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1 year ago
  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. BESCHLUSS
  3. 4 StR 522/17
  4. vom
  5. 17. Januar 2018
  6. in der Strafsache
  7. gegen
  8. wegen Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln
  9. in nicht geringer Menge u.a.
  10. ECLI:DE:BGH:2018:170118B4STR522.17.0
  11. -2-
  12. Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 17. Januar 2018 gemäß § 349
  13. Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
  14. 1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Magdeburg vom 22. Juni 2017 mit den zugehörigen
  15. Feststellungen aufgehoben,
  16. a) soweit der Angeklagte wegen Beihilfe zum unerlaubten
  17. Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer
  18. Menge in Tateinheit mit Beihilfe zur Nötigung (Fall II. 2
  19. der Urteilsgründe) verurteilt worden ist,
  20. b) im Ausspruch über die Gesamtstrafe sowie
  21. c) im Maßregelausspruch.
  22. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
  23. 2. Die weiter gehende Revision wird verworfen.
  24. Gründe:
  25. 1
  26. Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Beihilfe zum unerlaubten
  27. Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen,
  28. davon in einem Fall in Tateinheit mit Beihilfe zur Nötigung, zu einer Gesamtfrei-
  29. -3-
  30. heitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt und seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet. Gegen diese Verurteilung wendet
  31. sich der Angeklagte mit der Rüge der Verletzung materiellen Rechts. Seine Revision hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist
  32. das Rechtsmittel unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
  33. I.
  34. 2
  35. Soweit das Landgericht den Angeklagten im Fall II. 1 der Urteilsgründe
  36. wegen Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht
  37. geringer Menge verurteilt hat, hat die Nachprüfung des angefochtenen Urteils
  38. weder hinsichtlich des Schuldspruchs noch hinsichtlich des Ausspruchs über
  39. die Einzelstrafe einen Rechtsfehler zu seinem Nachteil ergeben.
  40. II.
  41. 3
  42. Der Schuldspruch wegen Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in Tateinheit mit Beihilfe zur Nötigung im Fall II. 2 der Urteilsgründe hält jedoch rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
  43. 4
  44. 1. Nach den Feststellungen des Landgerichts entwendete der gesondert
  45. verfolgte J.
  46. S.
  47. verfolgten H.
  48. W.
  49. dem Vater des Angeklagten, dem ebenfalls gesondert
  50. , im November 2014 40 Gramm Methamphetamin mit
  51. einem Wirkstoffgehalt von mindestens 25,20 Gramm Methamphetaminbase, die
  52. dieser kurz zuvor von einem unbekannten Dritten erworben hatte. S.
  53. stritt
  54. den Diebstahl jedoch ab. Deshalb entschloss sich der gesondert verfolgte
  55. H.
  56. W.
  57. , sich das Methamphetamin bzw. einen entsprechenden Gegenwert
  58. -4-
  59. von S.
  60. mit Unterstützung durch den Angeklagten zurückzuholen. In Umset-
  61. zung dieses Tatentschlusses forderte H.
  62. J.
  63. S.
  64. W.
  65. den gesondert verfolgten
  66. im Beisein des Angeklagten zur Rückgabe des Methampheta-
  67. mins auf und setzte ihn dabei durch die Androhung von Schlägen unter Druck.
  68. Wie vom Angeklagten erkannt und zumindest billigend in Kauf genommen, ließ
  69. sich J.
  70. S.
  71. durch die Drohungen des H.
  72. W.
  73. , die in ihrer Wirkung
  74. durch seine, des Angeklagten, Anwesenheit verstärkt wurden, einschüchtern
  75. und gab dem Vater des Angeklagten einen Tag später 30 Gramm des entwendeten Methamphetamins zurück. Bei dieser Gelegenheit, bei der der Angeklagte nicht zugegen war, verlangte der gesondert verfolgte H.
  76. densersatz“ für die restlichen 10 Gramm, die J.
  77. S.
  78. W.
  79. „Scha-
  80. selbst konsumiert
  81. hatte.
  82. 5
  83. 2. Diese Feststellungen belegen keine Haupttat des Handeltreibens mit
  84. Betäubungsmitteln durch den gesondert verfolgten Vater des Angeklagten und
  85. vermögen daher auch die Verurteilung des Angeklagten wegen Beihilfe hierzu
  86. nicht zu tragen.
  87. 6
  88. a) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist Handeltreiben im Sinne des § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BtMG jede eigennützige, auf den
  89. Umsatz von Betäubungsmitteln gerichtete Tätigkeit (vgl. BGH, Beschluss vom
  90. 26. Oktober 2005 – GSSt 1/05, BGHSt 50, 252, 256 mwN). Ob der gesondert
  91. verfolgte H.
  92. W.
  93. vorhatte, die von J.
  94. S.
  95. entwendeten und unter
  96. Mitwirkung des Angeklagten wiederbeschafften Betäubungsmittel – abzüglich
  97. der von J.
  98. S.
  99. konsumierten Teilmenge – gewinnbringend weiterzuver-
  100. kaufen, ist den Urteilsgründen nicht ausdrücklich zu entnehmen. Auch zu der
  101. Ursprungsmenge von 40 Gramm Methamphetamin wird insoweit lediglich mitgeteilt, der gesondert verfolgte H.
  102. W.
  103. habe diese Betäubungsmittel An-
  104. -5-
  105. fang November 2014 von einem unbekannten Dritten erworben. Zum Zweck
  106. des Erwerbs verhält sich das Urteil an dieser Stelle ebenfalls nicht.
  107. 7
  108. b) Entgegen der Ansicht des Generalbundesanwalts ergeben sich die
  109. Tatbestandsvoraussetzungen des Handeltreibens auch nicht aus dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe. Zwar ist das Landgericht rechtsfehlerfrei
  110. davon ausgegangen, dass es sich bei dem vom Vater des Angeklagten erworbenen Methamphetamin um eine nicht geringe Menge im Sinne von § 29a
  111. Abs. 1 Nr. 2 BtMG handelte. Dieser Umstand vermag indes weder für sich genommen noch in Zusammenschau mit den zum Fall II. 1 der Urteilsgründe getroffenen Feststellungen, wonach der gesondert verfolgte H.
  112. W.
  113. ein Kilo-
  114. gramm Marihuana mit Gewinn weiterverkaufte, die Annahme einer entsprechenden Verkaufs- und Gewinnabsicht zu tragen.
  115. 8
  116. c) Der Senat verweist die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurück. Es ist nicht auszuschließen, dass der neue
  117. Tatrichter die fehlenden Feststellungen noch treffen kann.
  118. 9
  119. Mit Blick auf die vom Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift angesprochene mögliche Strafbarkeit des Angeklagten wegen Beihilfe zur räuberischen Erpressung durch dessen Mitwirkung bei der Wiederbeschaffung der
  120. entwendeten Betäubungsmittel verweist der Senat auf seinen Beschluss vom
  121. 21. April 2015 (4 StR 92/15, NJW 2015, 2898 m. Anm. Kudlich).
  122. 10
  123. 3. Die Aufhebung der Verurteilung im Fall II. 2 der Urteilsgründe erfasst
  124. auch die tateinheitliche Verurteilung wegen Beihilfe zur Nötigung. Ferner entzieht sie dem Ausspruch über die Gesamtstrafe und dem Maßregelausspruch
  125. die Grundlage. Sollte der neue Tatrichter wiederum zu der Feststellung gelan-
  126. -6-
  127. gen, dass der Angeklagte seit Ende 2015 durchgehend abstinent von Drogen
  128. lebte, wird dieser Umstand bei der Prüfung der Anordnungsvoraussetzungen
  129. besonders zu beachten sein; maßgebend für die Beurteilung eines Hangs im
  130. Sinne des § 64 StGB und für die Gefahrprognose ist der Zeitpunkt der tatrichterlichen Hauptverhandlung (vgl. BGH, Beschlüsse vom 1. März 2001 – 4 StR
  131. 36/01, NStZ-RR 2001, 295, 296; vom 22. Januar 1997 – 2 StR 656/96, StV
  132. 1998, 73).
  133. Sost-Scheible
  134. Cierniak
  135. Bender
  136. Franke
  137. Quentin