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1 year ago
  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. IM NAMEN DES VOLKES
  3. URTEIL
  4. XII ZR 161/98
  5. Verkündet am:
  6. 19. Juli 2000
  7. Breskic,
  8. Justizangestellte
  9. als Urkundsbeamtin
  10. der Geschäftsstelle
  11. in dem Rechtsstreit
  12. Nachschlagewerk: ja
  13. BGHZ:
  14. nein
  15. BGB §§ 1578, 1610
  16. a) Der beim unterhaltspflichtigen geschiedenen Ehegatten für ein weiteres nicht gemeinsames Kind anfallende sogenannte Zählkindvorteil beim Kindergeld ist auch
  17. dann nicht als unterhaltsrelevantes Einkommen in die Bedarfsberechnung für den
  18. anderen Ehegatten einzubeziehen, wenn das Kind noch vor Rechtskraft der
  19. Scheidung geboren wurde (im Anschluß an Senatsurteil vom 16. April 1997
  20. - XII ZR 233/95 - FamRZ 1997, 806 f.).
  21. b) Die Einstufung in eine höhere oder niedrigere Gehaltsgruppe bei der Ermittlung
  22. des Kindesunterhalts nach Tabellenwerten unterliegt dem tatrichterlichen Ermessen im Rahmen der Angemessenheitskontrolle.
  23. BGH, Urteil vom 19. Juli 2000 - XII ZR 161/98 - OLG München/Augsburg
  24. AG Neu-Ulm
  25. -2-
  26. Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
  27. vom 19. Juli 2000 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Blumenröhr und die
  28. Richter Dr. Krohn, Dr. Hahne, Gerber und Prof. Dr. Wagenitz
  29. für Recht erkannt:
  30. Auf die Revision des Antragsgegners und die Berufung der Antragstellerin werden das Urteil des 4. Zivilsenats, zugleich Familiensenat, des Oberlandesgerichts München mit Sitz in Augsburg
  31. vom 5. Mai 1998 in Ziffer I und III des Entscheidungssatzes aufgehoben und das Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht Neu-Ulm vom 4. November 1997 in Ziffer 1 und 3 des Entscheidungssatzes abgeändert:
  32. Der Antragsgegner wird verurteilt, an die Antragstellerin folgenden Unterhalt zu zahlen:
  33. Für die Zeit vom 10. Oktober bis 31. Dezember 1997 monatlich
  34. 894 DM,
  35. für die Zeit vom 1. Januar bis 28. Februar 1998 monatlich
  36. 670 DM,
  37. ab dem 1. März 1998 monatlich 176 DM.
  38. Von den Kosten der ersten Instanz tragen die Antragstellerin 5/8,
  39. der Antragsgegner 3/8, von den Kosten des Berufungsverfahrens
  40. die Antragstellerin 4/5, der Antragsgegner 1/5.
  41. Im übrigen wird die Revision zurückgewiesen.
  42. -3-
  43. Die Kosten des Revisionsverfahrens fallen der Antragstellerin zu
  44. 2/5 und dem Antragsgegner zu 3/5 zur Last.
  45. Von Rechts wegen
  46. Tatbestand:
  47. Die Parteien streiten um nachehelichen Unterhalt.
  48. Die am 29. September 1989 geschlossene Ehe der Parteien wurde mit
  49. Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - vom 2. September 1997, rechtskräftig seit 10. Oktober 1997, geschieden. Die elterliche Sorge für die gemeinsamen Kinder Julian, geboren am 29. Juli 1990 und Laura-Marie, geboren am
  50. 15. August 1993, wurde der Antragstellerin übertragen. Der Antragsgegner ist
  51. Vater eines dritten Kindes Rouven, geboren am 16. Mai 1997, dessen Mutter er
  52. inzwischen geheiratet hat. Für das Kind bezieht er erhöhtes Kindergeld in Höhe von 300 DM. Er war während der Ehe Außendienstmitarbeiter einer GmbH
  53. und hat seit September 1997 die höher bezahlte Stelle eines Bezirksleiters mit
  54. einem Nettogehalt von rund 4.152 DM monatlich inne. Er zahlt aufgrund einer
  55. Vereinbarung für die beiden gemeinsamen Kinder insgesamt 700 DM monatlich.
  56. Die Antragstellerin hat während der Trennungszeit zunächst von Februar bis August 1997 stundenweise in einer Arztpraxis ausgeholfen, diese Tätigkeit aber wegen Schwierigkeiten bei der Betreuung der Tochter aufgegeben.
  57. Seit März 1998 ist sie wieder als Arzthelferin teilzeitbeschäftigt mit einem mo-
  58. -4-
  59. natlichen Bruttolohn von 1.600 DM. Sie lebt seit Januar 1998 zusammen mit
  60. ihrem Lebensgefährten in der Wohnung seiner Eltern, für die sie anteilige
  61. Miete zahlt. Bis Februar 1998 bezog sie ergänzende Sozialhilfe. Die auf den
  62. Sozialhilfeträger übergegangenen Unterhaltsansprüche wurden ihr durch Vereinbarung vom 15. Oktober 1996 rückübertragen.
  63. Das Amtsgericht hat die Folgesache Unterhalt abgetrennt und den Antragsgegner zur Zahlung eines monatlichen Betreuungsunterhalts an die Antragstellerin in Höhe von 391 DM für die Zeit vom 10. Oktober bis 31. Dezember 1997 und von 127 DM ab dem 1. Januar 1998 verurteilt. Dabei ist es noch
  64. von dem geringeren Monatsgehalt des Antragsgegners als Außendienstmitarbeiter in Höhe von netto (bereinigt) 2.616 DM ausgegangen.
  65. Auf die Berufung der Antragstellerin hat das Oberlandesgericht das Urteil abgeändert und den Antragsgegner auf der Basis des höheren Gehaltes
  66. und unter Einbezug des Zählkindvorteils zu folgenden monatlichen Unterhaltszahlungen verurteilt: Für die Zeit vom 10. Oktober bis 31. Dezember 1997
  67. 894 DM, vom 1. Januar bis 28. Februar 1998 670 DM und ab 1. März 1998
  68. 258 DM. Die weitergehende Berufung hat es zurückgewiesen.
  69. Dagegen wehrt sich der Antragsgegner mit der zugelassenen Revision,
  70. mit der er die Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Urteils erstrebt.
  71. -5-
  72. Entscheidungsgründe:
  73. 1. Die Antragstellerin ist zur Geltendmachung ihrer Unterhaltsansprüche
  74. aktivlegitimiert. Die zwischen ihr und dem Sozialhilfeträger am 15. Oktober
  75. 1996 vereinbarte Rückübertragung entspricht den Vorgaben des durch das
  76. Gesetz zur Reform des Sozialhilferechts vom 23. Juli 1996, in Kraft seit
  77. 1. August 1996 (BGBl. I 1088), geänderten §§ 91 Abs. 4 BSHG. Danach ist
  78. nunmehr im Einvernehmen mit dem Hilfeempfänger eine Rückübertragung der
  79. Unterhaltsansprüche zur gerichtlichen Geltendmachung zulässig.
  80. 2. Das Oberlandesgericht hat rechtlich bedenkenfrei der Berechnung
  81. des nachehelichen Betreuungsanspruches der Antragstellerin aus § 1570 i.V.
  82. mit § 1578 BGB das vom Antragsgegner nach der Trennung erzielte höhere
  83. Einkommen als Bezirksleiter zugrunde gelegt. Einkommenssteigerungen, die
  84. während der Trennung erzielt werden, sind für die Unterhaltsbemessung nur
  85. dann außer Betracht zu lassen, wenn sie auf einer außergewöhnlichen, vom
  86. Normalverlauf erheblich abweichenden beruflichen Entwicklung beruhen (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. Senatsurteile vom 20. Juli 1990 - XII ZR 74/89 FamRZ 1990, 1090 ff.; vom 10. Oktober 1990 - XII ZR 99/89 - FamRZ 1991,
  87. 307 ff., vom 10. Februar 1988 - IVb ZR 16/87 - FamRZ 1988, 927, jeweils
  88. m.w.N.). Die Beförderung des Antragsgegners vom Außendienstmitarbeiter
  89. zum Bezirksleiter stellt schon für sich gesehen keinen außergewöhnlichen beruflichen Karriereanstieg dar. Darüber hinaus hat das Oberlandesgericht festgestellt, daß dem Antragsgegner auch schon während des Zusammenlebens
  90. ähnliche Optionen angeboten worden seien, die er jedoch aus verschiedenen
  91. Gründen, u.a. wegen eines damit verbundenen Umzugs in die neuen Bundesländer, abgelehnt habe.
  92. -6-
  93. Die Rüge der Revision, das Oberlandesgericht habe hierbei verfahrensfehlerhaft Vortrag und Beweisangebote des Antragsgegners nicht berücksichtigt, geht ins Leere. Denn der Antragsgegner hat lediglich pauschal vorgebracht, daß es ihm während des Zusammenlebens mit der Antragstellerin
  94. durch deren Verhalten unmöglich gewesen sei, eine solche Position zu bekleiden, ohne dies näher zu konkretisieren, und hat den Vortrag der Antragstellerin
  95. (Schriftsatz vom 31. März 1998), daß er selbst die vorliegenden Angebote abgelehnt habe, weil ihm verschiedene Bezirke nicht zugesagt hätten und er nicht
  96. habe wegziehen wollen, unwidersprochen gelassen. Damit ist auch die Rüge
  97. der Revision aus § 1579 Nr. 4 und 7 BGB, die Antragstellerin habe höhere Einkünfte durch ihre Verweigerungshaltung verhindert und könne sich daher jetzt
  98. nicht auf diese zur Verbesserung ihres Unterhalts berufen, gegenstandslos.
  99. 3. Das Oberlandesgericht ist von einem monatlichen Nettoeinkommen
  100. des Antragsgegners vom 4.152 DM unter Berücksichtigung der durch seine
  101. Wiederheirat bedingten tatsächlichen Steuerbelastung nach Steuerklasse III
  102. ausgegangen. Das entspricht der Rechtsprechung des Senats (vgl. Urteil vom
  103. 24. Januar 1990 - XII ZR 2/89 - FamRZ 1990, 499 ff. m.w.N.) und wird auch
  104. von der Revision nicht beanstandet. Der Abzug von 5 % pauschalen berufsbedingten Aufwendungen liegt im Rahmen des zulässigen tatrichterlichen Ermessens. Es hat danach zutreffend ein bereinigtes Nettoeinkommen von rund
  105. 3.945 DM zugrunde gelegt. Nicht zu beanstanden ist auch, daß es hiervon monatliche Kreditverpflichtungen des Antragsgegners gegenüber seinen Eltern in
  106. Höhe von 200 DM nur noch für den Zeitraum vom 10. Oktober bis 31. Dezember 1997 abgezogen hat und für die Folgezeit mangels substantiierten Vortrags
  107. des Antragsgegners davon ausgegangen ist, daß das Darlehen zurückgezahlt
  108. war. Die dagegen erhobene Verfahrensrüge des Antragsgegners hat der Senat
  109. geprüft und nicht für durchgreifend erachtet (§ 565 a ZPO).
  110. -7-
  111. 4. Vom Einkommen des Antragsgegners hat das Oberlandesgericht neben dem von den Parteien vereinbarten Unterhalt für die gemeinsamen Kinder
  112. in Höhe von insgesamt 700 DM auch den Unterhalt für das während der Trennungszeit geborene dritte Kind des Antragsgegners vorweg abgesetzt. Das
  113. entspricht der Rechtsprechung des Senats, da die ehelichen Lebensverhältnisse auch von der Unterhaltslast gegenüber einem während der Trennungszeit
  114. geborenen nicht gemeinsamen Kind mitgeprägt werden (vgl. zuletzt Senatsurteil vom 25. November 1998 - XII ZR 98/97 - FamRZ 1999, 367 ff. m.w.N.). Den
  115. Unterhalt hat es unter Beachtung des Bedarfskontrollbetrages der Düsseldorfer
  116. Tabelle und unter Berücksichtigung der Belastung des Antragsgegners mit den
  117. Unterhaltsansprüchen der gemeinsamen Kinder der Parteien, der Antragstellerin und seiner jetzigen Ehefrau mit dem untersten Tabellenbetrag von 349 DM
  118. bemessen, um den notwendigen Selbstbehalt des Antragsgegners von
  119. 1.500 DM zu wahren.
  120. Die Revision meint demgegenüber, der Unterhalt des dritten Kindes
  121. müsse mit dem Tabellenunterhalt der Düsseldorfer Tabelle angesetzt werden,
  122. der dem Gehalt des Antragsgegners in Höhe von 3.945 DM entspreche, nämlich mit monatlich 471 DM ab dem 1. Juli 1998 und für die Zeit davor mit monatlich 410 DM. Sie sieht in der Berechnung des Oberlandesgerichts eine Abweichung von der Senatsrechtsprechung, insbesondere zu den Grundsätzen
  123. der Mangelfallberechnung im Urteil vom 16. April 1997 (XII ZR 233/95 - FamRZ
  124. 1997, 806 ff.). Die vom Oberlandesgericht vorgenommene Einstufung des Unterhalts für das dritte Kind ist jedoch im Ergebnis nicht zu beanstanden.
  125. a) Die Unterhaltsbedarfssätze der Düsseldorfer Tabelle sind auf allgemeiner Erfahrung beruhende Richtsätze, die dem Rechtsanwender die Ausfüllung des unbestimmten Rechtsbegriffs des "angemessenen Unterhalts" er-
  126. -8-
  127. leichtern sollen. Der Höhe nach sind sie auf den Durchschnittsfall zugeschnitten, daß der Unterhaltspflichtige einem Ehegatten und zwei Kindern Unterhalt
  128. zu gewähren hat. Da die Werte nur Hilfsmittel für die Unterhaltsbemessung
  129. sind, ist das mit ihrer Hilfe gewonnene Ergebnis nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalles stets auf seine Angemessenheit und Ausgewogenheit hin
  130. zu überprüfen, und zwar gleichgültig, ob es sich um einen sogenannten Mangelfall handelt (vgl. z.B. Senatsurteil vom 29. Januar 1992 - XII ZR 239/90 FamRZ 1992, 539, 541 und zuletzt Senatsurteil vom 16. April 1997 aaO
  131. S. 811) oder nicht (vgl. Senatsurteil vom 25. Februar 1987 - IVb ZR 36/86 FamRZ 1987, 456, 459). Hierzu hält die Düsseldorfer Tabelle die Institute der
  132. Herauf-
  133. oder
  134. Herabstufung
  135. und
  136. des
  137. Bedarfskontrollbetrages
  138. bereit
  139. (Wendl/Scholz Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 5. Aufl. § 2
  140. Rdn. 124, 208). Liegt eine über- oder unterdurchschnittliche Unterhaltsbelastung mit mehr oder weniger Unterhaltsberechtigten vor, soll durch eine Höheroder Niedrigergruppierung in den Gehaltsstufen oder durch Bildung von individuell geschätzten Zu- oder Abschlägen eine den Besonderheiten des Falles
  141. angemessene Unterhaltsbemessung erreicht werden (Wendl/Scholz aaO § 2
  142. Rdn. 231 ff., 234). Als weiteres, mehr schematisiertes Hilfsmittel wird die
  143. - allerdings nicht von allen Oberlandesgerichten übernommene - Ausrichtung
  144. an einem sogenannten Bedarfskontrollbetrag vorgeschlagen, der ebenfalls zu
  145. einer Herauf- oder Herabstufung führen kann. Dieser - ab Gehaltsgruppe 2
  146. nicht mit dem Eigenbedarf identische - Betrag soll nach den Vorstellungen der
  147. Düsseldorfer Tabelle eine ausgewogene Verteilung des Einkommens zwischen
  148. dem Unterhaltspflichtigen und den unterhaltsberechtigten Kindern gewährleisten. Wird er unter Berücksichtigung auch des Ehegattenunterhalts unterschritten, soll der Tabellenbetrag der nächst niedrigeren Gruppe, deren Bedarfskontrollbetrag nicht unterschritten wird, oder ein Zwischenbetrag ange-
  149. -9-
  150. setzt werden (Düsseldorfer Tabelle Anmerkung A 6 in FamRZ-Buch Band 1,
  151. Daten und Tabellen zum Familienrecht 3. Aufl. S. 44; zur Handhabung vgl.
  152. Wendl/Scholz aaO § 2 Rdn. 239 ff.).
  153. Die Einstufung in eine höhere oder niedrigere Gehaltsgruppe der Tabelle je nach der Zahl der Unterhaltsberechtigten und der damit verbundenen
  154. Unterhaltslast hat der Senat stets gebilligt, weil sie im tatrichterlichen Ermessen liegt (vgl. z.B. Senatsurteil vom 29. Januar 1992 aaO S. 540). Entsprechendes gilt, wenn der Tatrichter die Einstufung mit Hilfe eines Bedarfskontrollbetrages vornimmt, weil es sich auch insoweit um eine der denkbaren Kontrollen handelt, die dem Tatrichter bei der Überprüfung einer Unterhaltsbemessung auf ihre Angemessenheit und Ausgewogenheit nach den Umständen des
  155. Einzelfalles stets obliegt. Denkbar wäre auch, die Angemessenheitskontrolle im
  156. Rahmen einer Ergebnisprüfung erst in einer letzten Stufe und ohne die von der
  157. Tabelle vorgegebenen festen Kontrollbeträge vorzunehmen. Welche der Methoden der Tatrichter wählt, bleibt seinem Ermessen überlassen. Soweit das
  158. Oberlandesgericht hier unter Berücksichtigung der Unterhaltspflicht gegenüber
  159. drei Kindern, einer Ehefrau und der Antragstellerin eine Herabstufung auf den
  160. untersten Tabellenwert vorgenommen hat, ist dies revisionsrechtlich nicht zu
  161. beanstanden.
  162. b) Soweit der Antragsgegner demgegenüber meint, es müsse nach der
  163. Berechnungsmethode, die der Senat in einem Mangelfall angewendet hat (Senatsurteil vom 19. April 1997 aaO S. 808), der volle Tabellenunterhalt entsprechend dem bereinigten Nettoeinkommen des Antragsgegners (hier 3.945 DM
  164. bzw. 3.745 DM bei Abzug der Kreditverpflichtung) eingesetzt werden, verhilft
  165. dies seiner Revision im Ergebnis nicht zum Erfolg.
  166. - 10 -
  167. Zwar ist im Rahmen einer mehrstufigen Mangelfallberechnung zunächst
  168. als Einsatzbetrag der jeweilige volle Tabellenunterhalt der Kinder (ebenso wie
  169. der eheangemessene Bedarf der Ehefrau) in die Berechnung einzustellen, um
  170. die Kürzungsquote für die dann folgende proportionale Kürzung aller Unterhaltsbeträge im Verhältnis der zur Verfügung stehenden Verteilungsmasse zum
  171. Gesamtbedarf aller Unterhaltsberechtigten feststellen zu können. Der Ansatz
  172. bloßer Mindestbeträge würde andernfalls zu verzerrten Ergebnissen führen
  173. (Senatsurteil vom 19. April 1997 aaO S. 808). Indessen bedarf es hier einer
  174. solchen Berechnung nicht, weil es sich für die Zeit ab 1. Januar 1998 wegen
  175. des dann gegebenen anzurechnenden Eigenverdienstes der Antragstellerin
  176. (zunächst in Höhe von 550 DM) nicht um einen Mangelfall handelt. Daher verstößt die Handhabung des Oberlandesgerichts insoweit nicht gegen Rechtsprechungsgrundsätze des Senats.
  177. Für die Zeit vom 10. Oktober bis 31. Dezember 1997, in der der Antragsgegner noch eine Kreditverpflichtung von 200 DM hatte und die Antragstellerin über keine anrechenbaren Eigeneinkünfte verfügte, liegt zwar ein
  178. Mangelfall vor. Eine Verringerung des Unterhalts der Antragstellerin ergibt sich
  179. jedoch auch bei der dann vorzunehmenden Mangelfallberechnung nicht. Das
  180. bereinigte Nettoeinkommen des Antragsgegners beträgt unter Vorwegabzug
  181. der Kreditrate, des Tabellenunterhalts für das dritte Kind und des vereinbarten
  182. und tatsächlich gezahlten Unterhalts von zusammen 700 DM für die beiden
  183. gemeinsamen Kinder (vgl. dazu Senatsurteile vom 12. Juli 1990 - XII ZR
  184. 85/89 - FamRZ 1990, 1091, 1094/95 und vom 31. Januar 1990 - XII ZR 21/89 FamRZ 1990, 979, 980; 2.570 DM (3.945 DM - 200 DM - 700 DM - 475 DM).
  185. Davon stehen der Ehefrau 3/7, also rund 1.100 DM zu, so daß der notwendige
  186. Selbstbehalt des Antragsgegners von 1.500 DM nicht gewahrt ist und eine Kürzung des Unterhalts nach dem Verhältnis der Verteilungsmasse (3.945 DM -
  187. - 11 -
  188. 200 DM - 1.500 DM Selbstbehalt = 2.245 DM) zum Gesamtbedarf der vorrangigen Unterhaltsberechtigten (1.100 DM + 700 DM + 475 DM = 2.275 DM) vorzunehmen ist. Die Kürzungsquote beträgt 0,9868, der danach gekürzte Unterhalt der Ehefrau 1.085 DM. Er liegt damit immer noch über den verlangten
  189. 894 DM.
  190. 5. Das Oberlandesgericht hat das vom Antragsgegner für sein drittes
  191. Kind bezogene Kindergeld in Höhe des auf ihn entfallenden sogenannten
  192. Zählkindvorteils von 190 DM (300 DM Kindergeld für das dritte Kind abzüglich
  193. 110 DM Kindergeldanteil der Mutter, für die Rouven als erstes Kind zählt) seinem Einkommen hinzugerechnet und daraus einen entsprechend erhöhten
  194. Unterhaltsbedarf der Antragstellerin errechnet. Es hält es für unbillig, daß sich
  195. die Antragstellerin die Unterhaltslast für das noch während der Trennungszeit
  196. geborene außereheliche Kind des Antragsgegners als die ehelichen Lebensverhältnisse prägend bei der Berechnung ihres Unterhalts bedarfsmindernd
  197. entgegenhalten lassen müsse, aber von der zugleich gegebenen Erleichterung
  198. der Unterhaltslast ausgeschlossen sei, während der Antragsgegner die Kindesunterhaltslast durch seinen Kindergeldanteil ganz oder teilweise wieder
  199. ausgleichen könne. Das ließe sich auch mit dem Zweck des Kindergelds, die
  200. Unterhaltslast des Elternteils zu erleichtern, nicht rechtfertigen (vgl. auch Graba Anm. FamRZ 1992, 541, 544). Das Oberlandesgericht hat dementsprechend für die Zeit vom 10. Oktober bis 31. Dezember 1997 einen Unterhaltsbedarf von (3.945 DM - 200 DM Kredit - 700 DM Kindesunterhalt für die gemeinsamen Kinder - 349 DM Unterhalt für das dritte Kind + 190 DM Zählkindvorteil = 2.886 x 3/7 =) 1.237 DM ermittelt, und für die Zeit ab 1. Januar 1998
  201. nach Wegfall der Kreditverpflichtung einen solchen von 1.323 DM.
  202. Dagegen wendet sich die Revision zu Recht.
  203. - 12 -
  204. Die Berechnungsmethode des Oberlandesgerichts läuft darauf hinaus,
  205. Kindergeld bzw. Teile hiervon zum unterhaltsrelevanten Einkommen des Unterhaltspflichtigen zu zählen und daraus den eheangemessenen Bedarf des
  206. Berechtigten zu ermitteln. Der Senat hat sich mit dieser Problematik in seiner
  207. Entscheidung vom 16. April 1997 (aaO S. 809 ff.) bereits ausführlich befaßt.
  208. Sie betraf einen ähnlich gelagerten Fall, in dem der Unterhaltspflichtige für ein
  209. während der Trennungszeit geborenes außereheliches Kind, dessen Unterhaltsanspruch sich die geschiedene Ehefrau entgegenhalten lassen mußte,
  210. erhöhtes Kindergeld bezog. Der Senat hat entschieden, daß Kindergeld nicht
  211. wie sonstiges Einkommen zur Bedarfsberechnung nach § 1578 BGB herangezogen werden kann, da seine öffentlich-rechtliche Zweckbestimmung als eine
  212. entlastende Leistung nicht dadurch in ihr Gegenteil verkehrt werden darf, daß
  213. sie - im Wege der Zurechnung zum Einkommen des Unterhaltspflichtigen - zu
  214. einer Erhöhung des Unterhaltsbedarfs führt. Auch soweit einem Ehegatten bei
  215. einem weiteren nicht gemeinsamen Kind wegen der Berücksichtigung gemeinsamer Kinder ein sogenannter Zählkindvorteil erwächst, ist dieser nicht als
  216. unterhaltsrelevantes Einkommen in die Bedarfsberechnung einzubeziehen,
  217. sondern kommt dem betreffenden Elternteil allein zugute. Darin liegt keine ungerechtfertigte Doppelbegünstigung dieses Ehegatten. Wie der Senat bereits
  218. in früheren Entscheidungen ausgeführt hat, entspricht es dem Regelungszweck
  219. des erhöhten Kindergeldes, die Mehrbelastung aufzufangen, die dem unterhaltspflichtigen Elternteil dadurch erwächst, daß er nicht nur die gemeinsamen,
  220. sondern noch ein oder mehrere weitere Kinder zu unterhalten hat (ständige
  221. Rechtsprechung vgl. Senatsurteile vom 8. Oktober 1980 - IVb ZR 533/80 FamRZ 1981, 26; vom 29. April 1981 - IVb ZR 582/80 - FamRZ 1981, 650; vom
  222. 11. Juli 1984 - IVb ZR 24/83 - FamRZ 1984, 1000). Nach der Berechnungsweise des Oberlandesgerichts müßte sich im übrigen folgerichtig bei einer Zu-
  223. - 13 -
  224. rechnung des Zählkindvorteils zum unterhaltsrelevanten Einkommen des Unterhaltspflichtigen nicht nur der Unterhaltsbedarf des Ehegatten nach § 1578
  225. BGB, sondern auch der der Kinder erhöhen. Eine Beschränkung nur auf den
  226. Unterhaltsbedarf des Ehegatten wäre nicht zu begründen. Das aber liefe der
  227. oben angesprochenen generellen Zwecksetzung des Kindergeldes zuwider.
  228. Angesichts der Bandbreite an Variationsmöglichkeiten, in denen sich für den
  229. einen oder anderen Ehegatten oder für beide ein Zählkindvorteil ergeben kann,
  230. hat der Senat auch aus Gründen der Praktikabilität am Grundsatz des Nichteinbezugs dieses Kindergeldes festgehalten (Urteil vom 16. April 1997 aaO
  231. S. 811). Daß dem unterhaltspflichtigen Elternteil im Ergebnis mehr verbleibt,
  232. liegt in der gesetzgeberischen Entscheidung begründet, Kindergeld für mehrere Kinder, gleichgültig, ob sie aus einer oder aus verschiedenen Verbindungen
  233. stammen, nicht in gleichbleibender, sondern in gestaffelter Höhe zu zahlen. Mit
  234. der durch Art. 1 Nr. 11 KindUG vom 6. April 1998 (BGBl. I 666) eingeführten
  235. Neuregelung des § 1612 b Abs. 4 BGB für den Kindergeldausgleich zwischen
  236. den Eltern hat der Gesetzgeber im übrigen unter Übernahme der vom Senat
  237. entwickelten Grundsätze bestimmt, daß Kindergeld, welches unter Berücksichtigung eines nicht gemeinsamen Kindes erhöht ist, im Umfang der Erhöhung
  238. nicht anzurechnen ist. Wenn es in der Begründung (BT-Drucks. 13/7338 S. 30)
  239. heißt, der Zählkindvorteil wirke sich unterhaltsrechtlich generell nur noch insofern aus, als er das Einkommen des betreffenden Elternteils erhöhe, so erlaubt
  240. das noch keinen Rückschluß darauf, daß der Zählkindvorteil nach dem Willen
  241. des Gesetzgebers bedarfserhöhend in die Ermittlung des Unterhalts einfließen
  242. und damit letztlich doch zu einem Ausgleich zwischen den Ehegatten führen
  243. solle. Der Senat sieht daher auch insoweit keinen Anlaß, von seiner Rechtsprechung abzuweichen.
  244. - 14 -
  245. 6. Ohne Erfolg wendet sich die Revision gegen die Berechnung des von
  246. der Antragstellerin ab März 1998 bezogenen Nettolohns aus der Teilzeitbeschäftigung, den das Oberlandesgericht unter Berücksichtigung der üblichen
  247. gesetzlichen Abzüge mit 1.264 DM ermittelt und hiervon 5 % für berufsbedingten Aufwand und 1/7 als Erwerbstätigenbonus abgezogen hat, so daß rund
  248. 1.029 DM verbleiben. Auch die angesichts des Alters der beiden betreuungsbedürftigen Kinder gemäß § 1577 Abs. 2 BGB vorgenommene lediglich hälftige
  249. Anrechnung ihres Verdienstes (in Höhe von 515 DM) ist nicht zu beanstanden
  250. (vgl. z.B. Senatsurteil vom 4. November 1987 - IVb ZR 81/86 - FamRZ 1988,
  251. 145, 148).
  252. 7. Danach ergeben sich für die Antragstellerin folgende monatliche Unterhaltsansprüche:
  253. Zeitraum 10. Oktober bis 31. Dezember 1997:
  254. Nettoeinkommen des Antragsgegners
  255. 3.945 DM
  256. Kreditbelastung
  257. - 200 DM
  258. Unterhalt für die gemeinsamen Kinder - 700 DM
  259. Unterhalt für das dritte Kind
  260. - 349 DM
  261. = 2.696 DM x 3/7 = rund 1.155 DM.
  262. Da die Antragstellerin in dieser Zeit über kein anrechenbares Einkommen verfügte, ist ihr verlangter Unterhalt in Höhe von 894 DM gerechtfertigt.
  263. - 15 -
  264. Zeitraum Januar und Februar 1998:
  265. Der Unterhalt hat sich wegen Wegfalls der Kreditverpflichtung und Anrechnung von Haushaltsleistungen für den Partner (550 DM) wie folgt geändert:
  266. Nettoeinkommen des Antragsgegners
  267. 3.945 DM
  268. Unterhalt für die gemeinsamen Kinder - 700 DM
  269. Unterhalt für das dritte Kind
  270. - 349 DM
  271. = 2.896 DM x 3/7
  272. = rund 1.241 DM
  273. - 550 DM
  274. = 691 DM
  275. Es verbleibt bei den verlangten 670 DM.
  276. Zeitraum ab März 1998:
  277. Wegen Aufnahme der Teilzeitbeschäftigung sind auf den Bedarf von
  278. 1.241 DM nunmehr 550 DM und 515 DM anrechenbar, so daß sich der Anspruch auf 176 DM verringert. Nur insoweit hat die Revision Erfolg.
  279. 8. Der Antragsgegner wird hierdurch nicht unangemessen belastet, zumal ihn die höhere Unterhaltspflicht ohnehin nur für knapp fünf Monate trifft
  280. und sodann wegen des anrechenbaren Eigenverdienstes der Antragstellerin
  281. auf einen geringen Betrag absinkt. Nach Abzug des Kindesunterhalts und des
  282. höchsten Unterhaltsbetrages für die Antragstellerin in Höhe von 894 DM verbleiben ihm von seinem um die Kreditlasten bereinigten Einkommen von
  283. 3.745 DM rund 1.800 DM zuzüglich des erhöhten Kindergeldes von 300 DM, so
  284. daß ihm und seiner jetzigen Ehefrau 2.100 DM zur Verfügung stehen. Das ist
  285. ausreichend und nötigt, wie das Oberlandesgericht zutreffend ausgeführt hat,
  286. - 16 -
  287. auch nicht dazu, den infolge der Wiederheirat erzielten steuerlichen Splittingvorteil zur Vermeidung einer groben Unbilligkeit für seine jetzige Ehefrau zu
  288. reservieren.
  289. Blumenröhr
  290. Krohn
  291. Gerber
  292. Hahne
  293. Wagenitz