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572 lines
21 KiB

1 year ago
  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. IM NAMEN DES VOLKES
  3. URTEIL
  4. 1 StR 454/14
  5. vom
  6. 13. Januar 2015
  7. in der Strafsache
  8. gegen
  9. 1.
  10. 2.
  11. wegen Herbeiführens einer Sprengstoffexplosion u.a.
  12. -2-
  13. Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 13. Januar 2015, an der teilgenommen haben:
  14. Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
  15. Dr. Raum,
  16. die Richter am Bundesgerichtshof
  17. Rothfuß,
  18. Dr. Graf,
  19. Prof. Dr. Mosbacher
  20. und die Richterin am Bundesgerichtshof
  21. Dr. Fischer,
  22. Oberstaatsanwältin beim Bundesgerichtshof
  23. als Vertreterin der Bundesanwaltschaft,
  24. Rechtsanwalt
  25. als Verteidiger der Angeklagten Z.
  26. ,
  27. Rechtsanwalt
  28. als Verteidiger des Angeklagten T. ,
  29. Justizobersekretärin
  30. als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,
  31. für Recht erkannt:
  32. -3-
  33. 1. Die Revisionen der Angeklagten Z.
  34. und T.
  35. und die
  36. der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landgerichts
  37. Nürnberg-Fürth vom 14. April 2014 werden verworfen.
  38. 2. Die Angeklagten Z.
  39. und T.
  40. haben jeweils die Kosten
  41. ihres Rechtsmittels zu tragen. Die Kosten der Rechtsmittel
  42. der Staatsanwaltschaft sowie die den Angeklagten Z.
  43. und T.
  44. hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen hat
  45. die Staatskasse zu tragen.
  46. Von Rechts wegen
  47. Gründe:
  48. I.
  49. 1
  50. Das Landgericht hatte die Angeklagte Z.
  51. mit Urteil vom 3. Dezem-
  52. ber 2012 wegen versuchten Betrugs in zwei Fällen und Herbeiführens einer
  53. Sprengstoffexplosion zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und
  54. sechs Monaten verurteilt, wobei das Landgericht davon ausging, dass die Gefahr bei der Sprengstoffexplosion bedingt vorsätzlich verursacht worden war.
  55. Der Mitangeklagte T.
  56. war in diesem Urteil wegen zweier tateinheitlicher Fälle
  57. der Beihilfe zum versuchten Betrug in Tateinheit mit Herbeiführen einer
  58. Sprengstoffexplosion, bei der die Gefahr ebenfalls bedingt vorsätzlich hervorge-
  59. -4-
  60. rufen worden war, zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und elf Monaten
  61. verurteilt worden.
  62. 2
  63. Auf die Revision der Angeklagten hob der Senat das Urteil mit Beschluss
  64. vom 16. September 2013 - 1 StR 264/13 - bezüglich der Angeklagten Z.
  65. mit den Feststellungen im Schuldspruch, soweit sie wegen vorsätzlichen Herbeiführens einer Sprengstoffexplosion verurteilt worden war, jedoch mit Ausnahme der Feststellungen zum äußeren Tatgeschehen und im gesamten Strafausspruch auf. Hinsichtlich des Angeklagten T.
  66. hob der Senat das Urteil mit
  67. den Feststellungen - ebenfalls mit Ausnahme der Feststellungen zum äußeren
  68. Tatgeschehen - auf. Im Umfang der Aufhebungen wurde die Sache zu neuer
  69. Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine
  70. andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
  71. II.
  72. 3
  73. Das Landgericht hat die Angeklagte Z.
  74. sodann mit dem angefoch-
  75. tenen Urteil wegen Herbeiführens einer Sprengstoffexplosion und - bereits aufgrund des Urteils des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 3. Dezember 2012 wegen versuchten Betrugs in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von
  76. vier Jahren und sechs Monaten verurteilt.
  77. 4
  78. Den Angeklagten T.
  79. hat es wegen Herbeiführens einer Sprengstoff-
  80. explosion in Tateinheit mit zwei tateinheitlichen Fällen der Beihilfe zum versuchten Betrug zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt. Die Vollstreckung
  81. der Freiheitsstrafe wurde zur Bewährung ausgesetzt.
  82. -5-
  83. 5
  84. Gegen dieses Urteil wenden sich sowohl die Angeklagten als auch die
  85. Staatsanwaltschaft mit ihren Rechtsmitteln. Die Staatsanwaltschaft hat Revisionen zu Lasten beider Angeklagter eingelegt und diese mit der Sachrüge begründet. Die Angeklagten beanstanden ebenfalls die Verletzung materiellen
  86. Rechts.
  87. III.
  88. 6
  89. Nach den rechtskräftigen und den im neuen Urteil getroffenen ergänzenden Feststellungen des Landgerichts betrieb die Angeklagte Z.
  90. ihrem Eigentum stehende, hochverschuldete Gaststätte „
  91. der Angeklagte T.
  92. K.
  93. die in
  94. “, in der
  95. als Hilfskoch beschäftigt war. Es bestanden für diese
  96. Gaststätte eine Gebäudeversicherung sowie eine Geschäftsinhaltsversicherung
  97. bei der E.
  98. und eine Hausratversicherung bei der V.
  99. . Die beiden Angeklagten vereinbarten, eine Spreng-
  100. stoffexplosion zur Aufhebung der Gebrauchsfähigkeit der Gaststätte herbeizuführen, damit die Angeklagte Z.
  101. unter Vortäuschen eines Versiche-
  102. rungsfalls an die entsprechenden Versicherungsleistungen gelangen konnte.
  103. Die Angeklagte Z.
  104. versprach dem Angeklagten T.
  105. , der zunächst nur
  106. 1.000 Euro für sein Tätigwerden forderte, ein Drittel der Versicherungssumme,
  107. wenn er die entsprechenden Manipulationen vornehmen würde.
  108. 7
  109. Zur Ausführung dieses Plans trafen sich die Angeklagten während der
  110. Betriebsferien der Gaststätte am 3. Januar 2012 gegen 18.00 Uhr im Gastraum
  111. des Lokals. Die Angeklagte Z.
  112. lung 700 Euro. Der Angeklagte T.
  113. übergab dem Angeklagten T.
  114. als Anzah-
  115. schraubte daraufhin zwei der drei Gaslei-
  116. tungen in der Küche der Gaststätte auf, so dass pro Stunde 10 kg Propangas
  117. entwichen, und eine unmittelbare Explosionsgefahr bestand. Die Angeklagte
  118. -6-
  119. Z.
  120. begab sich anschließend in ihre über der Gaststätte im ersten Oberge-
  121. schoss gelegene Wohnung, um diverse Gegenstände zu holen. Nach Vorstellung der beiden Angeklagten bestand zwar die Möglichkeit, dass es ohne weiteres Tätigwerden zu einer Explosion kommen könnte. Für wahrscheinlicher hielten die Angeklagten jedoch, dass der Angeklagte T.
  122. am Folgetag die Explo-
  123. sion mittels eines Feuerzeuges herbeiführen müsse. Zu diesem Zweck ließ der
  124. Angeklagte T.
  125. auch Werkzeug vor Ort zurück. Die Angeklagten rechneten
  126. damit, dass es bei der Explosion die Fensterfront nach außen drücken würde
  127. und die Gaststätte anschließend nicht mehr nutzbar wäre, der Angeklagte T.
  128. jedoch beim Auslösen der Explosion hinter der Tür zur Küche sicher wäre. Von
  129. einer Gefährdung für andere Menschen oder bedeutende fremde Sachwerte
  130. gingen die beiden Angeklagten nicht aus, obwohl sie diese bei Anwendung der
  131. erforderlichen Sorgfalt hätten erkennen können und müssen.
  132. 8
  133. Durch die am 4. Januar 2012 um 4.15 Uhr eingetretene Explosion wurde
  134. die gesamte Wand an der Ostseite des Gebäudes bis unterhalb des Daches
  135. weggesprengt. Es entstanden keine Personenschäden, jedoch Sachschäden
  136. an den Nachbargebäuden im Gesamtwert von mindestens 394.281,44 Euro.
  137. Zum Teil zersprangen die Fensterscheiben der Nachbargebäude, so dass
  138. Scherben auf die in ihren Betten schlafenden Menschen fielen. Die Angeklagte
  139. Z.
  140. meldete den Schaden der Versicherung am 4. Januar 2012 und reichte
  141. am 16. Februar 2012 eine Schadensaufstellung über 167.587,00 Euro bei der
  142. E.
  143. und über 48.314,50 Euro bei der V.
  144. ein.
  145. 9
  146. Die Polizei stellte bereits am 5. Januar 2012 fest, dass die Sprengstoffexplosion durch eine Manipulation verursacht worden war. Zu einer Auszahlung von Versicherungsleistungen kam es daher nicht. Der Angeklagte T.
  147. -7-
  148. legte am 7. März 2012 in Kenntnis dieser Tatsachen ein - auch die Angeklagte
  149. Z.
  150. belastendes - Geständnis ab.
  151. IV.
  152. 10
  153. Revision der Angeklagten Z.
  154. 11
  155. Die Revision der Angeklagten Z.
  156. , mit der sie insbesondere die
  157. Strafzumessung rügt, bleibt ohne Erfolg. Die Nachprüfung des angefochtenen
  158. Urteils hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten ergeben.
  159. 12
  160. Die fehlerfrei getroffenen Feststellungen tragen den Schuldspruch. Auch
  161. die Strafzumessung des Landgerichts weist keinen Rechtsfehler zum Nachteil
  162. der Angeklagten auf. Es liegt kein Verstoß gegen das Doppelverwertungsverbot
  163. des § 46 Abs. 3 StGB vor, soweit das Landgericht zulasten der Angeklagten
  164. das „hohe Maß der Pflichtwidrigkeit“ sowie den entstandenen hohen Sachschaden berücksichtigte (UA S. 22). Dass tatsächlich ein hoher, die Mindestgrenze
  165. für einen bedeutenden Sachwert (vgl. dazu Fischer, StGB, 62. Aufl., § 315
  166. Rn. 16a) weit überschreitender Sachschaden eintrat, ist dem Gefährdungsdelikt
  167. des § 308 StGB nicht immanent und mithin ein zulässiges Strafzumessungskriterium. Ebenso verhält es sich mit dem besonders hohen Maß an Pflichtwidrigkeit, das darin zu sehen ist, dass eine unkontrollierte Explosion in einem dichtbesiedelten Bereich herbeigeführt wurde. Das sich daraus ergebende hohe
  168. Maß der persönlichen Schuld der Angeklagten darf strafschärfend berücksichtigt werden (vgl. auch Fischer, StGB, 62. Aufl., § 46 Rn. 31).
  169. -8-
  170. 13
  171. Soweit die Revision beanstandet hat, dass das Landgericht die besonders erschwerte Haftsituation der Angeklagten Z.
  172. aufgrund von deren
  173. Schwerhörigkeit unzureichend berücksichtigt habe, zeigt sie keinen Rechtsfehler auf. Zwar ist die Angeklagte Z.
  174. bereits fortgeschrittenen Alters und
  175. schwerhörig, jedoch hat sich das Landgericht mit diesem Umstand in seinem
  176. Urteil ausdrücklich auseinandergesetzt und dargelegt, dass die Schwerhörigkeit
  177. der Angeklagten Z.
  178. zur Überzeugung des Landgerichts aufgrund des in
  179. der Hauptverhandlung gewonnenen Eindrucks weder eine besondere Beschwer
  180. in der Untersuchungshaft war, noch für die künftige Haftverbüßung sein wird.
  181. 14
  182. Auch die Bildung der Gesamtfreiheitsstrafe ist rechtlich nicht zu beanstanden. Das Landgericht hat unter nochmaliger Abwägung aller für und gegen
  183. die Angeklagte Z.
  184. sprechenden Umstände und unter besonderer Würdi-
  185. gung des engen Zusammenhangs zwischen der Sprengstoffexplosion und dem
  186. geplanten Versicherungsbetrug unter Erhöhung der Einsatzstrafe von drei Jahren und sechs Monaten und Berücksichtigung der rechtskräftigen Einzelfreiheitsstrafen von zwei Jahren bzw. neun Monaten für die beiden Betrugstaten
  187. eine Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten gebildet. Entgegen dem Revisionsvorbringen hat das Landgericht hierbei den für die Gesamtstrafe gemäß § 54 Abs. 2 Satz 1 StGB vorgegebenen Strafrahmen (Freiheitsstrafe bis zu sechs Jahren und zwei Monaten) nicht nahezu ausgeschöpft.
  188. V.
  189. 15
  190. Revision des Angeklagten T.
  191. 16
  192. Der Angeklagte T.
  193. beanstandet mit seiner Revision, dass hinsichtlich
  194. seiner Person nur ein Fall der Beihilfe zum Betrug vorläge, da er keine Kenntnis
  195. -9-
  196. von mehreren betroffenen Versicherungen gehabt habe; ferner sei er von diesem Versuch zurückgetreten, indem er frühzeitig ein - auch die Angeklagte
  197. Z.
  198. belastendes - Geständnis abgelegt habe und dadurch die Auszahlung
  199. der Versicherungsleistungen verhindert habe. Auch die Revision des Angeklagten T.
  200. , deren Beschränkung auf die Verurteilung wegen Beihilfe zum ver-
  201. suchten Betrug in zwei Fällen wegen der tateinheitlichen Begehungsweise mit
  202. der nicht angegriffenen Herbeiführung einer Sprengstoffexplosion nicht wirksam
  203. ist, bleibt ohne Erfolg.
  204. 17
  205. Insbesondere hat das Landgericht den Angeklagten T.
  206. rechtsfehlerfrei
  207. wegen Beihilfe zum versuchten Betrug in zwei Fällen verurteilt. Aus den Feststellungen ergibt sich, dass der Angeklagte T.
  208. klagte Z.
  209. gewusst hatte, dass die Ange-
  210. „aufgrund der von ihm durchgeführten Tat gegenüber Versiche-
  211. rungsunternehmen einen Versicherungsfall vortäuschen würde, um dadurch zu
  212. Unrecht die Auszahlung von Versicherungssummen zu erreichen …“ (UA
  213. S. 10). Bereits dem Wortlaut nach ist also nicht nur eine Versicherung erfasst,
  214. sondern es ist vielmehr von einem Versicherungsfall die Rede. Darüber hinaus
  215. ist für den Gehilfenvorsatz nicht erforderlich, dass der Gehilfe alle Einzelheiten
  216. der Haupttat kennt. Vielmehr ist entscheidend, dass der Gehilfe die Dimension
  217. des Unrechts der ins Auge gefassten Tat erfassen kann. Der Gehilfenvorsatz
  218. unterscheidet sich insofern vom Anstiftervorsatz, da der Anstifter eine konkrete
  219. Tat vor Augen haben muss, während der Gehilfe einen von der Haupttat losgelösten Beitrag erbringt (BGH, Urteil vom 18. April 1996 - 1 StR 14/96, NStZ
  220. 1997, 272, 273; Beschluss vom 20. Januar 2011 - 3 StR 420/10, NStZ-RR
  221. 2011, 177; Urteil vom 18. Juni 1991 - 1 StR 164/91, BGHR StGB § 27 Abs. 1
  222. Vorsatz 7). Der Angeklagte T.
  223. Z.
  224. wusste vorliegend, dass die Angeklagte
  225. den durch die Explosion entstandenen Schaden versicherungsrechtlich
  226. - 10 -
  227. geltend machen wollte. Damit hat er den Umfang des Unrechts erkannt. Auf die
  228. Anzahl der geschädigten Versicherungen kommt es dabei nicht an.
  229. 18
  230. Ferner hat das Landgericht hier zu Recht keinen Rücktritt vom Versuch
  231. durch das Geständnis des Angeklagten T.
  232. angenommen. Ein Fall des § 24
  233. Abs. 2 StGB liegt nicht vor, da der Versuch bereits fehlgeschlagen war, als der
  234. Angeklagte T.
  235. sein Geständnis ablegte. Fehlgeschlagen ist ein Versuch,
  236. wenn der Taterfolg aus Sicht des Täters mit den bereits eingesetzten oder zur
  237. Hand liegenden Mitteln nicht mehr erreicht werden kann, ohne dass eine ganz
  238. neue Handlungs- und Kausalkette in Gang gesetzt wird (BGH, Beschluss vom
  239. 19. Mai 1993 - GSSt 1/93, BGHSt 39, 221, 228; Urteil vom 30. November 1995
  240. - 5 StR 465/95, BGHSt 41, 368, 369; Beschluss vom 29. Januar 2002 - 4 StR
  241. 520/01, NStZ-RR 2002, 168, 169; Urteil vom 15. September 2005 - 4 StR
  242. 216/05, NStZ-RR 2006, 168, 169; Urteil vom 19. Mai 2010 - 2 StR 278/09, NStZ
  243. 2010, 690, 691; Beschluss vom 22. März 2012 - 4 StR 541/11, NStZ-RR 2012,
  244. 239; Urteil vom 25. Oktober 2012 - 4 StR 346/12, NStZ 2013, 156, 157 f.). Die
  245. Manipulation der Gasleitungen war zu diesem Zeitpunkt bereits von der Polizei
  246. entdeckt und die Angeklagte Z.
  247. Angeklagte T.
  248. der Tat verdächtigt worden, was der
  249. auch wusste. Daher war ihm bei Ablegen seines Geständnis-
  250. ses bewusst, dass eine Tatvollendung in Form der Auszahlung der Versicherungssumme durch die Versicherungsunternehmen nicht mehr erreicht werden
  251. könnte.
  252. - 11 -
  253. VI.
  254. 19
  255. Revisionen der Staatsanwaltschaft
  256. 20
  257. Die Revisionen der Staatsanwaltschaft bleiben sowohl im Hinblick auf die
  258. Angeklagte Z.
  259. (nachfolgend 1.) als auch bezüglich des Angeklagten T.
  260. (nachfolgend 2.) erfolglos.
  261. 21
  262. 1. Die Staatsanwaltschaft wendet sich mit der Sachrüge in erster Linie
  263. gegen die Annahme einer nur fahrlässigen Verursachung der Gefahr für fremde
  264. Sachen von bedeutendem Wert. Diese Annahme beruhe nicht auf einer tragfähigen Beweiswürdigung, da es widersprüchlich sei, wenn die Kammer einerseits annehme, dass die Angeklagten mit der Explosion die Fortführung der
  265. Gaststätte unmöglich machen wollten, andererseits aber den Angeklagten
  266. glaubte, dass sie von keiner konkreten Gefährdung für fremde Sachen von bedeutendem Wert ausgingen. Die Nachprüfung hat hier aber keinen Rechtsfehler
  267. zu Gunsten der Angeklagten ergeben.
  268. 22
  269. Das Landgericht hat rechtsfehlerfrei in der Beweiswürdigung den Angaben des Angeklagten T.
  270. Glauben geschenkt, dass die Angeklagten zwar die
  271. Möglichkeit gesehen hätten, dass eine Explosion ohne weiteres Zutun eintritt,
  272. sie es jedoch für wahrscheinlicher hielten, dass der Angeklagte T.
  273. am nächs-
  274. ten Tag mittels eines Feuerzeugs nachhelfen müsste und er davon ausging,
  275. dass er dabei hinter einer Tür in Sicherheit sei. Von einer Gefahr für Leib oder
  276. Leben anderer Menschen oder fremder Sachen von bedeutendem Wert sei
  277. man nicht ausgegangen. Diese Einlassung des Angeklagten T.
  278. sah das
  279. Landgericht als dadurch untermauert an, dass man am Tatort tatsächlich noch
  280. Werkzeug vorfand, das der Angeklagte für die geplante Manipulation am nächs-
  281. - 12 -
  282. ten Tag zurückgelassen hatte. Ferner wurde diese Aussage nach Meinung des
  283. Landgerichts dadurch gestützt, dass die Angeklagte Z.
  284. sich nach Öffnen
  285. der Gasleitungen noch in ihre über der Gaststätte gelegene Wohnung begab.
  286. Dass es bei Gasexplosionen tatsächlich zu unterschiedlichen Geschehensabläufen kommen kann, bestätigte dem Landgericht der Sachverständige M.
  287. (UA S. 12). Das Landgericht setzte sich hierbei auch mit der Tatsache, dass der
  288. Angeklagte T.
  289. das Gas roch und sich der Funktionsweise von Gas grund-
  290. sätzlich bewusst war, sowie mit dem von der Staatsanwaltschaft aufgezeigten
  291. Widerspruch auseinander, dass die Angeklagten einerseits die Nutzbarkeit der
  292. Gaststätte mittels der Explosion aufheben wollten, andererseits aber von keiner
  293. Gefahr für Leib oder Leben anderer Menschen oder fremder Sachen von bedeutendem Wert ausgingen. Das Landgericht gelangt jedoch im Rahmen der
  294. ihm originär zustehenden Beweiswürdigung rechtsfehlerfrei zu der Überzeugung, dass die Angaben des Angeklagten T.
  295. , die dieser konstant bei der Po-
  296. lizei und in der Hauptverhandlung machte und hierbei auch für ihn negative
  297. Fakten wie die Tatsache, dass er den Gasgeruch wahrnahm, angab, glaubhaft
  298. sind und dieser von keiner entsprechenden konkreten Gefährdung ausging.
  299. Nichts anderes kann für die Angeklagte Z.
  300. gelten, die ihre Einschätzung
  301. der Gefährdungslage ja gerade aus den ihr von dem Angeklagten T.
  302. übermit-
  303. telten Informationen zu der Manipulation bilden musste. Ohne Rechtsfehler
  304. sieht das Landgericht es als untermauerndes Indiz gegen die Annahme einer
  305. konkreten Gefährdung durch die Angeklagte Z.
  306. an, dass diese sich nach
  307. der Manipulation noch einige Zeit in ihrer über der Gaststätte befindlichen Wohnung aufhielt. Denn dies unterstreicht, dass die Angeklagten die sofortige erhebliche Gefahr, die durch das austretende Gas entstanden war, nicht erkannten.
  308. - 13 -
  309. 23
  310. 2. Das Landgericht hat auch rechtsfehlerfrei die Freiheitsstrafe in Höhe
  311. von zwei Jahren gegen den Angeklagten T.
  312. zur Bewährung ausgesetzt. Er-
  313. forderlich für die Aussetzung zur Bewährung sind neben einer günstigen Sozialprognose auch noch besondere Umstände im Sinne des § 56 Abs. 2 StGB;
  314. außerdem darf die Verteidigung der Rechtsordnung den Vollzug der Freiheitsstrafe nicht gebieten (§ 56 Abs. 3 StGB). Dem genügt das angefochtene Urteil.
  315. 24
  316. Das Landgericht nahm vorliegend ohne Rechtsfehler an, dass sich der
  317. Angeklagte T.
  318. bereits die Verurteilung zur Warnung dienen lassen und künf-
  319. tig auch aufgrund des Eindrucks der Untersuchungshaft ein Leben ohne Straftaten führen wird (§ 56 Abs. 1 StGB). Dies begründet das Landgericht vor allem
  320. damit, dass der Angeklagte T.
  321. aus Mitleid mit der Angeklagten Z.
  322. und
  323. nicht aus eigenem Gewinnstreben agierte, sich frühzeitig geständig zeigte und
  324. Aufklärungshilfe leistete. Ferner lebe der Angeklagte T.
  325. in einer festen Be-
  326. ziehung und gehe einer Arbeit nach. Auch die Tatsache, dass das Landgericht
  327. an dieser Stelle nicht explizit auf den Strafbefehl vom 4. Februar 2013 eingeht,
  328. begründet keinen Rechtsfehler. Aus dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe - insbesondere den Ausführungen unter II.2. - ergibt sich, dass das
  329. Landgericht die Verurteilung durch den Strafbefehl des Amtsgerichts Mannheim
  330. durchaus gesehen hat. Es ist daher nicht zu besorgen, dass im Rahmen der
  331. Frage nach der positiven Sozialprognose dieser Aspekt keine Berücksichtigung
  332. fand.
  333. 25
  334. Auch bei der Annahme der besonderen Umstände im Sinne des § 56
  335. Abs. 2 StGB unterliefen dem Landgericht keine ersichtlichen Rechtsfehler. Zwar
  336. weist die Staatsanwaltschaft zu Recht darauf hin, dass die besonderen Umstände im Sinne des § 56 Abs. 2 StGB umso gewichtiger sein müssen, je näher
  337. die Freiheitsstrafe an der Zweijahresgrenze liegt (BGH, Urteil vom 21. März
  338. - 14 -
  339. 1985 - 4 StR 53/85, wistra 1985, 147, 148; Urteil vom 27. August 1986 - 3 StR
  340. 265/86, NStZ 1987, 21; Urteil vom 18. September 1986 - 4 StR 455/86, BGHR
  341. StGB § 56 Abs. 2 Aussetzung, fehlerhafte 2; Urteil vom 12. November 1987
  342. - 4 StR 550/87, wistra 1988, 106, 107; Urteil vom 15. Februar 1994 - 5 StR
  343. 692/93, wistra 1994, 193; Urteil vom 12. Juni 2001 - 5 StR 95/01, StV 2001,
  344. 676). Jedoch hat das Landgericht hier eine umfassende Abwägung vorgenommen, die diesen Anforderungen genügt. Es bezieht insbesondere in seine Betrachtung mit ein, dass der nicht vorbestrafte Angeklagte sich nach der Untersuchungshaft erfolgreich um Arbeit bemüht hat, geständig war und Aufklärungshilfe leistete, durch die die Angeklagte Z.
  345. 26
  346. überführt werden konnte.
  347. Ebenso wenig rechtsfehlerhaft ist die Annahme des Landgerichts, dass
  348. die Verteidigung der Rechtsordnung den Vollzug der Freiheitsstrafe nicht gebietet (§ 56 Abs. 3 StGB). Die Rüge der Staatsanwaltschaft, dass hier eine substantiellere Auseinandersetzung mit der Frage der Verteidigung der Rechtsordnung geboten gewesen wäre, greift nicht durch. Eine solche ist zwar, wie die
  349. Revision zu Recht vorträgt, geboten, wenn im Hinblick auf schwerwiegende Besonderheiten des Einzelfalls eine Strafaussetzung für das allgemeine Rechtsempfinden schlechthin unverständlich oder gar unerträglich wäre, und die Strafaussetzung das Vertrauen der Bevölkerung in die Unverbrüchlichkeit des
  350. Rechts und den Schutz der Rechtsordnung vor kriminellen Angriffen erschüttern
  351. könnte (BGH, Urteil vom 8. Dezember 1970 - 1 StR 353/70, BGHSt 24, 40, 46;
  352. Beschluss vom 21. Januar 1970 - 4 StR 238/70, BGHSt 24, 64, 66). Solch ein
  353. Fall liegt hier jedoch gerade nicht vor. Das Landgericht führt an, dass der Angeklagte T.
  354. den erheblichen Fremdschaden an den umliegenden Häusern nicht
  355. gewollt habe. Soweit die Staatsanwaltschaft in ihrer Revision auf die allgemeine
  356. Gefährlichkeit von Sprengstoffexplosionen abstellt, übersieht sie, dass generalpräventive Erwägungen - wie das Landgericht zu Recht ausgeführt hat (UA
  357. - 15 -
  358. S. 25) - nicht dazu führen dürfen, bestimmte Tatbestände gänzlich von der
  359. Möglichkeit einer Strafaussetzung zur Bewährung auszuschließen (st. Rspr.;
  360. z.B. BGH, Beschluss vom 21. Januar 1970 - 4 StR 238/70, BGHSt 24, 64, 67;
  361. Urteil vom 27. September 2012 - 4 StR 255/12, NStZ-RR 2013, 40, 41). Auch
  362. wurde nicht festgestellt, dass zu dieser Zeit eine den Rechtsfrieden bedrohende
  363. Häufung derartiger Straftaten in der Gegend vorlag, die entsprechende Reaktionen erfordern würden (vgl. dazu Fischer, StGB, 62. Aufl., § 56 Rn. 14).
  364. Raum
  365. Rothfuß
  366. Mosbacher
  367. Graf
  368. Fischer