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- Nachschlagewerk: ja
- BGHSt
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- : ja
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- Veröffentlichung : ja
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- StGB § 261 Abs. 2 Nr. 1
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- Gesetzesalternative Verurteilung (gewerbsmäßig begangenen)
- Diebstahls oder gewerbsmäßiger Hehlerei bei gleichzeitiger
- Verwirklichung des Tatbestands der Geldwäsche nach § 261
- Abs. 2 Nr. 1 StGB
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- BGH, Beschluss vom 16. August 2016
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- – 5 StR 182/16
- LG Potsdam –
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- ECLI:DE:BGH:2016:160816B5STR182.16.0
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- BUNDESGERICHTSHOF
- BESCHLUSS
- 5 StR 182/16
- vom
- 16. August 2016
- in der Strafsache
- gegen
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- wegen Diebstahls oder gewerbsmäßiger Hehlerei u.a.
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- ECLI:DE:BGH:2016:160816B5STR182.16.0
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- Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 16. August 2016 beschlossen:
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- Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Potsdam vom 17. August 2015 im Schuldspruch klarstellend dahin neu gefasst, dass der Angeklagte des Diebstahls
- oder der gewerbsmäßigen Hehlerei in jeweils acht Fällen sowie
- der vorsätzlichen Körperverletzung strafbar ist, und im Rechtsfolgenausspruch insoweit aufgehoben (§ 349 Abs. 4 StPO), als
- eine gesonderte Geldstrafe verhängt wurde; diese entfällt.
- Die weitergehende Revision wird nach § 349 Abs. 2 StPO als
- unbegründet verworfen.
- Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
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- Gründe:
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- Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Diebstahls oder gewerbsmäßiger Hehlerei in acht Fällen sowie wegen gefährlicher Körperverletzung
- schuldig gesprochen, ihn unter Einbeziehung der Strafen aus drei vorangegangenen Strafbefehlen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt
- und gegen ihn eine Geldstrafe verhängt. Zudem hat es die Unterbringung des
- Angeklagten in einer Entziehungsanstalt angeordnet. Die auf die Verletzung
- formellen und materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat aus
- den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts den aus der Be-
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- schlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen bleibt sie erfolglos (§ 349
- Abs. 2 StPO).
- I.
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- 1. Nach den Feststellungen des Landgerichts zu den Taten 1 bis 8 stahl
- oder hehlte der Angeklagte zwischen Januar 2009 und August 2012 insbesondere Baumaschinen, Gartengeräte, Solarmodule, Motorradreifen und einen
- VW-Bus. Diese Gegenstände, die im vorgenannten Tatzeitraum gestohlen
- worden waren, wurden auf seinem Grundstück sichergestellt. Mit deren Verkauf
- wollte er seinen Lebensunterhalt finanzieren.
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- 2. Das Landgericht hat nicht zu klären vermocht, ob der Angeklagte die
- festgestellten Diebstähle selbst begangen oder die bei ihm sichergestellten Gegenstände als Hehler erworben hat. Es hat ihn jeweils wegen unter den in
- § 243 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 StGB bezeichneten Voraussetzungen, mithin gewerbsmäßig begangenen Diebstahls gemäß § 242 Abs. 1 StGB oder gewerbsmäßiger Hehlerei im Sinne von § 259 Abs. 1, § 260 Abs. 1 Nr. 1 StGB
- verurteilt.
- II.
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- Der Erörterung bedarf nur Folgendes:
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- 1. Die Verfahrensbeanstandung betreffend die Ablehnung der nochmaligen Einvernahme des Zeugen KOK V.
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- ist bereits nicht in zulässiger Weise
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- erhoben worden (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO). Wird mit der Revision die Ablehnung eines Antrags auf Vernehmung eines bereits angehörten Zeugen geltend
- gemacht, muss nach ständiger Rechtsprechung mitgeteilt werden, dass und
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- wozu der Zeuge in der Hauptverhandlung bereits ausgesagt hat; denn nur dann
- kann geprüft werden, ob es sich nicht um einen bloßen Antrag auf Wiederholung einer bereits durchgeführten Beweisaufnahme oder auf Feststellung ihres
- Inhalts handelte und ob der Antrag als Beweisantrag zu verbescheiden war
- oder – wie hier geschehen und beanstandet – als Beweisanregung abgelehnt
- werden durfte (vgl. BGH, Urteile vom 18. Mai 2000 – 4 StR 647/99, BGHSt 46,
- 73, 80; vom 13. Dezember 2001 – 5 StR 322/01; vom 16. Juni 2005
- – 3 StR 338/04; Beschluss vom 1. Juni 2015 – 4 StR 21/15, jeweils mwN). Die
- Revision teilt zwar mit, dass der Zeuge bereits zuvor vernommen worden war,
- versäumt es aber, den Inhalt seiner Angaben zu schildern.
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- 2. Die wahldeutige Verurteilung des Angeklagten steht in Einklang mit
- der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (st. Rspr. seit BGH, Urteil vom
- 19. April 1951 – 3 StR 165/51, BGHSt 1, 127; umfangreiche Rechtsprechungsnachweise bei LR-StPO/Sander, 26. Aufl., § 261 Rn. 141 ff.; KMR/Stuckenberg,
- StPO, 68. EL, August 2013, § 261 Rn. 136 ff.); sie ist rechtlich nicht zu beanstanden.
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- a) Entgegen der Auffassung der Revision begegnet die ungleichartige
- Wahlfeststellung keinen verfassungsrechtlichen Bedenken (vgl. hierzu BGH,
- Beschlüsse vom 24. Juni 2014 – 1 ARs 14/14, NStZ-RR 2014, 308; vom
- 30. September 2014 – 3 ARs 13/14, NStZ-RR 2015, 39; vom 11. September 2014 – 4 ARs 12/14, NStZ-RR 2015, 40; vom 16. Juli 2014 – 5 ARs 39/14,
- NStZ-RR 2014, 307; aM BGH, Beschluss vom 11. März 2015 – 2 StR 495/12).
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- b) Die Verurteilung auf wahldeutiger Grundlage scheidet vorliegend nicht
- deshalb aus, weil in allen betroffenen Fällen neben einer Strafbarkeit wegen
- Diebstahls oder gewerbsmäßiger Hehlerei auch eine Strafbarkeit wegen Geldwäsche nach § 261 Abs. 2 Nr. 1 StGB gegeben ist. Vielmehr schließt die ge-
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- setzesalternative Verurteilung wegen der Katalogvortat auch nach der Neufassung der Strafvorschrift des § 261 StGB durch das Gesetz zur Verbesserung
- der Bekämpfung der Organisierten Kriminalität vom 4. Mai 1998 (BGBl. I
- S. 845) einen Schuldspruch wegen Geldwäsche aus (§ 261 Abs. 9 Satz 2
- StGB).
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- aa) Durch die genannte Gesetzesänderung wurde die Strafbarkeit wegen Geldwäsche auf Fälle erweitert, in denen der (Allein-)Vortäter selbst Geld
- wäscht. Damit sollte die als unbefriedigend empfundene vormalige Rechtslage
- geändert werden, nach der bei möglicher, jedoch nicht sicher nachweisbarer
- Begehung der Vortat durch den Alleinvortäter dessen Bestrafung weder wegen
- der Vortat noch wegen Geldwäsche möglich sei (BT-Drucks. 13/8651 S. 10 f.).
- Um eine Doppelbestrafung zu vermeiden, wurde in § 261 Abs. 9 Satz 2 StGB
- ein persönlicher Strafausschließungsgrund bzw. eine Konkurrenzregel (vgl.
- BGH, Urteil vom 20. September 2000 – 5 StR 252/00, NJW 2000, 3725; Beschluss vom 26. Februar 2003 – 5 StR 423/02, BGHSt 48, 240, 245) eingeführt,
- wonach bei einer Strafbarkeit wegen der Beteiligung an der Katalogvortat die
- zugleich verwirklichte Geldwäsche straflos gestellt wird. Nach diesem Regelungsgefüge bleibt im Blick auf die dann mögliche Postpendenzfeststellung (vgl.
- BGH, Urteil vom 21. Juni 1995 – 2 StR 157/95, BGHR StGB vor § 1 Wahlfeststellung Postpendenz 5; Beschluss vom 26. Februar 2003 – 5 StR 423/02,
- aaO; Urteil vom 20. September 2000 – 5 StR 252/00, aaO) bei nicht nachweisbarer Vortatbeteiligung, aber sicherer Verwirklichung des Geldwäschetatbestandes von vornherein kein Raum für eine ungleichartige Wahlfeststellung
- zwischen Vortat und Geldwäsche.
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- bb) Von der vorgenannten, durch den Gesetzgeber allein ins Auge gefassten Sachverhaltskonstellation (vgl. BT-Drucks. 13/8651 S. 10 f.) unterscheiden sich die abgeurteilten Fälle dadurch, dass die Strafbarkeit des Angeklagten wegen einer Katalogvortat gerade nicht zweifelhaft ist, sondern sicher
- feststeht. Demgemäß greift nach ihrem eindeutigen und nicht durch Auslegung
- korrigierbaren Wortlaut die Regelung des § 261 Abs. 9 Satz 2 StGB ein, die der
- Verurteilung wegen der Katalogvortat den Vorrang gegenüber der Verurteilung
- wegen etwa zugleich verwirklichter Geldwäsche einräumt (vgl. BGH, Urteil vom
- 24. Januar 2006 – 1 StR 357/05, BGHSt 50, 347, 358). Weder dem Gesetzeswortlaut noch den Gesetzesmaterialien können dabei irgendwelche Anhaltspunkte dafür entnommen werden, dass sie nach dem Willen des Gesetzgebers
- nicht gelten soll, wenn der Angeklagte wegen der Katalogvortat nicht auf eindeutiger, sondern auf wahldeutiger Grundlage verurteilt wird. Damit einhergehend fehlt jeglicher Hinweis darauf, dass der Gesetzgeber die – aufgrund der
- Anknüpfung an die in § 261 Abs. 1 StGB aufgeführten Katalogtaten in ihrem
- Regelungsbereich eingeschränkte und hinsichtlich des Schutzgutes jedenfalls
- nicht unmittelbar auf Eigentum und Vermögen zielende (vgl. BGH, aaO) –
- Geldwäsche insgesamt oder einzelne ihrer Tathandlungen als „Auffangtatbestand“ gegenüber (sämtlichen) Eigentums- und Vermögensdelikten oder gar
- allen im Vortatenkatalog aufgeführten Straftaten ausgestalten wollte, um so der
- wahldeutigen Schuldfeststellung generell die Basis zu entziehen (abweichend
- womöglich BGH, Beschluss vom 11. März 2015 – 2 StR 495/12 Rn. 75 f.).
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- Im Hinblick auf den nur geringen Teilerfolg der Revision ist es nicht unbillig, den Beschwerdeführer mit den gesamten Kosten und Auslagen seines
- Rechtsmittels zu belasten (§ 473 Abs. 1 und 4 StPO).
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- Sander
-
- Schneider
- König
-
- Dölp
- Bellay
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