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1 year ago
  1. Nachschlagewerk: ja
  2. BGHSt:
  3. ja
  4. Veröffentlichung: ja
  5. ________________________
  6. StGB § 331 Abs. 1 aF
  7. Der Tatbestand der Vorteilsannahme (hier in der Fassung vor der Änderung durch
  8. das Korruptionsbekämpfungsgesetz vom 13. August 1997) unterliegt einer Einschränkung des Anwendungsbereichs für diejenigen Fälle, in denen es die hochschulrechtlich verankerte Dienstaufgabe des Amtsträgers ist, sog. Drittmittel für Lehre und Forschung – und damit zugleich auch Vorteile im Sinne des Tatbestandes –
  9. einzuwerben. Dem Schutzgut des § 331 Abs. 1 StGB (Vertrauen in die Sachgerechtigkeit und „Nicht-Käuflichkeit“ der Entscheidung) wird auf diesem Felde schon dadurch angemessen Rechnung getragen, daß das im Hochschulrecht vorgeschriebene Verfahren für die Mitteleinwerbung (Anzeige und Genehmigung) eingehalten
  10. wird.
  11. BGH, Urteil vom 23. Mai 2002 - 1 StR 372/01 - LG Heidelberg
  12. BUNDESGERICHTSHOF
  13. IM NAMEN DES VOLKES
  14. 1 StR 372/01
  15. URTEIL
  16. vom
  17. - 2 23. Mai 2002
  18. in der Strafsache
  19. gegen
  20. wegen Vorteilsannahme
  21. - 3 -
  22. Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Verhandlung am
  23. 15. Mai 2002 in der Sitzung vom 23.Mai 2002, an denen teilgenommen haben:
  24. Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
  25. Dr. Schäfer
  26. und die Richter am Bundesgerichtshof
  27. Nack,
  28. Dr. Wahl,
  29. Schluckebier,
  30. Dr. Kolz,
  31. Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof
  32. als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
  33. der Angeklagte in Person,
  34. Rechtsanwalt
  35. und Rechtsanwältin
  36. als Verteidiger,
  37. Justizangestellte
  38. als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,
  39. für Recht erkannt:
  40. - 4 -
  41. I.1. Auf die Revisionen des Angeklagten und der Staatsanwaltschaft, soweit diese zu Gunsten des Angeklagten wirkt, wird
  42. das Urteil des Landgerichts Heidelberg vom 28. März 2001
  43. aufgehoben
  44. a) im Falle II. 6. a) der Urteilsgründe (Verurteilung wegen
  45. Untreue; Überweisungsauftrag vom 28. September 1990);
  46. insoweit wird der Angeklagte freigesprochen;
  47. die ausscheidbaren Verfahrenskosten und die dem Angeklagten insoweit erwachsenen notwendigen Auslagen hat
  48. die Staatskasse zu tragen;
  49. b) in den Fällen II. 6. b), c), d), e) und f) der Urteilsgründe,
  50. soweit der Angeklagte wegen tateinheitlich begangener
  51. Untreue verurteilt worden ist;
  52. c) im gesamten Rechtsfolgenausspruch mit den zugehörigen
  53. Feststellungen.
  54. 2. Die weitergehende Revision des Angeklagten wird verworfen.
  55. 3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache, soweit sie noch
  56. nicht erledigt ist, zu neuer Verhandlung und Entscheidung,
  57. auch über die verbleibenden Kosten des Rechtsmittels des
  58. Angeklagten, an eine andere Strafkammer des Landgerichts
  59. zurückverwiesen.
  60. - 5 -
  61. II. Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das vorbezeichnete
  62. Urteil, soweit sie zu Ungunsten des Angeklagten eingelegt ist,
  63. wird verworfen.
  64. Die dadurch dem Angeklagten erwachsenen notwendigen
  65. Auslagen hat die Staatskasse zu tragen.
  66. Von Rechts wegen
  67. Gründe:
  68. Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Untreue in sechs Fällen,
  69. davon in fünf Fällen jeweils in Tateinheit mit Vorteilsannahme, zu einer Gesamtgeldstrafe von 200 Tagessätzen von je 1.000 DM verurteilt. Hiergegen
  70. richten sich die Revisionen des Angeklagten und der Staatsanwaltschaft. Die
  71. Staatsanwaltschaft beanstandet die Verletzung sachlichen Rechts und erstrebt
  72. eine Verurteilung des Angeklagten auch wegen Bestechlichkeit anstelle derjenigen wegen Vorteilsannahme. Ihr zu Ungunsten des Angeklagten eingelegtes
  73. Rechtsmittel ist unbegründet. Die Revision des Angeklagten rügt die Verletzung von Verfahrensrecht und von sachlichem Recht; sie hat Erfolg, soweit der
  74. Angeklagte auch wegen Untreue verurteilt worden ist und führt deshalb in einem Falle zum Freispruch, im übrigen zum Wegfall der tateinheitlichen Verur-
  75. - 6 -
  76. teilung wegen Untreue sowie zur Aufhebung des gesamten Rechtsfolgenausspruchs.
  77. A.
  78. Der Verurteilung des Angeklagten liegt zugrunde, daß er als Ärztlicher
  79. Direktor einer Klinikabteilung von einer Firma für medizintechnische Produkte,
  80. die seine Abteilung belieferte, umsatzabhängige Zuwendungen gutgebracht
  81. bekam und deren Auszahlung in sechs Teilbeträgen auf das Konto eines auf
  82. seine Initiative gegründeten Fördervereins für seine Abteilung veranlaßte. Die
  83. Mittel wurden unter Umgehung der Universitätsverwaltung für Zwecke der Wissenschaft und Forschung sowie zur Gerätebeschaffung und -wartung verwandt.
  84. Das Landgericht sieht in den Zuwendungen umsatzbezogene Rückvergütungen, die dem Klinikum als Kostenträger zugestanden hätten. Die Zuwendungen
  85. an den Angeklagten seien als Gegenleistung für dessen Beschaffungsentscheidungen zu werten, die er jedoch nicht pflichtwidrig getroffen habe.
  86. I.
  87. Der Angeklagte ist ordentlicher Professor an der Universität Heidelberg
  88. und Ärztlicher Direktor der Abteilung Herzchirurgie des Universitätsklinikums.
  89. Er hat die damit verbundenen Aufgaben in Forschung und Lehre zu erfüllen; im
  90. Rahmen seiner Abteilung ist er auch für die Krankenversorgung verantwortlich.
  91. Ihm obliegen die Organisation der Dienstpläne, die Entscheidung über den
  92. Einsatz der Geräte und Einrichtungen der Herzchirurgie sowie die Bewirtschaftung der zugewiesenen Haushalts- und Betriebsmittel. Zu seinen Dienstaufgaben gehört weiter die Einwerbung sogenannter Drittmittel für die Forschung.
  93. - 7 -
  94. Die Medizintechnikfirma M.
  95. GmbH belieferte das Universitätskli-
  96. nikum Heidelberg mit medizintechnischen Produkten, vor allem Herzklappen,
  97. Herzschrittmachern und Defibrillatoren. Innerhalb der Herzchirurgie trug der
  98. Angeklagte aufgrund seiner Stellung die Verantwortung für die Auswahl und
  99. den Einsatz der dort implantierten Herzklappen und Herzschrittmacher. Deren
  100. eigentliche Bestellung sowie der Abschluß entsprechender Rahmenverträge
  101. mit den Lieferanten oblag der Materialverwaltung der Universität, die auf der
  102. Grundlage der Vorgaben der medizinischen Abteilungen die bestmöglichen
  103. Konditionen mit den Lieferanten auszuhandeln hatte.
  104. Im Jahr 1988 vereinbarte der Angeklagte mit Mitarbeitern der Firma
  105. M.
  106. GmbH, daß diese ihm in der Folgezeit "Boni" in Höhe von fünf Pro-
  107. zent auf den getätigten Umsatz gewähre und auf einem bei dem Unternehmen
  108. geführten "Bonus-Konto" gutbringe. Die aufgelaufenen "Boni" sollten ihm sodann zur Verfügung stehen. Durch die Annahme dieser Zuwendungen wollte
  109. sich der Angeklagte nicht selbst bereichern. Er war allein darauf bedacht, für
  110. seine Forschungsvorhaben eine zusätzliche Geldquelle zu erschließen. Da er
  111. Effizienz und Umfang der Förderung dieser Vorhaben aufgrund seiner bisherigen Erfahrung mit der Verwendung seines offiziellen Forschungsbudgets und
  112. des bei der Universitätsverwaltung für ihn geführten Drittmittelkontos gefährdet
  113. sah, falls die Zuwendungen an die Universitätsverwaltung gelangt wären,
  114. gründete er einen Verein "Freunde und Förderer der Herzchirurgie Heidelberg", dessen erster Vorsitzender er war und dem ganz überwiegend Mitarbeiter von ihm angehörten. In der Zeit zwischen September 1990 und August 1992
  115. veranlaßte er aufgrund der mit der Firma M.
  116. GmbH getroffenen Verein-
  117. barung insgesamt sechs Zahlungen dieser Medizintechnikfirma - die von dem
  118. dort geführten "Bonus-Konto" erfolgten - in Höhe von insgesamt ca. 162.000
  119. DM zugunsten dieses Vereines. Entsprechend dem Vereinszweck wurden mit
  120. - 8 -
  121. dessen Mitteln - von denen die durch die Firma M.
  122. gezahlten Zuwen-
  123. dungen sich im Zeitraum von Juni 1990 bis August 1992 auf etwa 43 Prozent
  124. beliefen - Mitarbeitern der Herzchirurgie Auslagen für Kongreßreisen ersetzt,
  125. die Beschaffung und Wartung von büro- und medizintechnischen Geräten finanziert, Probanden in verschiedenen Studien bezahlt sowie Aushilfslöhne für
  126. geringfügig Beschäftige finanziert, die in unterschiedlichen Forschungsprojekten tätig waren.
  127. Im einzelnen kam es zu folgenden Zahlungen:
  128. - am 28. September 1990 wurden bis dahin aufgelaufene "Boni" in Höhe von
  129. ca. 70.000 DM an den Förderverein überwiesen,
  130. - am 16. Mai 1991 ca. 30.000 DM,
  131. - am 4. Juli 1991 folgte eine Überweisung in Höhe von etwa 2.900 DM,
  132. - am 11. Mai 1992 eine Überweisung in Höhe von ca. 48.000 DM,
  133. - am 13. Juli 1992 eine solche in Höhe von 4.700 DM und
  134. - am 19. August 1992 eine Überweisung von etwa 6.000 DM.
  135. Zum Teil erhielt die Firma M.
  136. GmbH Spendenquittungen. Der Ange-
  137. klagte bedankte sich für die Unterstützung seiner Forschungsvorhaben.
  138. Neben diesen der Aburteilung zugrundeliegenden Zahlungen beglich die
  139. Firma M.
  140. vor dem in Rede stehenden Zeitraum Rechnungen für die Be-
  141. schaffung medizinischen Geräts für die Abteilung des Angeklagten in Höhe von
  142. etwa 44.000 DM sowie für die Beschaffung einer EDV-Anlage für die Herzchirurgie in Höhe von ca. 53.000 DM. Zudem übermittelte sie zum Jubiläum der
  143. Herzchirurgie einen Scheck in Höhe von 5.000 DM. Nach dem Tatzeitraum kam
  144. es zu weiteren Zuwendungen der Firma M.
  145. an die Herzchirurgie Hei-
  146. - 9 -
  147. delberg, allerdings bei geänderter Förderpraxis. Die Firma übernahm Rechnungen für medizinische Geräte: im Januar 1993 für die Anschaffung einer
  148. EDV-Anlage im Wert von 75.000 DM; im Oktober 1993 für die Beschaffung eines Fluoreszenzphotometers in Höhe von ca. 48.000 DM, im November 1993
  149. für die Beschaffung eines Zellseperators im Wert von etwa 10.000 DM, und in
  150. der zweiten Jahreshälfte 1993 stellte die Firma M.
  151. für die Reparatur
  152. eines Elektronenmikroskops 48.000 DM bereit. Diese Zahlungen liegen der
  153. Aburteilung nicht zugrunde. Insoweit hat die Strafkammer das Verfahren nach
  154. § 154 StPO eingestellt.
  155. Mit ihren Zuwendungen verfolgte die Firma M.
  156. GmbH das Ziel,
  157. ihre Umsätze zu steigern und zu sichern. Für die "entscheidungsrelevanten
  158. Mitarbeiter" ihrer Kunden wurden deshalb die sogenannten Bonuskonten verwaltet. Die Finanzabteilung der Firma bestand darauf, die Gelder - mochte
  159. auch der Begünstigte über die nähere Verwendung bestimmen - der Forschung
  160. und in diesem Zusammenhang entweder der Universität selbst oder einer ihr
  161. zugehörigen Institution zukommen zu lassen. Die „Bonusgutschrift“ hätte deshalb auch einem Drittmittelkonto des Angeklagten bei der Universität zugeführt
  162. werden können. Der Angeklagte entschied sich indessen dafür, den Förderverein zu gründen und die Geldzahlungen der Firma M.
  163. über diesen abzu-
  164. wickeln.
  165. Der Angeklagte hat sich in der Hauptverhandlung u.a. dahin eingelassen, die Umgehung der Universitätsverwaltung sei "ohne Hintergedanken" erfolgt, um die Gelder effizient und unproblematisch einsetzen zu können. Die
  166. von ihm praktizierte Form der Kooperation sei üblich gewesen. Die Einwerbung
  167. von Drittmitteln sei seitens der Politik nachhaltig gefordert und angesichts der
  168. unzureichenden Förderung durch das Land essentiell gewesen. Soweit der
  169. - 10 -
  170. Angeklagte geltend gemacht hat, eine Bonusvereinbarung habe er mit der
  171. M.
  172. GmbH nicht getroffen gehabt, die Zuwendungen seien als Kostener-
  173. stattung für die Cardiomyoplastie-Forschung gedacht gewesen, hat das Landgericht seine Einlassung als widerlegt erachtet.
  174. II.
  175. Das Landgericht hat den Tatbestand der Untreue als erfüllt angesehen.
  176. Der Angeklagte habe eine Vermögensbetreuungspflicht für die Universität und
  177. seinen Dienstherrn gehabt. Die günstige Bewirtschaftung der Kosten seiner
  178. Abteilung sei wesentlicher Teil seines Pflichtenkreises. Der Universität sei ein
  179. Vermögensnachteil entstanden, weil er eine kostengünstigere Beschaffung
  180. durch die Vereinnahmung der Zuwendungen für den Förderverein vereitelt habe. Bei den Boni handele es sich um umsatzbezogene Rückvergütungen, die
  181. dem Klinikum als Kostenträger zugestanden hätten. Der Angeklagte habe zudem die Mittel der Verfügungs- und Entscheidungsmöglichkeit der Universitätsverwaltung entzogen und irreparabel in die Haushaltshoheit der Universität
  182. eingegriffen.
  183. Überdies sei der Tatbestand der Vorteilsannahme in seiner bis zum
  184. 19. August 1997 geltenden Fassung gegeben. Daß die Zuwendungen an den
  185. Förderverein erfolgt seien, sei unerheblich. Sie seien jedenfalls wirtschaftlich
  186. auch dem Angeklagten zugute gekommen und hätten für ihn selbst eine Besserstellung zur Folge gehabt. Dabei stellt das Landgericht auch auf die Rechtsprechung ab, derzufolge bei kleinen Vereinen als Zuwendungsempfängern
  187. sich solche Leistungen auch auf das einzelne Mitglied auswirken und deshalb
  188. ein eigenes, persönliches Interesse des Mitgliedes daran bestehe (Bezugnahme auf BGHSt 33, 336, 340; 35, 128, 135). Überdies habe der Angeklagte den
  189. - 11 -
  190. Förderverein gerade deshalb gegründet, um unabhängig von den Vorgaben
  191. des Drittmittelrechts über die Gelder verfügen zu können.
  192. Eine teleologische Einengung des Vorteilsbegriffs im Blick auf die grundrechtlich in Art. 5 Abs. 3 Satz 2 GG verbürgte Forschungsfreiheit und wegen
  193. der hier erfolgten Verwendung der Zahlungen zur Finanzierung der Forschung
  194. komme nicht in Betracht. Diesen Belangen könne durch das geltende Drittmittelrecht bereits ausreichend Rechnung getragen werden. Die Zuwendungen
  195. seien auch für die Diensthandlungen des Angeklagten erfolgt, nämlich für seine Mitwirkung bei der Auswahl der zu beziehenden medizintechnischen Produkte. Durch die prozentuale Verknüpfung mit dem Umsatz sei zugleich eine
  196. hinreichende Konkretisierung zwischen Vorteil und Diensthandlung gegeben.
  197. Eine Verurteilung des Angeklagten wegen Bestechlichkeit hat die Strafkammer indessen abgelehnt. Sie vermochte nicht festzustellen, daß der Angeklagte sich hinsichtlich der Auswahl der in seiner Abteilung verwendeten medizintechnischen Implantate gegenüber der Firma M.
  198. GmbH bereit ge-
  199. zeigt hätte, sich durch die Zuwendungen beeinflussen zu lassen. Daß der Angeklagte bei der Behandlung der Zuwendungen eine Untreue begangen habe,
  200. sei für die vom Tatbestand der Bestechlichkeit geforderte Pflichtwidrigkeit außer Betracht zu lassen. Die hier erforderliche Pflichtwidrigkeit müsse sich gerade auf diejenige Dienstpflicht beziehen, für die die Zuwendung erbracht worden sei.
  201. Die Strafkammer ist weiter davon ausgegangen, daß die bei der ersten
  202. vom Angeklagten veranlaßten Zahlung tateinheitlich mit der Untreue verwirklichte Vorteilsannahme der absoluten Verjährung unterfällt. Deshalb hat sie
  203. lediglich bei den folgenden Zahlungen den Angeklagten jeweils wegen Untreue
  204. in Tateinheit mit Vorteilsannahme für schuldig erachtet.
  205. - 12 -
  206. B.
  207. Zur Revision des Angeklagten:
  208. Die Verurteilung des Angeklagten wegen Untreue hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Die im Urteil getroffenen Feststellungen ergeben, daß der
  209. Angeklagte keine ihm obliegende Vermögensbetreuungspflicht im Sinne des
  210. § 266 Abs. 1 StGB verletzt hat. Das Landgericht hat Inhalt und Reichweite der
  211. Vermögensbetreuungspflicht des Angeklagten unzutreffend bestimmt und in
  212. diesem Zusammenhang die Zuwendungen rechtlich fehlerhaft eingeordnet;
  213. diese erweisen sich nicht als Rückvergütungen auf Kaufpreise, sondern standen nach dem rechtserheblichen Wollen der an der zugrundeliegenden Absprache Beteiligten dem Angeklagten zu. Schon dies führt zur Aufhebung sowohl des Schuldspruchs als auch des Strafausspruchs und zum Freispruch des
  214. Angeklagten im Falle II. 6. a) der Urteilsgründe. Darüber hinaus leiden die
  215. Ausführungen des Landgerichts zum Vermögensnachteil und zur subjektiven
  216. Tatseite der Untreue – auch auf der Grundlage der Annahme einer Treupflichtverletzung – unter Erörterungsmängeln, die ebenso die Aufhebung des
  217. Schuldspruchs wegen Untreue geboten hätten. Die Würdigung des Verhaltens
  218. des Angeklagten als Vorteilsannahme begegnet hingegen im Ergebnis keinen
  219. durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Jedoch ist der für die Strafzumessung
  220. erhebliche Schuldumfang insoweit aufgrund der bisherigen Feststellungen
  221. nicht hinreichend sicher bestimmbar.
  222. - 13 -
  223. I.
  224. Der Schuldspruch wegen Untreue (§ 266 Abs. 1 Alt. 2 StGB) kann keinen Bestand haben.
  225. 1. Aus den Urteilsgründen ergibt sich, daß der Angeklagte eine Vermögensbetreuungspflicht nicht verletzt hat. Die Strafkammer geht zwar zutreffend
  226. davon aus, daß dem Angeklagten als ordentlichem Hochschulprofessor und
  227. Ärztlichem Direktor einer Abteilung des Universitätsklinikums an sich eine solche Vermögensbetreuungspflicht oblag. Bei genauer Bestimmung des damit
  228. verbundenen Pflichtenkreises und richtiger Einordnung des Rechtscharakters
  229. der Zuwendungen auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen zeigt sich
  230. aber, daß gerade die in Rede stehenden Verfügungen des Angeklagten nicht
  231. seiner Treuepflicht im Sinne des Tatbestandes unterfielen. Aus den Urteilsgründen ergibt sich ohne weiteres, daß die Zuwendungen nach dem Willen der
  232. an der zugrunde liegenden Vereinbarung Beteiligten nicht der Universität, sondern dem Angeklagten zugedacht waren, auch wenn sie mit einer Verwendungsauflage versehen waren. Sie hatten den Charakter einer Provision oder
  233. personengebundenen Spende. Die Feststellungen bieten zudem keinen Anhalt
  234. dafür, daß der Angeklagte treuwidrig zu Lasten der Universität Einfluß auf die
  235. Gestaltung der Preise genommen hätte, namentlich die Vereinbarung überhöhter Preise bewirkt oder die Möglichkeit zur Erzielung günstigerer Preise
  236. vereitelt hätte.
  237. a) Der Treubruchtatbestand setzt voraus, daß die verletzte Pflicht innerhalb der vom Treugeber verliehenen Herrschaftsmacht anzusiedeln ist, über
  238. das fremde Vermögen zu verfügen und es zu betreuen (Identität der zu betreuenden und der geschädigten Vermögensinteressen; vgl. Schünemann in LK
  239. 11. Aufl. § 266 Rdn. 101). In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist
  240. - 14 -
  241. anerkannt, daß Beziehungen, die sich insgesamt als Treueverhältnis im Sinne
  242. des § 266 Abs. 1 StGB darstellen, Verpflichtungen enthalten können, deren
  243. Einhaltung nicht vom Untreuetatbestand geschützt ist. Maßgebend für die Bestimmung der Vermögensbetreuungspflicht sind Inhalt und Umfang der sog.
  244. Treuabrede, wie sie sich aus dem zugrunde liegenden rechtlichen Verhältnis,
  245. den getroffenen Vereinbarungen und deren Auslegung ergibt. So hat etwa ein
  246. im Außenverhältnis Vertretungsberechtigter ebenso wie ein interner Entscheidungsträger mit bestimmendem Einfluß auf Vergabeentscheidungen und Auftragserteilungen im Rahmen seiner Obliegenheiten selbstverständlich auf günstige Vertragsabschlüsse für den Treugeber hinzuwirken. Hingegen ist die
  247. Pflicht, persönliche Provisionen oder gar Schmiergelder an den Geschäftsherren herauszugeben (§ 667 BGB) grundsätzlich keine spezifische Treuepflicht.
  248. Sie unterscheidet sich nicht von sonstigen Herausgabe- und Erstattungspflichten (dazu BGH NStZ 1986, 361; wistra 1991, 138; BGHR StGB § 266 Abs. 1
  249. Nachteil 19, 35, 40). Anders kann es sich allenfalls dann verhalten, wenn ein
  250. Anspruch, auch ein Provisionsanspruch, dem Treugeber selbst zusteht, die
  251. Forderung aber treuwidrig vom Treunehmer vereinnahmt wird (BGHR StGB
  252. § 266 Abs. 1 Nachteil 40). Entsprechendes gilt nach Auffassung des Senats
  253. auch für Beamte (siehe auch OVG Koblenz DVBl 2001, 752; BayVGH ZBR
  254. 1992, 29; zu unbefugt von einem Beamten angenommenen Vorteilen vgl. weiter BGHSt 30, 46, 48). Verstößt ein Beamter gegen seine allgemeine beamtenrechtliche Treuepflicht, so begründet das nicht ohne weiteres eine vermögensbezogene Treuwidrigkeit im Sinne des § 266 Abs. 1 StGB.
  255. b) Eine Verletzung der Vermögensbetreuungspflicht des Angeklagten im
  256. Zusammenhang mit dem Aushandeln und Vereinbaren der Kaufpreise für die
  257. medizintechnischen Produkte hat das Landgericht nicht festgestellt. Das begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Nach dem im Urteil mitgeteilten Aufga-
  258. - 15 -
  259. ben- und Pflichtenkreis des Angeklagten hatte dieser als Ärztlicher Direktor die
  260. zugewiesenen Haushalts- und Betriebsmittel zu bewirtschaften und damit die
  261. sächlichen und personellen Mittel seiner Abteilung zweckentsprechend einzusetzen. Insoweit unterlag er sicher einer Vermögensbetreuungspflicht. Schon
  262. hinsichtlich des Abschlusses von Kaufverträgen über die Beschaffung von medizintechnischen Produkten versteht sich die Annahme einer Treupflicht nicht
  263. von selbst. Denn dies war Sache der Materialverwaltung der Universität, die
  264. auch die Preise auszuhandeln hatte. Soweit der Angeklagte hieran mittelbar
  265. beteiligt war, weil er die zu beschaffenden Produkte auswählte, kam ihm allerdings ein bestimmender Einfluß auf die Auftragsvergabe zu. Das rechtfertigt es,
  266. ihn auch insoweit für verpflichtet zu erachten, die Vermögensinteressen der
  267. Universität wahrzunehmen (vgl. BGHR StGB § 266 Abs. 1 Nachteil 19). Der
  268. Angeklagte hätte also insoweit treuwidrig gehandelt, wenn er mittelbar dazu
  269. beigetragen hätte, überhöhte Preise zu akzeptieren, oder wenn er die Materialverwaltung der Universität nicht in den Stand gesetzt hätte, noch günstigere
  270. Preise auszuhandeln, obgleich seines Wissens die Firma M.
  271. GmbH zu
  272. deren Gewährung bereit gewesen wäre. Das war aber nicht der Fall: Die Urteilsgründe ergeben in ihrem Zusammenhang, daß hier gerade keine überhöhten Preise vereinbart wurden, um die in Rede stehenden Zuwendungen zu
  273. speisen (sog. kick-back-Fall), und daß die Preise auch ohne die Zuwendungen
  274. nicht noch niedriger ausgefallen wären (vgl. dazu BGHR StGB § 266 Abs. 1
  275. Nachteil 19). Das Landgericht ist zwar der Ansicht, der Angeklagte habe eine
  276. kostengünstigere Beschaffung durch Vereinnahmung der Zuwendungen für
  277. den Förderverein vereitelt. Damit meint es aber, daß sich die Einnahme der
  278. Zuwendungen durch die Universität im Ergebnis kostenreduzierend ausgewirkt
  279. hätte. Von der Erzielbarkeit günstigerer Preise geht auch die Strafkammer nicht
  280. aus. Nach der in der Beweiswürdigung wiedergegebenen, vom Landgericht als
  281. - 16 -
  282. glaubhaft erachteten Aussage des Zeugen S.
  283. von der Materialver-
  284. waltung der Universität war es diesem nicht möglich gewesen, eine umsatzabhängige Rückvergütung zu erreichen. Ihm war mitgeteilt worden, die der Universität Heidelberg angebotenen Preise seien bereits günstiger als die Listenpreise (UA S. 37, 38). Firmenintern wurden die Zuwendungen bei der M.
  285. GmbH dem Budget der jeweiligen Abteilung weiterbelastet, was sich letztlich
  286. zu Lasten der Provisionen der Mitarbeiter der Abteilung auswirkte (UA S. 16
  287. oben). Auch das verdeutlicht, daß die Zahlungen nicht zu einer Verteuerung
  288. der Produkte führten.
  289. c) Die Vereinnahmung der Zuwendungen durch den Angeklagten für den
  290. Förderverein und deren Nichtabführung an die Universität unterfiel nicht der
  291. qualifizierten Vermögensbetreuungspflicht des Angeklagten. Diese Zahlungen
  292. sollten nicht der Universität selbst als Vertragspartner der Firma M.
  293. GmbH zukommen; die Universität sollte insoweit nicht Berechtigte sein. Die
  294. Zuwendungen waren vielmehr von der M.
  295. GmbH dem Angeklagten per-
  296. sönlich zugedacht, wiewohl mit der generellen Zweckbestimmung, sie "für die
  297. Universität oder eine ihr zugehörige Institution" zu verwenden. Es handelt sich
  298. der Sache nach um eine Provision für den eigentlichen Entscheidungsträger
  299. bei der Vergabe von Aufträgen oder eine personengebundene Spende, nicht
  300. aber – wie das Landgericht meint - um eine Rückerstattung auf den Kaufpreis,
  301. die dem Vertragspartner, der Universität zugestanden hätte.
  302. Das Landgericht beurteilt die Zahlungen als umsatzbezogene Rückvergütungen, bezeichnet sie als "kostenreduzierenden Faktor", der zu den Erträgen der Universität gehöre. Dabei stützt es sich auf die Umsatzabhängigkeit,
  303. aber auch auf die Bezeichnung der gutgebrachten Beträge als "Boni". Das erweist sich als nicht tragfähig. Im Gegenteil: Anerkannten zivilrechtlichen Ausle-
  304. - 17 -
  305. gungsgrundsätzen folgend ergibt sich aus den Urteilsgründen zwingend, daß
  306. die Zuwendungen nach dem rechtserheblichen Wollen der an der Absprache
  307. insoweit Beteiligten in die Herrschaftsmacht des Angeklagten als Begünstigtem
  308. fallen sollten (vgl. zur Auslegung von Willenserklärungen, auch unter Berücksichtigung des Gesamtverhaltens und der Interessenlage der Beteiligten: § 133
  309. BGB; MünchKomm/Mayer-Maly/Busche 4. Aufl. § 133 Rdn. 8, 46, 48, 56). "Zuwendungsempfänger" (UA S. 15) der Zahlungen von sogenannten "Bonuskonten" sollten nach dem Willen der Verantwortlichen der Firma M.
  310. GmbH
  311. die maßgeblichen, für die Beschaffungsentscheidungen intern verantwortlichen
  312. Chefärzte sein. Unter deren Namen wurden die sogenannten "Bonuskonten"
  313. bei M.
  314. geführt. Diesen sollten die Beträge "als Begünstigten zur Verfü-
  315. gung stehen" (UA S. 15 unten). Mit ihnen - nicht mit der die Vertragsverhandlungen führenden Materialverwaltung der Universität - wurden die entsprechenden Vereinbarungen getroffen (UA S. 15). Dafür, daß der Angeklagte bei
  316. der „Bonus“-Vereinbarung sowie bei der Veranlassung und Inempfangnahme
  317. der Zuwendungen als Vertreter der Universität und nicht im eigenen Namen
  318. handeln wollte, fehlt jeglicher Anhalt. Dazu wäre er im Außenverhältnis – wie
  319. sich aus der im Urteil beschriebenen Aufgabenverteilung ergibt – auch nicht
  320. berufen gewesen. Zwar kam die Auszahlung der Beträge auf ein privates Konto
  321. des Angeklagten nicht in Betracht, weil diese "der Forschung und in diesem
  322. Zusammenhang entweder der Universität selbst oder einer der Universität zugehörigen Institution" zukommen sollten. Der "Begünstigte" - also der Angeklagte - sollte aber "über die nähere Verwendung bestimmen" und „über das
  323. Geld verfügen“ können (UA S. 22 unten). Schon dies belegt, daß hier keine
  324. Rückvergütungsansprüche des Vertragspartners begründet werden sollten,
  325. sondern eine Absprache über eine - wenn auch umsatzabhängige und mit einer allgemeinen Verwendungsmaßgabe versehene - Provision oder Spende in
  326. - 18 -
  327. Rede stand, die dem Angeklagten selbst ("Begünstigter") zugedacht war. Dem
  328. entspricht, daß es – wie bereits erwähnt - dem Zeugen S.
  329. von der
  330. Materialverwaltung der Universität bei seinen Preisverhandlungen mit M.
  331. nicht möglich war, eine umsatzabhängige Rückvergütung zu erreichen (UA
  332. S. 37).
  333. Auch für die rechtliche Einordnung der Zuwendungen ist – unter den
  334. Gesichtspunkten der Interessenlage und des Gesamtverhaltens - nicht ohne
  335. Bedeutung, daß diese firmenintern bei der M.
  336. GmbH dem Budget der
  337. jeweiligen Firmenabteilung weiterbelastet wurden, was sich letztlich zu Lasten
  338. der Provisionen der Mitarbeiter der Abteilung auswirkte (UA S. 16 oben). Der
  339. Sache nach wurden mithin intern (für die Mitarbeiter) vorgesehene Provisionen
  340. gleichsam nach außen verschoben und als - wenn auch in allgemeiner Weise
  341. verwendungsgebundene - Provision an Externe ausgekehrt. All dies belegt,
  342. daß der Angeklagte nicht etwa Forderungen seines Dienstherrn treuwidrig vereinnahmt hat; die Zuwendungen hatten den Charakter einer personengebundenen Provision oder Spende und wurden damit nicht von seiner qualifizierten
  343. Vermögensbetreuungspflicht erfaßt. Das Verhalten des Angeklagten mag insoweit unter dem Gesichtspunkt eines Verstoßes gegen seine dienst- und beamtenrechtlichen Pflichten an anderer Stelle zu würdigen sein (vgl. § 73 Sätze
  344. 2 und 3, § 74 Satz 2 LBG BW, jeweils in Verbindung mit § 61 Abs. 1 Satz 1 UG
  345. BW); Untreue ist es nicht.
  346. 2. Der Schuldspruch wegen Untreue kann dessen ungeachtet auch im
  347. Blick auf das Erfordernis eines Vermögensnachteils nicht bestehen bleiben.
  348. § 266 Abs. 1 StGB schützt als ein Vermögensdelikt nur das Vermögen des Geschäftsherrn oder Treugebers als ganzes, nicht seine Dispositionsbefugnis. Ob
  349. ein Vermögensnachteil eingetreten ist, muß grundsätzlich durch einen Ver-
  350. - 19 -
  351. gleich des gesamten Vermögens vor und nach der beanstandeten Verfügung
  352. nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten geprüft werden (BGHR StGB § 266
  353. Abs. 1 Nachteil 39 m.w.Nachw.; vgl. auch Schünemann in LK aaO Rdn. 137 f.,
  354. 148, 149). Deshalb hätte differenziert erörtert werden müssen, daß der Angeklagte die Zuwendungen in seinem dienstlichen Aufgabenfeld verwandt hat und
  355. diese möglicherweise auch der Universität - jedenfalls teilweise - zugute gekommen sind. Eine solche kompensatorische Betrachtung setzt zwar grundsätzlich voraus, daß die ungetreue Verfügung Vermögenseinbuße und Ko mpensation zugleich hervorbringt. Eine Ausnahme von diesem Gleichzeitigkeitserfordernis kann indessen dann angebracht sein, wenn - bei wirtschaftlicher
  356. Betrachtung - nach einem vernünftigen Gesamtplan mehrere Verfügungen erforderlich sind, um den ausgleichenden Erfolg zu erreichen (vgl. Schünemann
  357. in LK aaO Rdn. 137) und eine konkrete, schadensgleiche Gefährdung des zu
  358. betreuenden Vermögens ausscheidet.
  359. 3. Schließlich wird die Würdigung des Landgerichts zur subjektiven
  360. Tatseite der Untreue den Anforderungen nicht in jeder Hinsicht gerecht. Wegen
  361. der grundsätzlichen Weite des Untreuetatbestandes in der Treubruchalternative sind an die Annahme von Vorsatz nach der ständigen Rechtsprechung des
  362. Bundesgerichtshofs strenge Anforderungen zu stellen, wenn nur bedingter
  363. Vorsatz in Frage steht und der Täter nicht eigennützig gehandelt hat (vgl. BGH
  364. NJW 1975, 1234, 1236; NJW 1983, 461; 1984, 800, 801; BGHR StGB § 266
  365. Abs. 1 Nachteil 38; Schünemann in LK aaO Rdn. 151). Der Täter muß sich
  366. nicht nur der Pflichtwidrigkeit seines Tuns, sondern auch und gerade des dadurch bewirkten Nachteils für das zu betreuende Vermögen bewußt sein
  367. (BGHR StGB § 266 Abs. 1 Nachteil 38 mit weiteren Rechtsprechungsnachweisen). Die hierzu vom Landgericht angestellten Erwägungen hätten im Blick
  368. darauf, daß der Angeklagte sich nicht selbst bereichern wollte, sondern allein
  369. - 20 -
  370. darauf bedacht war, für seine Forschungsvorhaben eine zusätzliche Geldquelle
  371. zu erschließen (UA S. 19), alle insoweit bedeutsamen Umstände einbeziehen
  372. müssen, die sich aus dem Urteil ergeben (vgl. dazu UA S. 9, 17/18, 19, 68/69).
  373. Der Senat weist in diesem Zusammenhang nur darauf hin, daß der Stand von
  374. Diskussion und Erkenntnis über erlaubte und nicht erlaubte Abwicklungswege
  375. im Tatzeitraum ebenso zu bedenken gewesen wäre wie der Beweggrund des
  376. Angeklagten, die Effizienz der Förderung zu sichern. Für seine innere Haltung
  377. zur Wahrnehmung seiner Aufgaben ist schließlich nicht völlig unbedeutend,
  378. daß er ein auf seinen Namen eingerichtetes Drittmittelkonto mit Beträgen in
  379. namhafter Höhe aus seiner Privatliquidation speiste.
  380. II.
  381. Die Würdigung des Handelns des Angeklagten als Vorteilsannahme
  382. (§ 331 Abs. 1 aF) begegnet hingegen im Ergebnis keinen durchgreifenden
  383. rechtlichen Bedenken. Insbesondere hat das Landgericht die vom Tatbestand
  384. vorausgesetzte Beziehung zwischen Vorteil und Diensthandlung zu Recht bejaht.
  385. Allerdings muß der Tatbestand (§ 331 Abs. 1 StGB) im Blick auf die
  386. hochschulrechtlich verankerte Dienstaufgabe eines Hochschullehrers zur Einwerbung von Drittmitteln einschränkend ausgelegt werden, um Wertungswidersprüche zu vermeiden. Regelt wie hier das Landeshochschulrecht (§ 8 Abs. 2,
  387. § 119 Abs. 2, Abs. 3 Nr. 5 UG BW idF. vom 30. Oktober 1987, GVBl S. 545)
  388. und damit eine spezielle gesetzliche Vorschrift die Einwerbung von zweckbestimmten Mitteln durch einen Amtsträger, die sich i.S.d. § 331 Abs. 1 StGB als
  389. Vorteil darstellen und bei denen ein Beziehungsverhältnis zu einer Dienst-
  390. - 21 -
  391. handlung besteht, so ist das durch den Straftatbestand geschützte Rechtsgut,
  392. das Vertrauen in die Sachgerechtigkeit und „Nicht-Käuflichkeit“ dienstlichen
  393. Handelns, dann nicht in dem vom Gesetzgeber vorausgesetzten Maße strafrechtlich schutzbedürftig, wenn das in jenem Gesetz vorgesehene Verfahren
  394. eingehalten, namentlich die Annahme der Mittel angezeigt und genehmigt wird.
  395. Auf diese Weise wird die Durchschaubarkeit (Transparenz) des Vorganges
  396. hinreichend sichergestellt, den Kontroll- und Aufsichtsorganen eine Überwachung ermöglicht und so der Notwendigkeit des Schutzes vor dem Anschein
  397. der „Käuflichkeit“ von Entscheidungen des Amtsträgers angemessen Rechnung
  398. getragen. Zudem werden Strafrecht und Hochschulrecht so auf der Tatbestandsebene in einen systematischen Einklang gebracht und ein Wertungsbruch vermieden.
  399. Im vorliegenden Fall hat der Angeklagte das hochschulrechtlich vorgeschriebene Verfahren zur Behandlung von Drittmitteln jedoch nicht eingehalten.
  400. Deshalb hat seine Verurteilung wegen Vorteilsannahme im Ergebnis Bestand.
  401. Der Schuldumfang muß indessen neu festgestellt werden, weil das Landgericht
  402. das Ausmaß des tatbestandsmäßigen Vorteils des Angeklagten verkannt hat.
  403. Der Strafausspruch unterliegt daher auch aus diesem Grunde der Aufhebung.
  404. 1. Das Landgericht hat mit Recht die zur Tatzeit geltende Fassung des
  405. Tatbestandes angewandt, die voraussetzt, daß ein Vorteil für den Täter selbst
  406. in Rede steht und dieser "als Gegenleistung für eine Diensthandlung" gefordert
  407. oder angenommen wird (anders nunmehr § 331 Abs. 1 StGB idF des Gesetzes
  408. zur Bekämpfung der Korruption vom 13. August 1997, BGBl I S. 2036, der zufolge Begünstigter auch ein "Dritter" sein kann und der Vorteil "für die Dienstausübung" gefordert, versprochen oder angenommen worden sein muß).
  409. - 22 -
  410. Rechtlich zutreffend hat es den Angeklagten aufgrund seiner Stellung auch als
  411. Amtsträger im Sinne des Tatbestandes behandelt.
  412. 2. Im Ergebnis hat die Strafkammer überdies die Annahme eines Vorteils
  413. durch den Angeklagten rechtsfehlerfrei bejaht.
  414. Unter einem Vorteil im Sinne der alten Fassung des Tatbestandes ist jede Leistung zu verstehen, auf die der Amtsträger keinen Anspruch hat und die
  415. seine wirtschaftliche, rechtliche oder auch nur persönliche Lage objektiv verbessert. Dazu mußte die Leistung für den Amtsträger selbst eine solche Besserstellung zur Folge haben, wobei eine immaterielle Verbesserung der Lage
  416. genügen kann. Soweit gerade im Blick auf eine berufliche Stellung ein solcher
  417. Vorteil immaterieller Art in Betracht zu ziehen ist, muß dieser allerdings einen
  418. objektiv meßbaren Inhalt haben und den Amtsträger in irgendeiner Weise tatsächlich besser stellen (vgl. dazu nur BGH NJW 1985, 2654, 2656; BGHSt 31,
  419. 264, 279 f.; 35, 128, 133 f.). Ob dazu schon die bloße "Befriedigung des Ehrgeizes" oder die Erhaltung oder Verbesserung von "Karrierechancen" genügen
  420. kann, wie dies vereinzelt vertreten wird (vgl. nur Jescheck in LK 11. Aufl. § 331
  421. Rdn. 9 m.w.Nachw.), kann hier dahingestellt bleiben, weil das Landgericht darauf nicht abgehoben hat und sich solches auch aus den Feststellungen nicht
  422. ergibt. Es erscheint dem Senat zudem eher fernliegend. Ansehensmehrung
  423. und Steigerung der wissenschaftlichen Reputation des Angeklagten hier als
  424. Vorteil im Sinne des § 331 Abs. 1 StGB begreifen zu wollen, hieße ihm letztlich
  425. anzulasten, daß er seine forschungs- und klinikbezogenen Aufgaben möglichst
  426. gut zu erfüllen versuchte; eine solche Betrachtung würde den Bereich der objektiven Meßbarkeit oder Darstellbarkeit eines Vorteils verlassen und ins Unbestimmte abgleiten.
  427. - 23 -
  428. Das Landgericht knüpft bei der Bemessung des Vorteils daran an, daß
  429. der Angeklagte als Vorsitzender des Fördervereins maßgeblichen Einfluß auf
  430. die weitere Verwendung der Gelder nehmen konnte. Es orientiert sich dabei an
  431. der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu den Fällen bestimmungsgemäßer Weitergabe von Vorteilen durch Mitglieder von Personenvereinigungen,
  432. in denen ein persönlicher Vorteil auch dann gegeben sein kann, wenn er dem
  433. Begünstigten nur mittelbar zugute kommt. Wann diese Voraussetzung bei Mitgliedern einer Personenvereinigung im Hinblick auf Zuwendungen an diese
  434. vorliegt, ist nach der zitierten Rechtsprechung eine Frage des Einzelfalles, zu
  435. deren Beurteilung insbesondere das persönliche Interesse des jeweiligen Mitgliedes an dem der Vereinigung gewährten Vorteil von Bedeutung sein kann
  436. (BGHSt 33, 336, 340; 35, 128, 135). Diese Rechtsprechung betrifft politische
  437. Parteien und Sportvereine. Sie ist auf den vorliegenden Sachverhalt nicht ohne
  438. weiteres übertragbar. Der Förderverein hat hier nicht als solcher Bedingungen
  439. für seine Vereinsmitglieder oder Vereinsverantwortlichen geschaffen, die vermittelt über den Vereinszweck letztlich eine Besserstellung des Angeklagten
  440. innerhalb des Vereins bewirkten. Der Verein war lediglich eine Art Durchlaufstation für Geldzuwendungen um - von vornherein geplant - die Arbeits- und
  441. Forschungsbedingungen des Angeklagten und die seiner Abteilung zu verbessern. Deshalb läßt der Senat offen, ob auf die Erlangung der Verfügungsbefugnis abgestellt werden konnte. Er hebt auf den dem Angeklagten selbst mittelbar zugute gekommenen Vorteil, auf die letztlich bewirkte Verbesserung seiner Arbeits- und Forschungsbedingungen ab. Denn nur das kann unter den
  442. besonderen Umständen des Falles für die Bemessung des Unrechtsgehalts
  443. und die Strafzumessung bestimmend sein.
  444. Hinsichtlich dieses Vorteils hat das Landgericht indessen nur ganz allgemeine Feststellungen getroffen. Nutzte der Angeklagte die Mittel, um Ausla-
  445. - 24 -
  446. gen für Kongreßreisen von Mitarbeitern der Herzchirurgie zu ersetzen, büround medizintechnische Geräte zu beschaffen und warten zu lassen, Probanden
  447. in verschiedenen Studien zu bezahlen sowie Aushilfslöhne für geringfügig Beschäftigte zu finanzieren, die in unterschiedlichen Forschungsprojekten tätig
  448. waren, so ergibt sich, daß jedenfalls "dem Grunde nach" eine objektiv meßbare
  449. Verbesserung seiner persönlichen Wirkungsmöglichkeiten eintrat. Daß darin
  450. ein Vorteil im Sinne des Tatbestandes liegt, hat auch die Revision in der
  451. Hauptverhandlung nicht mehr in Abrede gestellt.
  452. Auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen läßt sich allerdings
  453. das Maß der mittelbaren Vorteile, die dem Angeklagten selbst zugute kamen,
  454. nicht genauer bestimmen und auch nicht mit den unmittelbaren Vorteilen anderer abgleichen, die mit dem Mitteleinsatz verbunden waren. Dessen bedarf es
  455. aber, um den Schuldumfang genügend zu umgrenzen und auf dieser Grundlage gegebenenfalls eine Strafe für die im Kern ersichtlich ganz überwiegend
  456. fremdnützige Vorteilsannahme tragfähig zumessen zu können. Die Sache muß
  457. deshalb auch aus diesem Grunde neu verhandelt und entschieden werden.
  458. 3. Das vom Tatbestand vorausgesetzte, auch als Unrechtsvereinbarung
  459. charakterisierte Beziehungsverhältnis zwischen Vorteil und Diensthandlung hat
  460. das Landgericht rechtsfehlerfrei dargetan. Die hochschulrechtlich verankerte
  461. Dienstaufgabe des Angeklagten, zur Förderung von Forschung und Lehre
  462. Drittmittel einzuwerben, gebietet auf diesem Felde allerdings eine Einschränkung des Anwendungsbereichs der Strafvorschrift. Nur so lassen sich auf der
  463. Tatbestandsebene die in Rede stehenden gesetzlichen Regelungen in einen
  464. systematischen Einklang bringen. Voraussetzung für eine solche Einschränkung des Tatbestandes der Vorteilsannahme ist aber, daß es sich bei den einzuwerbenden Drittmitteln nicht nur der Sache nach um Fördermittel für For-
  465. - 25 -
  466. schung und Lehre handelt, sondern daß diese auch dem im Drittmittelrecht
  467. vorgeschriebenen Verfahren unterworfen werden (Anzeige und Genehmigung).
  468. Das war hier nicht geschehen.
  469. a) Wesentlich für die Annahme eines Beziehungsverhältnisses ist nach
  470. der zur Tatzeit geltenden engeren Fassung des Tatbestandes die - ausdrücklich oder konkludent getroffene - Vereinbarung, in der Amtsträger und Vorteilsgeber sich über die Gewährung eines Vorteils an den Empfänger als Gegenleistung für eine von ihm vorzunehmende oder vorgenommene Diensthandlung
  471. einig werden. Dabei dürfen die Anforderungen an die Bestimmtheit der zu entgeltenden Diensthandlung nicht überspannt werden. Es reicht aus, wenn Vorteilsgeber und Vorteilsnehmer sich bei der Gewährung und Annahme des Vorteils für ein künftiges dienstliches Verhalten über die Art der vergüteten Dienste
  472. einig sind, auch wenn sie keine genauen Vorstellungen davon haben, wann,
  473. bei welcher Gelegenheit und in welcher Weise der Amtsträger die Vereinbarung einlösen will. Die einvernehmlich ins Auge gefaßten Diensthandlungen
  474. brauchen daher ihrem sachlichen Gehalt nach nur in groben Umrissen erkennbar und festgelegt zu sein. Einem Schuldspruch wegen Vorteilsannahme nach
  475. der alten Fassung des Tatbestandes wird indessen der Boden entzogen, wenn
  476. Zuwendungen an den Amtsträger, denen keine konkrete Unrechtsvereinbarung
  477. (Gegenleistung für eine bestimmte Diensthandlung) zugrunde liegt, nur mit
  478. Rücksicht auf die Dienststellung des Empfängers, aus Anlaß oder bei Gelegenheit einer Amtshandlung oder lediglich deshalb erfolgten, um das allgemeine Wohlwollen des Amtsträgers zu erlangen (vgl. nur BGHSt 32, 290, 291;
  479. BGH NStZ 1984, 24; 1994, 277, BGH, Beschl. v. 28. April 1994 1 StR 173/94). Liegt es aber so wie eingangs dargelegt, besteht das vom Tatbestand geforderte Beziehungsverhältnis (sogenannte Unrechtsvereinbarung).
  480. - 26 -
  481. Das hat die Strafkammer hier auf der Grundlage einer rechtsfehlerfreien Beweiswürdigung angenommen.
  482. b) Dieses „unrechte“ Beziehungsverhältnis entfällt nicht schon deshalb,
  483. weil die als Gegenleistung gewährten Vorteile für Wissenschaft und Forschung
  484. verwendet werden. Eine solche Betrachtung, die der Revision vorschwebt und
  485. die für das Feld der Wissenschaft und Forschung zu einem einschränkenden
  486. Verständnis des Tatbestandes führen soll, hält zwar auch der Senat im Grundsatz für geboten. Es gilt, Wertungsbrüche zu vermeiden, die sonst durch die
  487. hochschulrechtlichen Regelungen ausgelöst werden können, welche die Annahme von Drittmitteln zur Forschungsfinanzierung vorsehen (vgl. § 25 HRRG,
  488. § 59 Abs. 2 UG BW idF vom 30. Oktober 1987, GVBl S. 545) und deren Einwerbung nach den Urteilsfeststellungen auch als Dienstaufgabe des Angeklagten angesehen wurde (UA S. 7). Die aus systematischen Gründen und im
  489. Interesse der Einheit der Rechtsordnung deshalb vorzunehmende Einschränkung des Anwendungsbereichs setzt aber nicht nur voraus, daß Fördermittel
  490. von Produktlieferanten eingeworben werden, die dem sachlichen Gehalt nach
  491. eben Drittmittel sind und der Förderung von Forschung und Lehre dienen. Erforderlich ist weiter im Interesse des Schutzgutes der Strafvorschrift (Vertrauen
  492. in die Sachgerechtigkeit der Entscheidungen) die Offenlegung, die Anzeige der
  493. Mitteleinwerbung und ihre Genehmigung in dem hochschulrechtlich dafür vorgesehenen Verfahren.
  494. aa) Die Notwendigkeit der genannten einschränkenden Auslegung für
  495. diesen Bereich ergibt sich aus folgendem: Das baden-württembergische Universitätsgesetz sah und sieht – wie entsprechende Gesetze anderer Länder
  496. auch - vor, daß für die Forschung und die Lehre Zuwendungen Dritter angenommen werden dürfen. Dies setzt indessen die Einhaltung bestimmter Regu-
  497. - 27 -
  498. larien voraus, insbesondere die vorherige Anzeige beim Verwaltungsrat der
  499. Universität (vgl. § 8 Abs. 2, § 59 Abs. 2, § 119 Abs. 2, Abs. 3 Nr. 5 UG BW in
  500. der zur Tatzeit geltenden Fassung). Solche Fördermittel Dritter sind, auch
  501. wenn sie nicht dem hochschulrechtlichen Verfahren gemäß behandelt werden,
  502. der Sache nach auch bei zweckgerechter Verwendung zugleich in der Regel
  503. materielle Vorteile. An der Bewertung der Zuwendung als Vorteil und als Gegenleistung im Rahmen des tatbestandlichen Beziehungsverhältnisses im Sinne herkömmlichen Verständnisses vermag sich durch den Einsatz der Mittel für
  504. Wissenschaft und Forschung nichts zu ändern. Da dort, wo Produktlieferanten
  505. Forschung und Lehre durch Zuwendungen fördern oft die Höhe der Förderung
  506. auch von Umfang und Intensität der geschäftlichen Beziehung zum Zuwendungsempfänger abhängt, bis hin zu Umsatzorientierung oder gar zur Umsatzabhängigkeit, kann sich für den Hochschullehrer, der dienstlich zur Einwerbung
  507. solcher Mittel angehalten ist, ein Spannungsfeld zum strafbewehrten Verbot
  508. der Vorteilsannahme ergeben. Straftatbestand und die hochschulrechtlich verankerte Aufgabe der Drittmitteleinwerbung sind deshalb in einen Einklang zu
  509. bringen, der dem Gedanken der Rechtssicherheit und dem Schutzgut der
  510. Strafvorschrift angemessen Rechnung trägt.
  511. bb) Der Wertungsgleichklang zwischen hochschulrechtlicher Aufgabenstellung und der Strafvorschrift über die Vorteilsannahme ist auf der Tatbestandsebene, nicht auf der Rechtfertigungsebene zu suchen. § 331 Abs. 3
  512. StGB sieht zwar eine Rechtfertigung des Vorteilsnehmers durch die Genehmigung des Vorteilsversprechens oder der Vorteilsannahme vor (zur Bewertung
  513. dieser Vorschrift als Rechtfertigungsgrund vgl. nur Jescheck in LK 11. Aufl.
  514. § 331 Rdn. 16; Tröndle/Fischer StGB 50. Aufl. § 331 Rdn. 32, jew.
  515. m.w.Nachw.). Die Rechtfertigungsbestimmung greift indes dann nicht, wenn die
  516. eingeworbenen Mittel gefordert worden sind. Der Senat hält es deshalb für vor-
  517. - 28 -
  518. zugswürdig, bei der Auslegung des vom Tatbestand vorausgesetzten Beziehungsverhältnisses zwischen Vorteil und Diensthandlung zu berücksichtigen,
  519. daß dieses Beziehungsverhältnis auch durch eine vom Dienstherrn an sich
  520. erwünschte und grundsätzlich genehmigungsfähige Einwerbung von Drittmitteln beeinflußt und mit geprägt wird. Im Vordergrund steht nach Maßgabe der
  521. spezifischen gesetzgeberischen Wertung für diesen Bereich dann nicht, daß
  522. die Fördermittel „als Gegenleistung“ für eine Diensthandlung (oder, nach neuem Recht, „für die Dienstausübung“) gewährt werden, sondern daß sie zur
  523. Förderung von Forschung und Lehre eingeworben, angenommen und eingesetzt werden.
  524. cc) Allerdings erfordert dies, daß das für die Einwerbung solcher Drittmittel hochschulrechtlich vorgeschriebene Verfahren eingehalten und nicht
  525. umgangen wird. Der Schutz des Rechtsguts, dem der Straftatbestand der Vorteilsannahme zu dienen bestimmt ist, gebietet das Anzeigen und Genehmigenlassen des Vorteils. Das Vertrauen der Allgemeinheit in die "NichtKäuflichkeit" von dienstlichen Handlungen und in die Sachlichkeit der Entscheidungen der Amtsträger, kurz: in die Lauterkeit des öffentlichen Dienstes
  526. (vgl. zur Beschreibung des Rechtsguts BGHSt 15, 88, 96 f.; 30, 46, 48; vgl.
  527. weiter Jescheck in LK aaO vor § 331 Rdn. 17;Tröndle/Fischer aaO § 331 Rdn.
  528. 3 m.w.Nachw.) ist gerade im Bereich der von Amtsträgern ausgeübten medizinischen Forschung und wahrgenommenen klinischen Versorgung in besonderer Weise schutzbedürftig, weil sich - wie der vorliegende Fall verdeutlicht hier die Verantwortung für Auswahl und Beschaffung medizintechnischer Produkte und von Medikamenten einerseits sowie die Verantwortung für die Einwerbung von Forschungsmitteln Dritter andererseits personell oft nicht trennen
  529. lassen wird (sog. Trennungsprinzip). Gerade hier soll auch der Patient, der sich
  530. in eine Universitätsklinik oder in eine sonst von einem Amtsträger geleitete Kli-
  531. - 29 -
  532. nik begibt, das Vertrauen haben können, daß die Auswahl eines etwa zu implantierenden medizintechnischen Produkts allein nach medizinischen Kriterien, allenfalls bei gleicher Eignung auch unter weiteren aufgabengerechten Gesichtspunkten erfolgt. Es liegt darüber hinaus auch im Interesse der jeweiligen
  533. Verantwortungsträger, ihre Unbefangenheit bei der jeweiligen Entscheidung zu
  534. schützen und die abstrakte Gefahr einer unbewußten Beeinflussung der Auswahlentscheidung durch etwaige hohe, gar direkt umsatzabhängige Gewährung von Forschungsmitteln durch bestimmte Produktlieferanten unter Vernachlässigung medizinischer Gesichtspunkte zu minimieren. Das kann nach
  535. Lage der Dinge nur durch ein größtmögliches Maß an Durchschaubarkeit
  536. (Transparenz) und durch die Gewährleistung von Kontrollmöglichkeiten sichergestellt werden. Eine solche Kontrolle wird durch Dokumentation und institutionalisierte Befassung von Aufsichtsinstanzen, namentlich über Anzeige- und
  537. Genehmigungspflicht erreicht. Damit wird einem Interessenkonflikt von vornherein entgegengewirkt.
  538. Bei dieser Gesetzesauslegung im Sinne der Einheit der Rechtsordnung
  539. wird derjenige Forscher, der Drittmittel einwirbt und damit wie hochschulrechtlich und beamtenrechtlich vorgegeben verfährt, kaum je Gefahr laufen, in den
  540. Verdacht der Vorteilsannahme zu geraten. Verläßliche Richtschnur werden ihm
  541. auch in einem nicht-juristischen Sinne die allgemeinen Regeln der Lauterkeit
  542. und Offenheit bieten. Im übrigen wird es - gerade auch nach der Erweiterung
  543. des Anwendungsbereichs der Bestechungsdelikte im Jahr 1997 - aus fürsorglichen, aber auch aufsichtlichen Erwägungen Sache der Universitätsverwaltungen und der Kultusverwaltungen sein, ihre Drittmittel einwerbenden Hochschullehrer zu beraten und in geeigneten Fällen auch von der Verwaltung der
  544. Mittel durch die Universität abzusehen (vgl. § 59 Abs. 2 Satz 4 UG BW).
  545. - 30 -
  546. dd) Das von der Revision vorgeschlagene Verständnis des Beziehungsverhältnisses zwischen Diensthandlung und Vorteil als Gegenleistung für gesetzlich besonders geregelte Bereiche wie die Forschungsförderung, das nicht
  547. auf einer Offenlegung in einem bestimmten, dafür eigens vorgesehenen Verfahren besteht, hätte demgegenüber im Blick auf die in Rede stehenden
  548. Rechtsgüter nicht hinnehmbare Nachteile. Es brächte erhebliche Unsicherheiten für die Beteiligten mit sich. Zudem würde es tendenziell die Entwicklung
  549. einer Art Drittelmittel-Schattenwirtschaft fördern, weil die Einwerbung und Verwendung solcher Zuwendungen an der Universitätsverwaltung vorbei und ohne
  550. Offenlegung dann nicht tatbestandsmäßig im Sinne des § 331 Abs. 1 StGB wäre. Das liefe - wie der Senat bereits hervorgehoben hat - dem Schutzanliegen
  551. des Tatbestandes gerade in dem hier in Rede stehenden besonders
  552. schutzwürdigen Bereich zuwider. Es ginge weiter mit einer entsprechenden
  553. Einschränkung für den Tatbestand der Bestechlichkeit (§ 332 Abs. 1 StGB)
  554. einher. Das könnte dazu führen, daß bei nicht angezeigter und genehmigter
  555. Einwerbung von Zuwendungen und deren sachlicher Verwendung für Wissenschaft und Forschung selbst eine daran geknüpfte pflichtwidrige Diensthandlung nicht nach § 332 Abs. 1 StGB strafbar wäre.
  556. 3. Die übrigen Tatbestandsvoraussetzungen hat die Strafkammer ersichtlich rechtsfehlerfrei festgestellt. Das gilt auch für den Vorsatz hinsichtlich
  557. des Vorteils, bei dem es sich nicht um ein normatives, sondern ein tatsächliches Merkmal handelt. Der wenigstens bedingte Vorsatz ergibt sich noch genügend aus den festgestellten Umständen. Die Umsatzabhängigkeit der Zuwendungen und die Umgehung der Universitätsverwaltung sind insoweit hinreichend tragfähige Beweisanzeichen.
  558. - 31 -
  559. III.
  560. Danach unterliegt das angefochtene Urteil der Aufhebung, soweit der
  561. Angeklagte wegen Untreue verurteilt worden ist; in einem dieser Fälle (Fall II.
  562. 6. a) der Urteilsgründe) ist er freizusprechen. In den verbleibenden fünf Fällen
  563. entfällt die Verurteilung wegen Untreue, während der Schuldspruch wegen (bis
  564. dahin tateinheitlicher) Vorteilsannahme bestehen bleiben kann. Die Rechtsfolgenfrage bedarf deswegen ebenfalls der erneuten Verhandlung und Entscheidung. Soweit es danach auf die von der Revision des Angeklagten erhobenen
  565. Verfahrensrügen überhaupt noch ankommen kann, bleiben diese aus den Erwägungen in der Zuschrift des Generalbundesanwalts vom 14. November 2001
  566. (Seite 8 ff.) erfolglos.
  567. Der neue Tatrichter wird den mittelbaren Vorteil, der dem Angeklagten
  568. selbst zugute kam, genauer zu bestimmen und ihn auch mit den unmittelbaren
  569. Vorteilen anderer – etwa der Universität - abzugleichen haben, die mit dem
  570. Mitteleinsatz verbunden waren. Für die Rechtsfolgenentscheidung könnte sich
  571. erweisen, daß das verwirklichte Unrecht hier am unteren Rande des überhaupt
  572. Strafwürdigen liegt. Im Verbund mit der langen Dauer des Verfahrens und den
  573. justitiell zu verantwortenden Verzögerungen (vgl. UA S. 102) wird ein Ahndungsbedürfnis dann möglicherweise nicht mehr bestehen und eine Sachbehandlung nach § 153 StPO in Betracht zu ziehen sein.
  574. - 32 -
  575. C.
  576. Zur Revision der Staatsanwaltschaft:
  577. Die Beschwerdeführerin meint, der Angeklagte habe sich neben der Untreue nicht nur der Vorteilsannahme, sondern in den in Rede stehenden fünf
  578. Fällen der Bestechlichkeit schuldig gemacht. Sie erstrebt eine Änderung des
  579. Schuldspruchs durch das Revisionsgericht und eine Aufhebung des Rechtsfolgenausspruchs.
  580. Das Rechtsmittel ist unbegründet. Die angegriffene Würdigung des
  581. Landgerichts ist rechtsfehlerfrei.
  582. Die Auffassung der Beschwerdeführerin, die vom Tatbestand der Bestechlichkeit (§ 332 Abs. 1 StGB) geforderte Pflichtwidrigkeit der Diensthandlung könne sich hier auch aus der Untreue des Angeklagten ergeben, geht am
  583. Wortlaut der Strafvorschrift vorbei. Danach können tatbestandsmäßig nur Vorteile sein, die als Gegenleistung "dafür" gefordert, versprochen oder angenommen werden, daß eine (bestimmte) Diensthandlung vorgenommen wird
  584. und der Amtsträger "dadurch" seine Dienstpflichten verletzt oder verletzen
  585. würde. Diese sprachliche Verknüpfung erhellt, daß sich die Vorteilsannahme
  586. wie auch die Pflichtverletzung jeweils auf eine bestimmte Diensthandlung beziehen müssen, die bewirkt werden soll ("Gegenleistung dafür"). Die pflichtwidrige Handlung im Sinne des § 332 StGB kann mithin nicht schon in dem Annehmen, Fordern oder Sichversprechenlassen des Vorteils selbst bestehen.
  587. Ebensowenig macht die Annahme oder das Fordern des Vorteils die Handlung,
  588. auf die sie sich beziehen, schon zu einer pflichtwidrigen. Deshalb ist jeweils die
  589. Feststellung notwendig, daß der Vorteil die Gegenleistung für eine schon an
  590. - 33 -
  591. sich pflichtwidrige Handlung war oder sein sollte (vgl. nur BGHSt 15, 239,
  592. 241/242).
  593. Nach den Urteilsfeststellungen war allein die Mitwirkung des Angeklagten an den Auswahlentscheidungen für bestimmte medizintechnische Produkte
  594. die ins Auge gefaßte Diensthandlung. Das Landgericht hat nicht festzustellen
  595. vermocht, daß der Angeklagte sich bereit gezeigt habe, sich durch die Gewährung der Vorteile bei seinen Auswahlentscheidungen beeinflussen zu lassen.
  596. Die dafür von der Strafkammer angeführten Umstände sind ohne weiteres
  597. tragfähig (UA S. 84/85). Die Beweggründe des Zuwendenden waren in diesem
  598. Zusammenhang unerheblich.
  599. Da das Landgericht den Tatbestand der Bestechlichkeit insoweit zutreffend ausgelegt und angewandt hat, kommt es nicht mehr darauf an, daß die
  600. Beanstandung der Staatsanwaltschaft auch auf dem Boden ihrer Rechtsauffassung ins Leere geht, weil der Angeklagte durch das Annehmen des tatbestandsmäßigen Vorteils eine Vermögensbetreuungspflicht nicht verletzt und
  601. den Tatbestand der Untreue nicht erfüllt hat.
  602. - 34 -
  603. Die auch auf die Revision der Staatsanwaltschaft hin vorzunehmende
  604. Nachprüfung des angefochtenen Urteils auf Rechtsfehler, die den Angeklagten
  605. beschweren (vgl. § 301 StPO), führt zu demselben Ergebnis wie die auf das
  606. Rechtsmittel des Angeklagten hin veranlaßte (siehe oben unter B.).
  607. Schäfer
  608. Nack
  609. Schluckebier
  610. Wahl
  611. Kolz