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1 year ago
  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. IM NAMEN DES VOLKES
  3. URTEIL
  4. I ZR 161/13
  5. Verkündet am:
  6. 5. März 2015
  7. Führinger
  8. Justizangestellte
  9. als Urkundsbeamtin
  10. der Geschäftsstelle
  11. in dem Rechtsstreit
  12. Nachschlagewerk:
  13. ja
  14. BGHZ:
  15. nein
  16. BGHR:
  17. ja
  18. IPS/ISP
  19. MarkenG § 14 Abs. 2 Nr. 2
  20. Zeichen, die aus denselben, jedoch in unterschiedlicher Reihenfolge angeordneten Buchstaben oder Silben gebildet sind (hier „IPS“ und „ISP“), erwecken
  21. regelmäßig einen klanglich ähnlichen Gesamteindruck, wenn sie bei einer Aussprache der Buchstaben oder Silben (hier „i-pe-ess“ und „i-ess-pe“) dieselbe
  22. Vokalfolge (hier „i-e-e“) aufweisen.
  23. BGH, Urteil vom 5. März 2015 - I ZR 161/13 - OLG Hamm
  24. LG Bochum
  25. -2-
  26. Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 5. März 2015 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Büscher, die
  27. Richter Prof. Dr. Schaffert, Prof. Dr. Koch, Dr. Löffler und die Richterin
  28. Dr. Schwonke
  29. für Recht erkannt:
  30. Auf die Revision der Klägerin wird der Beschluss des 22. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 15. Juli 2013 aufgehoben.
  31. Die Sache wird zur Verhandlung und neuen Entscheidung, auch
  32. über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
  33. Von Rechts wegen
  34. Tatbestand:
  35. 1
  36. Die Klägerin ist Inhaberin der am 4. April 2008 angemeldeten und am
  37. 18. Juli 2008 eingetragenen deutschen Wortmarke „IPS“, die unter anderem für
  38. folgende Dienstleistungen registriert ist:
  39. Klasse 37
  40. Wartung und Instandsetzung […] von automatischen Steuerungseinrichtungen;
  41. von Datenverarbeitungsgeräten und von Computern
  42. Klasse 42
  43. Entwurf und Entwicklung von Computerhard- und -software, insbesondere
  44. Softwareerstellung für Industriesteuerungen, insbesondere für speicherprogrammierbare Steuerungen und rechnergesteuerte Schaltanlagen; […] Wartung
  45. und Instandsetzung nämlich Aktualisierung, von Computersoftware
  46. -3-
  47. 2
  48. Die unter der Bezeichnung „ISP Polska sp. z o.o.“ firmierende Beklagte
  49. ist ein in Polen ansässiges Unternehmen, das sich mit IT-Lösungen für die Industrieautomatisierung befasst und zu diesem Zweck insbesondere Software
  50. entwickelt. Sie präsentiert ihre Leistungen unter der Internetadresse „www.itsp.pl“ in deutscher Sprache. Auf ihren Internetseiten verwendet sie neben der
  51. Bezeichnung „ISP Polska sp. z o.o.“ ein farbiges Logo, das aus drei grünen,
  52. sich teilweise überlagernden Kreisen besteht, in denen in weißer Schrift die
  53. Buchstaben „I“, „S“ und „P“ angeordnet sind.
  54. Die Klägerin sieht in der Verwendung dieser Bezeichnungen eine Verlet-
  55. 3
  56. zung ihrer Markenrechte. Sie hat beantragt,
  57. die Beklagte unter Androhung von Ordnungsmitteln zu verurteilen, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr in der Bundesrepublik Deutschland für ein im
  58. Bereich der IT- und Automatisierungstechnik tätiges Unternehmen die Firmierung „ISP Polska sp. z. o.o.“ und/oder die Kennzeichnung „ISP“ zu benutzen.
  59. Ferner hat sie die Beklagte auf Auskunftserteilung und Erstattung von
  60. 4
  61. Abmahnkosten nebst Zinsen in Anspruch genommen und die Feststellung ihrer
  62. Schadensersatzpflicht begehrt.
  63. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die dagegen gerichtete Be-
  64. 5
  65. rufung der Klägerin hat das Berufungsgericht durch Beschluss gemäß § 522
  66. Abs. 2 Satz 1 ZPO zurückgewiesen. Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt, verfolgt die Klägerin ihre Klageanträge weiter.
  67. Entscheidungsgründe:
  68. 6
  69. A. Das Berufungsgericht hat die von der Klägerin erhobenen markenrechtlichen Ansprüche für unbegründet erachtet. Dazu hat es ausgeführt:
  70. -4-
  71. 7
  72. Die Beklagte habe ihre Kennzeichen markenmäßig verwendet. Die angegriffenen Zeichen seien mit der Marke der Klägerin nicht verwechslungsfähig.
  73. Es sei von Dienstleistungsidentität und durchschnittlicher Kennzeichnungskraft
  74. der Klagemarke auszugehen. Zwischen den Zeichen bestehe aus Sicht der angesprochenen Verkehrskreise keine Zeichenähnlichkeit. Dabei sei von einer
  75. sorgfältigen Prüfung der Bezeichnungen durch die mit der Beschaffung oder
  76. Wartung von Maschinen und Automaten befassten Unternehmensmitarbeiter
  77. auszugehen. Klanglich stimmten die Bezeichnungen „IPS“ und „ISP“ in den
  78. verwendeten Buchstaben, der Silbenzahl und der Vokalfolge überein. Ferner
  79. befinde sich der Buchstabe „I“ bei beiden Bezeichnungen am Wortanfang.
  80. Durch die Vertauschung der Konsonanten „S“ und „P“ entstehe jedoch ein völlig
  81. anderes Klangbild. Eine schriftbildliche Ähnlichkeit bestehe zwischen den Bezeichnungen „IPS“ und „ISP Polska sp. z o.o.“ nicht. Ein erkennbarer Sinngehalt
  82. komme keiner der Bezeichnungen zu. Bei einer Gesamtbetrachtung liege ein
  83. hinreichend großer Abstand zwischen den Bezeichnungen vor.
  84. B. Die gegen diese Beurteilung gerichtete Revision hat Erfolg. Sie führt
  85. 8
  86. zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der
  87. Sache an das Berufungsgericht. Auf der Grundlage der Feststellungen des Berufungsgerichts können die von der Klägerin wegen Verletzung ihrer Markenrechte erhobenen Ansprüche nicht verneint werden.
  88. I. Die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte, die auch unter
  89. 9
  90. Geltung des § 545 Abs. 2 ZPO in der Revisionsinstanz von Amts wegen zu prüfen ist (vgl. BGH, Urteil vom 30. März 2006 - I ZR 24/03, BGHZ 167, 91 Rn. 20
  91. - Arzneimittelwerbung im Internet; Urteil vom 12. Dezember 2013 - I ZR 131/12,
  92. GRUR 2014, 601 Rn. 14 = WRP 2014, 548 - englischsprachige Pressemitteilung), folgt aus Art. 5 Nr. 3 Brüssel-I-VO (jetzt Art. 7 Nr. 2 Brüssel-Ia-VO).
  93. -5-
  94. 10
  95. 1. Nach Art. 5 Nr. 3 Brüssel-I-VO kann eine Person, die ihren Wohnsitz
  96. im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats hat, in einem anderen Mitgliedstaat vor
  97. dem Gericht des Ortes, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist oder
  98. einzutreten droht, verklagt werden, wenn eine unerlaubte Handlung oder eine
  99. Handlung, die einer unerlaubten Handlung gleichgestellt ist, oder wenn Ansprüche aus einer solchen Handlung den Gegenstand des Verfahrens bilden.
  100. 2. Die beklagte Gesellschaft hat ihren Wohnsitz im Sinne der Verordnung
  101. 11
  102. im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaates. Gesellschaften haben gemäß
  103. Art. 60 Abs. 1 Buchst. a Brüssel-I-VO für die Anwendung der Verordnung ihren
  104. Wohnsitz am Ort ihres satzungsmäßigen Sitzes. Der satzungsmäßige Sitz der
  105. Beklagten ist in Polen.
  106. 3. Zu den unerlaubten Handlungen im Sinne von Art. 5 Nr. 3 Brüssel-I-
  107. 12
  108. VO zählen auch Verletzungen von Rechten des geistigen Eigentums wie Markenrechtsverletzungen (vgl. EuGH, Urteil vom 19. April 2012 - C-523/10, GRUR
  109. 2012, 654 Rn. 24 - Wintersteiger/Products 4U; BGH, Urteil vom 8. März 2012
  110. - I ZR 75/10, GRUR 2012, 621 Rn. 18 = WRP 2012, 716 - OSCAR).
  111. 4. Die Wendung „Ort, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist
  112. 13
  113. oder einzutreten droht“ meint sowohl den Ort der Verwirklichung des Schadenserfolgs als auch den Ort des für den Schaden ursächlichen Geschehens,
  114. so dass der Beklagte nach Wahl des Klägers vor dem Gericht eines dieser beiden Orte verklagt werden kann (vgl. EuGH, GRUR 2012, 654 Rn. 19 - Wintersteiger/Products 4U). Dabei kommt es nur darauf an, ob der Kläger schlüssig
  115. vorgetragen hat, im Inland sei ein schädigendes Ereignis eingetreten. Die Frage, ob tatsächlich ein schädigendes Ereignis eingetreten ist, betrifft die Begründetheit der Klage, die vom zuständigen Gericht anhand des anwendbaren nati-
  116. -6-
  117. onalen Rechts zu prüfen ist (vgl. EuGH, GRUR 2012, 654 Rn. 26 - Wintersteiger/Products 4U).
  118. a) Bei der behaupteten Verletzung einer nationalen Marke liegt der Ort
  119. 14
  120. der Verwirklichung des Schadenserfolgs der unerlaubten Handlung in dem Mitgliedsstaat, in dem die Marke geschützt ist (vgl. EuGH, GRUR 2012, 654
  121. Rn. 27 - Wintersteiger/Products 4U). Die nach dem schlüssigen Vorbringen der
  122. Klägerin verletzte Marke ist in Deutschland geschützt.
  123. b) Der in deutscher Sprache gehaltene und in Deutschland abrufbare In-
  124. 15
  125. ternetauftritt der Beklagten richtet sich bestimmungsgemäß auch an Verkehrskreise im Inland. Es braucht deshalb nicht entschieden zu werden, ob für die
  126. Begründung des Gerichtsstands der unerlaubten Handlung nach Art. 5 Nr. 3
  127. Brüssel-I-VO wegen behaupteter Markenverletzungen im Internet überhaupt
  128. erforderlich ist, dass sich der Internetauftritt bestimmungsgemäß auch auf das
  129. Inland richtet (offengelassen BGH, GRUR 2012, 621 Rn. 21 - OSCAR, mwN;
  130. ablehnend für Verletzungen des Urheberrechts und verwandter Schutzrechte
  131. EuGH, Urteil vom 3. Oktober 2013 - C-170/12, GRUR 2014, 100 Rn. 42 = WRP
  132. 2013, 1456 - Pinckney/Mediatech; Urteil vom 22. Januar 2015 - C-441/13,
  133. GRUR 2015, 296 Rn. 32 = WRP 2015, 332 - Hejduk/EnergieAgentur).
  134. II. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann eine Ver-
  135. 16
  136. wechslungsgefahr (§ 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG) zwischen der Marke „IPS“ der
  137. Klägerin einerseits und den Kennzeichnungen „ISP Polska sp. z o.o.“ und „ISP“
  138. der Beklagten andererseits nicht verneint werden.
  139. 1. Nach § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG ist es Dritten untersagt, ohne Zu-
  140. 17
  141. stimmung des Inhabers der Marke im geschäftlichen Verkehr ein Zeichen zu
  142. benutzen, wenn wegen der Identität oder Ähnlichkeit des Zeichens mit der Marke und der Identität oder Ähnlichkeit der durch die Marke und das Zeichen er-
  143. -7-
  144. fassten Waren oder Dienstleistungen für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen besteht, einschließlich der Gefahr, dass das Zeichen mit der Marke gedanklich in Verbindung gebracht wird.
  145. 2. Die Frage, ob eine Verwechslungsgefahr im Sinne von § 14 Abs. 2
  146. 18
  147. Nr. 2 MarkenG vorliegt, ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls zu beurteilen. Dabei besteht eine Wechselwirkung zwischen den in Betracht zu ziehenden Faktoren, insbesondere der Identität oder der Ähnlichkeit
  148. der Zeichen und der Identität oder der Ähnlichkeit der mit ihnen gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen sowie der Kennzeichnungskraft der älteren
  149. Marke, so dass ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Zeichen oder durch eine
  150. erhöhte Kennzeichnungskraft der älteren Marke ausgeglichen werden kann und
  151. umgekehrt (st. Rspr., vgl. BGH, Urteil vom 20. Januar 2011 - I ZR 31/09, GRUR
  152. 2011, 824 Rn. 19 = WRP 2011, 1157 - Kappa; Urteil vom 5. Dezember 2012
  153. - I ZR 85/11, GRUR 2013, 833 Rn. 30 = WRP 2013, 1038 - Culinaria/Villa Culinaria; Urteil vom 22. Januar 2014 - I ZR 71/12, GRUR 2014, 382 Rn. 14 = WRP
  154. 2014, 452 - REAL-Chips). Von diesen Grundsätzen ist auch das Berufungsgericht ausgegangen.
  155. 3. Die Beklagte bietet IT-Lösungen und insbesondere die Entwicklung
  156. 19
  157. von Software für die Industrieautomatisierung an. Die Marke der Klägerin ist für
  158. die Dienstleistung der Entwicklung von Software für Industrieautomaten eingetragen. Es liegt daher Identität der Dienstleistungen vor.
  159. 4. Das Berufungsgericht hat angenommen, die Klagemarke „IPS“ verfüge
  160. 20
  161. über durchschnittliche Kennzeichnungskraft. Diese Annahme wird von der Revision hingenommen und ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Eine
  162. Buchstabenfolge verfügt in der Regel von Hause aus über durchschnittliche
  163. -8-
  164. Kennzeichnungskraft (vgl. BGH, Urteil vom 8. November 2001 - I ZR 139/99,
  165. GRUR 2002, 626, 628 = WRP 2011, 705 - IMS; Urteil vom 20. Januar 2011
  166. - I ZR 10/09, GRUR 2011, 831 Rn. 18 = WRP 2011, 1174 - BCC).
  167. 5. Die Revision macht jedoch zutreffend geltend, dass mit der vom Beru21
  168. fungsgericht gegebenen Begründung eine die Gefahr von Verwechslungen begründende Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Zeichen nicht verneint werden kann.
  169. a) Die Frage der Ähnlichkeit einander gegenüberstehender Zeichen ist
  170. 22
  171. nach deren Ähnlichkeit im Klang, im (Schrift-)Bild oder in der Bedeutung zu beurteilen, weil Marken auf die mit ihnen angesprochenen Verkehrskreise in
  172. klanglicher, bildlicher und begrifflicher Hinsicht wirken können. Für die Bejahung
  173. der Zeichenähnlichkeit reicht in der Regel bereits die Ähnlichkeit in einem dieser Wahrnehmungsbereiche aus (vgl. BGH, Urteil vom 14. Mai 2009
  174. - I ZR 231/06, GRUR 2009, 1055 Rn. 26 = WRP 2009, 1533 - airdsl; BGH,
  175. GRUR 2011, 824 Rn. 25 f. - Kappa; GRUR 2014, 382 Rn. 25 - REAL-Chips).
  176. Bei der Beurteilung der Zeichenähnlichkeit ist auf den jeweiligen Ge-
  177. 23
  178. samteindruck abzustellen, den die einander gegenüberstehenden Zeichen bei
  179. den angesprochenen Verkehrskreisen hervorrufen (vgl. BGH, Urteil vom 18.
  180. September 2014 - I ZR 228/12, GRUR 2014, 1101 Rn. 54 = WRP 2014, 1314 Gelbe Wörterbücher). Dabei ist der Erfahrungssatz zu berücksichtigen, dass
  181. der Verkehr die jeweiligen Bezeichnungen regelmäßig nicht gleichzeitig wahrnimmt und miteinander vergleicht und die übereinstimmenden Merkmale in einem undeutlichen Erinnerungseindruck häufig stärker ins Gewicht fallen als die
  182. Unterschiede (vgl. BGH, Urteil vom 30. Oktober 2003 - I ZR 236/97, GRUR
  183. 2004, 235, 237 = WRP 2004, 360 - Davidoff II; Urteil vom 13. Oktober 2004
  184. -9-
  185. - I ZR 181/02, GRUR 2005, 264, 265 = WRP 2005, 213 - Das Telefon-Sparbuch).
  186. b) Von diesen Grundsätzen ist im Ansatz auch das Berufungsgericht
  187. 24
  188. ausgegangen. Es hat angenommen, aus der Sicht der angesprochenen Verkehrskreise wahrten die angegriffenen Zeichen nach ihrem Gesamteindruck
  189. einen hinreichenden Abstand von der Marke der Klägerin. Dazu hat es ausgeführt:
  190. Es sei von einer sorgfältigen Prüfung der Bezeichnungen durch die an-
  191. 25
  192. gesprochenen Verkehrskreise auszugehen. Von einer sorgfältigen Prüfung
  193. könne bereits ausgegangen werden, wenn die betroffenen Verkehrskreise beruflich mit dem Erwerb der Waren oder der Inanspruchnahme der Dienstleistungen zu tun hätten. Diese Voraussetzung sei bei Unternehmensmitarbeitern,
  194. die beruflich mit der Beschaffung und Wartung von Maschinen und Automaten
  195. befasst seien, erfüllt.
  196. Klanglich stimmten die Bezeichnungen in den verwendeten Buchstaben,
  197. 26
  198. der Silbenzahl und der Vokalfolge überein. Ferner befinde sich der Buchstabe
  199. „I“ bei beiden Bezeichnungen am grundsätzlich besonders bedeutsamen Wortanfang. Die Bedeutung dieser Übereinstimmung werde aber erheblich dadurch
  200. abgeschwächt, dass es überdurchschnittlich viele Unternehmen in der ITBranche gebe, deren Firmierung mit dem Buchstaben „I“ beginne. Durch die
  201. Vertauschung der - einzeln ausgesprochenen - Konsonanten „S“ und „P“ entstehe ein völlig anderes Klangbild. Dieses werde jeweils durch das scharf und
  202. mit großer Intensität gesprochene „ess“ geprägt, das bei der Marke der Klägerin
  203. am Wortende stehe, während es sich bei der Bezeichnung der Beklagten in der
  204. Wortmitte befinde. Zudem werde das „pe“ bei der Bezeichnung der Beklagten
  205. deutlich länger gesprochen als bei der Marke der Klägerin, weil es sich dabei
  206. - 10 -
  207. um die Schlusssilbe handele. Die Konsonanten „P“ und „S“ seien in keiner Weise klangverwandt und beeinflussten den Wortklang je nach ihrer Stellung im
  208. Wort völlig gegensätzlich. Außerdem sei zu berücksichtigen, dass klangliche
  209. Abweichungen bei kurzen Bezeichnungen besser bemerkt würden. Eine schriftbildliche Ähnlichkeit bestehe zwischen den Bezeichnungen „IPS“ und „ISP
  210. Polska sp. z o.o.“ nicht. Ein erkennbarer Sinngehalt komme keiner der Bezeichnungen zu.
  211. c) Diese Beurteilung hält den Angriffen der Revision nicht in allen Punk27
  212. ten stand. Die Beurteilung des Gesamteindrucks einander gegenüberstehender
  213. Zeichen liegt zwar im Wesentlichen auf tatrichterlichem Gebiet. Im Revisionsverfahren ist sie nur darauf zu überprüfen, ob der Tatrichter einen unzutreffenden Rechtsbegriff zugrunde gelegt, gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze
  214. verstoßen oder wesentliche Umstände nicht berücksichtigt hat (vgl. BGH, Urteil
  215. vom 22. März 2012 - I ZR 55/10, GRUR 2012, 635 Rn. 23 = WRP 2012, 712
  216. - METRO/ROLLER's Metro; Urteil vom 11. April 2013 - I ZR 214/11, GRUR
  217. 2013, 1239 Rn. 21 = WRP 2013, 1601 - VOLKSWAGEN/Volks.Inspektion). Solche Rechtsfehler sind dem Berufungsgericht jedoch unterlaufen.
  218. d) Die Revision wendet sich mit Erfolg gegen die Annahme des Beru-
  219. 28
  220. fungsgerichts, bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr aus Sicht der angesprochenen Verkehrskreise sei davon auszugehen, dass die mit der Beschaffung oder Wartung von Maschinen und Automaten befassten Unternehmensmitarbeiter die von den Parteien zur Kennzeichnung ihrer Dienstleistungen verwendeten Bezeichnungen sorgfältig prüften.
  221. aa) Allerdings kann der Gesamteindruck, den die angesprochenen Ver-
  222. 29
  223. kehrskreise von Zeichen haben, anders ausfallen, wenn es sich bei diesen Verkehrskreisen um Fachkreise und nicht um Endverbraucher handelt. Dies kann
  224. - 11 -
  225. etwa darauf beruhen, dass die Fachkreise eine größere Aufmerksamkeit bei der
  226. Erfassung der Zeichen aufwenden und kleinere Unterschiede zwischen den
  227. kollidierenden Zeichen besser in Erinnerung behalten als die Endverbraucher
  228. (vgl. BGH, Urteil vom 29. Oktober 1957 - I ZR 108/56, GRUR 1958, 604, 606
  229. - Wella-Perla; Urteil vom 25. April 1961 - I ZR 31/60, GRUR 1961, 535,
  230. 537- arko; Urteil vom 30. Januar 1963 - Ib ZR 118/61, GRUR 1963, 478, 480
  231. - Bleiarbeiter; Beschluss vom 1. Juni 2011 - I ZB 52/09, GRUR 2012, 64 = WRP
  232. 2012, 83 - Maalox/Melox-GRY; Hacker in Ströbele/Hacker, MarkenG, 11. Aufl.,
  233. § 9 Rn. 238; Fezer, Markenrecht, 4. Aufl., § 14 MarkenG Rn. 437).
  234. bb) Das Berufungsgericht hat jedoch nicht festgestellt, dass es sich bei
  235. 30
  236. den mit der Beschaffung oder Wartung von Maschinen und Automaten befassten Unternehmensmitarbeitern um die vom Dienstleistungsangebot der Parteien
  237. angesprochenen Verkehrskreise und Fachleute handelt. Es kann nicht ohne
  238. Weiteres angenommen werden, dass die mit der Beschaffung oder Wartung
  239. von Maschinen und Automaten befassten Unternehmensmitarbeiter zugleich
  240. mit der Beschaffung und Wartung der zum Betrieb dieser Maschinen und Automaten erforderlichen Software befasst sind und insoweit über besondere
  241. Fachkunde verfügen. Die Annahme des Berufungsgerichts, die von den Parteien zur Kennzeichnung ihrer Dienstleistungen verwendeten Bezeichnungen
  242. würden von den angesprochenen Verkehrskreisen sorgfältig geprüft, entbehrt
  243. daher einer tragfähigen Grundlage.
  244. cc) Das Berufungsgericht hat ferner nicht berücksichtigt, dass auch
  245. 31
  246. Fachkreise, die sorgfältig zu prüfen und zu unterscheiden gewohnt sind, einer
  247. Klangtäuschung leichter und häufiger unterliegen als einer Täuschung durch ein
  248. visuell wahrnehmbares Kennzeichen oder durch den ähnlichen Sinngehalt
  249. zweier Kennzeichnungen, weil die Klangwirkung besonders flüchtig ist und vom
  250. Hörer meist nicht beliebig oft aufgenommen und vertieft werden kann (vgl.
  251. - 12 -
  252. BGH, Urteil vom 11. März 1982 - I ZR 58/80, GRUR 1982, 420, 422
  253. - BBC/DDC; Urteil vom 12. März 1992 - I ZR 110/90, GRUR 1992, 550, 551 =
  254. WRP 1992, 478 - ac-pharma).
  255. e) Bei der Beurteilung der Ähnlichkeit des klanglichen Gesamteindrucks
  256. 32
  257. der Kollisionszeichen sind dem Berufungsgericht ebenfalls Rechtsfehler unterlaufen.
  258. aa) Die für die Klägerin eingetragene Marke „IPS“ steht den beiden von
  259. 33
  260. der Beklagten verwendeten Bezeichnungen „ISP“ und „ISP Polska sp. z o.o.“
  261. gegenüber. Hinsichtlich der Bezeichnung „ISP Polska sp. z o.o.“ ist das Berufungsgericht ohne Rechtsfehler davon ausgegangen, dass ihr klanglicher Gesamteindruck wegen der Neigung des Verkehrs zu vereinfachenden Abkürzungen im mündlichen Geschäftsverkehr auf das Schlagwort „ISP“ verkürzt werde
  262. (vgl. BGH, Beschluss vom 8. Mai 2002 - I ZB 4/00, GRUR 2002, 1067, 1069 =
  263. WRP 2002, 1152 - DKV/OKV; Beschluss vom 7. Februar 2002 - I ZR 258/98,
  264. GRUR 2002, 613, 614 = WRP 2002, 547 - GERRI/KERRY Spring). Daher ist
  265. lediglich die klangliche Ähnlichkeit zwischen den Bezeichnungen „IPS“ einerseits und „ISP“ andererseits zu beurteilen.
  266. bb) Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die
  267. 34
  268. Zeichen „IPS“ und „ISP“ klanglich in den verwendeten Buchstaben (dem Anfangsvokal „I“ und den nachfolgenden Konsonanten „PS“ bzw. „SP“), der Silbenzahl (den jeweils drei Silben der einzeln ausgesprochenen Buchstaben „ipe-ess“ und „i-ess-pe“) und der Vokalfolge („i-e-e“) übereinstimmen.
  269. cc) Das Berufungsgericht hat angenommen, die Bedeutung der Überein-
  270. 35
  271. stimmung des Anfangsbuchstabens „I“ werde dadurch erheblich abgeschwächt,
  272. dass Bezeichnungen von Unternehmen aus der IT-Branche sehr häufig mit dem
  273. Buchstaben „I“ begännen. Diese Erwägung hält einer Nachprüfung nicht stand.
  274. - 13 -
  275. 36
  276. (1) Für den Gesamteindruck eines Wortzeichens kann dem Wortanfang,
  277. wie auch das Berufungsgericht mit Recht angenommen hat, ein größeres Gewicht zukommen als den nachfolgenden Wortbestandteilen, weil der Verkehr
  278. dem Beginn eines Wortzeichens im Allgemeinen größere Aufmerksamkeit
  279. schenkt (vgl. BGH, Urteil vom 14. November 1991 - I ZR 24/90, GRUR 1992,
  280. 110, 112 - dipa/dib; Urteil vom 1. Juli 1993 - I ZR 194/91, GRUR 1993, 972, 975
  281. - Sana/Schosana; EuG, Urteil vom 20. November 2007 - T-149/06, Slg. 2007,
  282. II-4755, GRUR Int. 2008, 231 Rn. 54 - CASTELLANI/CASTELLUCA). Das gilt
  283. auch für Drei-Buchstaben-Kürzel (vgl. BGH, GRUR 2002, 1067, 1070
  284. - DKV/OKV).
  285. (2) Dieser Erfahrungssatz gilt allerdings nicht, wenn der Zeichenanfang
  286. 37
  287. beschreibend oder sonst kennzeichnungsschwach ist (BGH, Urteil vom 6. Mai
  288. 2004 - I ZR 223/01, GRUR 2004, 783, 785 = WRP 2004, 1043 - NEUROVIBOLEX/NEURO-FIBRAFLEX; BGH, GRUR 2009, 1055 Rn. 33 - airdsl; EuG,
  289. Urteil vom 28. Oktober 2009 - T-80/08, Slg. 2009, II-4025, juris Rn. 49
  290. - RNAiFect/RNActive). Das kann auch der Fall sein, wenn der Anfangsbuchstabe einer Buchstabenfolge für den Verkehr ersichtlich als Abkürzung für eine
  291. beschreibende Sachangabe verwendet wird (vgl. allgemein zu Buchstaben innerhalb von Buchstabenfolgen BGH, GRUR 2002, 1067, 1070 - DKV/OKV).
  292. Das Berufungsgericht hat angenommen, der Buchstabe „I“ komme bei
  293. 38
  294. Unternehmen der IT-Branche sehr häufig als Anfangsbuchstabe der Unternehmensbezeichnung vor und werde von den angesprochenen Verkehrskreisen als
  295. Abkürzung für eine beschreibende Sachangabe und insbesondere als Hinweis
  296. auf die Tätigkeit des Unternehmens auf dem Gebiet der Informationstechnik
  297. verstanden. Die vom Berufungsgericht herangezogenen Unterlagen rechtfertigen diese Annahme nicht. Der von der Klägerin vorgelegte „IT-Firmenindex“ für
  298. Dortmund weist unter dem Buchstaben „I“ eine erhebliche Anzahl von Ge-
  299. - 14 -
  300. schäftsbezeichnungen auf, bei denen der Buchstabe „I“ entweder schon nicht
  301. als Abkürzung („infoteam“, „Ingenieurbüro“, „Institut“) oder jedenfalls nicht als
  302. Hinweis auf eine Tätigkeit in der IT-Branche („IHK“) verwendet wird. Ferner enthält der Index ganz überwiegend Bezeichnungen von Unternehmen, deren Bezeichnung nicht mit dem Buchstaben “I“, sondern mit einem anderen Buchstaben beginnt.
  303. (3) Der Erfahrungssatz, dass der Verkehr dem Anfang eines Zeichens
  304. 39
  305. besondere akustische Beachtung schenkt, gilt ferner nur eingeschränkt, wenn
  306. die Betonung nicht auf dem Wortanfang liegt (BGH, GRUR 1993, 972, 975
  307. - Sana/Schosana; OLG Hamburg, NJOZ 2003, 2133, 2141 - ICHTHYOL/
  308. Ethyol II). Auch davon kann im Streitfall jedoch nicht ausgegangen werden.
  309. Das Berufungsgericht hat angenommen, das Klangbild der einander ge-
  310. 40
  311. genüberstehenden Bezeichnungen werde jeweils durch das scharf und mit großer Intensität gesprochene „ess“ geprägt, das bei der Marke der Klägerin am
  312. Wortende stehe, während es sich bei der Bezeichnung der Beklagten in der
  313. Wortmitte befinde. Zudem werde das „pe“ bei der Bezeichnung der Beklagten
  314. deutlich länger gesprochen als bei der Marke der Klägerin, weil es sich dabei
  315. um die Schlusssilbe handele. Es kann offenbleiben, ob diese Annahmen der
  316. Lebenserfahrung entsprechen. Es kann jedenfalls nicht davon ausgegangen
  317. werden, dass der Verkehr deshalb die zweite oder die dritte Silbe der Bezeichnungen bei der Aussprache stärker als die erste Silbe betont.
  318. dd) Das Berufungsgericht hat weiter angenommen, durch die Vertau-
  319. 41
  320. schung der dem Anfangsvokal „I“ nachfolgenden Konsonanten entstehe ein
  321. völlig unterschiedliches Klangbild der Zeichen „IPS“ und „ISP“. Die Buchstaben
  322. „P“ und „S“ seien nicht klangverwandt und beeinflussten den Wortklang je nach
  323. ihrer Stellung im Wort gegensätzlich. Außerdem sei zu berücksichtigen, dass
  324. - 15 -
  325. klangliche Abweichungen bei kurzen Bezeichnungen besser bemerkt würden.
  326. Diese Beurteilung hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand.
  327. (1) Bei der Beurteilung des klanglichen Gesamteindrucks von Buchsta42
  328. benfolgen ist zu berücksichtigen, dass Konsonanten phonetisch regelmäßig um
  329. Vokale ergänzt werden, um sie leichter aussprechen zu können (vgl. BGH,
  330. GRUR 1982, 420, 422 - BBC/DDC). Davon ist auch das Berufungsgericht ausgegangen. Es hat ohne Rechtsfehler angenommen, die drei Buchstaben der
  331. Zeichen „IPS“ und „ISP“ würden einzeln als „i-pe-ess“ und „i-ess-pe“ ausgesprochen.
  332. (2) Das Berufungsgericht hat allerdings nicht beachtet, dass die Buchsta-
  333. 43
  334. ben „P“ und „S“, wenn sie einzeln als „pe“ und „ess“ ausgesprochen werden,
  335. denselben Vokal „e“ enthalten und daher durchaus klangverwandt sind. Vor
  336. allem aber hat es nicht hinreichend berücksichtigt, dass der Vokalfolge für die
  337. Frage der Übereinstimmung des klanglichen Gesamteindrucks von Kollisionszeichen regelmäßig besondere Bedeutung zukommt (BGH, Urteil vom 15. Juni
  338. 1962 - I ZR 15/61, GRUR 1962, 522, 523 - Ribana; Urteil vom 15. Februar 2001
  339. - I ZR 232/98, GRUR 2001, 1161, 1163 = WRP 2001, 1207 - ComNet/
  340. CompuNet). Zeichen, die aus denselben, jedoch in unterschiedlicher Reihenfolge angeordneten Buchstaben oder Silben gebildet sind, erwecken regelmäßig
  341. einen klanglich ähnlichen Gesamteindruck, wenn sie bei einer Aussprache der
  342. Buchstaben oder Silben dieselbe Vokalfolge aufweisen (vgl. EuG, Urteil vom
  343. 9. Dezember 2009 - T-484/08, juris Rn. 32 f. - Kids Vits/VITS4KIDS; BPatG,
  344. Beschluss vom 29. Oktober 2003 - 33 W (pat) 269/02, juris Rn. 29 - KTS/TKS;
  345. Beschluss
  346. vom
  347. - KLASMANN
  348. 2. November
  349. KTS/TKS;
  350. 2004
  351. Beschluss
  352. - 33 W (pat) 62/03,
  353. vom
  354. juris
  355. Rn. 28
  356. 1. Dezember
  357. 2004
  358. - 32 W (pat) 321/03, juris Rn. 22 - Cerola/ACEROL; BPatG, GRUR 2008, 77, 79
  359. - 16 -
  360. - QUELLGOLD/Goldquell;
  361. BPatG,
  362. Beschluss
  363. vom
  364. 3. Dezember
  365. 2009
  366. - 30 W (pat) 67/09, juris Rn. 30 - panvital/VITAPAN).
  367. Danach kann im vorliegenden Fall eine klangliche Ähnlichkeit der Zei44
  368. chen nicht verneint werden. Der Umstand, dass bei der Aussprache der Einzelbuchstaben der Zeichen als „i-pe-es“ und „i-es-pe“ die Abfolge der Vokale „i-ee“ identisch ist, führt dazu, dass die Zeichen trotz der Vertauschung der dem
  369. Anfangsvokal „I“ nachfolgenden Konsonanten einen klanglich ähnlichen Gesamteindruck hervorrufen.
  370. Entgegen der Annahme des Berufungsgerichts kann auch nicht davon
  371. 45
  372. ausgegangen werden, die aus der Vertauschung der Konsonanten folgende
  373. klangliche Abweichung falle wegen der Kürze der sich gegenüberstehenden
  374. Zeichen „IPS“ und „ISP“ besonders ins Gewicht. Zwar kommt klanglichen Unterschieden bei einsilbigen Wörtern regelmäßig keine geringe Bedeutung zu
  375. (vgl. BGH, Urteil vom 26. April 2001 - I ZR 212/98, GRUR 2002, 167, 171 =
  376. WRP 2001, 1320 - Bit/Bud). Dieser Erfahrungssatz ist im Streitfall jedoch nicht
  377. anwendbar, weil es sich bei den hier in Rede stehenden Zeichen nicht um einsilbige Wörter handelt. Das Berufungsgericht hat zutreffend angenommen, dass
  378. die Zeichen „IPS“ und „ISP“ klanglich insofern jeweils drei Silben haben, als ihre
  379. drei Buchstaben jeweils einzeln und um Vokale ergänzt ausgesprochen werden.
  380. f) Zur (schrift-)bildlichen Ähnlichkeit der Wortmarke „IPS“ und des Wort-
  381. 46
  382. Bild-Zeichens „ISP“ hat das Berufungsgericht keine Feststellungen getroffen.
  383. Zwischen der für die Klägerin eingetragenen Marke „IPS“ und der von der Beklagten verwendeten Bezeichnung „ISP Polska sp. z o.o.“ hat es eine schriftbildliche Ähnlichkeit mit der Begründung verneint, der Verkehr werde sich bei
  384. der von der Beklagten verwendeten Bezeichnung nicht allein an dem Bestand-
  385. - 17 -
  386. teil „ISP“ orientieren. Dabei hat das Berufungsgericht allerdings nicht in Betracht
  387. gezogen, dass die angesprochenen deutschen Verkehrskreise möglicherweise
  388. in dem Begriff „Polska“ ein Synonym für „Polen“ und in der Buchstabenfolge
  389. „Sp. z o.o.“ einen Rechtsformzusatz erkennen. In diesem Fall sind die betreffenden Zeichenbestandteile normalerweise nicht geeignet, den Gesamteindruck
  390. der Kennzeichnung „ISP Polska Sp. z o.o“ mitzuprägen. Einer Ortsbezeichnung
  391. kommt als Bestandteil eines Kombinationszeichens regelmäßig keine prägende
  392. Bedeutung zu, weil sie üblicherweise nur als beschreibende Angabe aufgefasst
  393. wird (BGH, GRUR 2002, 167, 170 - Bit/Bud; BGH, Urteil vom 18. Dezember
  394. 2008 - I ZR 200/06, GRUR 2009, 772 Rn. 59 = WRP 2009, 971 - Augsburger
  395. Puppenkiste). Entsprechendes gilt für die Angabe der Rechtsform eines Unternehmens (vgl. BGH, GRUR 2002, 626, 628 - IMS).
  396. g) Das Berufungsgericht hat ohne Rechtsfehler angenommen, der Ver47
  397. kehr messe den Kollisionszeichen keinen erkennbaren Sinngehalt bei. Soweit
  398. die Revisionserwiderung einwendet, die angesprochenen Verkehrskreise ordneten dem Zeichen „ISP“ einen eindeutigen Begriffsinhalt zu, weil es sich dabei
  399. um die in der IT-Branche übliche und bekannte Abkürzung für „IT Solution Partner“ handle, versucht sie lediglich, die tatrichterliche Beurteilung durch ihre eigene zu ersetzen, ohne einen Rechtsfehler des Berufungsgerichts aufzuzeigen.
  400. h) Das Berufungsurteil ist aber auch deshalb rechtsfehlerhaft, weil das
  401. 48
  402. Berufungsgericht den Grad der Zeichenähnlichkeit nicht bestimmt hat.
  403. aa) Um die Verwechslungsgefahr beurteilen zu können, muss festgestellt
  404. 49
  405. werden, ob und inwieweit Ähnlichkeit zwischen den einander gegenüberstehenden Zeichen besteht. Das Ergebnis dieser Prüfung kann von Zeichenunähnlichkeit über Zeichenähnlichkeit bis zu Zeichenidentität reichen; liegt Zeichenähnlichkeit vor, ist deren Grad genauer zu bestimmen. Dabei kann zwischen
  406. - 18 -
  407. sehr hoher (weit überdurchschnittlicher), hoher (überdurchschnittlicher), normaler (durchschnittlicher), geringer (unterdurchschnittlicher) und sehr geringer
  408. (weit unterdurchschnittlicher) Zeichenähnlichkeit unterschieden werden (vgl.
  409. BGH, GRUR 2013, 833 Rn. 55 - Culinaria/Villa Culinaria). Die Ausführungen zur
  410. Zeichenähnlichkeit müssen klar erkennen lassen, zu welchem Ergebnis der Tatrichter bei der Prüfung der Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Zeichen gekommen ist (vgl. Büscher in Büscher/Dittmer/Schiwy, Gewerblicher
  411. Rechtsschutz Urheberrecht Markenrecht, 3. Aufl., § 14 MarkenG Rn. 299).
  412. bb) Das Berufungsgericht hat ausgeführt, zwischen den Zeichen bestehe
  413. 50
  414. aus Sicht der angesprochenen Verkehrskreise keine Zeichenähnlichkeit. Diese
  415. Formulierung könnte darauf hindeuten, dass das Berufungsgericht von absoluter Zeichenunähnlichkeit ausgegangen ist. Allerdings hat es eine Abwägung mit
  416. der Dienstleistungsidentität und der durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der
  417. Klagemarke vorgenommen, die bei absoluter Zeichenunähnlichkeit nicht erforderlich wäre (vgl. EuGH, Urteil vom 23. Januar 2014 - C-558/12, MarkenR
  418. 2014, 68 Rn. 42 - WESTERN GOLD; BGH, Urteil vom 19. Februar 2004
  419. - I ZR 172/01, GRUR 2004, 594, 597 = WRP 2004, 909 - Ferrari-Pferd). Dabei
  420. hat das Berufungsgericht den Gemeinsamkeiten im Anfangsvokal, den verwendeten Konsonanten und der Silbenzahl erhebliche Unterschiede infolge der Vertauschung des zweiten und dritten Buchstabens gegenübergestellt. Dies spricht
  421. dafür, dass es von einer eher geringen Zeichenähnlichkeit ausgegangen ist.
  422. Auch danach bleibt allerdings offen, ob es eine geringe oder eine sehr geringe
  423. Zeichenähnlichkeit angenommen hat.
  424. i) Das Berufungsgericht hat im Rahmen seiner abschließenden Gesamt-
  425. 51
  426. betrachtung angenommen, bei bestehender Dienstleistungsidentität und durchschnittlicher Kennzeichnungskraft der Marke der Klägerin liege ein hinreichend
  427. großer Abstand zwischen den Bezeichnungen vor. Diese Beurteilung wird von
  428. - 19 -
  429. den Feststellungen des Berufungsgerichts schon deshalb nicht getragen, weil
  430. das Berufungsgericht den Grad der Zeichenähnlichkeit nicht festgestellt hat. Bei
  431. Identität der Dienstleistungen und durchschnittlicher Kennzeichnungskraft der
  432. Klagemarke sind strenge Anforderungen an den Zeichenabstand zu stellen, der
  433. zur Vermeidung einer Verwechslungsgefahr zu wahren ist (vgl. BGH, Beschluss
  434. vom 13. Oktober 2010 - I ZB 4/02, GRUR 2005, 326, 327 = WRP 2005, 341 - il
  435. Padrone/Il Portone). Die Ausführungen des Berufungsgerichts lassen nicht erkennen, ob diese Anforderungen im Streitfall erfüllt sind.
  436. III. Die Entscheidung des Berufungsgerichts stellt sich nicht aus anderen
  437. 52
  438. Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO). Entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung kann beim derzeitigen Verfahrensstand nicht davon ausgegangen werden, dass die Klageanträge unbegründet sind, weil sie sich ausschließlich gegen eine firmenmäßige Verwendung der Kennzeichen „ISP Polska sp. z o.o.“
  439. und „ISP“ richten.
  440. 1. Die Verwendung eines Zeichens allein für die Bezeichnung eines Un-
  441. 53
  442. ternehmens ist zwar keine Benutzung „für Waren oder Dienstleistungen“ im
  443. Sinne von § 14 Abs. 2 MarkenG. Ein firmenmäßiger Gebrauch stellt jedoch zugleich eine markenmäßige Benutzung dar, wenn der angesprochene Verkehr
  444. durch die Verwendung des Unternehmenskennzeichens - etwa durch die Anbringung auf den Waren oder durch die Verwendung in der Werbung für die
  445. Waren oder Dienstleistungen beispielsweise in Katalogen oder im Rahmen eines Internetauftritts - zu der Annahme veranlasst wird, es bestehe eine Verbindung zwischen dem Unternehmenskennzeichen und den von dem Unternehmen vertriebenen Waren oder erbrachten Dienstleistungen (vgl. zu Art. 5 Abs. 1
  446. MarkenRL EuGH, Urteil vom 11. September 2007 - C-17/06, Slg. 2007, I-7041
  447. = GRUR 2007, 971 Rn. 21 und 23 - Céline; BGH, Urteil vom 13. September
  448. 2007 - I ZR 33/05, GRUR 2008, 254 Rn. 22 f. = WRP 2008, 236 - THE HOME
  449. - 20 -
  450. STORE; Urteil vom 12. Mai 2011 - I ZR 20/10, GRUR 2011, 1140 Rn. 17 =
  451. WRP 2011, 1606 - Schaumstoff Lübke; Urteil vom 19. April 2012 - I ZR 86/10,
  452. GRUR 2012, 1145 Rn. 29 = WRP 2012, 1392 - Pelikan, mwN). Ob aus der
  453. Sicht des angesprochenen Verkehrs eine solche Verbindung besteht, ist eine
  454. Frage des Einzelfalls (vgl. BGH, GRUR 2009, 772 Rn. 48 - Augsburger Puppenkiste).
  455. 2. Nach dem Wortlaut der Klageanträge wendet sich die Klägerin gegen
  456. 54
  457. einen firmenmäßigen Gebrauch der angegriffenen Zeichen. Sie begehrt, der
  458. Beklagten die Benutzung der Firmierung „ISP Polska sp. z o.o.“ und/oder der
  459. Kennzeichnung „ISP“ allgemein „für ein im Bereich der IT- und Automatisierungstechnik tätiges Unternehmen“ zu untersagen. In dieser Form gehen der
  460. Unterlassungsantrag und die darauf bezogenen Folgeanträge zu weit, weil sie
  461. sich gegen jede Verwendungsform der angegriffenen Kennzeichen richten (vgl.
  462. BGH, GRUR 2012, 1145 Rn. 32 - Pelikan).
  463. 3. Aus dem Klagevorbringen geht allerdings hervor, dass sich die Kläge-
  464. 55
  465. rin auch gegen eine markenmäßige Verwendung der beanstandeten Kennzeichen wendet, die sie in dem Internetauftritt der Beklagten in deutscher Sprache
  466. und den vorgelegten deutschsprachigen Werbematerialien sieht.
  467. Die zu weite Fassung der Klageanträge kann deshalb beim derzeitigen
  468. 56
  469. Verfahrensstand nicht zur Abweisung der Klageanträge führen. Bei erstmals in
  470. der Revisionsinstanz festgestellten Mängeln des Klageantrags gebieten der
  471. Grundsatz des Vertrauensschutzes und des Anspruchs der Parteien auf ein
  472. faires Gerichtsverfahren, dem Kläger Gelegenheit zu geben, im wiedereröffneten Berufungsverfahren den insoweit bestehenden Bedenken durch eine angepasste Antragsfassung Rechnung zu tragen (vgl. BGH, GRUR 2008, 254
  473. - 21 -
  474. Rn. 23 f. - THE HOME STORE; BGH, Urteil vom 22. Januar 2014 - I ZR 164/12,
  475. GRUR 2014, 393 Rn. 49 = WRP 2014, 424 - wetteronline.de).
  476. Dies gilt auch, soweit die Klägerin Auskunft über die für Kunden in
  477. 57
  478. Deutschland oder aus Deutschland angebotenen, erbrachten und bestellten
  479. Waren verlangt. Das Berufungsgericht hat bislang nicht festgestellt, dass die
  480. Beklagte unter den Kennzeichnungen „ISP Polska sp. z o.o.“ und „ISP“ Waren
  481. vertreibt und insoweit die Gefahr von Verwechslungen mit der Klagemarke besteht.
  482. C. Das angefochtene Urteil ist daher aufzuheben. Die Sache ist zur Ver-
  483. 58
  484. handlung und neuen Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Der Senat kann nicht in der Sache selbst entscheiden, weil sie nicht zur
  485. Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 3 ZPO). Auf der Grundlage des vom Berufungsgericht festgestellten Sachverhalts kann nicht abschließend beurteilt werden, ob eine Verwechslungsgefahr vorliegt. Die Frage der Verwechslungsgefahr ist zwar eine Rechtsfrage, die grundsätzlich auch das Revisionsgericht beantworten kann. Voraussetzung dafür ist aber die Beurteilung des Gesamteindrucks der Zeichen aus der Sicht der angesprochenen Verkehrskreise, die im
  486. Wesentlichen auf tatrichterlichem Gebiet liegt (vgl. BGH, GRUR 2012, 635
  487. Rn. 35 - METRO/ROLLER's Metro; GRUR 2013, 833 Rn. 67 - Culinaria/Villa
  488. Culinaria). Eine fehlerfreie Gesamtbeurteilung auf der Grundlage von Dienstleistungsidentität, einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Klagemarke und eines noch zu bestimmenden Grads der Zeichenähnlichkeit aus der
  489. Sicht der mit den Dienstleistungen der Parteien befassten Verkehrskreise ist
  490. durch das Berufungsgericht bisher nicht erfolgt.
  491. D. Für das wiedereröffnete Berufungsverfahren weist der Senat auf Fol-
  492. 59
  493. gendes hin:
  494. - 22 -
  495. 60
  496. Im wiedereröffneten Berufungsverfahren wird die Klägerin in ihren neu zu
  497. formulierenden Klageanträgen zu konkretisieren haben, in welchen Verwendungsformen der Kennzeichen „ISP Polska sp. z o.o.“ und „ISP“ sie eine markenmäßige Benutzung für bestimmte Dienstleistungen oder Waren sieht. Bei
  498. der Antragsfassung wird zu berücksichtigen sein, dass die Beklagte die Buchstabenfolge „ISP“ in Form eines Wort-Bild-Zeichens benutzt hat. Das Berufungsgericht wird alsdann zu beurteilen haben, ob die angegriffenen Kennzeichen in den von der Klägerin beanstandeten Verletzungsformen markenmäßig
  499. benutzt worden sind. In diesem Fall wird es die Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Zeichen unter Berücksichtigung der aufgezeigten Grundsätze
  500. erneut zu beurteilen haben.
  501. Büscher
  502. Schaffert
  503. Löffler
  504. Koch
  505. Richterin am BGH Dr. Schwonke
  506. ist in Urlaub und daher gehindert
  507. zu unterschreiben.
  508. Büscher
  509. Vorinstanzen:
  510. LG Bochum, Entscheidung vom 19.12.2012 - I-13 O 186/12 OLG Hamm, Entscheidung vom 15.07.2013 - I-22 U 21/13 -