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1 year ago
  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. IM NAMEN DES VOLKES
  3. URTEIL
  4. I ZR 153/04
  5. Verkündet am:
  6. 28. Juni 2007
  7. Führinger
  8. Justizangestellte
  9. als Urkundsbeamtin
  10. der Geschäftsstelle
  11. in dem Rechtsstreit
  12. Nachschlagewerk: ja
  13. BGHZ:
  14. nein
  15. BGHR:
  16. ja
  17. Telefonaktion
  18. UWG §§ 3, 4 Nr. 11, §§ 5, 8 Abs. 2;
  19. StBerG § 4 Nr. 11, § 18
  20. a) Es ist regelmäßig davon auszugehen, dass die Bagatellgrenze des § 3
  21. UWG überschritten ist, wenn die durch unrichtige Angaben hervorgerufene
  22. Fehlvorstellung des Verkehrs geeignet ist, das Marktverhalten der Gegenseite zu beeinflussen.
  23. b) § 18 StBerG, der eine auf die Lauterkeit des Wettbewerbs bezogene
  24. Schutzfunktion hat, begründet kein generelles Gebot, bei Werbemaßnahmen die Bezeichnung "Lohnsteuerhilfeverein" zu führen oder den vollen
  25. Vereinsnamen anzugeben.
  26. BGH, Urt. v. 28. Juni 2007 - I ZR 153/04 - OLG München
  27. LG München I
  28. -2-
  29. Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 28. Juni 2007 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bornkamm
  30. und die Richter Pokrant, Prof. Dr. Büscher, Dr. Schaffert und Dr. Kirchhoff
  31. für Recht erkannt:
  32. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 6. Zivilsenats des
  33. Oberlandesgerichts München vom 26. August 2004 unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen insoweit aufgehoben,
  34. als die Klage mit dem Antrag zu 1 abgewiesen worden ist.
  35. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung
  36. und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
  37. Von Rechts wegen
  38. -3-
  39. Tatbestand:
  40. 1
  41. Die Parteien sind bundesweit tätige Lohnsteuerhilfevereine.
  42. 2
  43. In der Ausgabe der Zeitung "W.
  44. " vom 29. Januar 2003 er-
  45. schien in der Rubrik "Ratgeber Geld" der nachstehend wiedergegebene Zeitungsartikel mit der Ankündigung einer Telefonaktion, bei der drei Mitarbeiter
  46. des Beklagten als Ansprechpartner zur Verfügung stehen und Leser Antworten
  47. auf steuerliche Fragen erhalten sollten:
  48. -4-
  49. 3
  50. Der Kläger hat in dem Artikel einen Verstoß des Beklagten gegen das
  51. Steuerberatungsgesetz gesehen und diesen als wettbewerbswidrig beanstandet. Er hat geltend gemacht, der Beklagte habe den Zeitungsartikel, bei dem es
  52. sich nicht um eine redaktionelle Berichterstattung, sondern um Werbung gehandelt habe, veranlasst. In dem Artikel werde der unrichtige Eindruck hervorgerufen, jedermann könne von dem Beklagten beraten werden. Dem Beklagten
  53. sei es aber nur gestattet, seine Mitglieder zu beraten. Es fehle ein Hinweis auf
  54. die nur eingeschränkte Beratungsbefugnis des Beklagten nach dem Steuerberatergesetz. Bei der Nennung des Vereinsnamens sei außerdem der Zusatz
  55. "Lohnsteuerhilfeverein" erforderlich.
  56. 4
  57. Der Kläger hat beantragt,
  58. dem Beklagten zu untersagen,
  59. 1. im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs in Werbeanzeigen in Printmedien mit einer Telefonaktion zur Einkommensteuererklärung zu werben, ohne dabei darauf hinzuweisen, dass die Beratung durch einen Lohnsteuerhilfeverein nur im Rahmen einer Mitgliedschaft erfolgen darf, sowie dass die Hilfeleistung in Steuersachen nur
  60. dann erfolgen darf, wenn die Einkünfte die eingeschränkte Beratungsbefugnis der Lohnsteuerhilfevereine nach § 4 Nr. 11 StBerG nicht
  61. überschreiten;
  62. 2. im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs in Werbeanzeigen in Printmedien mit dem Vereinsnamen "Lohnsteuerhilfe B.
  63. e.V." zu werben, ohne den erforderlichen Namenszusatz "Lohnsteuerhilfeverein" hinzuzusetzen.
  64. 5
  65. Der Beklagte hat sich darauf berufen, der Text des Zeitungsartikels sei
  66. von einer Redakteurin der "W.
  67. " verfasst worden. Die Telefonaktion
  68. sei zwischen der Presseagentur M.
  69. und der Zeitung abge-
  70. sprochen gewesen. Diese Presseagentur vermittele dem Beklagten nur Kontakte zu Zeitungen, ohne beauftragt zu sein, Erklärungen an die Presse zu geben.
  71. -5-
  72. Dem Verkehr sei die nur eingeschränkte Beratungsbefugnis eines Lohnsteuerhilfevereins bekannt, weshalb ein ausdrücklicher Hinweis in dem Artikel nicht
  73. erforderlich gewesen sei.
  74. 6
  75. Das Landgericht hat den Beklagten antragsgemäß verurteilt.
  76. 7
  77. Auf die Berufung des Beklagten hat das Berufungsgericht die Klage abgewiesen.
  78. Mit seiner (vom Senat zugelassenen) Revision begehrt der Kläger die
  79. 8
  80. Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils. Der Beklagte beantragt, die
  81. Revision zurückzuweisen.
  82. Entscheidungsgründe:
  83. I. Das Berufungsgericht hat die Klage als unbegründet angesehen. Dazu
  84. 9
  85. hat es ausgeführt:
  86. Der Zulässigkeit der Klage stehe nicht das zwischen den Parteien er-
  87. 10
  88. gangene rechtskräftige Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 31. Januar
  89. 2001 entgegen. Dieses Urteil betreffe keine im Kern gleiche Verletzungshandlung.
  90. 11
  91. Dem Kläger stehe jedoch der begehrte Unterlassungsanspruch nicht zu.
  92. Der in Rede stehende Zeitungsartikel sei nicht geeignet, den Wettbewerb i.S.
  93. von § 3 UWG nicht nur unerheblich zu beeinträchtigen. Bei dem Zeitungsartikel
  94. -6-
  95. handele es sich um Werbung, die dem Beklagten zuzurechnen sei. Die dort
  96. wiedergegebenen Namen und Fotos könnten nur unmittelbar oder mittelbar
  97. über die eingeschaltete Presseagentur vom Beklagten stammen. Der fehlende
  98. Hinweis darauf, dass Beratungsleistungen nur im Rahmen einer Mitgliedschaft
  99. erbracht werden dürften, stelle jedoch eine nur unerhebliche Beeinträchtigung
  100. des Wettbewerbs i.S. von § 3 UWG dar. Entsprechendes gelte für den fehlenden Hinweis auf die nur eingeschränkte Beratungsbefugnis des Beklagten.
  101. Auch hier sei davon auszugehen, dass die Anrufer, soweit sie weitergehende
  102. Fragen hätten, in dem Telefonat über die nur beschränkte Beratungsbefugnis
  103. eines Lohnsteuerhilfevereins aufgeklärt würden.
  104. 12
  105. Der fehlende Zusatz "Lohnsteuerhilfeverein" bei der Angabe der Bezeichnung des Beklagten sei ebenfalls keine erhebliche Wettbewerbsbeeinträchtigung. Der Angabe "Lohnsteuerhilfe B.
  106. e.V." im Zeitungsartikel sei
  107. ohne Weiteres zu entnehmen, dass es sich um einen Lohnsteuerhilfeverein
  108. handele.
  109. 13
  110. II. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision haben
  111. teilweise Erfolg. Sie führen unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels hinsichtlich des Klageantrags zu 1 zur Aufhebung des angefochtenen
  112. Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
  113. 14
  114. 1. Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass auch
  115. die Klage mit dem Antrag zu 1 in vollem Umfang zulässig ist. Dem Unterlassungsantrag zu 1 steht nicht der Einwand der Rechtskraft im Hinblick auf das
  116. zwischen den Parteien ergangene Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom
  117. 31. Januar 2001 -
  118. - entgegen.
  119. -7-
  120. 15
  121. Der Umfang der materiellen Rechtskraft ist beschränkt auf den Streitgegenstand, über den im Erstprozess entschieden worden ist (BGHZ 85, 367,
  122. 374; 93, 287, 288 f.; BGH, Urt. v. 26.6.2003 - I ZR 269/00, NJW 2003, 3058,
  123. 3059). Der Streitgegenstand bestimmt sich auch bei der Unterlassungsklage
  124. nach dem Antrag und dem zu seiner Begründung vorgetragenen Lebenssachverhalt. Von einem einheitlichen Lebenssachverhalt ist ungeachtet weiterer Erläuterungen, Berichtigungen und neuen Tatsachenvortrags auszugehen, wenn
  125. der Kern des in der Klage angeführten Sachverhalts unverändert bleibt (BGHZ
  126. 166, 253 Tz. 26 - Markenparfümverkäufe; BGH, Beschl. v. 11.10.2006
  127. - KZR 45/05, GRUR 2007, 172 Tz. 10 = WRP 2007, 81 - Lesezirkel II; Urt. v.
  128. 7.12.2006 - I ZR 166/03, GRUR 2007, 605 Tz. 25 = WRP 2007, 772
  129. - Umsatzzuwachs).
  130. 16
  131. Nach diesen Maßstäben liegt dem vorliegenden Rechtsstreit und dem
  132. Verfahren vor dem Landgericht Nürnberg-Fürth nicht derselbe Streitgegenstand
  133. zugrunde. Das Verfahren vor dem Landgericht Nürnberg-Fürth war auf ein Verbot gerichtet, Zeitungsanzeigen zu schalten, in denen nicht darauf hingewiesen
  134. wird, dass der Beklagte seine Hilfeleistung in Steuerangelegenheiten ausschließlich im Rahmen einer Mitgliedschaft erbringen darf. Davon unterscheidet
  135. sich der Streitfall, in dem der Unterlassungsantrag gegen Werbeanzeigen mit
  136. einer Telefonaktion zur Einkommensteuererklärung gerichtet ist. Im Hinblick auf
  137. den Unterschied zwischen der Schaltung einer Zeitungsanzeige und der werblichen Ankündigung einer Telefonaktion ist die in Rede stehende Verletzungshandlung nicht mit derjenigen gleichartig, die dem im Vorprozess rechtskräftig
  138. ausgesprochenen Verbot zugrunde liegt.
  139. 17
  140. 2. Der in die Zukunft gerichtete Unterlassungsanspruch, der auf Wiederholungsgefahr gestützt ist, setzt voraus, dass auf der Grundlage der Rechtslage
  141. -8-
  142. nach dem Inkrafttreten des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb vom
  143. 3. Juli 2004 ein solcher Anspruch begründet ist. Zudem muss die Handlung
  144. zum Zeitpunkt ihrer Begehung wettbewerbswidrig gewesen sein, weil es anderenfalls an einer Wiederholungsgefahr fehlt (vgl. BGH, Urt. v. 20.1.2005
  145. - I ZR 96/02, GRUR 2005, 442 = WRP 2005, 474 - Direkt ab Werk).
  146. 18
  147. 3. Das Berufungsgericht hat den mit dem Klageantrag zu 1 verfolgten
  148. Unterlassungsanspruch nach § 8 Abs. 1 UWG, den der Kläger auf eine irreführende Werbung nach § 3 UWG a.F., §§ 3, 5 UWG gestützt hat, verneint. Das
  149. hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand.
  150. 19
  151. a) Das Berufungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass der Beklagte für den vom Kläger mit dem Unterlassungsantrag zu 1 als wettbewerbswidrig beanstandeten Inhalt des Zeitungsartikels (kein Hinweis auf die für eine
  152. Beratung erforderliche Mitgliedschaft und auf eine eingeschränkte Beratungsbefugnis) einzustehen hat. Nach den von der Revision insoweit nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts hat der Beklagte die für die Beteiligung seiner Mitarbeiter notwendigen Informationen entweder selbst oder unter
  153. Einschaltung einer Presseagentur an die Zeitung weitergegeben.
  154. 20
  155. aa) Falls der Beklagte die Namen und Fotos der Mitarbeiter an die Zeitung weitergegeben hat, ist er als Verletzer für eine etwaige in der Ankündigung
  156. der Telefonaktion liegende unlautere Wettbewerbshandlung i.S. von § 2 Abs. 1
  157. Nr. 1, § 3 UWG verantwortlich.
  158. 21
  159. Die Mitwirkung des Beklagten an der Ankündigung der Telefonaktion in
  160. dem Zeitungsartikel war eine Wettbewerbshandlung (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG).
  161. Sie war darauf gerichtet, die Erbringung der Dienstleistungen dadurch zu för-
  162. -9-
  163. dern, dass der Beklagte und seine Tätigkeit in der Öffentlichkeit bekannt gemacht wurden. Aufgrund seiner Mitwirkung an der Ankündigung der Telefonaktion durch die "W.
  164. " traf den Beklagten aus vorangegangenem ge-
  165. fährdenden Verhalten eine Pflicht, ein durch seine Beteiligung gefördertes unlauteres Werbeverhalten zu verhindern (vgl. BGH, Urt. v. 6.4.2000 - I ZR 67/98,
  166. GRUR 2001, 82, 83 = WRP 2000, 1263 - Neu in Bielefeld I). Abweichendes ergibt sich auch nicht daraus, dass die Telefonaktion in einem redaktionellen Beitrag der "W.
  167. " angekündigt war, dessen Inhalt der Pressefreiheit
  168. nach Art. 5 Abs. 1 GG unterlag. Dass die Zeitung für ihre Berichterstattung den
  169. Grundrechtsschutz der Pressefreiheit für sich in Anspruch nehmen kann, enthebt den Beklagten nicht von der Verantwortung für sein eigenes wettbewerbswidriges Verhalten.
  170. 22
  171. bb) Geht die Beteiligung des Beklagten an der Telefonaktion auf die Tätigkeit der von ihm eingeschalteten Presseagentur zurück, haftet er für einen
  172. etwaigen Wettbewerbsverstoß gemäß § 13 Abs. 4 UWG a.F., § 8 Abs. 2 UWG.
  173. Nach der Vorschrift des § 8 Abs. 2 UWG, die inhaltlich der Bestimmung des
  174. § 13 Abs. 4 UWG a.F. entspricht, werden dem Inhaber des Unternehmens Zuwiderhandlungen seiner Angestellten oder Beauftragten wie eigene Handlungen
  175. zugerechnet, weil die arbeitsteilige Organisation seines Unternehmens die Verantwortung für das Verhalten im Wettbewerb nicht beseitigen soll. Der Unternehmensinhaber, dem die Wettbewerbshandlungen seiner Angestellten oder
  176. Beauftragten zugute kommen, soll sich bei einer wettbewerbsrechtlichen Haftung nicht hinter den von ihm abhängigen Dritten verstecken können (BGH, Urt.
  177. v. 19.12.2002 - I ZR 119/00, GRUR 2003, 453, 454 = WRP 2003, 642 - Verwertung von Kundenlisten).
  178. - 10 -
  179. 23
  180. Die von dem Beklagten eingeschaltete Presseagentur M.
  181. ist Beauf-
  182. tragte i.S. von § 13 Abs. 4 UWG a.F., § 8 Abs. 2 UWG (vgl. BGH, Urt. v.
  183. 25.4.1991 - I ZR 134/90, GRUR 1991, 772, 774 - Anzeigenrubrik I; BGHZ 124,
  184. 230, 237 - Warnhinweis I). Der Umstand, dass der Beklagte die Agentur nach
  185. seinen Angaben nur mit der Vermittlung von Pressekontakten und nicht der
  186. Weitergabe von Pressenotizen betraut haben will, entlastet ihn nicht. Dadurch
  187. wird der für die Anwendung des § 8 Abs. 2 UWG erforderliche innere Zusammenhang zwischen dem Verhalten der Presseagentur und dem Unternehmen
  188. des Beklagten nicht aufgehoben (vgl. BGH, Urt. v. 5.4.1995 - I ZR 133/93,
  189. GRUR 1995, 605, 607 - Franchise-Nehmer; Köhler in Hefermehl/Köhler/
  190. Bornkamm, Wettbewerbsrecht, 25. Aufl., § 8 UWG Rdn. 2.47; Fezer/Büscher,
  191. UWG, § 8 Rdn. 179).
  192. 24
  193. b) Das Berufungsgericht hat angenommen, der fehlende Hinweis darauf,
  194. dass Beratungsleistungen nur im Rahmen einer Mitgliedschaft erbracht würden
  195. und eine eingeschränkte Beratungsbefugnis bestehe, sei keine wesentliche Beeinträchtigung des Wettbewerbs. Es sei davon auszugehen, dass Verbraucher
  196. im Rahmen der Telefonaktion nur eine pauschale Beratung erhielten und anschließend entweder eine Mitgliedschaft anstrebten oder sich an einen Steuerberater wendeten. Dagegen würden interessierte Verbraucher durch den Zeitungsartikel nicht veranlasst, eine Geschäftsstelle des Beklagten aufzusuchen.
  197. Von einer erheblichen Beeinträchtigung des Wettbewerbs könne auch wegen
  198. des fehlenden Hinweises auf die nur eingeschränkte Beratungsbefugnis des
  199. Beklagten nicht ausgegangen werden. Es sei anzunehmen, dass Anrufer über
  200. eine etwa fehlende Beratungsbefugnis informiert und über den Irrtum bereits in
  201. dem Telefonat aufgeklärt würden, ohne eine Geschäftsstelle des Beklagten
  202. aufzusuchen. Diese Ausführungen des Berufungsgerichts halten revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand. Das Berufungsgericht hat die Anforderungen
  203. - 11 -
  204. überspannt, die an eine nicht nur unerhebliche Beeinträchtigung i.S. von § 3
  205. UWG zu stellen sind.
  206. 25
  207. aa) Nach der Begründung zum Regierungsentwurf soll mit dem in § 3
  208. UWG vorgesehenen Erfordernis einer nicht nur unerheblichen Beeinträchtigung
  209. des Wettbewerbs zum Ausdruck kommen, dass die Wettbewerbsmaßnahme
  210. von einem gewissen Gewicht für das Wettbewerbsgeschehen und die Interessen des geschützten Personenkreises sein muss. Dadurch soll die Verfolgung
  211. von Bagatellfällen ausgeschlossen werden, weshalb die Schwelle nach den
  212. Vorstellungen des Gesetzgebers nicht zu hoch anzusetzen ist (vgl. Begründung
  213. zum Regierungsentwurf, BT-Drucks. 15/1487, S. 17). Die Frage, ob es sich um
  214. einen Bagatellverstoß handelt oder die Grenze überschritten ist, ist unter umfassender Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls, namentlich der Art
  215. und Schwere des Verstoßes, anhand der Zielsetzung des Gesetzes gegen den
  216. unlauteren Wettbewerb zu beurteilen (vgl. zu § 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG a.F. BGH,
  217. Urt. v. 5.10.2000 - I ZR 210/98, GRUR 2001, 258, 259 = WRP 2001, 146
  218. - Immobilienpreisangaben).
  219. 26
  220. bb) Vorliegend steht eine Zuwiderhandlung gegen das Verbot irreführender Werbung nach §§ 3, 5 UWG in Rede. Unrichtige Angaben verstoßen nur
  221. dann gegen das Irreführungsverbot nach § 3 UWG a.F., §§ 3, 5 UWG, wenn sie
  222. geeignet sind, das Marktverhalten der Gegenseite zu beeinflussen (BGH, Urt. v.
  223. 7.11.2002 - I ZR 276/99, GRUR 2003, 628, 630 = WRP 2003, 747 - Klosterbrauerei; Urt. v. 26.10.2006 - I ZR 33/04, GRUR 2007, 247 Tz. 33 = WRP 2007,
  224. 303 - Regenwaldprojekt I). Ist die durch die unrichtigen Angaben hervorgerufene Fehlvorstellung des Verkehrs wettbewerbsrechtlich relevant, ist regelmäßig
  225. auch davon auszugehen, dass die Bagatellgrenze überschritten ist (vgl. Bornkamm in Hefermehl/Köhler/Bornkamm aaO § 5 UWG Rdn. 2.11 und 2.169).
  226. - 12 -
  227. Nicht anders verhält es sich im Streitfall. Verstößt der Zeitungsartikel wegen
  228. irreführender Angaben gegen § 5 UWG, weil die fraglichen Hinweise unterblieben sind, ist der Verstoß nach Art und Schwere auch nicht mehr unerheblich.
  229. 27
  230. c) Das Berufungsgericht hat keine Feststellungen dazu getroffen, ob der
  231. Beklagte gegen das Irreführungsverbot nach § 3 UWG a.F., §§ 3, 5 UWG verstoßen hat, weil der Zeitungsartikel keinen Hinweis darauf enthielt, dass Nichtmitglieder bei der Telefonaktion nicht beraten wurden und nur eine eingeschränkte Beratungsbefugnis bestand.
  232. 28
  233. Der Kläger hat vorgetragen, der Verkehr verstehe die Angaben in dem
  234. Zeitungsartikel dahin, dass auch Personen, die an der Telefonaktion teilnähmen
  235. und nicht Mitglieder bei dem Beklagten seien, beraten werden könnten und
  236. dass keine nur auf bestimmte Einkunftsarten beschränkte Beratungsbefugnis
  237. bestehe.
  238. 29
  239. Das Berufungsgericht wird insoweit zu prüfen haben, wie der Verkehr die
  240. Angaben in dem Zeitungsartikel auffasst. Sollte das Berufungsgericht zu dem
  241. Ergebnis gelangen, dass der Verkehr die Angaben in dem vom Kläger vorgetragenen Sinn versteht, sind sie irreführend. Nach der Vorschrift des § 4 Nr. 11
  242. StBerG sind Lohnsteuerhilfevereine zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in
  243. Steuersachen nur gegenüber ihren Mitgliedern und auch nur in den Grenzen
  244. des § 4 Nr. 11 lit. a bis c StBerG befugt.
  245. 30
  246. Die für ein Verbot gemäß § 3 UWG a.F., §§ 3, 5 UWG erforderliche
  247. wettbewerbsrechtliche Relevanz der Irreführung (vgl. hierzu BGH, Urt. v.
  248. 17.6.1999 - I ZR 149/97, GRUR 2000, 239, 241 = WRP 2000, 92 - Last-MinuteReise; BGH GRUR 2003, 628, 630 - Klosterbrauerei) kann nicht mit dem Hin-
  249. - 13 -
  250. weis darauf verneint werden, Teilnehmer an der Telefonaktion würden in dem
  251. Telefonanruf über die nur beschränkte Beratungsbefugnis des Beklagten aufgeklärt.
  252. 31
  253. Unrichtige Angaben sind wettbewerbsrechtlich relevant, wenn sie geeignet sind, das Marktverhalten der Gegenseite, hier also der Verbraucher, zu beeinflussen. Diese werden, soweit Beratungsbedarf besteht, durch den Zeitungsartikel veranlasst, an der Telefonaktion teilzunehmen. Dadurch kommt es
  254. zu einer ersten Kontaktaufnahme mit dem Beklagten, die dieser für eine Mitgliederwerbung nutzen kann und die durch eine spätere Richtigstellung etwaiger unzutreffender Angaben nicht wieder rückgängig gemacht wird.
  255. 32
  256. 4. Die Revision hat dagegen keinen Erfolg, soweit sie sich dagegen wendet, dass das Berufungsgericht den Klageantrag zu 2 abgewiesen hat. Dem
  257. Kläger steht ein Anspruch auf Unterlassung der Verwendung des Vereinsnamens des Beklagten in der Werbung ohne den Namenszusatz "Lohnsteuerhilfeverein" nach § 1 UWG a.F., § 8 Abs. 1, §§ 3, 4 Nr. 11 UWG i.V. mit § 18
  258. StBerG nicht zu.
  259. 33
  260. a) Nach § 4 Nr. 11 UWG handelt allerdings unlauter i.S. des § 3 UWG,
  261. wer einer gesetzlichen Bestimmung zuwiderhandelt, die auch dazu bestimmt
  262. ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln. Zu den Vorschriften, die im Interesse der Verbraucher das Marktverhalten von Unternehmen bestimmen, gehört § 18 StBerG. Die Bestimmung verpflichtet Lohnsteuerhilfevereine, die entsprechende Bezeichnung im Vereinsnamen zu führen. Die
  263. Vorschrift regelt die Außendarstellung des Vereins und dient dem Schutz der
  264. Öffentlichkeit vor einer Irreführung. Sie hat eine auf die Lauterkeit des Wettbewerbs bezogene Schutzfunktion.
  265. - 14 -
  266. Für den Zeitraum vor Inkrafttreten des Gesetzes gegen den unlauteren
  267. 34
  268. Wettbewerb vom 3. Juli 2004 folgt der Unterlassungsanspruch im Falle eines
  269. Verstoßes gegen § 18 StBerG aus § 1 UWG a.F.
  270. b) Im Streitfall liegt ein Verstoß gegen § 18 StBerG wegen der fehlenden
  271. 35
  272. Führung der Bezeichnung "Lohnsteuerhilfeverein" in dem Zeitungsartikel in der
  273. "W.
  274. " jedoch nicht vor. Die Bestimmung sieht eine Verpflichtung zur
  275. Führung der Bezeichnung "Lohnsteuerhilfeverein" im Vereinsnamen vor. Sie
  276. begründet aber kein allgemeines Gebot, bei Werbemaßnahmen stets die Bezeichnung "Lohnsteuerhilfeverein" zu führen oder den vollen Vereinsnamen
  277. anzugeben (a.A. Nest in Bonner Handbuch der Steuerberatung, § 18 StBerG
  278. Rdn. B 3; Gehre/v. Borstel, Steuerberatungsgesetz, 5. Aufl., § 18 Rdn. 2;
  279. Charlier/Peter, Steuerberatungsgesetz, 3. Aufl., § 18 Rdn. 1). Der Beklagte
  280. konnte deshalb ohne Verstoß gegen § 18 StBerG in dem Zeitungsartikel unter
  281. der Bezeichnung "Lohnsteuerhilfe B.
  282. e.V." auftreten. Die Grenze zu einem
  283. wettbewerbswidrigen Verhalten ist erst überschritten, wenn die Bezeichnung,
  284. unter der der Beklagte werbend auftritt, gegen das Irreführungsverbot nach
  285. - 15 -
  286. §§ 3, 5 UWG verstößt. Hierfür ist bei der Bezeichnung "Lohnsteuerhilfe B.
  287. e.V.", in der sich die Begriffe "Lohnsteuerhilfe" und "e.V." finden, vom Kläger
  288. nichts geltend gemacht und auch sonst nichts ersichtlich.
  289. Bornkamm
  290. Pokrant
  291. Schaffert
  292. Büscher
  293. Kirchhoff
  294. Vorinstanzen:
  295. LG München I, Entscheidung vom 21.08.2003 - 17 HKO 7047/03 OLG München, Entscheidung vom 26.08.2004 - 6 U 4775/03 -