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1 year ago
  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. BESCHLUSS
  3. XII ZB 80/06
  4. vom
  5. 2. Juli 2008
  6. in der Familiensache
  7. Nachschlagewerk: ja
  8. BGHZ:
  9. nein
  10. BGHR:
  11. ja
  12. BGB § 1587 a Abs. 2 Nr. 1; BSZG § 4 a
  13. Die Verminderung der Sonderzahlung nach § 4 a Bundessonderzahlungsgesetz
  14. führt zu einer Verkürzung der beamtenrechtlichen Brutto-Versorgungsbezüge
  15. und ist deshalb bei der Wertermittlung im Versorgungsausgleich zu berücksichtigen; die rechtspolitische Erklärung dieser Verkürzung als "Abzug für Pflegeleistungen" ändert daran nichts.
  16. BGH, Beschluss vom 2. Juli 2008 - XII ZB 80/06 - OLG Koblenz
  17. AG Idar-Oberstein
  18. -2-
  19. Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 2. Juli 2008 durch die Richter
  20. Sprick, Prof. Dr. Wagenitz und Fuchs, die Richterin Dr. Vézina und den Richter
  21. Dose
  22. beschlossen:
  23. Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 7. Zivilsenats
  24. - 4. Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Koblenz
  25. vom 23. März 2006 wird auf Kosten der weiteren Beteiligten zu 1
  26. mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass für die Antragsgegnerin
  27. gesetzliche Rentenanrechte nur in Höhe von 445,83 € (nicht:
  28. 456,86 €) begründet werden.
  29. Beschwerdewert: 1.000 €
  30. Gründe:
  31. I.
  32. 1
  33. Die Parteien streiten um den Versorgungsausgleich.
  34. 2
  35. Die am 14. Oktober 1987 geschlossene Ehe der Parteien wurde auf den
  36. am 16. März 2005 zugestellten Antrag durch Urteil vom 31. August 2005 rechtskräftig geschieden. Das Verfahren über den Versorgungsausgleich wurde abgetrennt.
  37. 3
  38. In der Ehezeit (1. Oktober 1987 bis 28. Februar 2005, § 1587 Abs. 2
  39. BGB) hat der Antragsteller (im Folgenden: Ehemann, geboren am 30. Januar
  40. -3-
  41. 1960) Anrechte auf eine Soldatenversorgung bei der Wehrbereichsverwaltung
  42. Süd (weitere Beteiligte zu 1) erworben, deren Höhe - unter Berücksichtigung
  43. der gemäß § 4 a BSZG erfolgten Verminderung der Sonderzahlung - monatlich
  44. 1.102,39 €, bezogen auf das Ehezeitende, beträgt. Die Antragstellerin (im Folgenden: Ehefrau, geboren am 16. Juli 1955) hat in der Ehezeit Anrechte in der
  45. gesetzlichen Rentenversicherung in Höhe monatlich 188,68 €, bezogen auf das
  46. Ehezeitende, erworben.
  47. 4
  48. Das Amtsgericht - Familiengericht - hat den Versorgungsausgleich dahin
  49. geregelt, dass es zu Lasten der Soldatenversorgung des Ehemannes auf dem
  50. Rentenkonto der Ehefrau bei der Deutschen Rentenversicherung Bund Versorgungsanrechte in Höhe von monatlich 506,86 €, bezogen auf das Ehezeitende,
  51. begründet hat. Die hiergegen gerichtete Beschwerde der weiteren Beteiligten
  52. zu 1 hat das Oberlandesgericht mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass für die
  53. Ehefrau Rentenanwartschaften in Höhe von 456,86 € (nicht, wie vom Amtsgericht rechenfehlerhaft ermittelt, in Höhe von 506,86 €) begründet werden. Hiergegen wendet sich die weitere Beteiligte zu 1 mit der - zugelassenen - Rechtsbeschwerde, mit der sie - wie auch schon im Beschwerdeverfahren - erreichen
  54. will, dass die aufgrund des § 4 a BSZG erfolgte Verminderung der Sonderzahlung bei der Versorgung des Ehemannes im Versorgungsausgleich unberücksichtigt bleibt und der Ehezeitanteil dieser Versorgung deshalb mit 1.111,85 €
  55. (statt mit 1.102,39 €), monatlich und bezogen auf das Ehezeitende, in Ansatz
  56. gebracht wird.
  57. II.
  58. 5
  59. Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.
  60. -4-
  61. 6
  62. 1. Nach Auffassung des Oberlandesgerichts ist die von § 4 a BSZG vorgeschriebene Verminderung der Sonderzahlung bei der Ermittlung des Wertes
  63. der Soldatenversorgung des Ehemannes im Versorgungsausgleich zu berücksichtigen. Bei der Ermittlung des Wertes der auszugleichenden Versorgungen
  64. sei von Bruttobeträgen auszugehen mit der Folge, dass die vom Rentenversicherungsträger einbehaltenen Beiträge zur Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung unberücksichtigt blieben. Bei der von § 4 a BSZG vorgeschriebenen
  65. Verminderung der Sonderzulage handele es sich jedoch nicht um solche Versicherungsbeiträge. Richtig sei zwar, dass Rentner in vollem Umfang Beiträge
  66. zur Pflegeversicherung zu erbringen hätten, während Pflegeleistungen an Versorgungsempfänger anteilig von der Beihilfe gedeckt würden; mit der Verminderung der Sonderzuwendung solle eine Gleichstellung von Versorgungsempfängern und Rentnern bewirkt und erreicht werden, dass im wirtschaftlichen Ergebnis auch die Versorgungsempfänger mit einem vollen Beitrag am Pflegerisiko beteiligt würden. Dies ändere indes nichts daran, dass dieses sozialpolitische Ziel vom Gesetzgeber im Wege einer allgemeinen Kürzung der Versorgungsbezüge umgesetzt worden sei; diese Absenkung der Bruttoversorgungsbezüge lasse sich nicht unter Berufung auf das mit ihr verfolgte legislative Ziel
  67. in einen Versicherungsbeitrag umdeuten. Für den Versorgungsausgleich ergebe sich daraus die Konsequenz, dass die beamtenrechtlichen Versorgungsanrechte nur mit ihrem um die Verminderung der Sonderzulage verringerten (Brutto-) Wert im Versorgungsausgleich zu berücksichtigen seien.
  68. 7
  69. 2. Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung stand.
  70. 8
  71. a) Die Frage, ob die Verminderung der Sonderzahlung gemäß § 4 a
  72. BSZG im Versorgungsausgleich zu berücksichtigen ist, wird in der Rechtsprechung der Oberlandesgerichte unterschiedlich beurteilt.
  73. -5-
  74. 9
  75. Gegen eine Berücksichtigung haben sich das Oberlandesgericht Nürnberg (FamRZ 2005, 1479), das Oberlandesgericht Rostock (NJW-RR 2007,
  76. 802) und - soweit ersichtlich - der 5. und der 1. Senat für Familiensachen des
  77. Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig (Beschlüsse vom
  78. 14. März 2005 und 27. September 2005, nicht veröffentlicht) ausgesprochen.
  79. Nach Auffassung der Oberlandesgerichte Nürnberg und Rostock wird durch
  80. § 4 a BSZG die Übernahme des vollen Beitragssatzes zur Pflegeversicherung,
  81. wie er für Rentner seit dem 1. April 2004 (§ 59 Abs. 1 Satz 1 2. Halbs. SGB XI)
  82. eingeführt worden sei, auf Versorgungsempfänger wirkungsgleich übertragen,
  83. indem die zusätzlichen monatlichen Beitragsanteile des laufenden Kalenderjahres einmalig im Dezember von der jährlichen Sonderzuwendung einbehalten
  84. würden. Die Regelung führe zu einer vereinfachten Abrechnung erhöhter Zahlungen an die Pflegeversicherung. Diese Zahlungen seien deshalb bei der
  85. Durchführung des Versorgungsausgleichs nicht zu berücksichtigen.
  86. 10
  87. Zu berücksichtigen ist die Verminderung der Sonderzahlung dagegen
  88. nach Auffassung des Oberlandesgerichts Celle (FamRZ 2008, 900, 902), des
  89. Oberlandesgerichts München (Beschlüsse vom 30. Dezember 2005 - 17 UF
  90. 865/05 - nicht veröffentlicht; ferner vom 7. Juni 2005 - 4 UF 97/05 - und vom
  91. 29. September 2005 - 4 UF 259/05 - beide zitiert nach juris), des Oberlandesgerichts Köln (OLGR 2006, 44), des Oberlandesgerichts Oldenburg (OLGR 2006,
  92. 53), des 2. Senats für Familiensachen des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig (OLGR 2005, 782) sowie des 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Koblenz (FamRZ 2006, 708, 709). Bei der Verminderung der
  93. Sonderzulage handele es sich um eine Verkürzung der jährlichen Bruttobezüge
  94. und nicht um einen Abzug für Sozialleistungen (ebenso Wick, Der Versorgungsausgleich, 2. Aufl. Rdn. 108 m.w.N.).
  95. 11
  96. b) Der Senat schließt sich der zweiten Auffassung an.
  97. -6-
  98. 12
  99. Bei der Durchführung des öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleichs
  100. ist grundsätzlich von den Bruttobeträgen der in den Ausgleich einzubeziehenden Versorgungen auszugehen; Beiträge zur Kranken- oder Pflegeversicherung, die auf diese Versorgungen entfallen und von den Versorgungsträgern an
  101. die gesetzliche Kranken- und Pflegeversicherung abgeführt werden, bleiben
  102. deshalb bei der Ermittlung des auszugleichenden Wertes des Versorgungsanrechts unberücksichtigt (st.Rspr. vgl. etwa Senatsbeschluss vom 25. Oktober
  103. 2006 - XII ZB 211/04 - FamRZ 2007, 120, 122).
  104. 13
  105. Dieser Grundsatz führt jedoch nicht dazu, bei der Ermittlung der Höhe
  106. einer ehezeilich erworbenen Beamten-, Richter- oder Soldatenversorgung die
  107. von § 4a BSZG vorgeschriebene Verminderung der jährlichen Sonderzahlung
  108. unberücksichtigt zu lassen. Denn diese Verminderung ist kein Versicherungsbeitrag, den der Dienstherr für seine Versorgungsempfänger an einen Versicherungsträger - etwa an die gesetzliche Pflegeversicherung - abführt. Der Dienstherr versichert seine Versorgungsempfänger nicht in der gesetzlichen Pflegeversicherung; er deckt - über die Beihilfe - vielmehr selbst anteilig das Pflegerisiko ab, das im übrigen von (Pflege-)Versicherungen getragen wird, mit denen
  109. die Versorgungsempfänger privatrechtliche Versicherungsverträge abschließen.
  110. Die Deckung des für den Dienstherrn verbleibenden anteiligen Pflegerisikos ist
  111. auch keine eigene Versicherungsleistung, die der Dienstherr seinen Versorgungsempfängern erbringt und für die er ein - über die Kürzung der Sonderzahlung gemäß § 4 a BSZG abzurechnendes - Entgelt erhielte. Vielmehr erfüllt der
  112. Dienstherr mit der anteiligen Deckung des Pflegerisikos seine Alimentationspflicht. Zwar ist der Dienstherr grundsätzlich nicht gehindert, den Umfang
  113. seiner Alimentationspflicht näher zu regeln und dabei, wie in der Vergangenheit
  114. wiederholt geschehen, auch im Interesse einer Konsolidierung der öffentlichen
  115. Haushalte zu reduzieren. Eine solche Reduktion mag rechtspolitisch als ein
  116. Äquivalent für die fortdauernde Absicherung eines Teils des Pflegerisikos er-
  117. -7-
  118. klärt und mit einer wünschenswerten Gleichstellung der Versorgungsempfänger
  119. mit Rentnern begründet werden, die gemäß § 59 Abs. 1 Satz 1 2. Halbs.
  120. SGB XI seit dem 1. April 2004 volle (und nicht - wie bis dahin - nur hälftige) Beiträge zur Pflegeversicherung erbringen müssen und deshalb eine um diese vollen Beiträge verminderte Rente erhalten (vgl. BT-Drucks. 15/3444 S. 4). Diese
  121. rechtspolitische Begründung ändert indes nichts an dem grundlegenden Unterschied zwischen einer - wie auch immer motivierten - Kürzung von beamtenrechtlichen Versorgungen einerseits und der Abführung von gesteigerten Versicherungsbeiträgen durch die Träger der gesetzlichen Rentenversicherung andererseits. Dieser Unterschied wird, worauf das Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht in Schleswig (OLGR 2005, 782, 783) mit Recht hinweist, auch
  122. darin deutlich, dass die von der gesetzlichen Rente einbehaltenen Beiträge zur
  123. Pflegeversicherung zweckbestimmt sind und notwendig der Solidargemeinschaft der Pflegeversicherten zugute kommen. Die Verminderung der Sonderzahlung kennt dagegen eine solche Zweckbindung - unbeschadet der Überschrift des § 4 a BSZG ("Abzug für Pflegeleistungen") und einer nur gesetzestechnischen Anknüpfung des Verminderungsbetrags an die Regelungen über
  124. die Pflegeversicherung - nicht; die mit der Verminderung erzielten Einsparungen kommen vielmehr undifferenziert dem Bundeshaushalt zugute. Für das
  125. System des Versorgungsausgleichs kann dieser grundlegende Unterschied
  126. nicht unbeachtet bleiben: Die Verminderung nach § 4 a BSZG führt zu einer
  127. Absenkung der Bruttoversorgung, die sich auf die Höhe der in den Ausgleich
  128. einzustellenden Versorgung auswirkt. Pflegeversicherungsbeiträge vermindern
  129. - ebenso wie Krankenversicherungsbeiträge - zwar als Abzug von der Bruttorente deren Zahlbetrag, wirken sich aber auf die Höhe des versorgungsausgleichsrelevanten Rentenwertes nicht aus.
  130. 14
  131. 3. Das Oberlandesgericht hat deshalb die ehezeitanteilige Höhe der vom
  132. Ehemann erworbenen Anrechte auf Soldatenversorgung gegenüber der Betei-
  133. -8-
  134. ligten zu 1 zutreffend unter Berücksichtigung der nach § 4 a BSZG erfolgten
  135. Verminderung der jährlichen Sonderzuwendung ermittelt. Allerdings ist für die
  136. Berechnung der jährlichen Sonderzahlung der zur Zeit der Entscheidung über
  137. den Versorgungsausgleich maßgebende Bemessungsfaktor heranzuziehen
  138. (vgl. etwa Senatsbeschluss vom 14. März 2007 - XII ZB 85/03 - FamRZ 2007,
  139. 994, 995 m.w.N.). Dieser beträgt nunmehr (2008) 2,085 % der Versorgungsbezüge für das Kalenderjahr (§ 4 Abs. 1 BSZG i.d.F. des Art. 1 des Haushaltsbegleitgesetzes vom 29. Juni 2006 BGBl. I S. 1402), während der vom Oberlandesgericht herangezogenen Auskunft der weiteren Beteiligten zu 1 noch ein
  140. Bemessungsfaktor von 4,17 % zugrunde lag. Der niedrigere Bemessungsfaktor
  141. ist unbeschadet seiner - zunächst - auf die Jahre 2006 bis 2010 befristeten Geltung als derzeit maßgebend zugrunde zu legen (so etwa auch OLG Celle
  142. FamRZ 2008, 900, 902). Damit errechnet sich die Höhe der Sonderzuwendung
  143. wie folgt: Der Jahresbetrag des Ruhegehalts beträgt (12 x 2.232,76 =)
  144. 26.793,12 €. Die jährliche Sonderzahlung beträgt davon 2,085 % = 558,64 €.
  145. Sie ist gemäß § 4 a BSZG um 0,85 des jährlichen Gesamtbetrags, mithin um
  146. (26.793,12 € + 558,64 € = 27.351,76 €; davon 0,85 % =) 232,49 €, zu vermindern und beträgt damit (558,64 € - 232,49 € =) 326,15 € jährlich, also 27,18 €
  147. monatlich. Der Monatsbetrag des Ruhegehalts und der - verminderten - Sonderzahlung beträgt mithin (2.232,76 € + 27,18 € =) 2.259,94 €. Hieraus errechnet sich der Ehezeitanteil der Soldatenversorgung des Ehemannes von (17,41
  148. [in die Ehezeit fallende Dienstjahre] : 36,42 Jahre [Gesamtzeit] x 2.259,94 € =)
  149. 1.080,33 €. Dem stehen die von der Ehefrau in der Ehezeit erworbenen gesetzlichen Rentenanrechte in Höhe von 188,68 € gegenüber. Die auszugleichende
  150. Versorgungsdifferenz beträgt 891,65 €; in Höhe der Hälfte dieses Betrages,
  151. -9-
  152. also 445,83 €, sind für die Ehefrau Rentenanrechte in der gesetzlichen Rentenversicherung zu begründen. Mit dieser Maßgabe war der Rechtsbeschwerde
  153. der Beteiligten zu 1 deshalb der Erfolg zu versagen.
  154. Sprick
  155. Wagenitz
  156. Vézina
  157. Fuchs
  158. Dose
  159. Vorinstanzen:
  160. AG Idar-Oberstein, Entscheidung vom 06.01.2006 - 8 F 162/05 OLG Koblenz, Entscheidung vom 23.03.2006 - 7 UF 45/06 -