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303 lines
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1 year ago
  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. BESCHLUSS
  3. I ZB 21/18
  4. vom
  5. 8. November 2018
  6. in dem Verfahren
  7. auf Feststellung der Unzulässigkeit eines schiedsrichterlichen Verfahrens
  8. Nachschlagewerk:
  9. ja
  10. BGHZ:
  11. nein
  12. BGHR:
  13. ja
  14. ZPO § 1032 Abs. 2, § 1066
  15. a) Es ist zulässig, wenn sich ein Kläger im Hinblick auf eine Schiedsvereinbarung zunächst an ein Schiedsgericht wendet, jedoch vor dessen Konstituierung wegen an der Zuständigkeit des Schiedsgerichts bestehender Zweifel
  16. das staatliche Gericht mit dem Antrag auf Feststellung der Zulässigkeit oder
  17. Unzulässigkeit des schiedsrichterlichen Verfahrens gemäß § 1032 Abs. 2
  18. ZPO anruft.
  19. b) Eine in einem Testament angeordnete Schiedsklausel ist unwirksam, soweit
  20. ein Testamentsvollstrecker als Einzelschiedsrichter auch über Streitigkeiten
  21. zwischen den Erben und dem Testamentsvollstrecker entscheiden soll.
  22. BGH, Beschluss vom 8. November 2018 - I ZB 21/18 - OLG Frankfurt am Main
  23. ECLI:DE:BGH:2018:081118BIZB21.18.0
  24. -2-
  25. Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 8. November 2018
  26. durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Koch, die Richter Prof. Dr. Kirchhoff,
  27. Dr. Löffler sowie die Richterinnen Dr. Schwonke und Dr. Schmaltz
  28. beschlossen:
  29. Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main - 26. Zivilsenat - vom 21. März 2018 wird
  30. auf Kosten des Antragsgegners zurückgewiesen.
  31. Gegenstandswert: 5.000 €
  32. Gründe:
  33. 1
  34. I. Die Antragstellerin ist aufgrund notariell beurkundeten Testaments vom
  35. 24. Mai 2002 Alleinerbin ihres verstorbenen Ehemannes (nachfolgend: Erblasser). Im Testament ordnete der Erblasser Testamentsvollstreckung an. Als Testamentsvollstrecker setzte er den Antragsgegner ein.
  36. 2
  37. Das Testament enthält unter der Bezeichnung "Schiedsklausel" folgende
  38. Regelung:
  39. 16. Streitigkeiten der Erben, Ersatzerben, Vermächtnisnehmer, ErsatzVermächtnisnehmer untereinander oder mit dem Testamentsvollstrecker,
  40. welche sich bei der Durchführung dieses Testaments ergeben, sind unter
  41. Ausschluss der ordentlichen Gerichte durch einen Schiedsrichter als Einzelrichter zu entscheiden. Tatsachen kann er auch ohne Schiedsverfahren
  42. durch ein Schiedsgutachten feststellen. Soweit keine zwingenden Gesetze
  43. entgegenstehen, entscheiden Schiedsrichter und Schiedsgutachter prozess- und materiell-rechtlich nach freiem Ermessen.
  44. 17. Schiedsrichter und Schiedsgutachter sind die jeweiligen Testamentsvollstrecker für die Dauer ihres Amtes.
  45. -3-
  46. 3
  47. Der Antragsgegner nahm das Amt des Testamentsvollstreckers gegenüber dem Amtsgericht Schöneberg an, das ihm am 28. August 2014 ein Testamentsvollstreckerzeugnis erteilte. Er übt das Amt des Testamentsvollstreckers
  48. seitdem aus.
  49. 4
  50. Mit Schreiben vom 21. Juli 2017 forderte die Antragstellerin den Antragsgegner in seiner Eigenschaft als vom Erblasser berufenen Schiedsrichter auf,
  51. über seine Ablehnung als Schiedsrichter wegen der Besorgnis der Befangenheit zu entscheiden. In dem Schreiben erklärte die Antragstellerin zugleich die
  52. Anrufung des Schiedsgerichts zwecks Entscheidung über eine von ihr gegen
  53. den Testamentsvollstrecker erhobene Klage auf Rechnungslegung. In der Folgezeit änderte die Antragstellerin diese Klage in Schreiben an den Antragsgegner mehrfach, zuletzt am 13. November 2017.
  54. 5
  55. Unter dem 9. August 2017 wies der Antragsgegner die Antragstellerin
  56. darauf hin, dass er niemals erklärt habe, das Schiedsrichteramt in einer Auseinandersetzung mit ihr ausüben zu wollen.
  57. 6
  58. Die Antragstellerin ist der Ansicht, der Antragsgegner habe mit Annahme
  59. des Amtes des Testamentsvollstreckers konkludent auch das ihm vom Erblasser angetragene Amt des Schiedsrichters angenommen, von dem er trotz Aufforderung nicht zurückgetreten sei.
  60. 7
  61. Mit ihren Hauptanträgen hat die Antragstellerin vor dem Oberlandesgericht die Feststellung der Beendigung des Schiedsrichteramtes des Antragsgegners und die Bestellung eines Ersatzschiedsrichters durch das Oberlandesgericht beantragt. Hilfsweise hat die Antragstellerin die Feststellung beantragt,
  62. dass die in dem Testament vom 24. Mai 2002 enthaltene Schiedsklausel, wonach Streitigkeiten zwischen Erben und dem Testamentsvollstrecker unter Ausschluss der ordentlichen Gerichte durch einen Schiedsrichter als Einzelrichter
  63. zu entscheiden sind, unwirksam ist.
  64. -4-
  65. 8
  66. Nach der Begründung dieses Hilfsantrags hat die Antragstellerin damit
  67. die Feststellung einer Unwirksamkeit der testamentarischen Schiedsanordnung
  68. beantragt, soweit diese die Entscheidungsbefugnis eines Schiedsgerichts für
  69. Streitigkeiten zwischen den Erben und dem Testamentsvollstrecker begründet.
  70. 9
  71. Das Oberlandesgericht hat die Hauptanträge der Antragstellerin als unzulässig verworfen und ihrem Hilfsantrag in folgender Fassung stattgegeben:
  72. Es wird festgestellt, dass das von der Antragstellerin eingeleitete schiedsrichterliche Verfahren in Bezug auf die mit Schriftsatz der Antragstellerin an den Antragsgegner vom 13. November 2017 geänderte Klage unzulässig ist.
  73. 10
  74. Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des Antragsgegners.
  75. 11
  76. II. Das Oberlandesgericht hat angenommen, der als Antrag auf Feststellung der Unzulässigkeit des schiedsrichterlichen Verfahrens auszulegende
  77. Hilfsantrag sei gemäß § 1032 Abs. 2 ZPO statthaft und zulässig. Für den Antrag
  78. nach § 1032 Abs. 2 ZPO genüge ein auf eine konkrete Streitigkeit bezogenes
  79. rechtlich schützenswertes Interesse, die Zulässigkeit oder Unzulässigkeit eines
  80. Schiedsverfahrens feststellen zu lassen. Der Antragsgegner habe sich nicht zur
  81. Frage der Zulässigkeit eines schiedsrichterlichen Verfahrens oder eines Verfahrens vor den ordentlichen Gerichten erklärt. Deshalb sei die Antragstellerin auf
  82. die Feststellung der Unzulässigkeit eines schiedsrichterlichen Verfahrens angewiesen, um auszuschließen, dass der Antragsgegner sich im Fall der Anrufung eines ordentlichen Gerichts erfolgreich auf die Einrede einer testamentarischen Schiedsanordnung gemäß § 1066 ZPO in Verbindung mit § 1032 Abs. 2
  83. ZPO berufen könne. Der Hilfsantrag sei auch begründet, weil die Antragstellerin
  84. mit der geänderten Klage gegen den Antragsgegner Ansprüche geltend mache,
  85. für die eine testamentarische Schiedsanordnung des Erblassers die Zuständigkeit eines Schiedsgerichts nicht wirksam begründen könne, da sich die Ansprüche auf Verpflichtungen des Antragsgegners als Testamentsvollstrecker bezögen. Die testamentarische Schiedsanordnung könne auch nicht teilweise für
  86. -5-
  87. von § 2220 BGB nicht erfasste, weniger bedeutsame Verpflichtungen des Testamentsvollstreckers aufrechterhalten bleiben.
  88. 12
  89. III. Die Rechtsbeschwerde ist statthaft (§ 1065 Abs. 1 Satz 1, § 1062
  90. Abs. 1 Nr. 2 Fall 1 ZPO) und auch sonst zulässig. Im Ergebnis ist sie jedoch
  91. unbegründet.
  92. 13
  93. 1. Der Antrag auf Feststellung der Unzulässigkeit des schiedsrichterlichen Verfahrens gemäß § 1032 Abs. 2 ZPO ist entgegen der Ansicht der
  94. Rechtsbeschwerde statthaft und zulässig.
  95. 14
  96. a) Nach § 1032 Abs. 2 ZPO kann beim Oberlandesgericht bis zur Bildung
  97. des Schiedsgerichts Antrag auf Feststellung der Zulässigkeit oder Unzulässigkeit eines schiedsrichterlichen Verfahrens gestellt werden. Der Zulässigkeit dieses Antrags steht im Streitfall nicht entgegen, dass die Antragstellerin mit
  98. Schreiben vom 21. Juli 2017 das testamentarisch eingesetzte Schiedsgericht
  99. zwecks Entscheidung über die zuletzt mit Schreiben vom 13. November 2017
  100. geänderte Klage angerufen hat.
  101. 15
  102. b) Beiden Parteien eines möglichen Schiedsverfahrens gestattet § 1032
  103. Abs. 2 ZPO die schnelle Klärung der Zulässigkeit oder Unzulässigkeit des
  104. schiedsrichterlichen Verfahrens durch das staatliche Gericht. Das für diesen
  105. Antrag erforderliche Rechtsschutzbedürfnis ergibt sich regelmäßig bereits aus
  106. der möglichen Parteistellung in dem schiedsrichterlichen Verfahren. Dabei stehen positive und negative Feststellungsklage für beide Parteien zur Wahl.
  107. 16
  108. c) Unzulässig ist der Antrag nach § 1032 Abs. 2 ZPO allerdings dann,
  109. wenn er auf einem mit Treu und Glauben unvereinbaren, widersprüchlichen
  110. Verhalten des Antragstellers beruht (BGH, Beschluss vom 16. März 2017
  111. - I ZB 49/16, SchiedsVZ 2018, 37 Rn. 32 bis 36 mwN). Das ist im Streitfall entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde indes nicht der Fall.
  112. -6-
  113. 17
  114. aa) Ein widersprüchliches Verhalten liegt regelmäßig vor, wenn eine Partei in dem Verfahren vor dem staatlichen Gericht geltend macht, nicht das staatliche, sondern das Schiedsgericht sei zuständig, sich später im schiedsrichterlichen Verfahren jedoch darauf beruft, es sei doch das staatliche Gericht zuständig. Ein solches gegensätzliches Verhalten einer Partei läuft auf den Versuch
  115. hinaus, dem Gegner in jeder der beiden Verfahrensarten den Rechtsschutz abzuschneiden und ihn damit praktisch rechtlos zu stellen (BGH, Beschluss vom
  116. 30. April 2009 - III ZB 91/07, SchiedsVZ 2009, 287 Rn. 9). Dasselbe gilt im umgekehrten Fall, wenn der Beklagte im Schiedsverfahren die Zuständigkeit des
  117. staatlichen Gerichts geltend macht und später vor dem staatlichen Gericht die
  118. Schiedseinrede erhebt (BGH, Urteil vom 20. Mai 1968 - VII ZR 80/67, BGHZ 50,
  119. 191, 196 f. [juris Rn. 25]). Treuwidrig handelt auch, wer arglistig selbst das
  120. Schiedsgericht angerufen hat und sich auf die Ungültigkeit des Schiedsverfahrens beruft, nachdem ein Schiedsspruch zu seinen Ungunsten ergangen ist,
  121. oder wer als Kläger vor dem staatlichen Gericht nach Erfolglosigkeit der verspäteten Schiedseinrede des Beklagten gegen eine zur Aufrechnung gestellte Gegenforderung aus demselben Vertrag die Schiedsgerichtsvereinbarung geltend
  122. macht (vgl. RG, HRR 1931, 1489; OLG München, MDR 1981, 766; Schwab/
  123. Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, 7. Aufl., Kap. 7 Rn. 4).
  124. 18
  125. bb) Der Streitfall liegt anders als diese Fallgruppen. Der Antragstellerin
  126. geht es nicht um die Vereitelung effektiven Rechtsschutzes, sondern darum,
  127. ihre Klage auf dem richtigen Weg zu verfolgen. Sie will entsprechend dem
  128. Zweck des § 1032 Abs. 2 ZPO als klagende Partei in dem möglichen Schiedsverfahren die Zulässigkeit des schiedsrichterlichen Verfahrens geklärt wissen.
  129. Dafür ist es unerheblich, ob sie ihren Antrag positiv (Feststellung der Zuständigkeit) oder negativ (Feststellung der Unzuständigkeit) formuliert. Es stellt ein
  130. prozessual zulässiges und im Einklang mit dem Ziel zügiger Verfahrensführung
  131. stehendes Verhalten dar, wenn ein Kläger sich im Hinblick auf eine Schiedsvereinbarung zunächst an ein Schiedsgericht wendet, jedoch vor dessen Konstitu-
  132. -7-
  133. ierung wegen an der Zuständigkeit des Schiedsgerichts bestehender Zweifel
  134. das staatliche Gericht mit dem Antrag auf Feststellung der Zulässigkeit oder
  135. Unzulässigkeit des schiedsrichterlichen Verfahrens gemäß § 1032 Abs. 2 ZPO
  136. anruft. Ein widersprüchliches Verhalten liegt darin nicht. In der Anrufung des
  137. Schiedsgerichts kann kein Verzicht darauf erkannt werden, vor dem staatlichen
  138. Gericht die Unzuständigkeit des Schiedsgerichts geltend zu machen, so dass
  139. dem Kläger in dem möglichen Schiedsverfahren nur noch ein Antrag auf Feststellung der Zulässigkeit des Schiedsverfahrens bliebe.
  140. 19
  141. c) Anders als die Rechtsbeschwerde ausführt, kann die Antragstellerin
  142. nicht darauf verwiesen werden, gegen den Antragsgegner eine Klage vor einem
  143. ordentlichen Gericht zu erheben, so dass dieses im Fall der Erhebung einer
  144. Schiedseinrede durch den Antragsgegner gemäß § 1032 Abs. 1 ZPO zu prüfen
  145. hätte, ob die Schiedsvereinbarung wirksam und durchführbar ist. Es stand der
  146. Antragstellerin vielmehr frei, entsprechend dem Wortlaut des Testaments zunächst das Schiedsgericht anzurufen, dessen Zuständigkeit aber einer Prüfung
  147. durch das staatliche Gericht gemäß § 1032 Abs. 2 ZPO zu unterziehen.
  148. 20
  149. 2. Die Beurteilung des Oberlandesgerichts, das von der Antragstellerin
  150. eingeleitete schiedsrichterliche Verfahren sei in Bezug auf die mit Schriftsatz
  151. der Antragstellerin an den Antragsgegner vom 13. November 2017 geänderte
  152. Klage unzulässig, hält rechtlicher Nachprüfung im Ergebnis stand.
  153. 21
  154. a) Nach § 1066 ZPO gelten für Schiedsgerichte, die in gesetzlich statthafter Weise durch letztwillige oder andere nicht auf Vereinbarung beruhende
  155. Verfügungen angeordnet werden, die Vorschriften der Zivilprozessordnung über
  156. das schiedsrichterliche Verfahren entsprechend. Ein Schiedsgericht ist nur
  157. dann in gesetzlich statthafter Weise errichtet, wenn diese Anordnung in der Verfügungsmacht des Erblassers liegt (BGH, SchiedsVZ 2018, 37 Rn. 20, 22; Beschluss vom 17. Mai 2017 - IV ZB 25/16, BGHZ 215, 109 Rn. 12). Die materiellrechtliche Verfügungsbefugnis des Erblassers findet ihre Grenze unter anderem
  158. -8-
  159. in § 2220 BGB, wonach der Erblasser nicht das Recht hat, den Testamentsvollstrecker von den ihm nach den §§ 2215, 2216, 2218 und 2219 BGB obliegenden Verpflichtungen zu befreien. Hierbei handelt es sich um die grundlegenden
  160. Verpflichtungen des Testamentsvollstreckers zur Erstellung eines Nachlassverzeichnisses (§ 2215 BGB), zur ordnungsgemäßen Verwaltung des Nachlasses
  161. (§ 2216 BGB), zur Auskunft und zur Rechnungslegung (§ 2218 BGB) sowie zur
  162. Haftung (§ 2219 BGB). Daraus folgt weiter, dass auch Streitigkeiten über die
  163. Entlassung eines Testamentsvollstreckers in einer letztwilligen Verfügung nicht
  164. einseitig durch den Erblassers unter Ausschluss der staatlichen Gerichtsbarkeit
  165. einem Schiedsgericht zugewiesen werden können (BGHZ 215, 109 Rn. 11, 13).
  166. 22
  167. b) In Anwendung dieser Grundsätze hat das Berufungsgericht fehlerfrei
  168. ausgeführt, die im Testament des Erblassers vom 24. Mai 2002 enthaltene
  169. Schiedsklausel sei in Bezug auf die mit ihr pauschal angeordnete Zuständigkeit
  170. eines Schiedsgerichts für Streitigkeiten zwischen den Erben und dem Testamentsvollstreckers offensichtlich wirkungslos, weil die Anordnung auch die in
  171. den §§ 2215, 2216, 2218 und 2219 BGB geregelten grundlegenden Verpflichtungen des Testamentsvollstreckers betreffe.
  172. 23
  173. c) Ohne Erfolg macht die Rechtsbeschwerde geltend, die testamentarische Schiedsanordnung hätte jedenfalls in Bezug auf von § 2220 BGB nicht
  174. erfasste, weniger bedeutsame Streitigkeiten zwischen den Erben und dem Testamentsvollstrecker teilweise aufrechterhalten werden können, so dass das Berufungsgericht für jeden einzelnen mit der geänderten Schiedsklage geltend
  175. gemachten Antrag hätte prüfen müssen, ob sein Gegenstand von der materiellen Verfügungsbefugnis des Erblassers erfasst sei.
  176. 24
  177. Die testamentarische Schiedsanordnung kann in Bezug auf Streitigkeiten
  178. zwischen den Erben und dem Testamentsvollstrecker auch nicht teilweise für
  179. von § 2220 BGB nicht erfasste, weniger bedeutsame Verpflichtungen des Testamentsvollstreckers aufrechterhalten werden. Es kann dahinstehen, ob - wie
  180. -9-
  181. das Oberlandesgericht angenommen hat - dieses Ergebnis sich unter Berücksichtigung der in Nr. 18 Satz 2 des Testaments enthaltenen salvatorischen
  182. Klausel und einer möglicherweise in Betracht kommenden, entsprechenden
  183. Anwendung von § 2085 BGB im Hinblick auf Sinn und Zweck der die gesamte
  184. Tätigkeit des Testamentsvollstreckers erfassenden Schiedsanordnung ergibt,
  185. die einer zwischen den ordentlichen Gerichten einerseits und einem Schiedsgericht andererseits gespaltenen Zuständigkeit für Streitigkeiten zwischen den
  186. Erben und dem Testamentsvollstrecker entgegenstehen könnte. Jedenfalls
  187. steht jeglicher Anwendung der testamentarischen Schiedsanordnung in Bezug
  188. auf Streitigkeiten zwischen den Erben und dem Testamentsvollstrecker im
  189. Streitfall zwingend entgegen, dass nach Nr. 17 des Testaments der Testamentsvollstrecker selbst als Einzelschiedsrichter berufen ist.
  190. 25
  191. Ein Schiedsverfahren über Streitigkeiten zwischen den Erben und dem
  192. Testamentsvollstrecker kommt schon aus elementaren Grundsätzen des Verfahrensrechts nicht in Betracht, wenn der Testamentsvollstrecker darüber selbst
  193. als Einzelschiedsrichter entscheiden soll. Der Grundsatz, dass niemand in eigener Sache Richter sein kann, gehört zu den Grundprinzipien des Rechtsstaats; insoweit ist es Wesen jeder richterlichen Tätigkeit, dass sie von einem
  194. nichtbeteiligten Dritten in sachlicher und persönlicher Unabhängigkeit ausgeübt
  195. wird (vgl. nur BVerfGE 3, 377, 381 [juris Rn. 14]; 67, 65, 68 [juris Rn. 10]). Das
  196. Verbot des Richtens in eigener Sache, das im gerichtlichen Verfahren Ausschlussgrund für die Ausübung des Richteramts ist (§ 41 Nr. 1 ZPO), gilt auch
  197. für das schiedsrichterliche Verfahren (BGH, Beschluss vom 28. März 2012
  198. - III ZB 63/10, BGHZ 193, 38 Rn. 6; Beschluss vom 11. Oktober 2017
  199. - I ZB 12/17, SchiedsVZ 2018, 271 Rn. 16; MünchKomm.ZPO/Münch aaO
  200. § 1066 Rn. 7).
  201. - 10 -
  202. 26
  203. Soweit nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs die Zuständigkeit eines Schiedsgerichts im Rahmen der eigenen materiellen Verfügungsbefugnis des Erblassers, also insbesondere unter Beachtung von § 2220 BGB und
  204. ohne Erfassung der Entlassung des Testamentsvollstreckers gemäß § 2227
  205. BGB, erwogen werden könnte, kommen dafür von vornherein allein Schiedsvereinbarungen in Betracht, bei denen nicht der Testamentsvollstrecker zum
  206. Schiedsrichter berufen ist (vgl. BGHZ 215, 109 Rn. 1, 12 f.; Schiedsgericht für
  207. Erbstreitigkeiten e.V.). Danach kommt entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde eine Zuständigkeit des Testamentsvollstreckers als Einzelschiedsrichter auch nicht hinsichtlich des Antrags 5 zur Schiedsklage in Betracht, mit
  208. dem die Herausgabe eines Hausschlüssels und einer Security-Card an die Antragstellerin begehrt wird, auch wenn diese Herausgabe von der materiellen
  209. Verfügungsbefugnis des Erblassers umfasst sein mochte.
  210. 27
  211. d) Soweit der Testamentsvollstrecker in Streitigkeiten der Erben, Ersatzerben, Vermächtnisnehmer und Ersatz-Vermächtnisnehmer untereinander nicht
  212. selbst Partei ist, kann er als Einzelschiedsrichter tätig werden, so dass die
  213. Schiedsklausel in Nr. 16 des Testaments in diesem Umfang wirksam ist.
  214. - 11 -
  215. 28
  216. IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
  217. Koch
  218. Kirchhoff
  219. Schwonke
  220. Löffler
  221. Schmaltz
  222. Vorinstanz:
  223. OLG Frankfurt am Main, Entscheidung vom 21.03.2018 - 26 SchH 4/17 -