Search on legal documents using Tensorflow and a web_actix web interface
You can not select more than 25 topics Topics must start with a letter or number, can include dashes ('-') and can be up to 35 characters long.

866 lines
58 KiB

1 year ago
  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. BESCHLUSS
  3. X ZB 14/06
  4. vom
  5. 26. September 2006
  6. in dem Vergabenachprüfungsverfahren
  7. Nachschlagewerk: ja
  8. BGHZ:
  9. ja
  10. BGHR:
  11. ja
  12. GWB § 107 Abs. 2
  13. Legt ein Bieter die Nichtbeachtung von Vergabevorschriften dar und kommt danach als vergaberechtsgemäße Maßnahme die Aufhebung der Ausschreibung
  14. in Betracht, weil alle anderen Angebote unvollständig sind, ist der Bieter regelmäßig unabhängig davon im Nachprüfungsverfahren antragsbefugt, ob auch
  15. sein Angebot an einem Ausschlussgrund leidet.
  16. VOL/A § 25 Nr. 1 Abs. 2 a
  17. Fehlen Muster, deren Vorlage der öffentliche Auftraggeber verlangt, oder sind
  18. verlangte Muster unvollständig, ist § 25 Nr. 1 Abs. 2 a VOL/A entsprechend anzuwenden.
  19. GWB § 97 Abs. 2; § 100 Abs. 1, VOL/A § 25 Nr. 1 Abs. 2 a
  20. Wenn der öffentliche Auftraggeber in Anwendung von § 25 Nr. 1 Abs. 2 a
  21. VOL/A das Angebot eines Bieters wegen Unvollständigkeit nicht wertet, muss
  22. er jedenfalls auch diejenigen Angebote anderer Bieter ausschließen, die gleichfalls an dem beanstandeten oder einem gleichwertigen Mangel leiden.
  23. GWB § 97 Abs. 7, § 100 Abs. 1
  24. Wenn alle Angebote in bestimmter Hinsicht unvollständig und deshalb von der
  25. Wertung auszuschließen sind, kann auch ein Bieter, dessen Angebot an einem
  26. -2weiteren Ausschlussgrund leidet, verlangen, dass eine Auftragsvergabe in dem
  27. eingeleiteten Vergabeverfahren unterbleibt.
  28. GWB § 128 Abs. 4
  29. Der öffentliche Auftraggeber und der ihn unterstützende Beigeladene haften als
  30. Teilschuldner für die Erstattung der Aufwendungen des obsiegenden Antragstellers im Verfahren vor der Vergabekammer.
  31. BGH, Beschl. v. 26. September 2006 - X ZB 14/06 - OLG Frankfurt/Main
  32. Vergabekammer des Landes
  33. Hessen beim Regierungspräsidium Darmstadt
  34. -3-
  35. Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Richter Scharen,
  36. die Richterinnen Ambrosius und Mühlens und die Richter Prof. Dr. Meier-Beck
  37. und Dr. Kirchhoff
  38. am 26. September 2006
  39. beschlossen:
  40. Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin wird die mangels
  41. rechtzeitigen Beschlusses der Vergabekammer des Landes Hessen
  42. bei dem Regierungspräsidium Darmstadt als ausgesprochen geltende Ablehnung des Nachprüfungsantrags der Antragstellerin teilweise aufgehoben.
  43. Der Antragsgegnerin wird untersagt, auf der Grundlage der in ihrer
  44. Ausschreibung mit der Vergabenummer 16/05 festgelegten Bedingungen den Zuschlag zu erteilen.
  45. Im Übrigen wird die sofortige Beschwerde der Antragstellerin zurückgewiesen.
  46. Die Antragsgegnerin und die Beigeladene haben als Gesamtschuldner die für die Amtshandlungen der Vergabekammer des
  47. Landes Hessen bei dem Regierungspräsidium Darmstadt entstandenen Kosten zu tragen.
  48. -4-
  49. Die Antragsgegnerin und die Beigeladene haben der Antragstellerin
  50. deren zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung vor der Vergabekammer des Landes Hessen bei dem Regierungspräsidium
  51. Darmstadt entstandene notwendige Auslagen je zur Hälfte zu erstatten. Die Hinzuziehung des Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin war notwendig.
  52. Die Antragsgegnerin und die Beigeladene haben die Kosten des
  53. Verfahrens der sofortigen Beschwerde zu tragen.
  54. Gründe:
  55. 1
  56. A. Die Antragsgegnerin schrieb Ende April 2005 europaweit die Beschaffung von 1.400 universellen Einsatzanzügen für die hessische Polizei im offenen Verfahren aus. Die Anzüge sollten aus einem Aramidgewebe bestimmter
  57. Zusammensetzung in der Farbe Stahlblau und unter Beachtung näher angegebener technischer Spezifikationen hergestellt werden. So sollten die an den Anzügen anzubringenden Haft- und Flauschbänder in der Außen- und Innenlage
  58. schwer entflammbar sein, soweit sie für die Anbringung von Funktionsabzeichen sowie zur Fixierung des Rückenschildes mit Aufschriften wie "Polizei",
  59. "Einsatzleiter" usw. und eines weiteren Schildes dienen sollten, jedoch aus einem permanent schwer entflammbaren farbpassenden Material bestehen. Außerdem sollte an jeder Einsatzanzugsjacke im Reißverschlussschieber eine
  60. -5-
  61. Material- und Artikelkurzbeschreibung (Hinweis auf Schutzwirkung) mit Pflegehinweisen angeheftet sein.
  62. 2
  63. In den Angebotsbedingungen war vermerkt:
  64. "Es ist ausdrücklich zuzusichern, dass die Einsatzanzüge und der
  65. zur Konfektionierung verwendete Stoff TL-gerecht angefertigt werden. Waren- und Materialproben, sowie technische Protokolle eines
  66. unabhängigen Prüfinstitutes legen Sie bitte bei.
  67. Angebote ohne Nachweis der technischen Forderungen, sowie
  68. Angebote ohne Angebotsmuster bleiben unberücksichtigt."
  69. 3
  70. Spinnmaterialien mit gleichwertigen Eigenschaften waren zugelassen.
  71. Der Anbieter sollte insoweit an hierfür vorgesehener Stelle folgende Erklärung
  72. unterschreiben:
  73. "Das angebotene Spinnmaterial (verkehrsübliche Bezeichnung) ist
  74. in allen Eigenschaften dem beschriebenen Material gleichwertig."
  75. und ebenfalls alle geforderten Prüfwerte vorlegen.
  76. 4
  77. Die Ausschreibungsunterlagen konnten bis zum 19. Mai 2005 angefordert, ausschließlich Hauptangebote bis zum 20. Juni 2005 abgegeben werden.
  78. Bis zum Angebotstermin waren verbindliche Angebotsmuster mit Firmenstempel zur Beurteilung vorzulegen. Die Ausführungsfrist sollte am 15. August 2005
  79. beginnen. Die Anzüge sollten bis zum 5. Mai 2006 geliefert werden, weil sie
  80. jedenfalls bei der Fußballweltmeisterschaft 2006 zur Verfügung stehen sollten.
  81. -6-
  82. Weitere maximal 200 Stück sollten 2006 von der Antragsgegnerin angefordert
  83. und ebenfalls bis zum 5. Mai 2006 geliefert werden können. Eine weitere optionale Lieferung von 1.000 Stück für das Haushaltsjahr 2007 sollte bis zum Ende
  84. des ersten Quartals 2007 erfolgen können. Im Leistungs- und Preisblatt war
  85. sowohl für die bis zum 5. Mai 2006 als auch für die bis zum Ende des ersten
  86. Quartals 2007 zu bewirkende Lieferung durch Ausfüllen eines entsprechenden
  87. Vordrucks jeweils das Datum der Lieferung anzugeben.
  88. 5
  89. Vier Bieter gaben bis zum 20. Juni 2005 Angebote ab. Die Angebotspreise lagen zwischen 279.709,64 € (Antragstellerin) und 401.371,60 €.
  90. 6
  91. Die Angebote zweier Bieter schloss die Antragsgegnerin wegen Unvollständigkeit aus. Auch der Antragstellerin teilte die Antragsgegnerin mit, dass ihr
  92. Angebot gemäß § 25 Nr. 1 Abs. 2 a VOL/A auszuschließen sei, weil geforderte
  93. Angaben und Erklärungen fehlten. Laut Vergabevermerk beanstandete die Antragsgegnerin an dem Angebot der Antragstellerin Folgendes:
  94. "Folgende … zwingend geforderte Anlagen und Erklärungen wurden nicht vorgelegt. Es handelt sich dabei um
  95. einen Nachweis der … geforderten UV-Prüfung,
  96. geforderte Prüfprotokolle des verwendeten stahlblauen
  97. Materials (die der Ausschreibung beigefügten Prüfprotokolle beziehen sich auf ein moosgrünes Material),
  98. Prüfprotokoll für das permanent schwer entflammbare
  99. Flauschband für den Außenbereich am Einsatzanzug …,
  100. -7-
  101. Musterproben für das permanent schwer entflammbare
  102. Flauschband für den Außenbereich am Einsatzanzug …,
  103. das geforderte Pflegeheft mit Infodaten für den Träger."
  104. 7
  105. Das Informationsschreiben der Antragsgegnerin, das diese Beanstandungen ebenfalls benannte, gab außerdem an, dass die Antragsgegnerin beabsichtige, den Auftrag an die Beigeladene zu vergeben. Deren Angebotspreis
  106. belief sich auf 367.705,56 €.
  107. 8
  108. Die Antragstellerin hat sich durch ihren Verfahrensbevollmächtigten mit
  109. einem am 9. August 2005 eingegangenen Fax an die Antragsgegnerin gewandt
  110. und mitgeteilt, dass sie näher ausgeführte "Vergaberechtsverstöße rüge". Die
  111. von der Antragsgegnerin geforderten Prüfprotokolle hinsichtlich des ausgeschriebenen Gewebes in der Farbe Stahlblau seien von keinem Bieter zu
  112. erbringen, weil die Zeit zwischen Ausschreibung/Veröffentlichung und Submissionstermin nicht ausreichend gewesen sei, die bereits vorhandenen Prüfprotokolle, die sich auf die Farbe Moosgrün oder Oliv bzw. eine Farbe einer gleichwertigen Farbtonklasse bezögen, in Bezug auf die Farbe Stahlblau neu zu
  113. erstellen. Gleiches gelte für die verlangte UV-Prüfung. Es sei zu vermuten, dass
  114. der Wettbewerb unzulässig habe eingeschränkt werden sollen, weil die aufgestellten Anforderungen dafür sorgten, dass - wenn überhaupt - nur Bieter, welche die Faser N.
  115. anböten, diese Anforderungen erfüllen könnten. Die Prüf-
  116. zertifikate für das Flauschband seien bereits dem Angebot beigefügt gewesen,
  117. ebenso wie 2 m Muster dieser Ware.
  118. -8-
  119. 9
  120. Die Antragsgegnerin antwortete noch am 9. August 2005. Zuvor hatte die
  121. Antragstellerin jedoch um 12.10 Uhr Nachprüfungsantrag bei der zuständigen
  122. Vergabekammer eingereicht.
  123. 10
  124. Die Vergabekammer hat die Bieterin, die nach dem Vergabevermerk der
  125. Antragsgegnerin den Auftrag erhalten soll, als Beigeladene am Verfahren beteiligt und über den Nachprüfungsantrag, mit dem die Antragstellerin hauptsächlich die Aufhebung der Ausschreibung und ggf. Neuausschreibung begehrt hat,
  126. am 29. September 2005 mündlich verhandelt. Eine Entscheidung der Vergabekammer binnen der nach § 113 Abs. 1 GWB zu beachtenden, vom Vorsitzenden bis zum 1. November 2005 verlängerten Frist ist nicht ergangen.
  127. 11
  128. Die Antragstellerin hat sich deshalb am 11. November 2005 mittels sofortiger Beschwerde an das Oberlandesgericht Frankfurt/Main gewandt. Die Antragstellerin beantragt,
  129. 1. die sich gemäß § 116 Abs. 2 GWB ergebende fiktive Ablehnungsentscheidung der Vergabekammer aufzuheben,
  130. 2. die Antragsgegnerin zu verpflichten, die Ausschreibung aufzuheben und ggf. neu auszuschreiben,
  131. 3. hilfsweise, die Vergabekammer zu verpflichten, unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des angerufenen Gerichts über
  132. die Sache (erneut) zu entscheiden,
  133. -9-
  134. 4. gänzlich hilfsweise, die Antragsgegnerin zu verpflichten, den Zuschlag nur unter Wertung des Angebots der Antragstellerin zu erteilen,
  135. 5. die Hinzuziehung eines Verfahrensbevollmächtigten durch die
  136. Antragstellerin für notwendig zu erklären.
  137. 12
  138. Die Antragsgegnerin und die Beigeladene treten diesem Begehren entgegen.
  139. 13
  140. Der Vergabesenat des Oberlandesgerichts hat die Sache dem Bundesgerichtshof vorgelegt. Er möchte der sofortigen Beschwerde der Antragstellerin
  141. stattgeben, weil er diese für antragsbefugt und ihr Begehren für begründet hält.
  142. Das Angebot der Antragstellerin habe zwar nicht den Vorgaben der Ausschreibungsbedingungen entsprochen; die Antragsgegnerin habe jedoch gegen den
  143. Gleichbehandlungsgrundsatz verstoßen, weil sie das in mehrfacher Hinsicht
  144. unvollständige Angebot der Beigeladenen nicht ebenfalls von der Wertung ausgeschlossen habe.
  145. 14
  146. B. I. Die Vorlage ist zulässig. Das vorlegende Oberlandesgericht will als
  147. tragende Begründung seiner Entscheidung den Rechtssatz zugrunde legen, der
  148. Umstand, dass das Angebot des das Nachprüfungsverfahren betreibenden Bieters einen Ausschlusstatbestand erfülle, hindere dann nicht, geeignete Maßnahmen im Sinne des § 114 Abs. 1 GWB zu treffen, wenn auch die anderen
  149. Bieter mit ihrem Angebot ausgeschlossen werden müssten (vgl. schon die früheren Beschlüsse des vorlegenden OLG Frankfurt/Main v. 21.04.2005
  150. - 11 Verg 1/05, VergabeR 2005, 487; v. 23.12.2005 - 11 Verg 13/05, VergabeR
  151. 2006, 212, 218 ff.; v. 06.03.2006 - 11 Verg 11/05; ebenso OLG Düsseldorf z.B.
  152. - 10 -
  153. VergabeR 2005, 483, 485 m.w.N.; ähnlich OLG Dresden VergabeR 2004, 724,
  154. 727). Hiermit würde das vorlegende Oberlandesgericht jedenfalls von der
  155. Rechtsprechung der Oberlandesgerichte Naumburg (NZBau 2006, 57) und Jena (NZBau 2005, 476) abweichen (vgl. auch OLG Koblenz VergabeR 2005,
  156. 112), weil diese Gerichte in derartigen Fällen den Rechtssatz anwenden bzw.
  157. anwenden wollen, ein von der Wertung auszuschließender Bieter könne nicht
  158. darlegen, dass er durch andere Handlungen des öffentlichen Auftraggebers in
  159. seinen Rechten nach § 97 Abs. 7 GWB verletzt sei oder ihm hierdurch ein
  160. Schaden zu entstehen drohe. Angesichts dieser Divergenz führt die Vorlage
  161. dazu, dass grundsätzlich nunmehr der Bundesgerichtshof über die sofortige
  162. Beschwerde der Antragstellerin zu entscheiden hat (§ 124 Abs. 2 Satz 2 GWB;
  163. BGHZ 146, 202, 205).
  164. II. Die Beschwerde der Antragsgegnerin ist gemäß § 116 Abs. 2 GWB
  165. 15
  166. statthaft und in rechter Frist und Form eingelegt.
  167. III. Das Begehren der Antragstellerin, das von der Antragsgegnerin ein-
  168. 16
  169. geleitete Vergabeverfahren der Nachprüfung zu unterziehen, ist ebenfalls zulässig.
  170. 17
  171. 1. Die Antragstellerin ist gemäß § 107 Abs. 2 GWB antragsbefugt.
  172. 18
  173. a) Die Antragstellerin hat ein Interesse an dem Auftrag, dessentwegen
  174. die Antragsgegnerin das zur Nachprüfung gestellte Vergabeverfahren durchführt. Dies bedarf keiner weiteren Darlegung, weil die Antragstellerin Bieterin in
  175. dem eingeleiteten Vergabeverfahren ist und bereits der Umstand der Angebotsabgabe regelmäßig das erforderliche Interesse belegt (vgl. BVerfG, Beschl.
  176. v. 29.06.2004 - 2 BvR 2248/03, NZBau 2004, 564). Dafür, dass im Streitfall
  177. - 11 -
  178. ausnahmsweise etwas anderes gelten könnte (vgl. insoweit z.B. OLG Brandenburg, Beschl. v. 05.10.2004 - Verg W 12/04), ist nichts ersichtlich und wird auch
  179. weder von der Antragsgegnerin noch der Beigeladenen etwas dargetan.
  180. 19
  181. b) Die weitere Voraussetzung des § 107 Abs. 2 Satz 1 GWB (Geltendmachung einer Verletzung in Rechten nach § 97 Abs. 7 GWB durch Nichtbeachtung von Vergabevorschriften) ist ebenfalls erfüllt.
  182. 20
  183. (1) Insoweit reicht es aus, dass nach der Darstellung des das Nachprüfungsverfahren betreibenden Unternehmens eine Verletzung eigener Rechte
  184. möglich erscheint. Aus Gründen des effektiven Rechtsschutzes, der im Anwendungsbereich des § 100 Abs. 1 GWB durch das vergaberechtliche Nachprüfungsverfahren ermöglicht werden soll, kann die Antragsbefugnis nämlich nur
  185. einem Unternehmen fehlen, bei dem offensichtlich eine Rechtsbeeinträchtigung
  186. nicht vorliegt (BVerfG, Beschl. v. 29.07.2004 - 2 BvR 2248/03, NZBau 2004,
  187. 564, 566). Wünscht ein Bieter die Nachprüfung eines eingeleiteten Vergabeverfahrens, ist deshalb die Voraussetzung des § 107 Abs. 2 Satz 1 GWB regelmäßig gegeben, wenn er sich auf die Verletzung von subjektiven Rechten mit der
  188. Behauptung beruft, dass der öffentliche Auftraggeber Bestimmungen über das
  189. Vergabeverfahren nicht eingehalten hat oder einhält. Wenn und soweit - seine
  190. Richtigkeit unterstellt - der Tatsachenvortrag des Antragstellers geeignet ist, die
  191. Missachtung von Regeln des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen,
  192. der Verordnung über die Vergabe öffentlicher Aufträge oder der einschlägigen
  193. Verdingungsordnung einschließlich der sich aus diesen Regeln ergebenden
  194. Bindung an die in der Bekanntmachung oder Ausschreibung festgelegten Bedingungen des betreffenden Vergabeverfahrens darzutun, kommt nämlich regelmäßig in Betracht, dass der Antragsteller hiervon auch in seinen Rechten
  195. betroffen ist. Denn nach § 97 Abs. 7 GWB haben Unternehmen Anspruch dar-
  196. - 12 -
  197. auf, dass der öffentliche Auftraggeber die Bestimmungen über das Vergabeverfahren einhält. Begehrt ein Bieter mit der schlüssigen Behauptung einer Missachtung solcher Bestimmungen die Nachprüfung des eingeleiteten Vergabeverfahrens, bedarf mithin die Verletzung in Rechten nach § 97 Abs. 7 GWB keiner
  198. besonderen Darlegung mehr. Für die Zulässigkeit des Nachprüfungsantrags ist
  199. vielmehr die schlüssige Behauptung erforderlich und regelmäßig ausreichend,
  200. dass und welche vergaberechtlichen Vorschriften im Verlaufe des Vergabeverfahrens missachtet worden sein sollen (vgl. BGHZ 159, 186, 192).
  201. 21
  202. (2) Mit ihrem das Nachprüfungsverfahren einleitenden Schriftsatz hat die
  203. Antragstellerin unter anderem vorgebracht, Gewebe des gewünschten Farbtons
  204. Stahlblau habe erst hergestellt und die insoweit geforderten Prüfungen durch
  205. ein unabhängiges Prüfinstitut hätten erst durchgeführt werden müssen, weil
  206. bisher nur Anzüge in Moosgrün oder Oliv nachgefragt worden seien. Angesichts
  207. der Kürze der Zeit bis zum Angebotstermin sei deshalb kein Bieter in der Lage
  208. gewesen, die geforderten Prüfprotokolle vorzulegen. Der auf das Fehlen der
  209. Prüfprotokolle für stahlblaues Gewebe gestützte Ausschluss ihres Angebots sei
  210. daher vergaberechtswidrig. Jedenfalls hätten aber entweder alle anderen Bieter
  211. ebenfalls ausgeschlossen werden müssen, oder die Antragsgegnerin hätte eine
  212. ausreichende Verlängerung der Vorlagefrist für die Nachweise vereinbaren
  213. müssen.
  214. 22
  215. (3) Die Antragstellerin hat damit Umstände vorgetragen, die - wenn sie
  216. zutreffen - ergeben, dass die Antragsgegnerin Bestimmungen über das Vergabeverfahren missachtet hat. Denn nach ihrem Vortrag hat die Antragsgegnerin
  217. eine unerfüllbare Bedingung aufgestellt und diese rechtswidrig zum Anlass genommen, das Angebot der Antragstellerin auszuschließen; vor allem ist hier-
  218. - 13 -
  219. nach aber auch die beabsichtigte Vergabe des Auftrags an die Beigeladene
  220. nicht mit dem Vergaberecht zu vereinbaren.
  221. 23
  222. Unerfüllbare Anforderungen widersprechen dem Grundsatz von Treu und
  223. Glauben, der allgemein gilt, deshalb auch selbstverständliche Grundlage eines
  224. jeden Vergabeverfahrens ist und zu den Bestimmungen gehört, die der öffentliche Auftraggeber nach § 97 Abs. 7 GWB zu beachten hat. Zwar ordnet § 25
  225. Nr. 1 Abs. 2 a VOL/A an, dass Angebote ausgeschlossen werden können, die
  226. nicht die geforderten Angaben und Erklärungen enthalten. Hierzu gehören auch
  227. Erklärungen Dritter, die als Nachweis für die Qualität der angebotenen Leistung
  228. im Hinblick darauf gefordert werden, dass nach § 97 Abs. 5 GWB der öffentliche Auftraggeber die Wirtschaftlichkeit eines Angebots zu prüfen und festzustellen hat. § 25 Nr. 1 Abs. 2 a VOL/A geht aber davon aus, dass die geforderten Angaben und Erklärungen Vorgaben betreffen, die erfüllt werden können.
  229. Denn etwas, was für jedermann unmöglich ist, kann schlechterdings nicht
  230. durchgesetzt werden. Das verbietet, aus der Nichterfüllung eines hierauf gerichteten Verlangens nachteilige Folgen für die Bieter herzuleiten. Bei einer unerfüllbaren Anforderung leidet das Vergabeverfahren vielmehr an einem grundlegenden Mangel, dessentwegen es nicht in Betracht kommt, überhaupt auf dieser Grundlage einen Auftrag für die nachgefragte Leistung zu erteilen. Das gilt
  231. nicht nur für den vom Senat bereits entschiedenen Fall (Urt. v. 01.08.2006
  232. - X ZR 115/04, zur Veröffentlichung vorgesehen), dass die Erbringung der
  233. nachgefragten Leistung selbst ganz oder teilweise objektiv unmöglich ist, sondern gleichermaßen, wenn - wie hier - bestimmte Nachweise über die Beschaffenheit der angebotenen Leistung verlangt werden, aber nicht rechtzeitig beigebracht werden können. Denn auch dann fehlt eine vom öffentlichen Auftraggeber für wesentlich gehaltene Grundlage für den Vergleich der abgegebenen
  234. Angebote und damit für die sachgerechte Entscheidung, der das eingeleitete
  235. - 14 -
  236. Vergabeverfahren dienen soll. In einem unter anderem durch eine unmöglich zu
  237. erfüllende Vorgabe gekennzeichneten Vergabeverfahren darf deshalb auch in
  238. einem solchen Fall kein Auftrag vergeben werden. Kann der grundlegende
  239. Mangel des eingeleiteten Vergabeverfahrens nicht durch transparente und diskriminierungsfreie Änderung der betreffenden Vorgabe behoben werden
  240. und/oder macht der öffentliche Auftraggeber von dieser Möglichkeit keinen
  241. Gebrauch, ist er deshalb gehalten, die Ausschreibung wegen des ihr anhaftenden Mangels aufzuheben. Die Handhabe hierzu bietet § 26 Nr. 1 VOL/A, wobei
  242. mangels hiervon abhängender unterschiedlicher Rechtsfolgen dahinstehen
  243. kann, ob eine unerfüllbare Anforderung die Alternative a oder die Alternative d
  244. ausfüllt. Ein Ausschluss bloß einzelner Bieter nach § 25 Nr. 1 Abs. 2 a VOL/A
  245. und die Erteilung des Auftrags an einen anderen Bieter, der ebenfalls den gewünschten Nachweis nicht rechtzeitig vorgelegt hat, kommt jedenfalls nicht in
  246. Betracht.
  247. 24
  248. (4) Die Antragstellerin hat ferner behauptet, tatsächlich habe auch keiner
  249. der vier Bieter innerhalb der Angebotsfrist ausreichende technische Protokolle
  250. eines unabhängigen Prüfinstituts vorgelegt. Dabei kann dahinstehen, ob diese
  251. Behauptung, die nicht auf die Unmöglichkeit rechtzeitiger Vorlage abstellt, bereits dem das Nachprüfungsverfahren einleitenden Schriftsatz der Antragstellerin zu entnehmen war. Denn die Antragstellerin hat diese Behauptung jedenfalls
  252. zum Gegenstand ihres Nachprüfungsbegehrens gemacht, nachdem die Antragsgegnerin und die Beigeladene sich zu dem Gesuch der Antragstellerin geäußert hatten und diese Akteneinsicht erhalten hatte.
  253. 25
  254. (5) Damit hat die Antragstellerin eine weitere Nichtbeachtung von Vergabevorschriften geltend gemacht, die unabhängig von der zunächst abgehandelten Beanstandung (unerfüllbare Bedingung) ist.
  255. - 15 -
  256. 26
  257. Dabei kann dahinstehen, ob der öffentliche Auftraggeber nach § 25 Nr. 1
  258. Abs. 2 a VOL/A, obwohl diese Regelung als Kann-Vorschrift formuliert ist, nicht
  259. ohnehin in jedem Fall einem Zwang unterworfen ist, nicht der Ausschreibung
  260. entsprechende Angebote von der Wertung auszuschließen (so z.B. OLG Koblenz, Beschl. v. 13.02.2006 - 1 Verg 1/06; OLG Dresden NZBau 2004, 574,
  261. 575), weil wie bei der Vergabe von Bauleistungen auch bei der Vergabe von
  262. Lieferungen und Leistungen im Sinne der VOL/A der Grundsatz gilt, dass alle in
  263. den Ausschreibungsbedingungen enthaltene Vorgaben als Umstände ausgewiesen sind, die für die Vergabeentscheidung relevant sein sollen, und weil ein
  264. transparentes, auf Gleichbehandlung aller Bieter beruhendes Vergabeverfahren, wie es die §§ 97 Abs. 1 und 2 GWB voraussetzen, nur zu erreichen ist,
  265. wenn lediglich Angebote gewertet werden, die in jeder sich aus den Ausschreibungsunterlagen ergebenden Hinsicht vergleichbar sind (vgl. BGHZ 154, 32,
  266. 45). Denn nach der Darstellung der Antragstellerin verstößt die beabsichtigte
  267. Erteilung des Auftrags an die Beigeladene jedenfalls gegen das vergaberechtliche Gleichbehandlungsgebot.
  268. 27
  269. Nach § 97 Abs. 2 GWB gilt der Grundsatz, dass die Teilnehmer an einem
  270. Vergabeverfahren gleich zu behandeln sind. Dieser Grundsatz bildet zusammen mit den in § 97 Abs. 1 GWB genannten Vorgaben die Grundlage für andere Bestimmungen über das Vergabeverfahren. Außerhalb der in § 97 Abs. 2
  271. GWB genannten Ausnahmen muss deshalb der öffentliche Auftraggeber das
  272. Gleichbehandlungsgebot einschränkungslos beachten. Dies zwingt den öffentlichen Auftraggeber nicht nur, nach Maßgabe des § 25 Nr. 1 VOL/A alle Angebote gleichermaßen darauf zu überprüfen, ob sie der Ausschreibung entsprechen
  273. oder unvollständig sind. Der öffentliche Auftraggeber hat auch und vor allem die
  274. Entscheidung, wem er den Auftrag erteilt, und die hierzu nötigen Wertungen
  275. - 16 -
  276. selbst nach einheitlichem Maßstab zu treffen. Wenn der öffentliche Auftraggeber hierbei die Unvollständigkeit des Angebots eines Bieters in Anwendung von
  277. § 25 Nr. 1 Abs. 2 a VOL/A zum Anlass nehmen will, dieses Angebot nicht zu
  278. werten, findet deshalb eine Selbstbindung in der Weise statt, dass jedenfalls
  279. auch diejenigen Angebote anderer Bieter ausgeschlossen werden müssen, die
  280. ebenfalls an dem beanstandeten oder einem gleichwertigen Mangel leiden (vgl.
  281. z.B. OLG Düsseldorf ZfBR 2006, 513, 514 m.w.N.).
  282. 28
  283. Dass diese Selbstbindung im Streitfall gerade die Frage der Vorlage von
  284. Protokollen eines unabhängigen Prüfinstituts betraf, wird durch den zudem
  285. drucktechnisch hervorgehobenen Hinweis der Antragsgegnerin in den Angebotsbedingungen belegt, wonach Angebote ohne Nachweis der technischen
  286. Forderungen unberücksichtigt bleiben. Die Antragsgegnerin hat hierdurch bereits bei Einleitung des Vergabeverfahrens selbst festgelegt, dass bei Fehlen
  287. der verlangten Protokolle eines unabhängigen Prüfinstituts als Verhalten, das
  288. allein den in diesem Vergabeverfahren zu beachtenden Bestimmungen entspricht, nur der Ausschluss des betreffenden Angebots in Betracht kommt.
  289. Nach der Sachdarstellung der Antragstellerin, wonach tatsächlich bei allen abgegebenen Angeboten die erforderlichen technischen Nachweise fehlen, stellt
  290. die Aufhebung der Ausschreibung die Maßnahme dar, die in der Verdingungsordnung (hier § 26 Nr. 1 Altern. a VOL/A) für solche Fälle ausdrücklich vorgesehen ist.
  291. 29
  292. c) Entgegen der Meinung der Antragsgegnerin und der Beigeladenen
  293. mangelt es auch nicht an der nach § 107 Abs. 2 Satz 2 GWB erforderlichen
  294. Darlegung, dass der Antragstellerin durch die behauptete Nichtbeachtung von
  295. Vergabevorschriften ein Schaden zu entstehen droht.
  296. - 17 -
  297. 30
  298. (1) Wie ausgeführt kommt nach der Darstellung der Antragstellerin als
  299. Maßnahme der Antragsgegnerin, die den Bestimmungen über das Vergabeverfahren entspricht, die Aufhebung des eingeleiteten Vergabeverfahrens in Betracht. In einem solchen Fall liegt auch ohne weitere Darlegung auf der Hand,
  300. dass als Folge der stattdessen gewählten oder beabsichtigten vergaberechtswidrigen Vorgehensweise des öffentlichen Auftraggebers dem Bieter ein Schaden zu entstehen droht. Denn die Aufhebung einer Ausschreibung kann zu einer erneuten Ausschreibung der nachgefragten Leistung führen; besteht der
  301. Bedarf beim öffentlichen Auftraggeber fort, ist die Neuausschreibung eine konsequente Folge der Aufhebung (vgl. § 26 Nr. 5 VOL/A). Der um Nachprüfung
  302. nachsuchende Bieter hätte so die Chance, sich an der erneuten Ausschreibung
  303. im Rahmen eines vergaberechtsgemäßen Verfahrens mit einem dieser Ausschreibung entsprechenden konkurrenzfähigen Angebot zu beteiligen (so auch
  304. z.B. Reidt, VergabeR 2005, 115, 116; BayObLG, Beschl. v. 17.02.2005
  305. - Verg 27/04; OLG Düsseldorf u.a. VergabeR 2005, 483, 485). Der Wahrnehmung dieser Chance steht die von der Antragstellerin behauptete Nichtbeachtung von Vergabevorschriften durch die Antragsgegnerin entgegen.
  306. 31
  307. (2) Es ist durchaus mit § 107 Abs. 2 Satz 2 GWB vereinbar, darauf abzustellen, ob der Vortrag des um Nachprüfung nachsuchenden Bieters ergibt,
  308. dass er im Fall eines ordnungsgemäßen Vergabeverfahrens bessere Chancen
  309. auf den Zuschlag haben könnte als in dem beanstandeten Verfahren. Denn ein
  310. Schaden droht bereits dann, wenn die Aussichten dieses Bieters auf die Erteilung des Auftrags zumindest verschlechtert worden sein können (vgl. BVerfG,
  311. Beschl. v. 29.07.2004 - 2 BvR 2248/03, NZBau 2004, 564, 565). Das ist nicht
  312. nur der Fall, wenn dies für den Zuschlag in dem eingeleiteten und zur Nachprüfung gestellten Vergabeverfahren zutrifft. Denn es ist die tatsächliche Erteilung
  313. des Auftrags, welche die Vermögenslage von Bietern beeinflusst, nicht der Um-
  314. - 18 -
  315. stand, in welchem Vergabeverfahren sie erfolgt. § 107 Abs. 2 GWB lässt auch
  316. nicht erkennen, dass für die Antragsbefugnis allein auf die Möglichkeit abzustellen sein könnte, den ausgeschriebenen Auftrag gerade in dem eingeleiteten
  317. und zur Nachprüfung gestellten Vergabeverfahren zu erhalten. Nach seinem
  318. Wortlaut muss vielmehr ganz allgemein ein (drohender) Schaden dargelegt
  319. werden, für den die behauptete Verletzung von Vergabevorschriften kausal ist.
  320. Es genügt deshalb, wenn nach dem Vorbringen des das Nachprüfungsverfahren betreibenden Bieters möglich erscheint, dass er ohne den behaupteten
  321. Vergaberechtsverstoß den Bedarf, dessentwegen die Ausschreibung erfolgt ist,
  322. gegen Entgelt befriedigen kann. Das ist regelmäßig auch der Fall, wenn das
  323. eingeleitete Vergabeverfahren nicht ohne weiteres durch Zuschlag beendet
  324. werden darf, und zur Bedarfsdeckung eine Neuausschreibung in Betracht
  325. kommt.
  326. 32
  327. Dass im Voraus nicht abzusehen ist, ob die darin liegende Chance eine
  328. realistische Aussicht darstellt, den Auftrag zu erhalten, und sich eine solche
  329. Chance keinesfalls zwangsläufig für den betreffenden Bieter auftun muss (worauf Müller-Wrede/Schade, VergabeR 2005, 460, 462 abstellen wollen), etwa
  330. weil der öffentliche Auftraggeber möglicherweise ein Verhandlungsverfahren
  331. ohne Beteiligung dieses Bieters durchführen kann, ist angesichts der zitierten
  332. Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts unerheblich. Denn hiernach
  333. reicht schon die Möglichkeit einer Verschlechterung der Aussichten des den
  334. Nachprüfungsantrag stellenden Bieters infolge der Nichtbeachtung von Vergabevorschriften aus (so auch Stolz, VergabeR 2005, 486 gegen MüllerWrede/Schade, VergabeR 2005, 460, 463 f.). Es ist deshalb keine die Zulässigkeit des Gesuchs um Nachprüfung beeinflussende Frage, ob das Angebot der
  335. Antragstellerin ohnehin von der Wertung in dem eingeleiteten Vergabeverfahren
  336. hätte ausgeschlossen werden können oder müssen (für Antragsbefugnis in die-
  337. - 19 -
  338. sen Fällen Hardraht, VergabeR 2006, 221, 222; 2005, 200; Reidt, VergabeR
  339. 2005, 115, 116; Stolz, VergabeR 2005, 486; 2004, 478, 479 f.; Deckers, VergabeR 2005, 210, 211; Möllenkamp, NZBau 2005, 557, 558; wohl auch Otting,
  340. VergabeR 2004, 602, 603; Franke, IBR 2006, 295; dagegen MüllerWrede/Schade, VergabeR 2005, 460, 461; wohl auch Boesen/Upleger, NZBau
  341. 2005, 672, 675). Wie der Senat im Beschluss vom 18. Mai 2004 (BGHZ 159,
  342. 186, 192) bereits ausgeführt hat, kann der Zugang zum Nachprüfungsverfahren
  343. nicht mit der Begründung verwehrt werden, das Angebot des Antragstellers sei
  344. aus anderen als den zur Überprüfung gestellten Gründen auszuscheiden gewesen.
  345. d) Der Nachprüfungsantrag der Antragstellerin ist auch nicht ganz oder
  346. 33
  347. teilweise wegen Missachtung der Rügeobliegenheit (§ 107 Abs. 3 GWB) unzulässig.
  348. 34
  349. (1) § 107 Abs. 3 Satz 2 GWB lässt bei nicht rechtzeitiger Rüge das
  350. Nachprüfungsrecht für Verstöße gegen Vergabevorschriften entfallen, die aufgrund der Bekanntmachung erkennbar sind. Maßgeblicher Anknüpfungspunkt
  351. ist hiernach der bekannt gemachte Inhalt der Ausschreibung. Nur was sich bei
  352. Beachtung der gebotenen Sorgfalt bereits auf dieser Grundlage als vergaberechtswidrig erschließt, begründet die Rügeobliegenheit. Im Streitfall war in der
  353. Bekanntmachung jedoch nur ganz allgemein auf die Notwendigkeit von Qualitätsbescheinigungen hingewiesen worden. Schon die Erkenntnis, dass es sich
  354. um eine unerfüllbare Bedingung handeln könne, war hieraus nicht möglich. Zu
  355. Überlegungen und gegebenenfalls Nachforschungen insoweit bestand erst
  356. nach Erhalt der Ausschreibungsunterlagen Anlass.
  357. - 20 -
  358. 35
  359. (2) § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB beinhaltet eine Rügeobliegenheit nur für erkannte Verstöße gegen Vergabevorschriften. Diese Obliegenheit entsteht also
  360. erst, nachdem der Antragsteller um die dann zum Gegenstand des Nachprüfungsbegehrens gemachte Nichtbeachtung von Vergaberechtsvorschriften
  361. weiß. Das setzt positive Kenntnis aller tatsächlichen Tatumstände, aus denen
  362. die Beanstandung im Nachprüfungsverfahren abgeleitet wird, sowie die zumindest laienhafte rechtliche Wertung voraus, dass sich aus ihnen eine Missachtung von Bestimmungen über das Vergabeverfahren ergibt. Wie auch sonst,
  363. wenn das Gesetz auf positive Kenntnis abstellt, bilden eine Ausnahme nur die
  364. Fälle, in denen der Antragsteller sich der vorausgesetzten und ihm möglichen
  365. Erkenntnis bewusst verschließt. Ansonsten reicht, anders als bei § 107 Abs. 3
  366. Satz 2 GWB, bloße Erkennbarkeit nicht aus. Um die Notwendigkeit einer Rüge
  367. und deren Rechtzeitigkeit beurteilen zu können, bedarf es deshalb im Rahmen
  368. des § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB regelmäßig vor allem der Feststellung, dass und
  369. ab wann der Antragsteller alle Umstände gekannt hat, die er zur Rechtfertigung
  370. seiner mit dem Nachprüfungsbegehren erhobenen Beanstandungen vorbringt.
  371. 36
  372. Entgegen der Meinung der Antragsgegnerin kann im Streitfall nicht festgestellt werden, dass die Antragstellerin die Umstände, die für die zunächst behandelte Beanstandung (Unerfüllbarkeit) maßgeblich sind, bereits zu einem
  373. Zeitpunkt kannte, zu dem es einem auf unverzügliche Rüge bedachten Bieter
  374. möglich gewesen wäre, sich früher als tatsächlich mit dem Schreiben vom
  375. 9. August 2005 geschehen an die Antragsgegnerin zu wenden. Denn es gibt
  376. keine Anhaltspunkte, dass die Antragstellerin Ermittlungen darüber angestellt
  377. hat, ob die Angebotsfrist für die Vorlage der geforderten Nachweise überhaupt
  378. ausreichend sei. Zugunsten der Antragstellerin muss deshalb angenommen
  379. werden, dass sie zunächst allenfalls wusste, dass sie selbst die benötigten
  380. Nachweise nicht hatte beschaffen können. Die weitere Erkenntnis, dass auch
  381. - 21 -
  382. kein anderer Bieter hierzu in der Lage sei, war auch aufgrund des Antwortschreibens der Antragsgegnerin nicht möglich, weil dieses sich nur über Unvollständigkeiten des Angebots der Antragstellerin verhält. Der Kenntnisstand der
  383. Antragstellerin verbesserte sich erst, als sie im Rahmen des bereits eingeleiteten Nachprüfungsverfahrens erfuhr, dass tatsächlich kein anderer Bieter die
  384. erforderlichen Nachweise vorgelegt hat.
  385. 37
  386. Nach allem ist der Antragstellerin nicht zu widerlegen, dass sie vor Einleitung des Nachprüfungsverfahrens auf die mit ihrem ersten Schriftsatz behauptete Unmöglichkeit der rechtzeitigen Beibringung der Nachweise nur geschlossen, hiervon jedoch keine positive Kenntnis hatte. Eine Rüge vor Einleitung des
  387. Nachprüfungsverfahrens war deshalb insoweit entbehrlich. Erhält ein Bieter erst
  388. nach Einleitung des Nachprüfungsverfahrens Kenntnis von den maßgeblichen
  389. Umständen, führt das nicht zu der in § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB geregelten Obliegenheit, weil dann deren Zweck, ein Nachprüfungsverfahren nach Möglichkeit
  390. zu vermeiden, nicht mehr erreicht werden kann.
  391. 38
  392. Der Überprüfung des jedenfalls nachträglich erhobenen Vorwurfs, die
  393. Beigeladene trotz Fehlens der geforderten Nachweise nicht ebenfalls von der
  394. Wertung ausgeschlossen zu haben, steht deshalb § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB
  395. gleichfalls nicht entgegen. Vom tatsächlichen Fehlen hat die Antragstellerin erst
  396. im Laufe des bereits eingeleiteten Nachprüfungsverfahrens erfahren.
  397. 39
  398. Der Umstand, dass nicht angenommen werden kann, die Antragstellerin
  399. habe vor der Anrufung der Vergabekammer Kenntnis von dem im Nachprüfungsverfahren beanstandeten Verhalten der Antragsgegnerin gehabt, stellt
  400. nicht die im Rahmen der Behandlung des § 107 Abs. 2 GWB getroffene Feststellung in Frage, dass die Antragstellerin die Nichtbeachtung von Vergabevor-
  401. - 22 -
  402. schriften hinreichend geltend gemacht hat. Denn die Schlüssigkeit dieser Darlegung ist - wie auch sonst, wenn es darum geht, ob ausreichend vorgetragen
  403. worden ist - nicht davon abhängig, dass der Antragsteller positive Kenntnis von
  404. den als Tatsache behaupteten Umständen hat. Ein sachgerechter Rechtsschutz
  405. wäre in vielen Fällen nicht gewährleistet, wenn nur vorgetragen werden könnte,
  406. worüber bereits Gewissheit besteht. Denn oft ist es den Betreffenden nicht
  407. möglich, sich überhaupt oder jedenfalls vor Beginn des Verfahrens eigene
  408. Kenntnis zu verschaffen. Selbst die Wahrheitspflicht der Parteien, ohne die ein
  409. geordneter Rechtsschutz im Rahmen eines förmlichen Verfahrens nicht möglich
  410. ist und die deshalb im Vergabenachprüfungsverfahren auch ohne eine § 138
  411. Abs. 1 ZPO entsprechende Norm im vierten Teil des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen gilt, verlangt lediglich nach subjektiver Wahrhaftigkeit
  412. und verbietet nur, Erklärungen wider besseres Wissen abzugeben (BGH,
  413. Beschl. v. 19.03.2004 - IXa ZB 229/03, NJW 2004, 2096, 2097 m.w.N.). Deshalb darf im Vergabenachprüfungsverfahren behauptet werden, was der Betreffende aus seiner Sicht der Dinge für wahrscheinlich oder möglich hält (vgl. z.B.
  414. BGH, Urt. v. 19.09.1985 - IX ZR 138/84, NJW 1986, 246, 247). Eine willkürliche,
  415. aufs Geradewohl oder ins Blaue hinein aufgestellte Behauptung ist allerdings
  416. unzulässig und unbeachtlich (BGH, Urt. v. 25.04.1995 - VI ZR 178/94, NJW
  417. 1995, 2111). Hier hatte die Antragstellerin aber Anhaltspunkte, dass die Angebotsfrist für die Beibringung der geforderten Nachweise zu kurz gewesen sein
  418. könne und diese deshalb auch von keinem anderen Bieter hätten vorgelegt
  419. werden können.
  420. 40
  421. IV. Das mithin zulässige Begehren um Nachprüfung des eingeleiteten
  422. Vergabeverfahrens ist im Wesentlichen begründet.
  423. - 23 -
  424. 41
  425. 1. Dabei kann dahinstehen, ob es sich bei dem Verlangen der Antragsgegnerin nach Vorlage von Protokollen eines unabhängigen Prüfinstituts um
  426. eine bis zum Termin zur Angebotsabgabe nicht erfüllbare Forderung gehandelt
  427. hat, oder ob die entsprechende Behauptung der Antragstellerin nicht zutrifft.
  428. Denn die Beantwortung dieser Frage beeinflusst die rechtliche Würdigung nicht.
  429. 42
  430. a) Beinhaltete die Ausschreibung der Antragsgegnerin eine unerfüllbare
  431. Forderung, kommt eine Erteilung des Auftrags auf der Grundlage der ausgeschriebenen Bedingungen und der in dem eingeleiteten Vergabeverfahren bereits abgegebenen Angebote an einen der vier Bieter nicht in Betracht. Auf die
  432. vorstehenden Ausführungen zu B III 1 b (3) wird verwiesen.
  433. 43
  434. b) Kann nicht festgestellt werden, dass die rechtzeitige Beschaffung von
  435. Prüfprotokollen über die Einhaltung der technischen Forderungen der Antragsgegnerin objektiv unmöglich war, darf der ausgeschriebene Auftrag ebenfalls in
  436. dem beanstandeten Vergabeverfahren nicht erteilt werden. Denn eine Überprüfung der abgegebenen Angebote der Bieter ergibt, dass die Behauptung der
  437. Antragstellerin zutrifft und auch das Angebot der Beigeladenen Protokolle eines
  438. unabhängigen Prüfinstituts zum Nachweis der in den Ausschreibungsunterlagen aufgestellten technischen Forderungen für das angebotene Gewebe nicht
  439. in dem geforderten Umfang enthielt.
  440. 44
  441. Die Beigeladene hat hinsichtlich des Gewebes nur vorläufige technische
  442. Datenblätter des Lieferanten (F.
  443. ) des in ihrem Angebot als N.
  444. ) und ein Zertifikat des Herstellers (D.
  445. C.
  446. bezeichneten Produkts vorge-
  447. legt. Die Antragstellerin hat ihrem Angebot ebenfalls ein technisches Datenblatt
  448. des Gewebelieferanten (G. ) und ein Zertifikat des Faserherstellers (K.
  449. )
  450. beigefügt. Der von der Antragstellerin ferner vorgelegte Prüfbericht des For-
  451. - 24 -
  452. schungsinstituts H.
  453. betrifft nicht das angebotene stahlblaue Gewebe,
  454. sondern Gewebe in der Farbe Polizeigrün. Die Antragsgegnerin hat deshalb die
  455. Antragstellerin zwar zu Recht gemäß § 25 Nr. 1 Abs. 2 a VOL/A von der Wertung ausgeschlossen. Das Angebot der Beigeladenen muss dann aber - wie
  456. ebenfalls schon ausgeführt (B III 1 b (3)) - gleichfalls von der Wertung ausgeschlossen werden. Da die Antragsgegnerin die beiden anderen Bieter aus der
  457. Wertung genommen hat, weil auch deren Angebote unvollständig i.S. des § 25
  458. Nr. 1 Abs. 2 a VOL/A sind, steht mithin im Rahmen des eingeleiteten Vergabeverfahrens kein Angebot zur Verfügung, auf das der ausgeschriebene Auftrag
  459. erteilt werden könnte.
  460. 45
  461. Die beabsichtigte Vergabe des Auftrags an die Beigeladene verstößt
  462. deshalb in jedem Fall gegen Bestimmungen über das Vergabeverfahren.
  463. 46
  464. 2. Zu Recht macht die Antragstellerin auch geltend, hierdurch in ihren
  465. Rechten nach § 97 Abs. 7 GWB verletzt zu sein.
  466. 47
  467. Auch der vorliegende Fall (vgl. schon BGHZ 154, 32, 37 f.) bietet keinen
  468. Anlass zu abschließender Beantwortung der Frage, ob und gegebenenfalls
  469. welche Regeln, die das Vergabeverfahren betreffen, von § 97 Abs. 7 GWB
  470. ausgenommen sind oder ob die Vorschrift ausnahmslos alle Bestimmungen
  471. über das Vergabeverfahren erfasst, die vom öffentlichen Auftraggeber im Anwendungsbereich des § 100 GWB einzuhalten sind. Wenn aus den bereits erörterten Gründen kein Angebot vorhanden ist, auf das der Zuschlag erteilt werden
  472. kann oder darf, fehlt es nämlich an Anhaltspunkten, dass die missachteten Regeln den Schutz der Bieter als der potentiellen Auftragnehmer nicht bezwecken
  473. könnten. Wie die Ausführungen zur Darlegung eines drohenden Schadens zeigen (oben B III 1 c), scheidet eine Feststellung aus, die Antragstellerin sei oder
  474. - 25 -
  475. werde durch das zur Nachprüfung gestellte Verhalten der Antragsgegnerin nicht
  476. berührt; die Antragstellerin wird dadurch betroffen, dass die Antragsgegnerin
  477. unter Missachtung der vorstehend erörterten Regeln für das Vergabeverfahren
  478. den Auftrag an die Beigeladene erteilen will. Es ist aber gerade Sinn des § 97
  479. Abs. 7 GWB, Unternehmen, die hinsichtlich ihrer Chance, einen Bedarf gegen
  480. Entgelt zu decken, betroffen sind, das materielle Recht zu geben, Nachteile zu
  481. unterbinden, die sich aus der Missachtung von Bestimmungen über das Vergabeverfahren ergeben können.
  482. 48
  483. 3. Die Verletzung der Antragstellerin in ihren Rechten nach § 97 Abs. 7
  484. GWB wird auch nicht dadurch in Frage gestellt, dass deren Angebot angesichts
  485. weiterer Abweichungen von der Ausschreibung in jedem Fall von der Wertung
  486. im eingeleiteten Vergabeverfahren ausgeschlossen werden muss, also ein allein auf diese anderen Abweichungen gestützter, von der Antragsgegnerin ausgesprochener Ausschluss des Angebots der Antragstellerin rechtmäßig wäre.
  487. 49
  488. a) Die Antragstellerin hat sich nicht gegen die Feststellung im Vergabevermerk der Antragsgegnerin gewandt, dass die ihrem Angebot beigefügten
  489. Musteranzüge nicht mit dem in der Ausschreibung geforderten Pflegeheft mit
  490. Informationen für den Träger versehen sind. Die dem Senat vorliegenden Vergabeakten ergeben ebenfalls nichts Gegenteiliges. Das Angebot der Antragstellerin darf deshalb nach § 25 Nr. 1 Abs. 2 a VOL/A aus diesem Grund von der
  491. Wertung ausgeschlossen werden. Angeforderte Muster der angebotenen Leistung sollen nähere Erklärungen der Bieter, wie diese beschaffen ist, ersetzen.
  492. Das gebietet, sie den vom öffentlichen Auftraggeber geforderten Erklärungen
  493. vergaberechtlich gleich zu behandeln. Fehlen Muster, deren Vorlage der öffentliche Auftraggeber im Hinblick auf die Prüfung der Wirtschaftlichkeit des Ange-
  494. - 26 -
  495. bots wünscht, oder ist - wie hier - das verlangte Muster unvollständig, ist mithin
  496. die Anwendung von § 25 Nr. 1 Abs. 2 a VOL/A eröffnet.
  497. 50
  498. b) Nach dem Bestätigungsschreiben des Herstellers YKK, das dem Angebot der Antragstellerin beilag, ist die von dieser als Flauschband angebotene
  499. Ware nur flammhemmend ausgerüstet. Jedenfalls soweit die Ausschreibung
  500. auch die Verwendung von permanent schwer entflammbaren Bändern vorschrieb, hat die Antragstellerin somit nicht die geforderte Leistung angeboten.
  501. Das erfüllt den Tatbestand des § 25 Nr. 1 Abs. 1 d VOL/A. Denn nach ständiger
  502. Rechtsprechung des Senats ist es eine Änderung an den Verdingungsunterlagen, wenn das Angebot eine Vorgabe des Leistungsverzeichnisses nicht einhält
  503. (zuletzt Sen.Urt. v. 01.08.2006 - X ZR 115/04, zur Veröffentlichung vorgesehen).
  504. 51
  505. c) Der auch von der Antragstellerin letztlich nicht (mehr) angezweifelte
  506. Umstand, dass ihr Angebot jedenfalls wegen dieser Mängel ausgeschlossen
  507. werden darf, ja ihr deswegen der Auftrag in dem beanstandeten Vergabeverfahren ohnehin nicht erteilt werden darf, mag zwar die Feststellung rechtfertigen,
  508. dass die Antragsstellerin durch den in dem Informationsschreiben von der Antragsgegnerin auch anderweit begründeten Ausschluss von der Wertung nicht
  509. betroffen und deshalb insoweit nicht in ihren Rechten verletzt ist. Dieser Umstand nimmt der Antragstellerin jedoch nicht das sich aus § 97 Abs. 7 GWB ergebende Recht darauf, dass auch die Auftragsvergabe an einen der anderen
  510. Bieter unterbleibt (für Begründetheit des Nachprüfungsgesuchs in diesen Fällen, in denen es an einem zuschlagsfähigen Angebot fehlt: Hardraht, VergabeR
  511. 2006, 221, 222; 2005, 200; Reidt, VergabeR 2005, 115, 116; Stolz, VergabeR
  512. 2005, 486; dagegen Müller-Wrede/Schade, VergabeR 2005, 460, 464). Der
  513. - 27 -
  514. Meinung, die das insbesondere im Hinblick auf das Recht auf Gleichbehandlung in Zweifel zieht, kann nicht beigetreten werden.
  515. 52
  516. (1) § 97 Abs. 2 GWB weist das Recht auf Gleichbehandlung und den Anspruch auf Einhaltung der sonstigen Bestimmungen über das Vergabeverfahren
  517. jedem durch deren Missachtung betroffenen Teilnehmer an einem solchen Verfahren zu. Eine Einschränkung danach, wie das eigene Angebot beschaffen ist,
  518. oder danach, ob der betroffene Bieter seinerseits Bestimmungen über das Vergabeverfahren eingehalten hat, sieht das Gesetz nicht vor. Da es allein Sache
  519. des öffentlichen Auftraggebers ist, einen Bedarf zur Beschaffung auszuschreiben und die Bedingungen festzulegen, die ergänzend zu den auf gesetzlicher
  520. Grundlage bestehenden Regeln in dem ausgeschriebenen Verfahren zu beachten sind, und der öffentliche Auftraggeber nicht das Recht hat, über die Handlungsfreiheit am Auftrag interessierter Unternehmen zu verfügen, ist ein Bieter
  521. schon nicht verpflichtet, (nur) mit einem der Ausschreibung entsprechenden
  522. Angebot hervorzutreten (vgl. BGHZ 154, 32, 45; anders Müller-Wrede/Schade,
  523. VergabeR 2005, 460, 465). Nur weil er Interesse am Auftrag hat und er angesichts des den öffentlichen Auftraggeber verpflichtenden § 25 VOL/A lediglich
  524. dann damit rechnen kann, in dem eingeleiteten Vergabeverfahren Erfolg zu haben, wenn sein Angebot der Ausschreibung entspricht, ist ein Bieter gehalten,
  525. ein solches Angebot abzugeben, oder "muss" er, wie sich § 21 Nr. 1 VOL/A
  526. ausdrückt, den Vorgaben des öffentlichen Auftraggebers genügen. Auch ein
  527. zeitliches Ende des bei eigener Betroffenheit durch § 97 Abs. 7 GWB gewährten subjektiven Rechts lässt sich dem Gesetz nicht entnehmen. Der Anspruch
  528. auf Einhaltung der Bestimmungen über das Vergabeverfahren besteht deshalb
  529. bis zu dem das eingeleitete Vergabeverfahren beendenden Verhalten des öffentlichen Auftraggebers fort und schließt insbesondere seine Beachtung auch
  530. bei dessen abschließender Entscheidung ein. So hat der Gerichtshof der Euro-
  531. - 28 -
  532. päischen Gemeinschaften zu den Richtlinien 93/37/EWG, 89/665/EWG in der
  533. Fassung der Richtlinie 92/50/EWG in seiner Entscheidung vom 12. Dezember
  534. 2002 (C-470/99, NZBau 2002, 162, 167) in Rdn. 93 gefordert, das Verfahren
  535. zur Vergabe eines öffentlichen Auftrags müsse in jedem Stadium den Grundsatz der Gleichbehandlung wahren. Auch ein Bieter, dessen Angebot zu Recht
  536. ausgeschlossen wird, dessen Angebot zu Recht ausgeschlossen werden kann
  537. oder dessen Angebot ausgeschlossen werden muss, kann deshalb in seinen
  538. Rechten nach § 97 Abs. 7 GWB verletzt sein, wenn ein anderes Angebot unter
  539. Missachtung von Bestimmungen über das Vergabeverfahren nicht ausgeschlossen wird und den Zuschlag erhalten soll oder wenn sich der beabsichtigte
  540. Zuschlag aus einem anderen Grund verbietet.
  541. 53
  542. (2) Das kann auch nicht mit dem Hinweis in Zweifel gezogen werden (vgl.
  543. z.B. Vergabekammer Leipzig, Beschl. v. 11.11.2005 - 1 SVK/130/05, NZBau
  544. 2006, 536), der Gleichbehandlungsgrundsatz gebe keinen Anspruch auf
  545. "Gleichheit im Unrecht". Eine Gleichbehandlung im Unrecht, die zu einer Fehlerwiederholung bei der Rechtsanwendung führen würde und deshalb auch aus
  546. Art. 3 GG nicht hergeleitet werden kann (BVerfGE 50, 142, 166; 92, 153, 157;
  547. vgl. auch BFHE 199, 77, 80), kann nämlich nur in Frage stehen, soweit mit dem
  548. Nachprüfungsantrag erstrebt wird, bei dem eigenen Angebot möge der gegebene Ausschlusstatbestand ebenfalls unberücksichtigt bleiben. Wenn und soweit der das Nachprüfungsverfahren betreibende Bieter hingegen - wie es hier
  549. die Antragstellerin angesichts der Begründung ihres Gesuchs mit ihrem Antrag
  550. auf Aufhebung der Ausschreibung getan hat - deutlich macht, dass er sich dagegen wendet, dass sich der öffentliche Auftraggeber zugunsten eines anderen
  551. Bieters ohne Beachtung von Bestimmungen über das Vergabeverfahren, insbesondere der beim eigenen Angebot zu Recht angewandten Wertung, entscheidet, kann es jedoch nur am Interesse an der im Nachprüfungsverfahren nach-
  552. - 29 -
  553. gesuchten Entscheidung oder an der eigenen Betroffenheit durch die Missachtung von Bestimmungen über das Vergabeverfahren fehlen. Wie die vorstehenden Ausführungen ergeben, kann aber sowohl die Darlegung der Voraussetzung des § 107 Abs. 2 Satz 2 GWB gelingen als auch die Verletzung in eigenen
  554. Rechten festzustellen sein, wenn geltend gemacht werden kann und wird bzw.
  555. sich bei der Nachprüfung des Vergabeverfahrens ergibt, dass bei Beachtung
  556. der Bestimmungen das eingeleitete Vergabeverfahren auch nicht mit der Auftragsvergabe an einen anderen Bieter abgeschlossen werden darf, weil die Angebote der anderen Bieter, soweit sie der öffentliche Auftraggeber nicht schon
  557. ausgeschlossen hat, ebenfalls von der Wertung ausgeschlossen werden müssen.
  558. 54
  559. d) Mit der Feststellung, dass die Antragstellerin in ihren Rechten nach
  560. § 97 Abs. 7 GWB verletzt ist, setzt sich der Senat schließlich auch nicht zu seiner Entscheidung vom 18. Februar 2003 (BGHZ 154, 32) in Widerspruch (so
  561. auch OLG Düsseldorf z.B. VergabeR 2005, 195, 198). Damals hat der Senat
  562. nur für den Fall, dass die Nachprüfung der Aufhebung der Ausschreibung begehrt wird, ausgeführt, die Interessen des Antragstellers seien nicht berührt und
  563. eine Verletzung der Rechte dieses Bieters komme nicht in Betracht, wenn dessen Angebot wegen Unvollständigkeit ausgeschlossen werden müsse. Das
  564. Rechtsschutzziel in einem solchen Fall ist auf Rückgängigmachung der Aufhebung der Ausschreibung und Fortsetzung des eingeleiteten Vergabeverfahrens
  565. gerichtet. Im Rahmen dieses Verfahrens kann der Bieter, der ein auszuschließendes Angebot abgegeben hat, den Auftrag jedoch nicht erhalten. Nur wenn
  566. es bei der Aufhebung der Ausschreibung bleibt, hat er weiterhin die Chance
  567. hierauf. Im Streitfall wahrt hingegen erst der Erfolg des Nachprüfungsantrags
  568. die Möglichkeit, den Bedarf des öffentlichen Auftraggebers doch noch gegen
  569. Entgelt zu decken. Deshalb kann auch nicht angenommen werden, dass die
  570. - 30 -
  571. Antragstellerin mit dem Nachprüfungsantrag lediglich eine Belastung eines anderen Bieters, den Wegfall der diesem in Aussicht gestellten Begünstigung oder
  572. eine immaterielle Genugtuung erstrebe (a.A. Müller-Wrede/Schade, VergabeR
  573. 2005, 460, 464 f.). Die Frage, ob ein aus dem Gleichbehandlungsgebot des
  574. Vergaberechts abzuleitender Individualschutz für Derartiges nicht zur Verfügung gestellt ist, bedarf deshalb hier keiner Erörterung.
  575. 55
  576. 4. Die Maßnahme, die nach § 114 Abs. 2 GWB zu treffen ist, um der Verletzung der Antragstellerin in ihren Rechten nach § 97 Abs. 7 GWB entgegenzuwirken, kann allerdings nicht - wie von der Antragstellerin beantragt - in der
  577. Aufhebung der Ausschreibung durch den Senat oder in der Anweisung an die
  578. Antragsgegnerin bestehen, das eingeleitete Vergabeverfahren auf diese Weise
  579. zu beenden (ebenso OLG Düsseldorf ZfBR 2006, 513, 514, vgl. aber auch
  580. NZBau 2006, 525, 527; ähnlich Müller-Wrede/Schade, VergabeR 2005, 460,
  581. 465; a.A. Hänsel, IBR 2005, 707). Der Senat hat für eine Ausschreibung mit
  582. Leistungsprogramm bereits darauf hingewiesen, dass in Fällen, in denen keinem Bieter der Auftrag erteilt werden darf, dem öffentlichen Auftraggeber auch
  583. eine andere Möglichkeit (vgl. oben B III 1 b (3)) zu Gebote stehen kann, wenn
  584. diese in Übereinstimmung mit den grundlegenden Grundsätzen für die Vergabe
  585. öffentlicher Aufträge zu bringen ist, die der Gesetzgeber in § 97 Abs. 1 und 2
  586. GWB niedergelegt hat (Sen.Urt. v. 01.08.2006 - X ZR 115/04, zur Veröffentlichung vorgesehen). Ob eine solche Möglichkeit besteht und ergriffen werden
  587. soll, hat der öffentliche Auftraggeber in eigener Verantwortung zu klären und zu
  588. bestimmen. Das steht in Einklang mit § 26 Nr. 1 a VOL/A. Denn auch hiernach
  589. ist der öffentliche Auftraggeber nicht gezwungen, die Ausschreibung aufzuheben (ebenso OLG Jena NZBau 2005, 476, 479), wenn kein Angebot eingegangen ist, das den Ausschreibungsbedingungen entspricht. § 26 Nr. 1 VOL/A
  590. schreibt vielmehr nur die Sachverhalte fest, in denen der öffentliche Auftragge-
  591. - 31 -
  592. ber, ohne gegen Vergaberecht zu verstoßen, ein eingeleitetes Vergabeverfahren aufheben darf. Da mithin derzeit abschließend nur festgestellt werden kann,
  593. dass die Antragsgegnerin auf der Grundlage der bisherigen Ausschreibungsbedingungen keinem Bieter den Zuschlag erteilen darf, stellt ein entsprechendes
  594. Verbot die zur Erledigung des Streits der Beteiligten gebotene Maßnahme dar,
  595. die für die erforderliche Rechtmäßigkeit des eingeleiteten Vergabeverfahrens
  596. sorgt und eine Rechtsbeeinträchtigung der Antragstellerin verhindert.
  597. 56
  598. 5. Auch den weiterhin oder hilfsweise in der Sache gestellten Anträgen
  599. der Antragstellerin kann nicht entsprochen werden. Eine Neuausschreibung
  600. kann nicht angeordnet werden, weil es allein Sache des öffentlichen Auftraggebers ist, zu entscheiden, ob er (noch) einen Bedarf hat oder sieht, den er nicht
  601. selbst, sondern durch ein von ihm rechtlich verschiedenes Unternehmen decken lassen will. Eine Neubescheidung durch die Vergabekammer oder eine
  602. erneute Angebotswertung der Antragsgegnerin unter Berücksichtigung des Angebots der Antragstellerin kommen hingegen aus den bereits erörterten Gründen nicht in Betracht.
  603. 57
  604. V. Die Antragstellerin hat geltend gemacht, das Angebot der Beigeladenen sei auch in weiterer Hinsicht unvollständig gewesen. Die Beigeladene habe
  605. die für den angebotenen Stoff geforderte Reißfestigkeit nicht zugesagt. Sie habe Flauschband ebenfalls nur in flammhemmender, nicht aber wie gefordert
  606. auch in permanent schwer entflammbarer Qualität angeboten. Da die Beigeladene hinsichtlich des angebotenen Stoffes nicht die in der Ausschreibung geforderte Zusammensetzung genannt, sondern als Fasertyp nur Bezeichnungen
  607. wie N.
  608. verwendet habe, habe sie die Gleichwertigkeitserklärung abgeben
  609. müssen. Die geforderte Unterschrift fehle aber im Angebot der Beigeladenen.
  610. Schließlich habe die Beigeladene den Termin für die - optionale - Lieferung im
  611. - 32 -
  612. Jahre 2007 nicht angegeben. Außerdem sei davon auszugehen, dass die Ausschreibung nicht produktneutral erfolgt sei. Da aus den soeben erörterten
  613. Gründen ein über das ausgesprochene Verbot hinausgehender Erfolg des
  614. Nachprüfungsgesuchs nicht in Betracht kommt, kann dahinstehen, ob diese
  615. Beanstandungen in dem § 107 Abs. 2 und 3 GWB genügender Weise geltend
  616. gemacht worden und ebenfalls berechtigt sind.
  617. 58
  618. VI. 1. Die Entscheidung des Senats bedeutet in der Sache ein Unterliegen der Antragsgegnerin in einem Umfang, der bei Anwendung der sich aus
  619. § 92 Abs. 2 ZPO ergebenden Grundsätze eine Kostenbelastung der Antragstellerin nicht rechtfertigt. Aber auch die Beigeladene unterliegt in diesem Umfang,
  620. weil sie sich ebenfalls mit dem Begehren, den Nachprüfungsantrag der Antragstellerin als unzulässig, hilfsweise als unbegründet zurückzuweisen, an dem
  621. Nachprüfungsverfahren vor der Vergabekammer beteiligt hat. Dies hat gemäß
  622. § 128 Abs. 3 Satz 1 und 2 GWB zur Folge, dass die Antragsgegnerin und die
  623. Beigeladene als Gesamtschuldner die Gebühren und Auslagen der Vergabekammer zu tragen haben.
  624. 59
  625. 2. a) Für die Erstattung der Aufwendungen der Antragstellerin im Verfahren vor der Vergabekammer ordnet § 128 Abs. 4 GWB, der insoweit heranzuziehen ist, dagegen eine gesamtschuldnerische Haftung nicht an. Hinsichtlich
  626. der notwendigen Auslagen kommt eine Kostentragung nur in Betracht, "soweit"
  627. ein Beteiligter unterliegt (§ 128 Abs. 4 Satz 2 GWB). Dies führt dazu, dass der
  628. öffentliche Auftraggeber und der ihn im Nachprüfungsverfahren vor der Vergabekammer unterstützende Beigeladene für die Kosten des obsiegenden Bieters
  629. nur als Teilschuldner haften (so auch OLG München NZBau 2006, 135, 136;
  630. OLG Düsseldorf VergabeR 2001, 38, 40). Da die Antragsgegnerin und die Beigeladene sich mit identischem Rechtsschutzziel und weitgehend gleicher Be-
  631. - 33 -
  632. gründung gegen den Nachprüfungsantrag gewandt haben, haben sie deshalb
  633. die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung im Verfahren vor der Vergabekammer notwendigen Aufwendungen der Antragstellerin zu gleichen Kopfteilen
  634. zu tragen (ebenso OLG Düsseldorf VergabeR 2001, 38, 40).
  635. 60
  636. b) Entsprechend § 80 Abs. 3 Satz 2 VwVfG ist außerdem zu bestimmen,
  637. dass die Hinzuziehung des von der Antragstellerin mit der Vertretung im Nachprüfungsverfahren vor der Vergabekammer betrauten Rechtsanwalts notwendig
  638. war.
  639. 61
  640. Da das Gesetz insoweit keine Regel vorgibt, kann die Frage der Notwendigkeit der Hinzuziehung eines Rechtsanwalts nicht schematisch beantwortet
  641. werden; es ist - wie auch sonst, wenn es um die Notwendigkeit verursachter
  642. Kosten geht - eine Entscheidung geboten, die den Umständen des Einzelfalls
  643. gerecht wird. Hierzu ist die Frage zu beantworten, ob der Beteiligte unter den
  644. Umständen des Falles auch selbst in der Lage gewesen wäre, aufgrund der
  645. bekannten oder erkennbaren Tatsachen den Sachverhalt zu erfassen, der im
  646. Hinblick auf eine Missachtung von Bestimmungen über das Vergabeverfahren
  647. von Bedeutung ist, hieraus die für eine sinnvolle Rechtswahrung oder
  648. -verteidigung nötigen Schlüsse zu ziehen und das danach Gebotene gegenüber
  649. der Vergabekammer vorzubringen. Hierfür können neben Gesichtspunkten wie
  650. der Einfachheit oder Komplexität des Sachverhalts, der Überschaubarkeit oder
  651. Schwierigkeit der zu beurteilenden Rechtsfragen auch rein persönliche Umstände bestimmend sein wie etwa die sachliche und personelle Ausstattung des
  652. Beteiligten, also beispielsweise, ob er über eine Rechtsabteilung oder andere
  653. Mitarbeiter verfügt, von denen erwartet werden kann, dass sie gerade oder
  654. auch Fragen des Vergaberechts sachgerecht bearbeiten können, oder ob allein
  655. der kaufmännisch gebildete Geschäftsinhaber sich des Falls annehmen muss.
  656. - 34 -
  657. 62
  658. Im Streitfall ist der Umstand, dass eine Rechtsfrage zu beantworten war,
  659. derentwegen das Oberlandesgericht zu Recht eine Vorlage an den Bundesgerichtshof für gesetzlich geboten gehalten hat, ein starkes Indiz dafür, dass jedenfalls auf Seiten eines Bieters, der zur Beantwortung vergaberechtlicher Fragen nicht auf besondere eigene Ressourcen zurückgreifen kann, ein außenstehender Rechtsanwalt zur sachgerechten Rechtswahrung erforderlich war. Da
  660. für etwas Gegenteiliges nichts ersichtlich oder dargetan ist, bejaht der Senat
  661. deshalb die Notwendigkeit der Hinzuziehung des Verfahrensbevollmächtigten
  662. der Antragstellerin.
  663. 63
  664. 3. Was die im Beschwerdeverfahren entstandenen Kosten (Gerichtskosten und Kosten der Beteiligten) anbelangt, sind die Regeln der Zivilprozessordnung heranzuziehen (Sen.Beschl. v. 25.10.2005 - X ZB 15/05, NZBau 2006,
  665. 375; BGHZ 146, 202, 216). Ein Beigeladener ist kostenrechtlich wie der Antragsteller oder Antragsgegner eines Nachprüfungsverfahrens zu behandeln,
  666. wenn er die durch die Beiladung begründete Stellung im Beschwerdeverfahren
  667. auch nutzt, indem er sich an diesem Verfahren beteiligt (BGHZ 158, 43, 59). Im
  668. Streitfall hat sich die Beigeladene im Beschwerdeverfahren entgegen der Darstellung im Vorlagebeschluss nicht nur zur Frage der von der Antragstellerin
  669. gemäß § 118 Abs. 1 Satz 3 GWB begehrten Verlängerung der aufschiebenden
  670. Wirkung der sofortigen Beschwerde gegenüber der als Ablehnung des Nachprüfungsantrags geltenden Untätigkeit der Vergabekammer geäußert. Mit
  671. Schriftsatz vom 22. Dezember 2005 hat sie zur sofortigen Beschwerde der Antragstellerin sachlich Stellung genommen, auch insoweit auf Zurückweisung des
  672. Begehrens der Antragstellerin angetragen und einer Entscheidung hierüber im
  673. schriftlichen Verfahren zugestimmt. Neben der Antragsgegnerin hat mithin auch
  674. die Beigeladene als im Wesentlichen unterliegende Partei die in der Beschwer-
  675. - 35 -
  676. deinstanz entstandenen Kosten zu tragen (§§ 91, 92 Abs. 2 ZPO in entsprechender Anwendung). Für die Kostenerstattung haften die Antragsgegnerin und
  677. die Beigeladene dabei nach Kopfteilen (§ 100 Abs. 1 ZPO in entsprechender
  678. Anwendung).
  679. Scharen
  680. Ambrosius
  681. Meier-Beck
  682. Mühlens
  683. Kirchhoff
  684. Vorinstanzen:
  685. OLG Frankfurt/Main, Entscheidung vom 13.06.2006 - 11 Verg 11/05 -