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378 lines
18 KiB

1 year ago
  1. 5 StR 371/07
  2. BUNDESGERICHTSHOF
  3. IM NAMEN DES VOLKES
  4. URTEIL
  5. vom 7. November 2007
  6. in der Strafsache
  7. gegen
  8. wegen gewerbsmäßiger Steuerhehlerei u. a.
  9. -2-
  10. Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 7. November 2007, an der teilgenommen haben:
  11. Richterin Dr. Gerhardt
  12. als Vorsitzende,
  13. Richter Dr. Raum,
  14. Richter Dr. Brause,
  15. Richter Schaal,
  16. Richter Prof. Dr. Jäger
  17. als beisitzende Richter,
  18. Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof
  19. als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
  20. Rechtsanwalt
  21. als Verteidiger,
  22. Justizangestellte
  23. als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,
  24. -3-
  25. für Recht erkannt:
  26. 1. Auf die Revision des Angeklagten P.
  27. wird das Urteil
  28. des Landgerichts Mühlhausen vom 16. März 2007, soweit
  29. es diesen Angeklagten betrifft,
  30. a) im Fall II. 2. 1. der Urteilsgründe aufgehoben; insoweit
  31. wird der Angeklagte auf Kosten der Staatskasse freigesprochen; dieser werden die ihm hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen auferlegt,
  32. b) im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte
  33. P.
  34. in vier Fällen der gewerbsmäßigen Steuerhehle-
  35. rei sowie in drei Fällen der versuchten gewerbsmäßigen Steuerhehlerei in Tateinheit mit Beihilfe zur Steuerhinterziehung schuldig ist,
  36. c) in den Einzelstrafaussprüchen in den Fällen II. 2. 3.,
  37. II. 2. 4. und II. 2. 6. der Urteilsgründe sowie im Ausspruch über die Gesamtstrafe aufgehoben.
  38. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die weiteren Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
  39. 3. Die weitergehende Revision wird verworfen.
  40. – Von Rechts wegen –
  41. -4-
  42. Gründe
  43. 1
  44. Das Landgericht hat den Angeklagten P.
  45. wegen gewerbsmäßiger
  46. Steuerhehlerei in acht Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren
  47. verurteilt. Die zuletzt nur noch auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten gegen dieses Urteil hat den aus dem Tenor ersichtlichen Teilerfolg. Seine weitergehende Revision bleibt ohne Erfolg.
  48. I.
  49. 2
  50. Das Landgericht hat im Wesentlichen folgende Feststellungen und
  51. Wertungen getroffen:
  52. 3
  53. Der Angeklagte P.
  54. wollte sich im Zeitraum von Ende August 2004
  55. bis Dezember 2004 von einem polnischen und weiteren unbekannt gebliebenen Lieferanten in acht Fällen große Mengen unverzollter und unversteuerter
  56. Zigaretten verschaffen. Hierbei handelte es sich um Zigaretten, die zuvor
  57. ohne Gestellung und Anmeldung von der Ukraine nach Polen in das Zollgebiet der Europäischen Gemeinschaft verbracht worden waren. Die Zigaretten, je Lieferung zwischen 180.000 und 250.000 Stück, wollte der Angeklagte
  58. gewinnbringend an eigene Abnehmer weiterveräußern. Auf den Zigaretten
  59. lasteten Zoll, Einfuhrumsatzsteuer und Tabaksteuer in Höhe von insgesamt
  60. rund 307.000 Euro.
  61. 4
  62. 1. Nur in vier Fällen (Fälle II. 2. 5. sowie II. 2. 7. bis 2. 9. der Urteilsgründe) konnte der Angeklagte die auf seine Weisung auf den Hof eines
  63. Asia-Imbisses in der H.
  64. –J.
  65. –A.
  66. in Magdeburg gelieferten Zigaret-
  67. tenladungen übernehmen. In den übrigen Fällen kam es zu keiner Übergabe:
  68. 5
  69. a) Im Fall II. 2. 1. der Urteilsgründe scheiterten bereits die Kaufverhandlungen des Angeklagten mit seinem polnischen Lieferanten T.
  70. . Die-
  71. ser hatte zur Bedingung der Lieferung gemacht, dass die Abnehmer des An-
  72. -5-
  73. geklagten feststünden. Dem Angeklagten gelang es allerdings nicht, dem
  74. Lieferanten einen Abnehmer zu nennen, weil der ihm aus früheren Zigarettengeschäften bekannte Geschäftspartner L. ihm wahrheitswidrig mitteilte, er
  75. könne die Zigarettenladung nicht abnehmen. L. wollte indes die Zigaretten
  76. ohne Zwischenschaltung des Angeklagten erwerben und wandte sich daher
  77. unmittelbar an T.
  78. . Dieser lieferte ohne Wissen des Angeklagten die Ziga-
  79. retten von Polen nach Deutschland direkt zum Abnehmer L..
  80. 6
  81. b) Im Fall II. 2. 3. der Urteilsgründe einigte sich der Angeklagte mit T.
  82. über die Lieferung von 250.000 Zigaretten, die wie in der ganz überwiegenden Mehrzahl der Fälle auch in die H.
  83. –J.
  84. –A.
  85. an den vom An-
  86. geklagten regelmäßig benutzten Lieferort erfolgen sollte. Bevor sie jedoch
  87. dorthin geliefert werden konnten, wurden sie nach dem Verbringen nach
  88. Deutschland von unbekannt gebliebenen Dritten gestohlen.
  89. 7
  90. c) Im Fall II. 2. 4. der Urteilsgründe wurden die Zigaretten, über deren
  91. Transport an seine übliche Lieferadresse sich der Angeklagte wiederum erfolgreich mit seinem polnischen Lieferanten geeinigt hatte, nach dem
  92. Verbringen von Polen nach Deutschland in Seelow von der Polizei beschlagnahmt.
  93. 8
  94. d) Im Fall II. 2. 6. der Urteilsgründe sollten die Zigaretten auf Weisung
  95. des Angeklagten von einem unbekannt gebliebenen Lieferanten direkt an
  96. zwei Abnehmer des Angeklagten in eine Scheune nahe Schwanebeck geliefert werden. Die beiden Abnehmer begaben sich zwar zu dem vereinbarten
  97. Übergabeplatz; jedoch wurden die Zigaretten vor der geplanten Übergabe
  98. von Mitarbeitern des Zollfahndungsamts beschlagnahmt.
  99. 9
  100. 2. Das Landgericht hat die Fälle, in denen der Angeklagte die Zigaretten erhielt, als gewerbsmäßige Steuerhehlerei in der Tatbestandsvariante
  101. des Ankaufens (§ 374 AO) gewertet. Auch soweit die Lieferungen gescheitert
  102. waren, hat das Landgericht den Angeklagten wegen vollendeter gewerbs-
  103. -6-
  104. mäßiger Steuerhehlerei verurteilt: Zwar liege insoweit kein Ankaufen vor, weil
  105. die Ware den Angeklagten bzw. im Fall II. 2. 6. der Urteilsgründe seine Abnehmer nicht erreicht habe. Der Angeklagte habe sich aber auch in diesen
  106. Fällen jeweils nach Abnehmern umgesehen und deshalb das Tatbestandsmerkmal der Absatzhilfe erfüllt. Absatzhilfe sei jede unterstützende Tätigkeit
  107. zum Zwecke des Absatzes, ohne dass es darauf ankomme, ob der Absatz
  108. letztlich erfolgreich sei.
  109. II.
  110. 10
  111. Die Revision des Angeklagten hat teilweise Erfolg.
  112. 11
  113. 1. Die Urteilsfeststellungen tragen in den Fällen II. 2. 1., 2. 3., 2. 4. und
  114. 2. 6. der Urteilsgründe, in denen eine Übergabe an den Angeklagten nicht
  115. erfolgte, eine Verurteilung wegen gewerbsmäßiger Steuerhehlerei nicht.
  116. 12
  117. a) Im Fall II. 2. 1. der Urteilsgründe ist der Angeklagte aus rechtlichen
  118. Gründen freizusprechen.
  119. 13
  120. aa) Die gescheiterten Vertragsverhandlungen des Angeklagten mit
  121. seinem polnischen Lieferanten T.
  122. erfüllen den Tatbestand der Steuerheh-
  123. lerei (§ 374 AO) nicht.
  124. 14
  125. (1) Der Angeklagte hat für seinen Lieferanten keine Absatzhilfe geleistet. Vielmehr handelte er als sogenannter Zwischenhehler auf eigene Rechnung und nicht im Interesse seines Lieferanten. Das Merkmal der Absatzhilfe
  126. erfasst indes nur diejenigen Handlungen, mit denen der Hehler sich an den
  127. Absatzbemühungen des Vortäters oder eines Zwischenhehlers in dessen
  128. Interesse und auf dessen Weisung unselbständig beteiligt (Kohlmann, Steuerstrafrecht 29. Lfg. September 2001 § 374 AO Rdn. 53; Voß in Franzen/Gast/Joecks, Steuerstrafrecht 6. Aufl. § 374 AO Rdn. 21; Senge in
  129. -7-
  130. Erbs/Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze 153. Ergänzungslieferung AO
  131. § 374 Rdn. 20).
  132. (2) Der Angeklagte hat sich die Zigaretten auch nicht „verschafft“.
  133. 15
  134. Zwar sind sie in den Besitz seines Geschäftspartners L. gelangt, an den der
  135. Angeklagte die Zigaretten hätte weiterverkaufen wollen, wenn sie an ihn geliefert worden wären. Ein „Sichverschaffen“ im Sinne des § 374 Abs. 1 AO
  136. setzt jedoch das Erlangen eigener Verfügungsgewalt voraus (Senge aaO
  137. Rdn. 14; Kohlmann aaO Rdn. 44; Voß aaO Rdn. 18). Daran fehlt es hier. Der
  138. Angeklagte erlangte zu keinem Zeitpunkt Verfügungsgewalt über die Zigaretten.
  139. 16
  140. bb) Die Urteilsfeststellungen bilden auch keine tragfähige Grundlage
  141. für eine Verurteilung des Angeklagten wegen versuchter Steuerhehlerei gemäß §§ 374, 370 Abs. 2 AO. Mit Aufnahme der (letztendlich gescheiterten)
  142. Kaufvertragsverhandlungen hat der Angeklagte hier zur Verwirklichung des
  143. Tatbestandes noch nicht unmittelbar angesetzt (§ 22 StGB).
  144. 17
  145. (1) Nach den allgemeinen Grundsätzen zur Abgrenzung strafloser
  146. Vorbereitungshandlungen vom strafbaren Versuch liegt ein unmittelbares
  147. Ansetzen bei solchen Gefährdungshandlungen vor, die nach der Tätervorstellung in ungestörtem Fortgang unmittelbar zur Tatbestandserfüllung führen
  148. oder mit ihr in einem unmittelbar räumlichen und zeitlichen Zusammenhang
  149. stehen. Dies ist insbesondere der Fall, wenn der Täter subjektiv die Schwelle
  150. zum „jetzt geht es los“ überschreitet, es eines weiteren Willensimpulses nicht
  151. mehr bedarf und er objektiv zur tatbestandsmäßigen Angriffshandlung ansetzt, so dass sein Tun ohne Zwischenakte in die Erfüllung des Tatbestandes
  152. übergeht. Dabei ist im Einzelfall bei der Abgrenzung in wertender Betrachtung auf die strukturellen Besonderheiten der jeweiligen Tatbestände Bedacht zu nehmen (st. Rspr.; vgl. BGHR AO § 373 Versuch 1 m.w.N.).
  153. -8-
  154. 18
  155. (2) Danach gilt für das Delikt der Steuerhehlerei, dass auch der Eintritt
  156. in Kaufverhandlungen ein unmittelbares Ansetzen zur Verwirklichung des
  157. Tatbestandsmerkmals des Ankaufens darstellen kann. Dies ist aber nur dann
  158. der Fall, wenn sich die Übergabe der Waren oder Erzeugnisse an den Käufer
  159. sofort anschließen kann und soll, sobald eine Einigung über den Kaufpreis
  160. zustandegekommen ist, und die Verhandlung so der Verschaffung der Verfügungsgewalt unmittelbar vorgelagert ist (vgl. Kohlmann aaO Rdn. 64; Engelhardt in Hübschmann/Hepp/Spitaler AO, 131. Lfg. Oktober 1990 Rdn. 71; zu
  161. § 259 StGB; Stree in Schönke/Schröder, StGB 27. Aufl. § 259 Rdn. 51; Ruß
  162. in LK 11. Aufl. § 259 Rdn. 40; vgl. auch BGHSt 21, 267, 268; BGHR StGB
  163. § 259 Abs. 1 Sichverschaffen 4 und BGH, Urteil vom 10. November 1970
  164. – 1 StR 366/70 bei Dallinger MDR 1971, 546). Wenn aber – wie hier – bei
  165. telefonischen Vertragsverhandlungen die Ware nicht unmittelbar an den Käufer übergeben werden kann, scheidet eine unmittelbare Einleitung des Übertragungsaktes jedenfalls solange aus, wie noch keine Einigung über Zeit und
  166. Ort der Lieferung erfolgt ist. Im vorliegenden Fall waren die Verhandlungen
  167. bereits gescheitert, bevor ein Empfänger und ein Lieferort bestimmt werden
  168. konnten.
  169. 19
  170. cc) Der Angeklagte ist in diesem Fall auch nicht der Beihilfe zur Steuerhinterziehung schuldig.
  171. 20
  172. (1) Die hier in einer Steuerhinterziehung bestehende Vortat, bei der
  173. jedenfalls Zoll und polnische Einfuhrumsatzsteuer als von § 374 Abs. 2 AO
  174. erfasste Einfuhrabgaben verkürzt wurden (§ 370 Abs. 1, Abs. 6 Satz 1,
  175. Abs. 7 AO), war bereits vor dem Tätigwerden des Angeklagten abgeschlossen. Die Zigaretten, hinsichtlich deren diese Abgaben schon bei der Einfuhr
  176. aus einem nicht der Europäischen Union angehörenden Staat nach Polen
  177. hinterzogen worden waren, wurden zunächst in Polen gelagert. Damit waren
  178. sie dort „zur Ruhe gekommen“, bevor die Verkaufsverhandlungen mit den in
  179. Deutschland ansässigen Abnehmern aufgenommen wurden (vgl. BGH
  180. -9-
  181. wistra 2007, 224, 225 f.). Eine Beihilfe nach Beendigung der Tat ist nicht
  182. möglich.
  183. 21
  184. (2) Auch eine Beihilfe zur Hinterziehung der deutschen Tabaksteuer,
  185. die beim Verbringen der Zigaretten von Polen nach Deutschland entstanden
  186. ist (§ 19 TabStG, vgl. dazu BGH aaO S. 227 m.w.N.), liegt nicht vor. Der Angeklagte handelte nicht mit Teilnahmevorsatz hinsichtlich der tatsächlich
  187. durchgeführten Haupttat; er wollte mit seinem Telefonanruf bei seinem Geschäftspartner L. kein Zigarettengeschäft fördern, an dem er selbst nicht beteiligt war. Eine strafbare Beihilfe kommt aber nur in Betracht, wenn der Hilfeleistende die Haupttat in ihren wesentlichen Merkmalen kennt und weiß, dass
  188. er durch sein Verhalten das Vorhaben der Haupttäter fördert (BGHR StGB
  189. § 27 Abs. 1 Vorsatz 2, 9; Cramer/Heine in Schönke/Schröder aaO § 27
  190. Rdn. 19; Joecks in MünchKomm-StGB § 27 Rdn. 75 ff.; jeweils m.w.N.).
  191. Zwar genügt auch bei der Beihilfe für eine Strafbarkeit bedingter Vorsatz.
  192. Dieser liegt – in Abgrenzung zur bewussten Fahrlässigkeit – dann vor, wenn
  193. der Gehilfe bei seiner Unterstützungshandlung nach dem ihm bekannten
  194. Grad der Wahrscheinlichkeit des Erfolgseintritts nicht mehr auf dessen Ausbleiben vertrauen kann (BGH StV 1985, 100 m.w.N.). So verhält es sich hier
  195. indes nicht. Vielmehr ging der Angeklagte davon aus, dass die Verhandlungen mit dem Lieferanten endgültig gescheitert waren und der Lieferant sich
  196. andere, von den Geschäftsbeziehungen des Angeklagten unabhängige Absatzwege suchen würde. In dem im Ergebnis erfolglosen Angebot des Angeklagten, dem Lieferanten Zigaretten abzukaufen, liegt damit lediglich der
  197. straflose fehlgeschlagene Versuch einer Beihilfe zur Steuerhinterziehung.
  198. 22
  199. b) In den Fällen II. 2. 3. und 2. 4. der Urteilsgründe hält die Annahme
  200. einer vollendeten Absatzhilfe aus den bereits genannten Gründen der rechtlichen Nachprüfung ebenfalls nicht stand. Der Angeklagte hat sich jedoch in
  201. diesen Fällen jeweils wegen versuchter gewerbsmäßiger Steuerhehlerei in
  202. Tateinheit mit Beihilfe zur Steuerhinterziehung strafbar gemacht. Der Senat
  203. ändert den Schuldspruch entsprechend ab. Die Vorschrift des § 265 StPO
  204. - 10 -
  205. steht dem auch bezüglich der Beihilfe zur Steuerhinterziehung nicht entgegen. Der Senat schließt aus, dass sich der Angeklagte gegen die Änderung
  206. des rechtlichen Gesichtspunktes wirksamer als geschehen hätte verteidigen
  207. können.
  208. 23
  209. aa) Der Angeklagte ist in diesen Fällen – entgegen der Auffassung
  210. des Generalbundesanwalts und der Verteidigung – der versuchten gewerbsmäßigen Steuerhehlerei schuldig.
  211. 24
  212. Die Urteilsfeststellungen belegen, dass sich der Angeklagte mit seinem polnischen Lieferanten über den Ankauf und die Abnahme der Zigaretten einigte und der Lieferant die Zigaretten absprachegemäß auf den Weg zu
  213. dem vom Angeklagten bestimmten und als Übergabeort regelmäßig benutzten Hof brachte. Hierin liegt ein unmittelbares Ansetzen zur Tatbestandsverwirklichung und damit ein Versuch des Ankaufens als Unterfall des Sichverschaffens. Nach dem Tatplan des Angeklagten sollte der Übertragungsakt
  214. durch Beginn der Lieferung unmittelbar nach Einigung mit dem Lieferanten
  215. eingeleitet werden (vgl. zu § 259 StGB OLG Koblenz VRS 64, 22, 24; zu § 29
  216. Abs. 1 BtMG vgl. auch BayObLG NStZ 1984, 320). Mit der Ausführung der
  217. Lieferung an die Lieferadresse des Angeklagten begann die Verschiebung
  218. der Waren. Mit dem Eintreffen der Zigaretten dort wären sie für den Angeklagten verfügbar gewesen. Darin liegt der Unterschied zur bloßen Einigung
  219. über die Abnahme bestimmter Waren (vgl. BGHR StGB § 259 Abs. 1 Sichverschaffen 4). Bereits der Beginn der Lieferung konnte die Aufdeckung der
  220. Vortat und damit die Erhebung der verkürzten Einfuhrabgaben erschweren.
  221. Die Lieferung an den Angeklagten diente folglich auch der Aufrechterhaltung
  222. eines vom Vortäter geschaffenen steuerrechtswidrigen Zustands, der nach
  223. der Vorstellung des Gesetzgebers mit der Strafnorm des § 374 AO bekämpft
  224. werden soll (vgl. BGHSt 29, 239, 242 m.w.N.; Kohlmann aaO Rdn. 9; Voß
  225. aaO Rdn. 2).
  226. - 11 -
  227. 25
  228. Der Umstand, dass die Zigaretten erst über eine lange Distanz transportiert werden mussten und dieser Transport einige Zeit in Anspruch nahm,
  229. steht der Annahme der Unmittelbarkeit des Ansetzens zur Tatbestandsverwirklichung im Sinne von § 22 StGB nicht entgegen. Der Übergabe der Zigaretten an den Angeklagten standen am Liefertag bei ungestörtem Fortgang
  230. keine Hindernisse im Wege. Der Transport der Zigaretten durch Unterstützer
  231. der Lieferanten war organisiert, die Gefahr einer Kontrolle der Fahrzeuge an
  232. der polnisch-deutschen Grenze durch Einschaltung bestochener Bundesgrenzschutzbeamter minimiert. Der Umstand, dass sich der Angeklagte zum
  233. vereinbarten Zeitpunkt an den Übergabeort – den regelmäßig von ihm als
  234. Abladeort vorgegebenen Hof des Asia-Imbisses – begeben musste, stellt vor
  235. diesem Hintergrund keinen wesentlichen Zwischenschritt dar, welcher der
  236. Annahme eines unmittelbaren Ansetzens zur Tatbestandsverwirklichung hier
  237. entgegenstehen würde (vgl. OLG Koblenz aaO).
  238. 26
  239. bb) Zugleich hat sich der Angeklagte in diesen Fällen der Beihilfe zur
  240. Hinterziehung der Tabaksteuer (§ 370 Abs. 1 Nr. 2 AO, § 27 StGB) schuldig
  241. gemacht. Indem er seine Abnahmebereitschaft signalisierte, förderte er das
  242. Verbringen der Zigaretten von Polen nach Deutschland und die Hinterziehung der hierbei entstandenen Tabaksteuer. Diese Steuer wurde dadurch
  243. verkürzt, dass für die entgegen § 12 Abs. 1 TabStG aus dem freien Verkehr
  244. eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Gemeinschaften nach
  245. Deutschland verbrachten Zigaretten nicht sofort nach dem Verbringen eine
  246. Steuererklärung abgegeben wurde (§ 19 Sätze 1 bis 3 TabStG, vgl. zum
  247. Ganzen BGH wistra 2007, 224, 227).
  248. 27
  249. c) Auch im Fall II. 2. 6. der Urteilsgründe hat sich der Angeklagte der
  250. versuchten gewerbsmäßigen Steuerhehlerei in Tateinheit mit Beihilfe zur
  251. Steuerhinterziehung strafbar gemacht.
  252. 28
  253. Zwar wurden in diesem Fall die Zigaretten nicht zur Übergabe an den
  254. Angeklagten auf den Weg gebracht. Es genügt jedoch, dass die Übergabe
  255. - 12 -
  256. an die Abnehmer des Angeklagten erfolgen sollte und die Abnehmer zur
  257. Übernahme der Zigaretten vom Lieferanten bereit waren. Es handelte sich
  258. um eine sogenannte abgekürzte Lieferung: Die Übergabe im Verhältnis zwischen dem Angeklagten als Zwischenhehler und seinen Abnehmern sollte
  259. dadurch erfolgen, dass der Lieferant, dem Geheiß des Angeklagten folgend,
  260. bereit war, an die Abnehmer des Angeklagten zu liefern. In dieser Übergabe
  261. sollte zugleich die Übergabe des Lieferanten an den Angeklagten als Zwischenhehler liegen, indem die Abnehmer des Angeklagten auf dessen Geheiß die Ware übernehmen sollten („doppelter Geheißerwerb“). Die Schwelle
  262. zum Versuch der Übertragung der Verfügungsgewalt an den Zigaretten auf
  263. den Angeklagten als Zwischenhehler und damit zum Versuch des Sichverschaffens im Sinne von § 374 AO wurde dadurch überschritten, dass der
  264. Vortäter mit der Lieferung begann und die Abnehmer des Angeklagten in Erwartung der Zigarettenlieferung zur vereinbarten Zeit am verabredeten Übergabeort schon eingetroffen waren (vgl. auch OLG Koblenz aaO; Stree aaO).
  265. 29
  266. 2. Die Änderung des Schuldspruchs zieht in den Fällen II. 2. 3., 2. 4.
  267. und 2. 6. der Urteilsgründe die Aufhebung der Einzelstrafen und damit (einschließlich des Teilfreispruchs) die Aufhebung der Gesamtstrafe nach sich.
  268. Die übrigen Einzelstrafen sind von dem Wertungsfehler des Landgerichts
  269. nicht betroffen und haben deshalb Bestand.
  270. - 13 -
  271. III.
  272. 30
  273. Die weitergehende Revision des Angeklagten ist unbegründet. Zu den
  274. Fällen II. 2. 5. sowie II. 2. 7. bis 2. 9. der Urteilsgründe enthält das Urteil keinen den Angeklagten beschwerenden Rechtsfehler.
  275. Gerhardt
  276. Schaal
  277. Raum
  278. Brause
  279. Jäger