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1 year ago
  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. IM NAMEN DES VOLKES
  3. URTEIL
  4. I ZR 104/12
  5. Verkündet am:
  6. 6. November 2013
  7. Bürk
  8. Amtsinspektorin
  9. als Urkundsbeamtin
  10. der Geschäftsstelle
  11. in dem Rechtsstreit
  12. Nachschlagewerk:
  13. ja
  14. BGHZ:
  15. nein
  16. BGHR:
  17. ja
  18. Vermittlung von Netto-Policen
  19. UWG § 4 Nr. 11, § 5 Abs. 1; GewO § 34d Abs. 1; VVG § 59 Abs. 2 und 3
  20. Lässt sich ein Versicherungsvertreter, der seine Agenturbindung gegenüber
  21. dem Versicherungsnehmer offenlegt, für die Beratung und die Vermittlung einer
  22. Netto-Police vom Versicherungsnehmer eine eigenständige Vergütung versprechen, verstößt dies nicht gegen § 4 Nr. 11 UWG in Verbindung mit § 34d Abs. 1
  23. GewO. Mit einer solchen Vereinbarung ist auch nicht notwendig eine Irreführung des Versicherungsnehmers über den Status des Vermittlers als Versicherungsvertreter verbunden.
  24. BGH, Urteil vom 6. November 2013 - I ZR 104/12 - OLG Naumburg
  25. LG Dessau-Roßlau
  26. -2-
  27. Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
  28. vom 18. September 2013 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Dr. h.c. Bornkamm und die Richter Pokrant, Prof. Dr. Schaffert, Dr. Kirchhoff und Dr. Koch
  29. für Recht erkannt:
  30. Die Revision gegen das Urteil des 9. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Naumburg vom 24. Mai 2012 wird auf Kosten der Klägerin
  31. zurückgewiesen.
  32. Von Rechts wegen
  33. Tatbestand:
  34. 1
  35. Die Parteien sind als Versicherungsvertreter im Versicherungsvermittlungsregister eingetragen und verfügen über eine Erlaubnis nach § 34d Abs. 1
  36. GewO. Sie streiten über die wettbewerbsrechtliche Zulässigkeit der Vermittlung
  37. von Lebensversicherungen zu Nettotarifen bei gleichzeitiger Vereinbarung einer
  38. von dem Versicherungsnehmer an den Versicherungsvertreter zu zahlenden
  39. selbständigen Vergütung.
  40. 2
  41. Ein Mitarbeiter der Beklagten händigte der Kundin R. am 26. August
  42. 2010 eine „Erstkontaktinformation“ aus, die unter anderem folgenden Inhalt hatte:
  43. Meldung und Eintrag ins Vermittlerregister: Die V.-GmbH ist im Vermittlerregister als erlaubnispflichtiger Versicherungsvertreter nach § 34d Abs. 1 GewO bei
  44. der zuständigen IHK gemeldet und nach § 34d Abs. 7 GewO … eingetragen.
  45. -3-
  46. 3
  47. Anschließend vermittelte er der Kundin eine fondsgebundene Rentenversicherung der A.-Lebensversicherung S.A. Dabei handelte es sich um eine
  48. sogenannte Nettopolice, bei der die vom Versicherungsnehmer zu zahlende
  49. Versicherungsprämie keinen Provisionsanteil für die Vertragsvermittlung enthielt. Gleichzeitig schloss die Beklagte im eigenen Namen mit der Versicherungsnehmerin eine separate Vergütungsvereinbarung, die unter anderem folgende Regelungen enthielt (Hervorhebungen im Original):
  50. 1. Der Versicherungsvermittler ist gewerberechtlich als Versicherungsvertreter
  51. von Lebensversicherungen für die A.-Lebensversicherung S.A. tätig. In dieser Eigenschaft vermittelt er den Kunden die fondsgebundene Rentenversicherung mit wählbaren Zusatzversicherungen.
  52. 2. Der Versicherungsvermittler erhält vom Kunden für die Vermittlung und
  53. für seine Beratungs- und sonstigen Leistungen im Zusammenhang mit
  54. dem Abschluss des nebenstehenden Versicherungsvertrags eine einmalige Vergütung. Der Versicherungstarif enthält keine Abschlusskosten; der Versicherungsvermittler erhält deshalb von der Versicherungsgesellschaft für seine Tätigkeit keine Provisionen oder sonstige Vergütungen.
  55. 4. Der Anspruch des Versicherungsvermittlers auf Zahlung der Vergütung
  56. entsteht mit dem nachfolgend beschriebenen Zustandekommen des
  57. vom Kunden beantragten Versicherungsvertrags. Der Versicherungsvertrag kommt zustande, wenn die Versicherungsgesellschaft die Annahme des
  58. Versicherungsvertrags durch Zusendung des Versicherungsscheins erklärt
  59. und der Kunde sein gesetzliches Widerrufsrecht vom Versicherungsvertrag
  60. nicht wirksam ausgeübt hat.
  61. 5. Wegen der rechtlichen Unabhängigkeit dieser Vergütungsvereinbarung
  62. vom Versicherungsvertrag ist der Kunde zur Zahlung der Vergütung
  63. auch im Falle der Änderung oder vorzeitigen Beendigung des Versicherungsvertrags verpflichtet. Die Vergütung ist jedoch bei wirksamer Anfechtung oder bei einer wirksamen Ausübung des Widerrufs nicht geschuldet.
  64. 4
  65. Die Klägerin hat das Vertriebsmodell der Beklagten als wettbewerbswidrig beanstandet. Sie ist der Ansicht, die Beklagte geriere sich als Versicherungsmaklerin, wenn sie mit einem Kunden eine selbständige Vergütungsvereinbarung abschließe. Dadurch verstoße sie gegen ihre typenspezifische Erlaubnis als Versicherungsvertreterin. Durch die Inanspruchnahme eines allein
  66. -4-
  67. einem Versicherungsmakler zugewiesenen Vergütungsmodells weiche die formularmäßige Vergütungsvereinbarung zudem von wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung ab und führe die Kunden überdies in die Irre.
  68. 5
  69. Die Klägerin hat beantragt,
  70. es der Beklagten unter Androhung von Ordnungsmitteln zu verbieten, als registrierter Versicherungsvertreter gesonderte Vereinbarungen mit Versicherungsnehmern oder potentiellen Versicherungsnehmern zu schließen, wonach
  71. diese sich verpflichten, eine Provision für die Vermittlung eines Versicherungsvertrags an die Beklagte zu zahlen.
  72. 6
  73. Die Beklagte hat demgegenüber die Auffassung vertreten, die dispositiven gesetzlichen Regelungen erlaubten es ihr, anstelle einer überwiegend üblichen Bruttopolice auch Nettopolicen zu vermitteln. In einem solchen Fall sei der
  74. Abschluss einer separaten Vergütungsvereinbarung zulässig. Daraus könne ein
  75. verständiger und aufmerksamer Kunde nicht den Schluss herleiten, sie werde
  76. als Versicherungsmaklerin tätig.
  77. 7
  78. Das Berufungsgericht hat die in erster Instanz erfolgreiche Klage abgewiesen (OLG Naumburg, VersR 2012, 1034 = NJW-RR 2012, 1174). Mit der
  79. vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt, verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter.
  80. Entscheidungsgründe:
  81. 8
  82. I. Das Berufungsgericht hat angenommen, die Beklagte verstoße durch
  83. den Abschluss einer gesonderten Vergütungsvereinbarung im Zusammenhang
  84. mit der Vermittlung einer Nettopolice weder gegen Marktverhaltensregelungen
  85. im Sinne von § 4 Nr. 11 UWG noch führe sie dadurch ihre Kunden im Sinne von
  86. § 5 Abs. 1 UWG irre. Dazu hat es ausgeführt:
  87. -5-
  88. 9
  89. Bei der Vorschrift des § 34d Abs. 1 GewO handele es sich zwar um eine
  90. Marktverhaltensregelung im Sinne von § 4 Nr. 11 UWG. Gegen diese Vorschrift
  91. habe aber die Beklagte mit der Vermittlung von Nettopolicen und der gleichzeitigen Begründung eines eigenständigen Vergütungsanspruchs gegen den Versicherungsnehmer nicht verstoßen, weil sie den Umfang ihrer Erlaubnis als
  92. Versicherungsvertreterin nicht überschritten und ihre Agenturbindung gegenüber dem Kunden stets offengelegt habe.
  93. 10
  94. Die von der Beklagten abgeschlossenen Vergütungsvereinbarungen seien auch nicht nach §§ 307 ff. BGB zu beanstanden. Die Versicherungsnehmer
  95. würden durch den Abschluss separater Vergütungsvereinbarungen im Zusammenhang mit der Vermittlung von Nettopolicen nicht entgegen den Geboten von
  96. Treu und Glauben unangemessen benachteiligt.
  97. 11
  98. Das Vertriebsmodell der Beklagten stelle auch keine nach §§ 3, 5 UWG
  99. wettbewerbsrechtlich relevante Irreführung dar. Es sei schon zweifelhaft, ob ein
  100. durchschnittlicher Verbraucher den Abschluss eines gesonderten Vergütungsvertrags als Hinweis auf die Maklereigenschaft des Vermittlers verstehe. Die
  101. Begründung eines selbständigen Honoraranspruchs sei aus der Sicht eines
  102. solchen Verbrauchers im Übrigen allenfalls ein Indiz dafür, dass der Vermittler
  103. sich allein an den Kundeninteressen orientieren werde. Eine derartige Indizwirkung sei im Streitfall aber dadurch widerlegt, dass die Beklagte ihre Eigenschaft
  104. als Versicherungsvertreterin in der „Erstkontaktinformation“ offenlege. Darüber
  105. hinaus ergebe sich die Agenturbindung der Beklagten deutlich aus Nummer 1
  106. der Vergütungsvereinbarung. Unter diesen Umständen bleibe auch kein Raum
  107. für eine Einstufung der Beklagten als Pseudomaklerin im Sinne von § 59 Abs. 3
  108. Satz 2 VVG.
  109. -6-
  110. 12
  111. II. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision haben
  112. keinen Erfolg. Mit Recht hat das Berufungsgericht einen Anspruch der Klägerin
  113. gegenüber der Beklagten verneint, es zu unterlassen, mit (potentiellen) Versicherungsnehmern gesonderte Vergütungsregelungen zu vereinbaren.
  114. 13
  115. 1. Entgegen der Ansicht der Revision hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei einen Verstoß der Beklagten gegen § 4 Nr. 11 UWG in Verbindung mit
  116. § 34d Abs. 1 GewO verneint.
  117. 14
  118. a) Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass es sich
  119. bei § 34d Abs. 1 GewO um eine Norm handelt, die im Sinne von § 4 Nr. 11
  120. UWG dazu bestimmt ist, das Marktverhalten im Interesse der Marktteilnehmer
  121. zu regeln. Die Erlaubnispflicht zur Ausübung bestimmter Gewerbe stellt zwar
  122. grundsätzlich (auch) eine Marktzutrittsregelung dar. Sie dient aber darüber hinaus dem Schutz der Verbraucher vor einer Gefährdung ihrer Rechtsgüter durch
  123. unzuverlässige Gewerbetreibende und ist daher zugleich eine Marktverhaltensregelung (vgl. Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Neuregelung des Versicherungsvermittlerrechts, BT-Drucks. 16/1935, S. 1, 17; vgl. auch BGH, Urteil
  124. vom 14. Mai 2009 - I ZR 179/07, GRUR 2009, 886 Rn. 17 = WRP 2009, 1513
  125. - Die clevere Alternative, zu § 34 Abs. 4 GewO; Köhler in Köhler/Bornkamm,
  126. UWG, 31. Aufl., § 4 Rn. 11.82; Harte/Henning/v. Jagow, UWG, 3. Aufl., § 4
  127. Nr. 11 Rn. 79; MünchKomm.UWG/Schaffert, § 4 Nr. 11 Rn. 135; Ebert-Weidenfeller in Götting/Nordemann, UWG, 2. Aufl., § 4 Nr. 11 Rn. 11.59). Der Umstand, dass die Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken keinen den § 3 Abs. 1, § 4 Nr. 11 UWG vergleichbaren Verbotstatbestand kennt,
  128. steht der Anwendung dieser Vorschriften im Streitfall im Hinblick darauf nicht
  129. entgegen, dass es sich bei der Bestimmung des § 34d GewO um eine unionsrechtskonforme Reglementierung der Berufsausübung handelt (vgl. Art. 3
  130. -7-
  131. Abs. 4 und 8 der Richtlinie 2005/29/EG; BGH, Urteil vom 18. September 2013
  132. - I ZR 183/12 Rn. 9 - Krankenzusatzversicherungen; Köhler in Köhler/Bornkamm aaO § 4 Rn. 11.6i und 11.6k).
  133. 15
  134. b) Ohne Erfolg wendet sich die Revision gegen die Annahme des Berufungsgerichts, das angegriffene Vertriebsmodell der Beklagten verstoße nicht
  135. gegen die Marktverhaltensregelung des § 34d Abs. 1 GewO.
  136. 16
  137. aa) Zwischen den Parteien besteht kein Streit darüber, dass die Beklagte
  138. eine Versicherungsvermittlung im Sinne von § 34d Abs. 1 Satz 1 GewO, der der
  139. Umsetzung von Art. 2 Nr. 3 der Richtlinie 2002/92/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. Dezember 2002 über Versicherungsvermittlung
  140. (ABl. 2003 Nr. L 9/3) dient, erbringt. Die Vorschrift des § 34d Abs. 1 Satz 1 GewO unterscheidet anders als die Richtlinie zur Klarstellung zwischen Versicherungsmaklern und Versicherungsvertretern. Sie enthält zwei unterschiedliche
  141. Erlaubnistatbestände. Nach dem Willen des Gesetzgebers soll ein Versicherungsvermittler nicht zugleich als Versicherungsmakler und Versicherungsvertreter tätig sein. Die Einordnung als Makler oder Vertreter soll für den Kunden
  142. zudem transparent sein und einer „Typenvermischung“ entgegenwirken (vgl.
  143. Erwägungsgrund 18 der Richtlinie 2002/92/EG; Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Neuregelung des Versicherungsvermittlerrechts aaO, S. 14; vgl.
  144. auch BGH, Urteil vom 23. November 1973 - IV ZR 34/73, VersR 1974, 192,
  145. 193). Über die gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben hinausgehend muss ein
  146. Versicherungsvermittler deshalb von vornherein entscheiden, ob er als Versicherungsmakler oder als Versicherungsvertreter tätig sein will und dies im Antrag auf Erteilung der Erlaubnis nach § 34d Abs. 1 GewO angeben. Dementsprechend wird die Erlaubnis gemäß § 34d Abs. 1 Satz 3 GewO typenspezifisch entweder für eine Tätigkeit als Versicherungsmakler oder als Versicherungsvertreter erteilt (vgl. Dörner in Prölss/Martin, VVG, 28. Aufl., § 34d GewO
  147. -8-
  148. Rn. 30; VVG § 59 Rn. 9; Ennuschat in Tettinger/Wank/Ennuschat, Gewerbeordnung, 8. Aufl., § 34d Rn. 27, 34). Dies bedeutet indessen nicht nur, dass der
  149. Wechsel in einen anderen Vermittlertyp einer geänderten Erlaubnis und Registrierung bedarf; vielmehr ergibt sich hieraus auch, dass eine Vermittlungstätigkeit, die die Grenzen der Erlaubnis überschreitet, ohne Gewerbeerlaubnis und
  150. damit in wettbewerbswidriger Weise erfolgt (vgl. Dörner in Prölss/Martin aaO
  151. § 34d GewO Rn. 30, 32, 46; Böckmann/Ostendorf, VersR 2009, 154, 156 f.).
  152. 17
  153. bb) Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerfrei angenommen, dass die
  154. Beklagte mit der Begründung eines eigenständigen Vergütungsanspruchs gegen den Versicherungsnehmer den Umfang ihrer Erlaubnis als Versicherungsvertreterin nicht überschreitet.
  155. 18
  156. (1) Das Berufungsgericht hat festgestellt, dass die Beklagte eine gewerberechtliche Erlaubnis nach § 34d Abs. 1 GewO besitzt, in das Versicherungsvermittlungsregister gemäß § 34d Abs. 7, § 11a GewO eingetragen ist und ihre
  157. Agenturbindung gemäß § 60 Abs. 2 Satz 2 VVG durch die von ihr verwendete
  158. „Erstkontaktinformation“ und die Angaben in der Vergütungsvereinbarung offenlegt. Damit hat sie ihre Pflicht gemäß § 11 Abs. 1 Nr. 3 VersVermV, der Art. 12
  159. Abs. 1 der Richtlinie 2002/92/EG umsetzt, erfüllt. Diese statusbezogene Information, für die ausschließlich auf die Eintragung und nicht auf das konkrete Tätigwerden abzustellen ist, soll sicherstellen, dass die typenspezifisch erteilte
  160. Gewerbeerlaubnis vom Kunden im Sinne der beabsichtigten Transparenz zur
  161. Kenntnis genommen werden kann (vgl. Erwägungsgrund 18 der Richtlinie
  162. 2002/92/EG; OLG Schleswig, VersR 2011, 114, 115; Böckmann/Ostendorf,
  163. VersR 2009, 154, 155; Dörner in Prölss/Martin aaO § 11 VersVermV Rn. 1).
  164. Dass die Beklagte durch die Offenlegung ihres Status die erforderlichen Angaben mitgeteilt hat, wird von der Revision auch nicht in Zweifel gezogen.
  165. -9-
  166. 19
  167. (2) Die Revision legt nicht dar, dass die Beklagte - abgesehen von der
  168. streitgegenständlichen Vergütungsvereinbarung - Tätigkeiten entfaltet, die über
  169. den Umfang der ihr erteilten Erlaubnis hinausgehen, mithin solche, die ausschließlich einem Versicherungsmakler vorbehalten sind.
  170. 20
  171. Entgegen der Ansicht der Revision macht der Umstand, dass die Beklagte mit Kunden eigenständige Vergütungsvereinbarungen schließt, sie noch nicht
  172. zur Versicherungsmaklerin im Sinne von § 59 Abs. 3 VVG. Nach Satz 1 dieser
  173. Bestimmung ist Versicherungsmakler, wer gewerbsmäßig für den Auftraggeber
  174. die Vermittlung oder den Abschluss von Versicherungsverträgen übernimmt,
  175. ohne von einem Versicherer oder von einem Versicherungsvertreter damit betraut zu sein. Als Versicherungsmakler gilt nach § 59 Abs. 3 Satz 2 VVG auch,
  176. wer gegenüber dem Versicherungsnehmer den Anschein erweckt, er erbringe
  177. seine Leistung als Versicherungsmakler. Versicherungsvertreter im Sinne des
  178. § 59 Abs. 2 VVG ist demgegenüber derjenige, der von einem Versicherer (oder
  179. von einem anderen Versicherungsvertreter) damit betraut ist, gewerbsmäßig
  180. Versicherungsverträge zu vermitteln oder abzuschließen. Ein Versicherungsvertreter ist demnach auf der Seite des Versicherers tätig, während der Versicherungsmakler seine Vermittlungstätigkeit im Allgemeinen im Auftrag des Kunden
  181. erbringt (vgl. BGH, Urteil vom 22. Mai 1985 - IV ZR 190/83, BGHZ 94, 356, 359;
  182. Urteil vom 14. Juni 2007 - III ZR 269/06, VersR 2007, 1127, 1128; Dörner in
  183. Prölss/Martin aaO § 59 VVG Rn. 2; Ennuschat in Tettinger/Wank/Ennuschat
  184. aaO § 34d GewO Rn. 32). Die Abgrenzung richtet sich mithin - abgesehen vom
  185. Ausnahmefall des § 59 Abs. 3 Satz 2 VVG (dazu sogleich unter Rn. 21) - objektiv danach, ob der Versicherungsvermittler von einem Versicherer mit der Vermittlung betraut wurde (vgl. Böckmann/Ostendorf, VersR 2009, 154, 155). Darauf, von wem der Versicherungsvermittler seine Vergütung erhält, kommt es
  186. für die Abgrenzung grundsätzlich nicht an.
  187. - 10 -
  188. 21
  189. Aus dem Umstand, dass der Versicherungsvertreter anders als der Versicherungsmakler im Lager des Versicherers steht, dessen Interessen er bei
  190. seiner Vermittlungstätigkeit im Auge zu behalten hat (vgl. § 86 Abs. 1 Halbsatz 2 i.V.m. § 92 Abs. 2 HGB), kann nicht geschlossen werden, dass ein Versicherungsvertreter aufgrund der gegenüber dem Versicherer bestehenden Loyalitätspflichten von vorneherein nicht in der Lage wäre, den Versicherungsnehmer in einer dessen Bedürfnissen und Interessen angemessenen Weise zu
  191. beraten. Einer derartigen Sichtweise steht schon entgegen, dass durch das
  192. - vorliegend bereits einschlägige - Gesetz zur Neuregelung des Versicherungsvermittlerrechts vom 19. Dezember 2006 (BGBl. I, S. 3232) dem Versicherungsvermittler allgemein (also sowohl dem Versicherungsmakler als auch dem
  193. Versicherungsvertreter, vgl. § 59 Abs. 1 VVG) umfassende Beratungs- und Dokumentationspflichten gegenüber dem Versicherungsnehmer auferlegt worden
  194. sind (§§ 61, 62 VVG). Diese Pflichten (auch) des Versicherungsvertreters sind
  195. derart zentral (vgl. Dörner in Prölss/Martin aaO § 61 VVG Rn. 1), dass er im
  196. Falle ihrer Verletzung dem Versicherungsnehmer gegenüber persönlich zum
  197. Schadensersatz verpflichtet ist (§ 63 VVG). Im Hinblick auf diese gesetzliche
  198. Regelung wäre es wenig verständlich, wenn es dem Versicherungsvertreter
  199. verwehrt sein sollte, Beratungstätigkeiten - die in erheblichem Umfang schon
  200. gesetzlich vorgegeben sind - zum Gegenstand vertraglicher (entgeltlicher) Vereinbarungen mit dem Versicherungsnehmer zu machen. Denn die durch eine
  201. Vereinbarung nochmals bekräftigten Beratungspflichten des Versicherungsvertreters unterscheiden sich - soweit sie die Frage betreffen, ob die (wahrheitsgemäß dargestellten) Eigenschaften des angebotenen Produkts den Bedürfnissen und Interessen des Versicherungsnehmers entsprechen - in ihrem Umfang
  202. und in ihrer Intensität nicht von Pflichten, die den Versicherungsmakler treffen.
  203. 22
  204. (3) Der Status der Beklagten wird - entgegen dem Inhalt der ihr erteilten
  205. Erlaubnis und ihrer Registrierung als Versicherungsvertreterin - auch nicht
  206. - 11 -
  207. durch § 59 Abs. 3 Satz 2 VVG als Versicherungsmakler fingiert. Die Beklagte
  208. erweckt, indem sie sich eine eigenständige Vergütung versprechen lässt, nicht
  209. den (unzutreffenden) Anschein, sie sei Versicherungsmaklerin. Die Vorschrift
  210. des § 59 Abs. 3 Satz 2 VVG kommt zur Anwendung, wenn ein Versicherungsvertreter durch Vorlage einer unzutreffenden Statusinformation oder durch Abschluss eines Maklervertrags oder unter Verschweigen seiner Agenturbindung
  211. gegenüber dem Kunden den Eindruck hervorruft, er wolle seine Vermittlung im
  212. Interesse des Kunden durchführen und seine Empfehlung für eine bestimmte
  213. Versicherung auf eine entsprechende Beratungsgrundlage gemäß § 60 Abs. 1
  214. VVG stützen (vgl. Dörner in Prölss/Martin aaO § 59 VVG Rn. 2 mwN; Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Neuregelung des Versicherungsvermittlerrechts aaO S. 23).
  215. 23
  216. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts kann nicht angenommen werden, dass die Beklagte sich in diesem Sinne als „Pseudomaklerin“ geriert hat. Sie hat vielmehr ihren Status und ihre Agenturbindung in hinreichender
  217. Weise sowohl mit der „Erstkontaktinformation“ als auch in Nummer 1 der beanstandeten Vergütungsvereinbarung offengelegt. Gegenüber einem derart informierten Kunden erweckt die Beklagte nicht den Anschein, Versicherungsmaklerin zu sein (vgl. Reiff, VersR 2012, 645, 652; Icha, VuR 2013, 74 f.). Einer weitergehenden, über die Erläuterungen im Vertragstext hinausgehenden Aufklärung über die Besonderheiten des von der bisherigen Praxis abweichenden
  218. Vergütungsmodells bedarf es dabei im Verhältnis der sich mit wechselseitigen
  219. Interessen gegenüberstehenden Vertragsparteien grundsätzlich nicht (vgl.
  220. BGH, VersR 2007, 1127, 1128 f.; Urteil vom 18. Oktober 2012 - III ZR 106/11,
  221. NJW 2012, 3718 Rn. 17, jeweils zur Vergütungsvereinbarung eines Versicherungsmaklers; OLG Karlsruhe, VersR 2012, 856, 859; Reiff in Prölss/Martin
  222. aaO § 168 VVG Rn. 21; Rixecker in Römer/Langheid, VVG, 3. Aufl., § 59 VVG
  223. Rn. 9; vgl. auch Dörner in Prölss/Martin aaO § 59 VVG Rn. 53; abweichend LG
  224. - 12 -
  225. Saarbrücken, VersR 2013, 759, 760 f. mit kritischer Anmerkung von Reiff,
  226. VersR 2013, 762, 763; LG Wuppertal, Urteil vom 3. April 2012 - 16 S 46/11,
  227. juris Rn. 24, 26).
  228. 24
  229. Es ist auch nicht festgestellt, dass der Mitarbeiter der Beklagten in sonstiger Weise den Eindruck erweckt hätte, er stünde als unabhängiger Berater auf
  230. der Seite der Kundin. Derartige Umstände sind dem in Rede stehenden Geschäftsmodell auch nicht immanent. Der Abschluss einer selbständigen Vergütungsvereinbarung durch den Versicherungsvertreter des Versicherers mag
  231. zwar im Blick auf die tatsächlich zu erbringende Vermittlungsleistung gewisse
  232. Gefahren für eine Irreführung des Kunden in sich bergen. Allein deshalb kann
  233. die Begründung eines Vergütungsanspruchs zugunsten eines Versicherungsvertreters aber noch nicht als per se unzulässig und damit unlauter angesehen
  234. werden. Hierzu bedarf es weiterer, im Streitfall nicht festgestellter oder behaupteter Umstände.
  235. 25
  236. 2. Ohne Erfolg bleibt auch die Rüge der Revision, das Berufungsgericht
  237. habe rechtsfehlerhaft einen Wettbewerbsverstoß unter dem Gesichtspunkt der
  238. Verwendung unwirksamer Allgemeiner Geschäftsbedingungen verneint.
  239. 26
  240. a) Nach der Rechtsprechung des Senats können die Vorschriften der
  241. §§ 307 bis 309 BGB als Marktverhaltensregelungen im Sinne des § 4 Nr. 11
  242. UWG angesehen werden, da die Verwendung unwirksamer Allgemeiner Geschäftsbedingungen regelmäßig den Erfordernissen fachlicher Sorgfalt widerspricht (BGH, Urteil vom 31. Mai 2012 - I ZR 45/11, GRUR 2012, 949 Rn. 45 ff.
  243. = WRP 2012, 1086 - Missbräuchliche Vertragsstrafe; Köhler in Köhler/Bornkamm aaO § 4 Rn. 11.156e mwN; vgl. auch BGH, Urteil vom 31. März 2010
  244. - I ZR 34/08, GRUR 2010, 1117 Rn. 26 ff. = WRP 2010, 1475 - Gewährleistungsausschluss im Internet; Urteil vom 19. Mai 2010 - I ZR 140/08, GRUR
  245. - 13 -
  246. 2010, 1120 Rn. 20 = WRP 2010, 1495 - Vollmachtsnachweis, jeweils zu § 475
  247. Abs. 1 Satz 1 BGB). Dies hat das Berufungsgericht seiner rechtlichen Beurteilung zugrunde gelegt.
  248. 27
  249. b) Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, dass die „formularmäßigen Vergütungsverträge, welche die Beklagte ihren Kunden vorlegt“, Allgemeine Geschäftsbedingungen im Sinne des § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB sind und
  250. einer Inhaltskontrolle nach §§ 307 ff. BGB standhalten. Ob diese Beurteilung
  251. zutrifft, kann im Streitfall offenbleiben, weil die Klage sich nicht gegen die Verwendung bestimmter Vertragsklauseln, sondern generell dagegen richtet, dass
  252. die Beklagte mit (potentiellen) Versicherungsnehmern gesonderte Provisionsvereinbarungen schließt.
  253. 28
  254. 3. Revisionsrechtlich ist es ferner nicht zu beanstanden, dass das Berufungsgericht - in anderem Zusammenhang - einen wettbewerbsrechtlich relevanten Verstoß der Beklagten gegen die aus § 86 Abs. 1 Halbsatz 2 HGB folgende Pflicht des Versicherungsvertreters verneint hat, die Interessen des Versicherers wahrzunehmen. Die Vorschrift betrifft - wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat - (allein) das Innenverhältnis zwischen Versicherungsvertreter und Versicherer. Dementsprechend beschränken sich die
  255. Rechtsfolgen im Fall einer Pflichtverletzung auf die allgemeinen zivilrechtlichen
  256. Ansprüche des Unternehmers (vgl. dazu Löwisch in Ebenroth/Boujong/Joost/
  257. Strohn, HGB, 2. Aufl., § 86 Rn. 50 f.; MünchKomm.HGB/v. Hoyningen-Huene,
  258. 3. Aufl., § 86 Rn. 67 ff.). Einen Bezug im Sinne von § 4 Nr. 11 UWG auf den
  259. hier in Rede stehenden Markt, auf dem sich Versicherungsvertreter und Versicherungsnehmerin gegenüberstehen, enthalt die Vorschrift nicht.
  260. - 14 -
  261. 29
  262. 4. Die Revision wendet sich schließlich ohne Erfolg dagegen, dass das
  263. Berufungsgericht auch eine Irreführung nach § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 UWG verneint hat.
  264. 30
  265. a) Eine geschäftliche Handlung im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG ist
  266. gemäß § 5 Abs. 1 UWG irreführend, wenn das Verständnis, das sie bei den
  267. angesprochenen Verkehrskreisen erweckt, mit den tatsächlichen Verhältnissen
  268. nicht übereinstimmt (vgl. BGH, Urteil vom 17. Februar 2000 - I ZR 254/97,
  269. GRUR 2000, 911, 913 = WRP 2000, 1248 - Computerwerbung; Urteil vom
  270. 20. Januar 2005 - I ZR 96/02, GRUR 2005, 442 = WRP 2005, 474 - Direkt ab
  271. Werk, mwN). Für die Beurteilung, ob eine geschäftliche Handlung irreführend
  272. ist, kommt es darauf an, welchen Gesamteindruck sie bei den maßgeblichen
  273. Verkehrskreisen hervorruft (BGH, Urteil vom 16. Dezember 2004 - I ZR 222/02,
  274. GRUR 2005, 438, 440 = WRP 2005, 480 - Epson-Tinte; Urteil vom 7. April 2005
  275. - I ZR 314/02, GRUR 2005, 690, 692 = WRP 2005, 886 - Internet-Versandhandel).
  276. 31
  277. b) Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts erweckt die Beklagte
  278. bei dem angesprochenen Verbraucher nicht den Eindruck, sie vertrete - wie ein
  279. Versicherungsmakler - bei der Auswahl der in Betracht kommenden Versicherungsprodukte allein seine Interessen. Der Verbraucher werde durch den Inhalt
  280. der überlassenen Beratungs- und Vertragsunterlagen hinreichend darüber informiert, dass die Beklagte das fragliche Versicherungsprodukt in ihrer Eigenschaft als Versicherungsvertreter vermittle. Diese tatrichterliche Würdigung, die
  281. das Revisionsgericht nur darauf überprüfen kann, ob das Berufungsgericht den
  282. Tatsachenstoff verfahrensfehlerfrei ausgeschöpft hat und die Beurteilung mit den
  283. Denkgesetzen und den allgemeinen Erfahrungssätzen in Einklang steht (vgl. BGH,
  284. Urteil vom 18. Oktober 2001 - I ZR 193/99, GRUR 2002, 550, 552 = WRP 2002,
  285. 527 Elternbriefe; Urteil vom 11. Dezember 2003 - I ZR 50/01, GRUR 2004, 605,
  286. - 15 -
  287. 606 = WRP 2004, 735 - Dauertiefpreise), lässt keinen Rechtsfehler zum Nachteil
  288. der Klägerin erkennen.
  289. 32
  290. Der Umstand, dass die Beklagte sowohl in ihrer „Erstkontaktinformation“
  291. als auch in Nr. 1 der Vergütungsvereinbarung auf ihren gewerberechtlichen Status zutreffend hinweist, schließt eine Irreführung allerdings nicht von vornherein
  292. aus. Nach der Rechtsprechung des Senats kann eine geschäftliche Angabe
  293. vielmehr auch dann irreführend und damit unlauter im Sinne des § 5 Abs. 1
  294. UWG sein, wenn sie objektiv richtig ist, ein beachtlicher Teil der angesprochenen Verkehrskreise mit ihr aber (gleichwohl) eine unrichtige Vorstellung verbindet (vgl. BGH, Urteil vom 23. Oktober 1997 - I ZR 98/95, GRUR 1998, 1043,
  295. 1044 = WRP 1998, 294 - GS-Zeichen; Bornkamm in Köhler/Bornkamm aaO § 5
  296. Rn. 2.70, jeweils mwN). Wie sich jedoch bereits aus den vorangegangenen
  297. Darlegungen (vgl. oben Rn. 22 bis 24) ergibt, erweckt die Beklagte dadurch,
  298. dass sie mit Kunden Vergütungsvereinbarungen schließt, bei diesen nicht den
  299. Eindruck, sie werde als Versicherungsmaklerin tätig. Da dieses Vertriebsmodell
  300. bisher bei der Vermittlung von Versicherungsprodukten durch Versicherungsvertreter ebenso unüblich ist wie bei der Vermittlung durch Versicherungsmakler, die ihre Vergütung regelmäßig ebenfalls vom Versicherer und nicht vom
  301. Versicherungsnehmer erhalten (vgl. dazu BGHZ 94, 356, 359; BGH, Urteil vom
  302. 20. Januar 2005 - III ZR 251/04, BGHZ 162, 67, 72; Urteil vom 20. Januar 2005
  303. - III ZR 207/04, VersR 2005, 404), kann nicht angenommen werden, der angesprochene Verbraucher sehe in dem Abschluss einer gesonderten Vergütungsvereinbarung einen Hinweis auf die Maklereigenschaft und den damit verbundenen Pflichtenkreis, insbesondere im Blick auf weitergehende Beratungspflichten bei der Auswahl der abzuschließenden Versicherung (vgl. Reiff, VersR
  304. 2012, 645, 652). Sonstige, über den bloßen Abschluss einer selbständigen
  305. Vergütungsvereinbarung hinausgehende Umstände, die eine Irreführung über
  306. - 16 -
  307. den Status oder die tatsächliche Vermittlungstätigkeit der Beklagten begründen
  308. könnten, hat die Klägerin nicht vorgetragen.
  309. 33
  310. III. Danach ist die Revision der Klägerin mit der Kostenfolge aus § 97
  311. Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.
  312. Bornkamm
  313. Pokrant
  314. Kirchhoff
  315. Schaffert
  316. Koch
  317. Vorinstanzen:
  318. LG Dessau-Roßlau, Entscheidung vom 14.10.2011 - 3 O 38/11 OLG Naumburg, Entscheidung vom 24.05.2012 - 9 U 218/11 (Hs) -