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- BUNDESGERICHTSHOF
- BESCHLUSS
- 4 StR 95/09
- vom
- 28. April 2009
- in der Strafsache
- gegen
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- wegen Vergewaltigung u.a.
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- Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 28. April 2009 gemäß § 349
- Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
- 1.
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- Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des
- Landgerichts Dortmund vom 17. November 2008
- a)
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- im Schuldspruch dahin abgeändert, dass der Angeklagte im Fall II. 1 der Vergewaltigung schuldig ist,
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- b)
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- in den Aussprüchen über die in den Fällen II. 1 und
- 4 erkannten Einzelstrafen und über die Gesamtstrafe mit den Feststellungen aufgehoben.
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- 2.
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- Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des
- Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
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- 3.
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- Die weiter gehende Revision wird verworfen.
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- Gründe:
- 1
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- Das Landgericht hat den Angeklagten wegen vorsätzlicher Körperverletzung in vier Fällen, davon in zwei Fällen in Tateinheit mit Vergewaltigung, zu
- einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt. Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit seiner Revision, mit der er die Verletzung materiellen Rechts rügt.
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- -3-
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- 2
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- Das Rechtsmittel hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
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- 3
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- 1. Im Fall II. 1 ist eine Schuldspruchänderung erforderlich, weil die tateinheitlich mit der Vergewaltigung begangene vorsätzliche Körperverletzung
- (Tatzeit: Frühjahr 2002) zum Zeitpunkt der ersten, zur Unterbrechung der Verjährung geeigneten Handlung, der Bekanntgabe der Einleitung des Ermittlungsverfahrens an den Verteidiger des Angeklagten am 26. April 2007, nicht
- ausschließbar schon verjährt war. Nach dem Zweifelsgrundsatz ist, wenn die
- Tatzeit nicht eindeutig festgestellt werden kann, von der dem Angeklagten
- günstigeren Fallgestaltung auszugehen (vgl. Fischer StGB 56. Aufl. § 78 a
- Rdn. 6 m.w.N.).
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- 4
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- Wegen des Wegfalls der tateinheitlichen Verurteilung wegen vorsätzlicher Körperverletzung hat die im Fall II. 1 erkannte Einzelstrafe keinen Bestand,
- weil das Landgericht bei der Strafzumessung ausdrücklich die Verwirklichung
- zweier Straftatbestände zu Lasten des Angeklagten berücksichtigt hat [UA 28].
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- 2. Darüber hinaus können die in den Fällen II. 1 und 4 verhängten Einzelstrafen deswegen nicht bestehen bleiben, weil die Verneinung einer alkoholbedingt erheblichen Verminderung der Steuerungsfähigkeit durchgreifenden
- rechtlichen Bedenken begegnet.
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- Nach den getroffenen Feststellungen hat der Angeklagte vor Begehung
- aller vier Taten jeweils ab 14.00 Uhr nach und nach 12 Flaschen Bier à 0,5 l
- konsumiert. Hiervon ausgehend hat das Landgericht hinsichtlich der beiden
- Körperverletzungstaten (Fälle II. 2 und 3) eine alkoholbedingt erheblich verminderte Steuerungsfähigkeit des Angeklagten nicht auszuschließen vermocht; in
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- den Fällen II. 1 und 4 hat es eine solche wegen des bei den Vergewaltigungen
- gezeigten Leistungsverhaltens dagegen verneint. Dieses hat es darin gesehen,
- dass der Angeklagte "gezielt zur Erfüllung seiner sexuellen Wünsche und seiner
- sexuellen Befriedigung handelte" (UA 26), als er seine Ehefrau nicht nur schlug,
- sondern auch den Geschlechtsverkehr mit ihr erzwang.
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- Entgegen der Ansicht des Landgerichts ist damit der Ausschluss einer
- erheblichen Verminderung der Steuerungsfähigkeit nicht mit genügender Sicherheit zu belegen. Dazu hätte es aussagekräftiger psychodiagnostischer Beweisanzeichen bedurft. Als solche sind nur Umstände in Betracht zu ziehen, die
- Hinweise darauf geben können, dass das Steuerungsvermögen des Täters trotz
- der erheblichen Alkoholisierung nicht in erheblichem Maße beeinträchtigt gewesen ist (vgl. BGHR StGB § 21 Blutalkoholkonzentration 35; vgl. auch Fischer
- aaO § 20 Rdn. 24 m.w.N.). Bei den vom Angeklagten vorgenommenen Handlungen handelt es sich jedoch lediglich um die Ausführung schlichter Handlungsmuster, die einen solchen Schluss nicht zulassen.
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- Die Aufhebung der beiden Einzelstrafen bedingt die Aufhebung der erkannten Gesamtstrafe.
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- Tepperwien
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- Athing
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- Ernemann
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- Solin-Stojanović
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- Franke
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