt der Klageantrag zu 1 nicht.
  230. Es ist Sache des Klägers, mit seinem Klageantrag den Umfang seines
  231. Unterlassungsbegehrens abzugrenzen und damit den Streitgegenstand zu bestimmen. Dies ist hier nicht geschehen. Der Klageantrag zu 1 ist unbestimmt,
  232. weil die Zielrichtung, die er nach seinem Wortlaut hat, in Widerspruch zu seiner
  233. Begründung steht (vgl. dazu auch BGH, Urt. v. 12.10.1995 - I ZR 191/93,
  234. - 14 -
  235. GRUR 1996, 57, 60 = WRP 1996, 13 - Spielzeugautos). Der Antrag umschreibt
  236. - entgegen dem Vorbringen der Klägerin - nicht Verletzungshandlungen (konkrete Verletzungsformen), deren Verbot begehrt wird. Nach seinem Wortlaut
  237. richtet er sich vielmehr lediglich gegen die - durch Wiedergabe mehrerer
  238. Webseiten dargestellte - konkrete Art und Weise, wie der Suchdienst "Paperboy" im Internet öffentlich angeboten und beworben wird, soweit sich dies auf
  239. die Presseerzeugnisse "Handelsblatt" und "DM" bezieht. Um ein solches Verbot
  240. geht es der Klägerin mit ihrem Unterlassungsbegehren jedoch nicht. Nach der
  241. Klagebegründung sollen den Beklagten verschiedene Handlungen, die sie im
  242. Rahmen ihres Suchdienstes begehen, als rechtswidrig verboten werden. Welche konkreten Handlungen gemeint sind, ist dem Antrag selbst aber nicht zu
  243. entnehmen. Dies gilt insbesondere auch, soweit die Beanstandungen der Klägerin damit zusammenhängen, daß der Suchdienst der Beklagten Deep-Links
  244. auf Artikel setzt, die von der Klägerin im Rahmen ihrer Internetauftritte ins Netz
  245. gestellt worden sind. Deshalb ist es auch nicht möglich, im Wege der Auslegung den Gegenstand des Klageantrags anhand seiner Begründung zu konkretisieren.
  246. Ein Verbot der verschiedenen Handlungen, die nach der Klagebegründung als Eingriffe in Rechte der Klägerin aus dem Urheberrechtsgesetz oder als
  247. wettbewerbswidrig beanstandet werden, hätte zudem - wie auch die Entscheidungsgründe des Berufungsurteils deutlich machen - jeweils sehr unterschiedliche tatsächliche und rechtliche Voraussetzungen. Bei einer derartigen Sachlage hätten die verschiedenen Handlungen, die Gegenstand des Rechtsstreits
  248. sein sollen, in gesonderten Anträgen als konkrete Verletzungsformen umschrieben werden müssen. Eine solche Konkretisierung des Klageziels erfordert
  249. insbesondere der Schutz des Beklagten, für den erkennbar sein muß, welche
  250. prozessualen Ansprüche gegen ihn erhoben werden, um seine Rechtsverteidi-
  251. - 15 -
  252. gung danach ausrichten zu können (vgl. dazu auch BGH, Urt. v. 3.4.2003 - I ZR
  253. 1/01, WRP 2003, 896, 899 - Reinigungsarbeiten, für BGHZ vorgesehen).
  254. III. Die Unbestimmtheit des Klageantrags zu 1 hat nicht zur Folge, daß
  255. die Sache insoweit - unter teilweiser Aufhebung des Berufungsurteils - an das
  256. Berufungsgericht zurückzuverweisen ist, um der Klägerin Gelegenheit zu geben, das mit ihrer Klage verfolgte Begehren in Anträge zu fassen, die dem Bestimmtheitsgebot des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO entsprechen (vgl. dazu auch
  257. BGHZ 135, 1, 8 - Betreibervergütung; BGH, Urt. v. 19.4.2000 - XII ZR 332/97,
  258. NJW 2000, 2280, 2281; Urt. v. 12.7.2001 - I ZR 261/98, GRUR 2002, 77, 78 =
  259. WRP 2002, 85 - Rechenzentrum, jeweils m.w.N.). Denn der Klägerin stehen
  260. keine ihrem Begehren entsprechenden materiell-rechtlichen Unterlassungsansprüche zu. Dies kann der Senat auf der Grundlage des festgestellten und des
  261. unstreitigen Sachverhalts selbst beurteilen.
  262. 1. Unterlassungsansprüche der Klägerin aus § 97 Abs. 1 UrhG zur Verhinderung von Eingriffen in ihre Vervielfältigungsrechte an den Beiträgen aus
  263. dem "Handelsblatt" und aus "DM", die sie im Internet - nach den Feststellungen
  264. des Berufungsgerichts kostenlos - öffentlich zugänglich gemacht hat, bestehen
  265. nicht.
  266. a) Die Klägerin kann von den Beklagten nicht verlangen, daß es diese
  267. unterlassen, Nutzern von "Paperboy" in dem dargelegten Umfang Ausschnitte
  268. aus Artikeln ihrer Presseerzeugnisse zu übermitteln. Dies gilt schon deshalb,
  269. weil weder vorgetragen noch ersichtlich ist, daß durch die Art und Weise, wie
  270. "Paperboy" Veröffentlichungen nachweist, selbständig urheberrechtlich schutzfähige Werkteile genutzt werden könnten. Aus diesem Grund kann auch die
  271. Übermittlung der "persönlichen Tageszeitung", die lediglich eine Zusammen-
  272. - 16 -
  273. stellung derartiger Hinweise auf tagesaktuelle Veröffentlichungen ist, keinen
  274. urheberrechtlichen Unterlassungsanspruch begründen.
  275. b) Die Beklagten greifen durch das Setzen von Hyperlinks auch dann
  276. nicht in Vervielfältigungsrechte ein, wenn die Datei, zu der eine Verknüpfung
  277. hergestellt wird, ein geschütztes Werk enthält. Durch einen Hyperlink wird das
  278. Werk nicht im Sinne des § 16 UrhG vervielfältigt (vgl. Schricker/Loewenheim,
  279. Urheberrecht, 2. Aufl., § 16 Rdn. 22; Wiebe in Ernst/Vassilaki/Wiebe, Hyperlinks, 2002, Rdn. 29; Sosnitza, CR 2001, 693, 698; Plaß, WRP 2001, 195, 202).
  280. Ein Link ist lediglich eine elektronische Verknüpfung der den Link enthaltenden
  281. Datei mit einer anderen in das Internet eingestellten Datei. Erst wenn der Nutzer den Link anklickt, um diese Datei abzurufen, kann es zu einer urheberrechtlich relevanten Vervielfältigung - im Bereich des Nutzers - kommen.
  282. c) Die Beklagten haften auch nicht als Störer dafür, daß sie Nutzern von
  283. "Paperboy" durch Deep-Links ermöglichen, unmittelbar den Volltext nachgewiesener Artikel aus "Handelsblatt" und "DM" abzurufen und zu vervielfältigen.
  284. Eine Verletzung urheberrechtlicher Nutzungsrechte an bestimmten Werken durch Dritte als Voraussetzung für eine Störerhaftung der Beklagten hat die
  285. Klägerin nicht dargetan.
  286. Die Frage, ob ein vorbeugender Unterlassungsanspruch gegen einen
  287. Störer auch dann in Betracht kommen kann, wenn (noch) nicht festgestellt ist,
  288. daß er bereits zu einer bestimmten rechtswidrigen Handlung eines Dritten beigetragen hat und eine Beeinträchtigung lediglich zu befürchten ist (vgl. BGH,
  289. Urt. v. 10.10.1996 - I ZR 129/94, GRUR 1997, 313, 315 = WRP 1997, 325 Architektenwettbewerb; Urt. v. 21.2.2002 - I ZR 281/99, GRUR 2002, 902, 904
  290. - 17 -
  291. = WRP 2002, 1050 - Vanity-Nummer), kann dahinstehen. Gleiches gilt für die
  292. Frage, unter welchen Voraussetzungen ein Nutzer, der mit Hilfe der von "Paperboy" gesetzten Hyperlinks Presseartikel abruft, an diesen bestehende urheberrechtliche Befugnisse verletzt. Denn die Beklagten würden für ein rechtswidriges Handeln der Nutzer nicht allein deshalb als Störer haften, weil sie durch
  293. Hyperlinks den unmittelbaren Zugriff auf urheberrechtlich geschützte, vom Berechtigten öffentlich zugänglich gemachte Presseartikel vorbereiten.
  294. Ein Berechtigter, der ein urheberrechtlich geschütztes Werk ohne technische Schutzmaßnahmen im Internet öffentlich zugänglich macht, ermöglicht
  295. dadurch bereits selbst die Nutzungen, die ein Abrufender vornehmen kann. Es
  296. ist seine Entscheidung, ob er das Werk trotz der Möglichkeit, daß nach Abruf
  297. auch rechtswidrige Nutzungen vorgenommen werden, weiter zum Abruf bereithält. Es wird deshalb grundsätzlich kein urheberrechtlicher Störungszustand
  298. geschaffen, wenn der Zugang zu dem Werk durch das Setzen von Hyperlinks
  299. (auch in der Form von Deep-Links) erleichtert wird (vgl. dazu auch Stadler,
  300. Haftung für Informationen im Internet, 2002, S. 172 ff.; Ernst, NJW-CoR 1997,
  301. 224; Plaß, WRP 2001, 195, 202). Die Gefahr rechtswidriger Nutzungen eines
  302. vom Berechtigten selbst im Internet öffentlich bereitgehaltenen Werkes wird
  303. durch Hyperlinks Dritter nicht qualitativ verändert, sondern nur insofern erhöht,
  304. als dadurch einer größeren Zahl von Nutzern der Zugang zum Werk eröffnet
  305. wird. Auch ohne Hyperlink kann ein Nutzer unmittelbar auf eine im Internet öffentlich zugängliche Datei zugreifen, wenn ihm deren URL (Uniform Resource
  306. Locator), die Bezeichnung ihres Fundorts im World Wide Web, genannt wird.
  307. Ein Hyperlink verbindet mit einem solchen Hinweis auf die Datei, zu der die
  308. Verknüpfung gesetzt wird, lediglich eine technische Erleichterung für ihren Abruf. Er ersetzt die sonst vorzunehmende Eingabe der URL im Adreßfeld des
  309. Webbrowsers und das Betätigen der Eingabetaste.
  310. - 18 -
  311. Bei dieser Sachlage kommt es nicht darauf an, inwieweit sich Nutzer hinsichtlich der Vervielfältigung abgerufener Werke auf die Privilegierung von Vervielfältigungen zum privaten und sonstigen eigenen Gebrauch berufen können
  312. (§ 53 UrhG). Ebenso kann offenbleiben, ob ein Berechtigter, der ein Werk im
  313. Rahmen seines Internetauftritts allgemein zugänglich gemacht hat, stillschweigend sein Einverständnis mit Vervielfältigungen erklärt, die mit dem Abruf des
  314. Werkes notwendig verbunden sind (vgl. zu dieser Frage Leistner in Bettinger/Leistner, Werbung und Vertrieb im Internet, 2003, S. 109 ff. m.w.N.).
  315. d) Die Frage, ob das Setzen eines Hyperlinks in der Form eines DeepLinks dann eine urheberrechtliche Störerhaftung begründen kann, wenn der
  316. Berechtigte solche Links auf technischem Weg verhindern will, der Linksetzende aber solche Sperren umgeht, kann offenbleiben. Die Klägerin hat nicht behauptet, daß sie technische Schutzmaßnahmen gegen den unmittelbaren Zugriff auf "tieferliegende" Webseiten ihrer Internetauftritte anwende. Die Revision
  317. trägt zwar vor, ein Zugang zu den einzelnen von der Klägerin zum Abruf bereitgehaltenen Artikeln sei dem gewöhnlichen Nutzer nur über die Startseite ihrer
  318. Internetauftritte möglich. Daraus folgt aber nicht, daß die Klägerin Maßnahmen
  319. gegen einen unmittelbaren Abruf von Artikeln mit Hilfe von Deep-Links getroffen
  320. hat. Der Umstand, daß Nutzer, denen kein Hyperlink zur Verfügung gestellt
  321. wird, den Weg über die Startseiten der Internetauftritte der Klägerin gehen
  322. müssen, wenn sie die URL als genaue Fundstelle der dort gesuchten Dateien
  323. nicht kennen, ist kein technisches Hindernis für den unmittelbaren Zugriff. Der
  324. Umweg über die Startseite kann einem Nutzer bereits durch eine - innerhalb
  325. oder außerhalb des Internets veröffentlichte - Fundstellenangabe, die einen
  326. unmittelbaren Aufruf der Datei ermöglicht, erspart werden.
  327. - 19 -
  328. 2. Die Klägerin kann einen auf das Vorliegen von Wiederholungsgefahr
  329. gestützten Unterlassungsanspruch aus § 97 Abs. 1 UrhG auch nicht auf eine
  330. Verletzung ihr zustehender urheberrechtlicher Nutzungsrechte an der Zugänglichmachung von Artikeln aus "Handelsblatt" und "DM" stützen, weil das Setzen
  331. eines Hyperlinks auf eine Webseite mit einem urheberrechtlich geschützten
  332. Werk nicht in solche Rechte eingreift.
  333. a) Nach § 15 UrhG steht dem Urheber das ausschließliche Recht zu, die
  334. öffentliche Zugänglichmachung seines Werkes zu erlauben oder zu verbieten.
  335. Dieses Recht ist als unbenanntes Recht der Verwertung des Werkes in unkörperlicher Form in dem umfassenden Verwertungsrecht aus § 15 UrhG enthalten. Dabei wird allerdings die Frage, welche konkreten Nutzungshandlungen
  336. durch dieses Recht erfaßt werden, unterschiedlich beurteilt. Nach der einen
  337. Ansicht ist das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung nur als Recht an
  338. dem öffentlichen Bereithalten von Werken zur Abrufübertragung zu verstehen,
  339. nach anderer Ansicht nur als Recht an der Abrufübertragung selbst, nach einer
  340. dritten Ansicht als ein Verwertungsrecht, das sowohl ein Bereithaltungsrecht als
  341. auch ein Abrufübertragungsrecht umfaßt und sich damit - ähnlich wie das Verbreitungsrecht (§ 17 UrhG) - auf zwei verschiedene Verwertungshandlungen
  342. bezieht (vgl. dazu Nordemann in Fromm/Nordemann, Urheberrecht, 9. Aufl.,
  343. § 15 Rdn. 2; Wandtke/Bullinger/Heerma, Urheberrecht, § 15 Rdn. 12 ff.; Schrikker/v. Ungern-Sternberg aaO § 15 Rdn. 22 ff.; Schack, Urheber- und Urhebervertragsrecht, 2. Aufl., Rdn. 415 ff.; Haberstumpf, Handbuch des Urheberrechts,
  344. 2. Aufl., Rdn. 286 ff.; Völker in Ensthaler/Bosch/Völker, Handbuch Urheberrecht
  345. und Internet, 2002, S. 177 ff., jeweils m.w.N.). Eine nähere Erörterung dieser
  346. Fragen kann hier jedoch unterbleiben, weil die beanstandeten Handlungen jedenfalls nicht in das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung, gleichgültig auf
  347. welche Nutzungshandlungen dieses bezogen wird, eingegriffen haben.
  348. - 20 -
  349. b) Wer einen Hyperlink auf eine vom Berechtigten öffentlich zugänglich
  350. gemachte Webseite mit einem urheberrechtlich geschützten Werk setzt, begeht
  351. damit keine urheberrechtliche Nutzungshandlung, sondern verweist lediglich auf
  352. das Werk in einer Weise, die Nutzern den bereits eröffneten Zugang erleichtert
  353. (vgl. Dustmann, Die privilegierten Provider, 2001, S. 188 f.; Manz, Die Haftung
  354. für Urheberrechtsverletzungen im Internet nach deutschem und amerikanischem Recht, 1999, S. 53 f.; Börsch, Sind Hyperlinks rechtmäßig?, 2003,
  355. S. 148 f.; Plaß, WRP 2000, 599, 602; dies., WRP 2001, 195, 202; Schack,
  356. MMR 2001, 9, 14 Fn. 77; Nolte, ZUM 2003, 540, 541 f.; ebenso österr. OGH
  357. MR 2003, 35 f. - METEO-data, mit zustimmender Anmerkung Burgstaller/Krüger; a.A. Marwitz, K&R 1998, 363, 373). Er hält weder das geschützte Werk
  358. selbst öffentlich zum Abruf bereit, noch übermittelt er dieses selbst auf Abruf an
  359. Dritte. Nicht er, sondern derjenige, der das Werk in das Internet gestellt hat,
  360. entscheidet darüber, ob das Werk der Öffentlichkeit zugänglich bleibt. Wird die
  361. Webseite mit dem geschützten Werk nach dem Setzen des Hyperlinks gelöscht, geht dieser ins Leere. Einem Nutzer, der die URL als genaue Bezeichnung des Fundorts der Webseite im Internet noch nicht kennt, wird der Zugang
  362. zu dem Werk durch den Hyperlink zwar erst ermöglicht und damit das Werk im
  363. Wortsinn zugänglich gemacht; dies ist aber auch bei einem Hinweis auf ein
  364. Druckwerk oder eine Webseite in der Fußnote einer Veröffentlichung nicht anders.
  365. c) Die Informationsgesellschafts-Richtlinie (Richtlinie 2001/29/EG des
  366. Europäischen Parlaments und des Rates vom 22.5.2001 zur Harmonisierung
  367. bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der
  368. Informationsgesellschaft, ABl. L 167 vom 22.6.2001 S. 10 = GRUR Int. 2001,
  369. 745), die bis zum 22. Dezember 2002 umzusetzen war (vgl. nunmehr den Ge-
  370. - 21 -
  371. setzesbeschluß des Deutschen Bundestages vom 11.4.2003, BR-Drucks.
  372. 271/03 für ein Gesetz zur Regelung des Urheberrechts in der Informationsgesellschaft), hat die urheberrechtliche Beurteilung von Hyperlinks, wie sie hier in
  373. Rede stehen, nicht verändert (vgl. Burgstaller/Krüger, MR 2003, 37; Nolte, ZUM
  374. 2003, 540, 541 f.; a.A. Wiebe in Ernst/Vassilaki/Wiebe aaO Rdn. 33 ff.; Stomper, MR 2003, 33, 34). Nach Art. 3 Abs. 1 der InformationsgesellschaftsRichtlinie sind die Mitgliedstaaten verpflichtet, den Urhebern das ausschließliche Recht zu gewähren, die öffentliche Wiedergabe ihrer Werke einschließlich
  375. der öffentlichen Zugänglichmachung der Werke in der Weise, daß sie Mitgliedern der Öffentlichkeit von Orten und zu Zeiten ihrer Wahl zugänglich sind, zu
  376. erlauben oder zu verbieten. Diese Vorschrift bezieht sich auf Werknutzungen
  377. der öffentlichen Wiedergabe. Das Setzen eines Hyperlinks ist keine Wiedergabe in diesem Sinn; es bewirkt weder das (weitere) Bereithalten des Werkes
  378. noch eine Abrufübertragung des Werkes an den Nutzer.
  379. 3. Entgegen der Ansicht der Revision verletzen die Beklagten mit ihrem
  380. Suchdienst "Paperboy" auch nicht die Rechte, die der Klägerin nach ihrer Behauptung als Datenbankhersteller zustehen.
  381. a) Zu den Rechten des Datenbankherstellers gemäß § 87b UrhG gehört
  382. nach weit überwiegender Ansicht schon nach geltendem Recht neben dem
  383. Vervielfältigungsrecht das Recht, die Datenbank öffentlich zugänglich zu machen (vgl. Leistner, Der Rechtsschutz von Datenbanken im deutschen und europäischen Recht, 2000, S. 307 f.; a.A. Koch, ZUM 2001, 839, 841 f.). Der Inhalt dieses Rechts wird nach der noch geltenden Rechtslage - wie bei dem entsprechenden Recht des Urhebers (vorstehend unter 2.) - unterschiedlich beurteilt. Teilweise wird es als Abrufübertragungsrecht verstanden (vgl. Schrikker/Vogel aaO § 87b Rdn. 5 f., 20; Lührig in Ensthaler/Bosch/Völker aaO
  384. - 22 -
  385. S. 136 f.;
  386. Fromm/Nordemann/Hertin
  387. aaO
  388. § 87b
  389. Rdn. 1;
  390. Haberstumpf,
  391. GRUR 2003, 14, 28) und teilweise als ein Recht, das ein Abrufübertragungsrecht und ein Bereitstellungsrecht umfaßt (vgl. Wandtke/Bullinger/Thum aaO
  392. § 87b Rdn. 38 ff.; Möhring/Nicolini/Decker, Urheberrechtsgesetz, 2. Aufl., § 87b
  393. Rdn. 5). Diese Frage kann jedoch unerörtert bleiben, weil der geltend gemachte
  394. Unterlassungsanspruch (§ 97 Abs. 1 i.V. mit § 87b UrhG) aus den nachstehend
  395. dargelegten Gründen keinen Erfolg haben kann.
  396. b) Zugunsten der Klägerin kann unterstellt werden, daß die Artikel, die im
  397. Rahmen der Internetauftritte von "Handelsblatt" und "DM" öffentlich zugänglich
  398. gemacht werden, Bestandteile von Datenbanken sind. Mit dem Setzen von Hyperlinks zu diesen Artikeln nehmen die Beklagten jedenfalls keine Nutzungshandlungen vor, die einem Datenbankhersteller vorbehalten sind.
  399. aa) Das Setzen von Deep-Links, die den Nutzern von "Paperboy" ermöglichen, unmittelbar den Volltext der Artikel abzurufen, ist als solches keine unter
  400. § 87b UrhG fallende Nutzungshandlung (a.A. Wiebe in Ernst/Vassilaki/Wiebe
  401. aaO Rdn. 68). Die oben (unter III. 1. und 2.) dargelegten Gründe, aus denen
  402. das Setzen eines Hyperlinks keine urheberrechtliche Nutzungshandlung ist,
  403. gelten hier entsprechend.
  404. bb) Ebenso wird ein Datenbankherstellerrecht aus § 87b Abs. 1 Satz 2
  405. UrhG nicht verletzt, wenn - wie hier - aus Zeitungs- und Zeitschriftenartikeln, die
  406. in einer Datenbank gespeichert sind, einzelne kleinere Bestandteile an Nutzer
  407. übermittelt werden, um diesen einen Anhalt dafür zu geben, ob der Abruf des
  408. Volltextes für sie sinnvoll wäre. Darin liegt keine unter § 87b Abs. 1 Satz 2 UrhG
  409. fallende Nutzungshandlung.
  410. - 23 -
  411. Der Suchdienst "Paperboy" geht zwar bei seiner Auswertung von Internetauftritten - auch denen von "Handelsblatt" und "DM" - im Sinne des § 87b
  412. Abs. 1 Satz 2 UrhG "wiederholt und systematisch" vor. Die beanstandeten
  413. Handlungen laufen aber einer normalen Auswertung der benutzten Datenbanken nicht zuwider. Diese wird nicht beeinträchtigt, wenn möglichen Nutzern aus
  414. eingespeicherten Presseartikeln einzelne splitterhafte Kleinbestandteile mitgeteilt werden, um den Inhalt der Artikel anzudeuten. Die Benutzung der Datenbank wird dadurch nicht ersetzt, sondern allenfalls angeregt. Auch durch wiederholte Zugriffe auf einzelne Datenbanken summieren sich die mitgeteilten
  415. Artikelbestandteile nicht zu wesentlichen Teilen der Datenbanken (vgl. dazu
  416. auch Schricker/Vogel aaO § 87b Rdn. 22; Möhring/Nicolini/Decker aaO § 87b
  417. Rdn. 8; Leistner, GRUR Int. 1999, 819, 833; vgl. weiter - zu Art. 7 Abs. 5 der
  418. Datenbankrichtlinie - Bensinger, Sui-generis Schutz für Datenbanken, 1992,
  419. S. 213 f.). Dies gilt hier auch, soweit die Beklagten solche Artikelbestandteile
  420. Nutzern mit den von ihnen als "persönliche Tageszeitung" bezeichneten Hyperlink-Hinweisen zu bestimmten Themen übermitteln.
  421. c) Die Klägerin hat nicht geltend gemacht, daß Nutzer von "Paperboy"
  422. durch Abruf aus der Vielzahl von Datenbanken, die ausgewertet werden, wiederholt und systematisch gerade die Datenbanken von "Handelsblatt" und "DM"
  423. in einer Weise benutzen, die deren normaler Auswertung zuwiderläuft. Nach
  424. den Feststellungen des Berufungsgerichts ist dies auch nicht der Fall.
  425. 4. Das Berufungsgericht hat weiter zu Recht die Ansicht vertreten, daß
  426. die Beklagten nicht wettbewerbswidrig im Sinne des § 1 UWG handeln, wenn
  427. ihr Suchdienst Nutzern durch Hyperlinks ermöglicht, unmittelbar auf Artikel zuzugreifen, die im Rahmen der Internetauftritte von "Handelsblatt" und "DM" öffentlich zugänglich sind.
  428. - 24 -
  429. Im Hinblick darauf, daß die beanstandeten Handlungen urheberrechtlich
  430. unbedenklich sind, kämen Ansprüche aus § 1 UWG nur in Betracht, wenn sie
  431. wegen des Vorliegens besonderer Umstände gleichwohl als wettbewerbswidrig
  432. anzusehen wären (vgl. BGHZ 134, 250, 267 - CB-infobank I; 140, 183, 189 Elektronische Pressearchive; 141, 13, 27 - Kopienversanddienst; vgl. weiter
  433. Wandtke/Bullinger/Thum aaO Vor § 87a ff. Rdn. 29). Solche Umstände sind
  434. hier nicht gegeben.
  435. Durch das Setzen von Hyperlinks auf Artikel aus "Handelsblatt" und "DM"
  436. übernehmen die Beklagten keine Leistung der Klägerin. Sie erleichtern - wie
  437. dargelegt - nur den Zugriff auf Artikel, die der Öffentlichkeit bereits ohnehin zugänglich sind. Mit ihrem Suchdienst, der eine Vielzahl von Internetauftritten
  438. auswertet, bieten die Beklagten eine eigene Leistung an. Diese wäre ihnen
  439. zwar nicht möglich, wenn nicht Unternehmen wie die Klägerin ihre Informationsangebote im Internet öffentlich zugänglich machen würden, die Beklagten
  440. bieten aber der Allgemeinheit einen erheblichen zusätzlichen Nutzen durch die
  441. gemeinsame Erschließung dieser Informationsquellen. Die Herkunft der nachgewiesenen Artikel wird nicht verschleiert. Entgegen der Ansicht der Revision
  442. werden deshalb die Nutzer von "Paperboy" nicht irregeführt; ebensowenig wird
  443. der gute Ruf von Informationsanbietern wie der Klägerin ausgebeutet.
  444. Die Beklagten handeln auch nicht deshalb unlauter, weil ihr Suchdienst
  445. durch Deep-Links den unmittelbaren Zugriff auf die von ihm nachgewiesenen
  446. Artikel ermöglicht und die Nutzer so an den Startseiten der Internetauftritte der
  447. Klägerin vorbeiführt. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts widerspricht dies zwar dem Interesse der Klägerin an Werbeeinnahmen, die sie dadurch erzielen kann, daß Nutzer, die Artikel über die Startseiten aufrufen, zu-
  448. - 25 -
  449. nächst der dort aufgezeigten Werbung begegnen. Die Klägerin, die ihre Artikel
  450. im Internet selbst öffentlich zugänglich macht, kann aber nicht verlangen, daß
  451. nur der umständliche Weg über die Startseiten ihrer Internetauftritte gegangen
  452. wird und die Möglichkeiten der Hyperlinktechnik ungenutzt bleiben (vgl. dazu
  453. auch Plaß, WRP 2000, 599, 607; Sosnitza, CR 2001, 693, 702 f.; vgl. weiter
  454. österr. OGH MR 2003, 35, 36 - METEO-data; a.A. Wiebe in Ernst/Vassilaki/Wiebe aaO Rdn. 103). Das Berufungsgericht hat zu Recht darauf hingewiesen, daß die Klägerin, wenn sie das Internet für ihre Angebote nutzt, auch die
  455. Beschränkungen in Kauf nehmen muß, die sich aus dem Allgemeininteresse an
  456. der Funktionsfähigkeit des Internets für die Durchsetzung ihrer Interessen ergeben. Ohne die Inanspruchnahme von Suchdiensten und deren Einsatz von Hyperlinks (gerade in der Form von Deep-Links) wäre die sinnvolle Nutzung der
  457. unübersehbaren Informationsfülle im World Wide Web praktisch ausgeschlossen. Ein Berechtigter, der die Vorteile des World Wide Web, die gerade auch
  458. auf der Hyperlinktechnik beruhen, für seine Angebote in Anspruch nimmt, kann
  459. es deshalb nicht als unlautere Behinderung beanstanden, wenn andere die Hyperlinktechnik zur Erschließung seines eigenen Webangebots für die Öffentlichkeit nutzen. Die Tätigkeit von Suchdiensten und deren Einsatz von Hyperlinks
  460. ist wettbewerbsrechtlich zumindest dann grundsätzlich hinzunehmen, wenn
  461. diese lediglich den Abruf vom Berechtigten öffentlich zugänglich gemachter Informationsangebote ohne Umgehung technischer Schutzmaßnahmen für Nutzer erleichtern (vgl. dazu auch Stadler aaO S. 199 f., 208).
  462. Im übrigen kann die Klägerin, wie das Berufungsgericht festgestellt hat,
  463. ihre Werbeeinblendungen auch auf die "tieferliegenden" Webseiten mit den einzelnen Artikeln verlagern und so eine Beeinträchtigung ihrer Werbeeinnahmen
  464. zumindest abmildern, falls es ihr nicht - wie die Beklagten behaupten - möglich
  465. - 26 -
  466. sein sollte, den unmittelbaren Zugriff auf ihre Artikel mit Hilfe von Deep-Links
  467. mit technischen Mitteln zu verhindern.
  468. IV. Die Revision der Klägerin gegen das Berufungsurteil war danach mit
  469. der Maßgabe zurückzuweisen, daß der Klageantrag zu 1 statt als unbegründet
  470. als unzulässig abgewiesen wird. Der Abweisung des Klageantrags zu 1 als unzulässig statt als unbegründet steht nicht entgegen, daß nur die Klägerin Revision eingelegt hat (vgl. BGHZ 144, 255, 264 - Abgasemissionen, m.w.N.).
  471. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
  472. Ullmann
  473. v. Ungern-Sternberg
  474. Pokrant
  475. Starck
  476. Büscher