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- BUNDESGERICHTSHOF
- BESCHLUSS
- 4 StR 486/14
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- 17. Dezember 2014
- in der Strafsache
- gegen
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- wegen Beihilfe zum Betrug
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- Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 17. Dezember 2014 gemäß § 349
- Abs. 2 und Abs. 4, § 354 Abs. 1b StPO beschlossen:
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- 1. Auf die Revision des Angeklagten K.
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- wird das Urteil des
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- Landgerichts Münster vom 2. April 2014 im Ausspruch über
- die gegen diesen Angeklagten verhängte Gesamtstrafe mit
- der Maßgabe aufgehoben, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe(n) nach den
- §§ 460, 462 StPO zu treffen ist.
- 2. Die weiter gehende Revision des Angeklagten wird verworfen.
- 3. Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsmittels bleibt
- dem für das Nachverfahren gemäß §§ 460, 462 StPO zuständigen Gericht vorbehalten.
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- Gründe:
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- Das Landgericht hat den Angeklagten K.
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- wegen Beihilfe zum Betrug in
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- vier Fällen unter Einbeziehung der durch das Urteil des Amtsgerichts Essen
- vom 15. August 2012 verhängten Einzelstrafen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe
- von zwei Jahren und zehn Monaten verurteilt. Hiergegen wendet sich die Revi-
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- sion des Angeklagten mit der Sachrüge. Das Rechtsmittel hat hinsichtlich des
- Gesamtstrafausspruchs Erfolg.
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- 1. Die Entscheidung des Landgerichts über die Bildung der (nachträglichen) Gesamtstrafe hält der rechtlichen Überprüfung nicht stand.
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- a) Die Strafkammer hat in die von ihr gebildete Gesamtfreiheitsstrafe die
- hier verhängten vier Einzelfreiheitsstrafen von zwei Mal einem Jahr sowie elf
- und acht Monaten und – gemäß § 55 Abs. 1 StGB – die im Urteil des Amtsgerichts Essen vom 15. August 2012 wegen neun Fällen der Steuerhinterziehung verhängten Einzelfreiheitsstrafen von sechs Monaten bis zu einem Jahr
- und vier Monaten einbezogen. Von der Bildung einer Gesamtfreiheitsstrafe unter Einbeziehung der im Strafbefehl des Amtsgerichts Recklinghausen am
- 11. Januar 2012 wegen Betruges verhängten Geldstrafe von 120 Tagessätzen
- zu je 10 € hat es gemäß § 53 Abs. 2 Satz 2 StGB abgesehen, weil anhand der
- dort „getroffenen Feststellungen Gehalt und Ausmaß der Schuld des Angeklagten … nicht zu bestimmen“ seien und die „Feststellungen des rechtskräftigen
- Strafbefehls schon die Verurteilung wegen Betruges nicht“ tragen (UA S. 76).
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- b) Mit dieser Begründung durfte das Landgericht von der Einbeziehung
- der in dem Strafbefehl verhängten Geldstrafe nicht absehen.
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- Die nachträgliche Gesamtstrafenbildung gemäß § 55 Abs. 1 StGB knüpft
- – soweit hier von Bedeutung – allein an der Rechtskraft der früheren Verurteilung an. Die (sachliche) Richtigkeit dieser Entscheidung hat das neu entscheidende Gericht grundsätzlich nicht zu prüfen (vgl. SSW-StGB/Eschelbach,
- 2. Aufl., § 55 Rn. 14 f.; Rissing-van Saan in LK-StGB, 12. Aufl., § 55 Rn. 4 jeweils mwN; zur früheren Verurteilung trotz eines entgegenstehenden Verfah-
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- renshindernisses auch: BGH, Urteil vom 11. November 1955 – 1 StR 409/55,
- BGHSt 8, 269, 271; Urteil vom 10. August 1982 – 5 StR 412/82, wistra 1982,
- 227, 228; anders bei einer auch der Gesamtstrafenbildung als solcher entgegenstehenden Verfahrensvoraussetzung: BGH, Beschluss vom 12. August
- 1997 – 4 StR 345/97, NStZ-RR 1998, 6).
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- Dieser Grundsatz kann – entgegen der Ansicht der Strafkammer – auch
- nicht im Rahmen der Entscheidung gemäß § 53 Abs. 2 Satz 2 StGB umgangen
- werden, zumal das dort eingeräumte Ermessen (allein) nach Strafzumessungsgesichtspunkten auszuüben ist (vgl. BGH, Beschluss vom 11. Juni 2002
- – 1 StR 142/02, NStZ-RR 2002, 264; SSW-StGB/Eschelbach, aaO, § 53
- Rn. 14). Hinzu kommt, dass die Annahme des Landgerichts, die im Strafbefehl
- vom 11. Januar 2012 getroffenen Feststellungen seien für die Bestimmung von
- „Gehalt und Ausmaß der Schuld des Angeklagten“ nicht ausreichend, Zweifeln
- begegnet.
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- c) Der Senat kann nicht ausschließen, dass der Angeklagte durch die
- Einbeziehung der Strafen aus dem Urteil des Amtsgerichts Essen vom
- 15. August 2012 beschwert ist. Denn die dort verhängte Gesamtfreiheitsstrafe
- von zwei Jahren war zur Bewährung ausgesetzt worden und es ist nicht von
- vorneherein – etwa aus Rechtsgründen – ausgeschlossen, dass im Fall der
- Einbeziehung der Geldstrafe aus dem Strafbefehl vom 11. Januar 2012 auch im
- vorliegenden Verfahren eine zur Bewährung ausgesetzte Gesamtfreiheitsstrafe
- verhängt wird.
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- 2. Die Entscheidung über die Bildung einer nachträglichen Gesamtstrafe
- kann gemäß § 354 Abs. 1b StPO im Beschlussverfahren nach §§ 460, 462
- StPO erfolgen, da das Urteil im Übrigen keinen den Angeklagten beschweren-
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- den Rechtsfehler aufweist (§ 349 Abs. 2 StPO). Einer Aufhebung der rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen bedarf es nicht; ergänzende Feststellungen
- können jedoch getroffen werden.
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- Sost-Scheible
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- Roggenbuck
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- Mutzbauer
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- Cierniak
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- Bender
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