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- BUNDESGERICHTSHOF
- 3 StR 28/02
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- BESCHLUSS
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- 19. März 2002
- in der Strafsache
- gegen
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- wegen Landfriedensbruchs u.a.
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- Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf dessen Antrag - am
- 19. März 2002 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
- 1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 29. Oktober 2001 mit den zugehörigen
- Feststellungen aufgehoben, soweit dem Angeklagten Strafaussetzung zur Bewährung versagt worden ist.
- Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an die Staatsschutzkammer des Landgerichts Dortmund
- zurückverwiesen.
- 2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
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- Gründe:
- Das Landgericht Düsseldorf hatte durch Urteil vom 12. Dezember 2000
- den Angeklagten - einen Kurden - wegen schweren Hausfriedensbruchs in
- Tateinheit mit Landfriedensbruch und Zuwiderhandeln gegen ein vereinsrechtliches Betätigungsverbot zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und zwei Monaten verurteilt. Nach den Feststellungen hatte sich der Angeklagte an einer
- von der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) gesteuerten gewaltsamen Besetzung
- des griechischen Honorarkonsulats in Düsseldorf beteiligt. Auf die Revision
- des Angeklagten hat der Bundesgerichtshof das Urteil im Strafausspruch mit
- den zugehörigen Feststellungen aufgehoben, die Sache im Umfang der Aufhebung zu neuer Verhandlung und Entscheidung an eine andere Strafkammer
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- des Landgerichts zurückverwiesen und die weitergehende Revision verworfen
- (vgl. BGH StV 2001, 505 f.). Durch Urteil vom 29. Oktober 2001 hat das Landgericht Düsseldorf den Angeklagten wiederum zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und zwei Monaten verurteilt.
- Die auf eine Verfahrensrüge und die Sachbeschwerde gestützte Revision des Angeklagten gegen dieses Urteil hat nur hinsichtlich der Versagung
- von Strafaussetzung zur Bewährung Erfolg.
- 1. Die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung
- hat - auch unter Berücksichtigung des Schriftsatzes der Verteidigung vom
- 14. März 2002, der dem Senat dabei vorlag - zum Strafausspruch keinen
- Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben (§ 349 Abs. 2 StPO). Dem
- Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe kann noch entnommen werden, daß
- die Feststellungen zu den persönlichen Verhältnissen des Angeklagten auf
- dessen Einlassung beruhen.
- 2. Die Versagung der Strafaussetzung kann keinen Bestand haben.
- Das Landgericht hat dazu ausgeführt: "... Es kann dahin stehen, ob sich
- der Angeklagte allein durch die Angst vor einer Haftvollstreckung oder Abschiebung in Zukunft von der Begehung weiterer Straftaten abhalten ließe.
- Gemäß § 56 Abs. 2 StGB können Freiheitsstrafen von über einem Jahr nur
- dann zur Bewährung ausgesetzt werden, wenn zusätzlich besondere Umstände in der Tat oder der Persönlichkeit des Verurteilten vorliegen. Für das Gericht war nichts ersichtlich, was die Annahme solcher besonderer Umstände
- rechtfertigen könnte. Vor diesem Hintergrund bedurfte auch die Frage, ob nicht
- aufgrund des Gewichts der Tat die Verteidigung der Rechtsordnung eine Vollstreckung gebietet, keiner Beantwortung mehr."
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- Diese formelhafte Begründung läßt die erforderliche Gesamtabwägung
- unter Berücksichtigung der Umstände des Falles vermissen. Sie läßt besorgen,
- die Strafkammer habe verkannt, daß Umstände, die bei der Einzelbewertung
- nur einfache und durchschnittliche Milderungsgründe wären, durch ihr Zusammentreffen das Gewicht besonderer Umstände erlangen können (st. Rspr., vgl.
- BGHR StGB § 56 II Gesamtwürdigung, unzureichende 7; BGH NStZ 1984,
- 360). Die Annahme besonderer Umstände lag hier nach den festgestellten Milderungsgründen - unwesentliche Vorstrafe, Teilgeständnis, nur kurzzeitiger
- Aufenthalt von wenigen Minuten im besetzten Gebäude - jedenfalls nicht so
- fern, daß auf eine Erörterung verzichtet werden konnte, zumal "besondere Umstände" des § 56 Abs. 2 StGB um so weniger gewichtig sein müssen, je näher
- die Strafe bei einem Jahr Freiheitsstrafe liegt (vgl. BGH wistra 1985, 147, 148).
- Darüber hinaus hat das Landgericht offen gelassen, ob dem Angeklagten als Voraussetzung zur Prüfung des § 56 Abs. 2 StGB eine günstige Sozialprognose gestellt werden kann (§ 56 Abs. 1 StGB). Die für die Prognoseentscheidung bedeutsamen Gesichtspunkte hätten bei der hier vorliegenden Fallgestaltung die Beurteilung des Vorliegens oder Fehlens "besonderer Umstände" beeinflussen können (vgl. Stree in Schönke/Schröder, StGB 56. Aufl. § 56
- Rdn. 26 m. w. N.).
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- Der Senat hat von der Möglichkeit des § 354 Abs. 2 Satz 1 2. Alt. StPO
- Gebrauch gemacht.
- Tolksdorf
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- Winkler
- von Lienen
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- Pfister
- Becker
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