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1 year ago
  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. BESCHLUSS
  3. 4 StR 413/05
  4. vom
  5. 27. September 2005
  6. in der Strafsache
  7. gegen
  8. wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer
  9. Menge u.a.
  10. -2-
  11. Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 27. September 2005
  12. gemäß § 349 Abs. 4 StPO beschlossen:
  13. 1.
  14. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des
  15. Landgerichts Bielefeld vom 11. Mai 2005 mit den Feststellungen aufgehoben.
  16. 2.
  17. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine
  18. andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
  19. Gründe:
  20. Das Landgericht hat den Angeklagten "wegen gewerbsmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in 53 Fällen und wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in einem Fall" zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und zehn Monaten verurteilt. Mit seiner Revision
  21. rügt der Angeklagte die Verletzung formellen und materiellen Rechts.
  22. Der Generalbundesanwalt hat hierzu ausgeführt:
  23. "Die Revision hat mit der Rüge der Verletzung von § 22 Nr. 5
  24. StPO Erfolg.
  25. Die Rüge ist zulässig erhoben i.S.d. § 344 Abs. 2 Satz 2
  26. StPO. Die Revision teilt alle Tatsachen mit, die die konkrete
  27. Rüge begründen.
  28. -3-
  29. Die Rüge hat in der Sache Erfolg, da ein erkennender Richter,
  30. der Richter am Landgericht Sch. , in der Sache als Zeuge
  31. vernommen wurde.
  32. Der Begriff der Sache ist weit auszulegen. Sachgleichheit
  33. setzt nicht Verfahrensidentität voraus (BGHSt 9, 193). Sachgleichheit ist auch dann gegeben, wenn ein Richter in einem
  34. anderen Verfahren als Zeuge zu demselben Tatgeschehen
  35. vernommen worden ist, das er jetzt abzuurteilen hätte (BGHSt
  36. 31, 358). Vernehmung zum Tatgeschehen ist dabei nicht nur
  37. die Wiedergabe eigener Wahrnehmung zum Tatgeschehen,
  38. sondern vielmehr jede Äußerung als Zeuge zu solchen Fragen, die im Hinblick auf Schuld- und Straffrage später als
  39. Richter in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht bewertet werden müssen (vgl. BGHSt 31, 358, 359).
  40. Vorliegend wurde RiLG Sch.
  41. in der Hauptverhandlung
  42. des Strafverfahrens gegen B. als Zeuge vernommen. Dem
  43. B. wurde vorgeworfen, von Bremen mindestens 300 g Heroingemisch am 27. August 2004 nach Bielefeld gebracht zu
  44. haben, um es gemeinsam mit dem Angeklagten und einer
  45. weiteren Person abzusetzen. Nach dem Revisionsvortrag und
  46. ausweislich der Anklageschrift ... wurde dem Angeklagten
  47. vorgeworfen, am 27. August 2004 eine größere Menge Heroin
  48. aus Bremen erhalten zu haben, die von B.
  49. überbracht
  50. wurde (SA Band 10, S. 2297). Mithin wurde Richter am Landgericht Sch.
  51. in der Sache, wegen desselben konkreten
  52. Tatgeschehens, als Zeuge vernommen. Die Tatsache, dass
  53. das vorliegende Verfahren gegen den Angeklagten in diesem
  54. Punkt auf Antrag der Staatsanwaltschaft gemäß § 154 Abs. 2
  55. StPO letztlich eingestellt wurde, führt zu keinem anderen Ergebnis, zumal diese Einstellung seiner Zeugenvernehmung
  56. zeitlich nachfolgte (SA PB S. 46). Sinn der Vorschrift des § 22
  57. Nr. 5 StPO ist es nämlich, schon den Anschein eines Verdachtes der Parteilichkeit zu vermeiden (BGHSt 14, 219,
  58. 221). Vorliegend hat er als Zeuge im Verfahren gegen B.
  59. Angaben gemacht über die Richtigkeit der Übersetzung in
  60. den polizeilichen TKÜ-Protokollen, die im vorliegenden Verfahren mit Hilfe eines Dolmetschers stichprobenartig überprüft
  61. wurde. Dabei hat er als Zeuge auf Abweichungen der Proto-
  62. -4-
  63. kolle von der TKÜ aufmerksam gemacht. Im vorliegenden Verfahren war derselbe Sachverhalt" [auch bezüglich der jetzt
  64. abgeurteilten Taten] "unter Zuhilfenahme desselben Beweismittels zu würdigen. Über die Verlässlichkeit der Übersetzung
  65. in den polizeilichen TKÜ-Protokollen hat er als Zeuge im Verfahren gegen B. Angaben gemacht. Dadurch war bei ihm
  66. eine 'Festlegung' auf den Inhalt der gemachten Zeugenaussage gegeben, die Zweifel an der Unvoreingenommenheit für
  67. das vorliegende Verfahren besorgen lassen könnte."
  68. Dem tritt der Senat bei.
  69. Tepperwien
  70. RiBGH Prof. Dr. Kuckein
  71. ist wegen Urlaubs an der
  72. Unterschrift gehindert
  73. Athing
  74. Tepperwien
  75. Ernemann
  76. Sost-Scheible