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1 year ago
  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. IM NAMEN DES VOLKES
  3. URTEIL
  4. XI ZR 230/07
  5. Verkündet am:
  6. 8. Juli 2008
  7. Herrwerth,
  8. Justizangestellte
  9. als Urkundsbeamtin
  10. der Geschäftsstelle
  11. in dem Rechtsstreit
  12. Nachschlagewerk: ja
  13. BGHZ:
  14. nein
  15. BGHR:
  16. ja
  17. _____________________
  18. BGB §§ 199, 765
  19. Die Fälligkeit der Forderung aus einer Bürgschaft auf erstes Anfordern
  20. tritt, sofern die Parteien nichts anderes vereinbaren, mit der Fälligkeit
  21. der Hauptschuld ein und ist nicht von einer (formgerechten) Leistungsaufforderung des Gläubigers abhängig.
  22. BGH, Urteil vom 8. Juli 2008 - XI ZR 230/07 - OLG München
  23. LG Passau
  24. -2-
  25. Der
  26. XI. Zivilsenat des
  27. Verhandlung
  28. vom
  29. Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche
  30. 8. Juli
  31. 2008
  32. durch
  33. den
  34. Vorsitzenden
  35. Richter
  36. Dr. h.c. Nobbe und die Richter Dr. Müller und Dr. Joeres, die Richterin
  37. Mayen und den Richter Maihold
  38. für Recht erkannt:
  39. Auf die Rechtsmittel der Beklagten werden die Urteile
  40. des 9. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München
  41. vom 6. März 2007 und der 4. Zivilkammer des Landgerichts Passau vom 25. August 2006 im Kostenpunkt und
  42. insoweit aufgehoben, als sie zugunsten der Kläger zu 3)
  43. und 4) ergangen sind.
  44. Die Klage der Kläger zu 3) und 4) wird abgewiesen.
  45. Die Gerichtskosten I. und II. Instanz tragen die Kläger
  46. zu 3) und 4) zu 4/5 und die Beklagte zu 1/5. Die Gerichtskosten des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens
  47. fallen der Beklagten zur Last. Die außergerichtlichen
  48. Kosten der Kläger zu 1) und 2) trägt die Beklagte. Von
  49. den übrigen außergerichtlichen Kosten I. und II. Instanz
  50. fallen der Beklagten 1/5 ihrer eigenen und den Klägern
  51. zu 3) und 4) ihre eigenen und 4/5 der Kosten der Beklagten zur Last. Die Kosten des Revisionsverfahrens
  52. tragen die Kläger zu 3) und 4).
  53. Von Rechts wegen
  54. -3-
  55. Tatbestand:
  56. 1
  57. Die Kläger zu 3) und 4), die von einem Bauträgervertrag zurückgetreten sind, nehmen die beklagte Bank aus einer Bürgschaft über
  58. 185.000 DM auf Erstattung von Teilzahlungen in Anspruch, die sie an die
  59. Bauträgerin geleistet haben.
  60. 2
  61. Die Beklagte übernahm im Dezember 1995 eine Bürgschaft für
  62. künftige Ansprüche der Kläger zu 3) und 4) auf Rückgewähr von Zahlungen, die diese an eine Bauträgerin (im Weiteren: Hauptschuldnerin) als
  63. Kaufpreis für einen Laden in einem zu errichtenden Wohn- und Geschäftshaus in E.
  64. bereits vor dessen Fertigstellung erbringen
  65. sollten. Die Bürgschaftsurkunde bezieht sich im Vorspann auf den zwischen der Hauptschuldnerin und den Klägern geschlossenen Vertrag und
  66. enthält Regelungen zur Sicherung von Ansprüchen im Falle einer Zahlung des Kaufpreises vor Eintritt der Fälligkeit nach der Makler- und Bauträgerverordnung (MaBV). In der Bürgschaftsurkunde heißt es in Übereinstimmung mit der den Klägern zu 1) und 2) ausgehändigten u.a.:
  67. "Wir verpflichten uns, Zahlung bis zur Höhe des Bürgschaftsbetrages an de[n] Käufer zu leisten, wenn das Bauvorhaben endgültig nicht durchgeführt oder nicht fristgerecht vollendet wird und
  68. deshalb der Käufer vom Vertrag zurücktritt oder Schadenersatz
  69. wegen Nichterfüllung verlangt.
  70. ...
  71. Unsere Verpflichtung aus dieser Bürgschaft erlischt, wenn der
  72. Kaufpreis, auf den sich die Bürgschaft bezieht, nach § 3 Abs. 2
  73. MaBV fällig geworden ist oder fällig werden würde. Sie vermindert
  74. sich bei Fälligkeit um die Kaufpreisteilbeträge nach § 3 Abs. 2
  75. MaBV".
  76. -4-
  77. 3
  78. Die Kläger zu 3) und 4) traten wegen Überschreitung der vereinbarten Bauzeit im April 1998 von dem Bauträgervertrag wirksam zurück.
  79. Die Hauptschuldnerin, die rechtskräftig zur Erstattung der von den Klägern geleisteten, die Bürgschaftssumme übersteigenden Teilzahlungen
  80. auf den Kaufpreis verurteilt wurde, ist vermögenslos.
  81. 4
  82. Die Parteien streiten um die Auslegung der Bestimmungen zum
  83. Umfang der Bürgschaftsverpflichtung. Darüber hinaus hat die Beklagte,
  84. der der von den Klägern zu 3) und 4) erst im Dezember 2005 beantragte
  85. Mahnbescheid am 2. Februar 2006 zugestellt worden ist, die Einrede der
  86. Verjährung erhoben.
  87. 5
  88. Das Landgericht hat der Klage in vollem Umfang stattgegeben. Die
  89. Berufung der Beklagten ist von dem Oberlandesgericht zurückgewiesen
  90. worden. Mit der - vom Senat nur in Bezug auf die Kläger zu 3) und 4)
  91. zugelassenen - Revision begehrt die Beklagte die Abweisung der Klage.
  92. Entscheidungsgründe:
  93. 6
  94. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Abweisung der Klage der Kläger zu 3) und 4).
  95. I.
  96. 7
  97. Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung, die in BauR 2008,
  98. 375 ff. veröffentlicht ist, im Wesentlichen wie folgt begründet:
  99. -5-
  100. 8
  101. Die Bürgschaft sichere in voller Höhe des Bürgschaftsbetrags
  102. Rückforderungsansprüche der Kläger zu 3) und 4) bei Nichtdurchführung
  103. des Bauvorhabens oder bei Rücktritt. Das Interesse der Erwerber bestehe im Fall eines Rücktritts gerade darin, bereits gezahlte Kaufpreisraten
  104. unabhängig vom Baufortschritt zurückzuerhalten. So hätten die Kläger
  105. zu 3) und 4) als sorgfältige und vernünftige Empfänger des Bürgschaftsversprechens den Wortlaut der Bürgschaftsurkunde verstehen dürfen.
  106. Die "Abschmelzungsklausel" trete gleichrangig neben diese Regelung
  107. und betreffe nur Ansprüche der Kläger zu 3) und 4) bei Durchführung des
  108. Kaufvertrags und Ziehung der Bürgschaft. Die Bürgschaftsforderung sei
  109. nicht verjährt, da die Verjährungsfrist erst mit dem erstmaligen Erfüllungsverlangen der Kläger zu 3) und 4) in den Jahren 2005 und 2006
  110. begonnen habe.
  111. II.
  112. 9
  113. Die Erwägungen des Berufungsgerichts halten in einem entscheidenden Punkt rechtlicher Überprüfung nicht stand.
  114. 10
  115. 1. Entgegen der Ansicht der Revision sind die Ausführungen des
  116. Berufungsgerichts zur Auslegung der Bürgschaftsurkunde, die mit der
  117. den Klägern zu 1) und 2) ausgehändigten im Wesentlichen wortgleich ist,
  118. allerdings auch dann zutreffend, wenn Allgemeine Geschäftsbedingungen vorliegen. Nach ihrem Wortlaut, der von dem der Individualbürgschaftserklärung deutlich abweicht, über die im Senatsurteil vom 6. Mai
  119. 2003 (XI ZR 33/03, WM 2003, 1259 ff.) zu entscheiden war, verpflichtet
  120. die Bürgschaft die Beklagte für den Fall, dass das Bauvorhaben endgül-
  121. -6-
  122. tig nicht durchgeführt oder nicht fristgerecht vollendet wird und der Käufer deshalb - wie hier - vom Vertrag wirksam zurücktritt, zur Rückzahlung
  123. des Kaufpreises bis zur Höhe des Bürgschaftsbetrages. Zu verstehen ist
  124. darunter jedenfalls unter Berücksichtigung der Unklarheitenregelung des
  125. § 5 AGBG (jetzt: § 305c Abs. 2 BGB) ohne Rücksicht auf erbrachte
  126. Werkleistungen die Rückzahlung des gesamten von der Bürgschaftssumme gedeckten im Voraus gezahlten Kaufpreises.
  127. 11
  128. Dafür spricht auch der Sinn und Zweck der von der Hauptschuldnerin nach dem Bauträgervertrag zu stellenden Bankbürgschaft nach
  129. § 7 Abs. 1 MaBV. Durch diese soll dem Käufer das Insolvenzrisiko des
  130. Bauträgers abgenommen und ihm eine Sicherheit für die von ihm eingegangene Verpflichtung gewährt werden, die Vergütung für das herzustellende Werk sofort und nicht erst, wie es § 3 Abs. 2 MaBV vorsieht, in Raten entsprechend dem Baufortschritt zu entrichten (BGHZ 162, 378, 382,
  131. 383; Senatsurteil vom 29. Januar 2008 - X ZR 160/07, WM 2008, 729,
  132. 731 Tz. 17, für BGHZ vorgesehen). Dieser Schutzzweck erfordert es,
  133. dass die bürgende Bank dem Käufer, wenn er - wie hier die Kläger zu 3)
  134. und 4) - wirksam vom Bauträgervertrag zurücktritt, in Höhe der Bürgschaftssumme auf die Rückzahlung des gesamten im Voraus geleisteten
  135. Kaufpreises haftet (BGHZ 160, 277, 281 f.). Denn im Falle des Rücktritts
  136. hat der Käufer etwa bereits erlangte Teilleistungen des Bauträgers zurückzugewähren und ist regelmäßig nicht in der Lage, deren Wert wirtschaftlich zu realisieren.
  137. 12
  138. Entgegen der Ansicht der Revision wird der Klausel über die Abschmelzung der Bürgschaft nach Baufortschritt durch diese Auslegung
  139. nicht etwa jeder Anwendungsbereich genommen. Die Abschmelzungsklausel betrifft vielmehr den Fall, aber auch nur den Fall, dass der Bau-
  140. -7-
  141. trägervertrag zwar durchgeführt wird, der Käufer aber für den geleisteten
  142. Kaufpreis keine vollwertige Gegenleistung erhalten hat, etwa weil eine
  143. teilweise Nicht- oder aber eine Schlechterfüllung des Bauträgervertrages
  144. vorliegt (vgl. dazu BGHZ 151, 147, 152 f.; 172, 63, 77 Tz. 53 f.; BGH,
  145. Urteile vom 14. Januar 1999 - IX ZR 140/98, WM 1999, 535, 537, vom
  146. 19. Juli 2001 - IX ZR 149/00, WM 2001, 1756, 1758, vom 22. Oktober
  147. 2002 - XI ZR 393/01, WM 2002, 2411, 2412 und vom 18. September
  148. 2007 - XI ZR 211/06, WM 2007, 2352, 2355 Tz. 30 f.).
  149. 13
  150. 2. Die Bürgschaftsforderung der Kläger zu 3) und 4) ist jedoch, anders als das Berufungsgericht gemeint hat, verjährt. Die Verjährungsfrist
  151. von drei Jahren (§ 195 BGB) begann nach Art. 229 § 6 Abs. 4 Satz 1
  152. EGBGB am 1. Januar 2002 und endete gemäß §§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 2
  153. Alt. 1 BGB am 31. Dezember 2004. Die Zustellung des Mahnbescheids
  154. am 2. Februar 2006 konnte die zu diesem Zeitpunkt bereits verstrichene
  155. Verjährungsfrist nicht mehr nach § 204 Abs. 1 Nr. 3 BGB hemmen.
  156. 14
  157. a) Die Frist für die Verjährung der Bürgschaftspflicht des Beklagten
  158. beträgt nach der für das Verjährungsrecht geltenden Überleitungsvorschrift in Artikel 229 § 6 EGBGB gemäß § 195 BGB in der seit dem
  159. 1. Januar 2002 geltenden Fassung drei Jahre, da diese Frist kürzer ist
  160. als die davor geltende regelmäßige Verjährungsfrist des § 195 BGB a.F.
  161. von 30 Jahren (Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 Satz 1 EGBGB).
  162. 15
  163. Der Lauf dieser Verjährungsfrist beginnt am 1. Januar 2002, sofern
  164. zu diesem Zeitpunkt die Voraussetzungen des § 199 Abs. 1 BGB vorliegen, d.h. der Anspruch aus der Bürgschaft entstanden ist und der Gläubiger von den anspruchsbegründenden Tatsachen sowie der Person des
  165. -8-
  166. Schuldners Kenntnis erlangt hat oder ohne grobe Fahrlässigkeit Kenntnis
  167. hätte erlangen müssen. Dies gilt auch für die Berechnung einer Verjährungsfrist
  168. auf
  169. Grundlage
  170. der
  171. Überleitungsvorschrift
  172. des
  173. Art. 229
  174. § 6 Abs. 4 EGBGB (Senat, BGHZ 171, 1, 8 ff. Tz. 23 ff.).
  175. 16
  176. b) Der Bürgschaftsanspruch der Kläger zu 3) und 4) ist bereits mit
  177. Erklärung des Rücktritts vom Bauträgervertrag im April 1998 entstanden.
  178. 17
  179. aa) Ein Anspruch ist nach § 199 Abs. 1 BGB entstanden, sobald er
  180. erstmals vom Gläubiger geltend gemacht und mit einer Klage durchgesetzt werden kann. Dies setzt grundsätzlich die Fälligkeit des Anspruchs
  181. voraus, da erst von diesem Zeitpunkt an (§ 271 Abs. 2 Halbs. 1 BGB) der
  182. Gläubiger mit Erfolg die Leistung fordern und gegebenenfalls den Ablauf
  183. der Verjährungsfrist durch Klageerhebung unterbinden kann (BGHZ 53,
  184. 222, 225; 55, 340, 341 f.; 113, 188, 193; BGH, Urteil vom 23. Januar
  185. 2001 - X ZR 247/98, WM 2001, 687, 689).
  186. 18
  187. bb) Der Senat hat nach Erlass des Berufungsurteils entschieden
  188. (Senat, Urteile vom 29. Januar 2008 - XI ZR 160/07, WM 2008, 729,
  189. 731 f. Tz. 22 ff., für BGHZ vorgesehen, und vom 11. März 2008
  190. - XI ZR 81/07, Urteilsumdruck, S. 4 ff. Tz. 9 ff.), dass, sofern eine andere
  191. Vereinbarung der Parteien nicht besteht, die Verjährungsfrist jedenfalls
  192. für selbstschuldnerische Bürgschaften mit Fälligkeit der gesicherten Forderung beginnt. Da im Gesetz eine Leistungsaufforderung des Gläubigers als Entstehungs- oder Fälligkeitsvoraussetzung der Bürgschaftsforderung nicht vorgesehen ist, kommt es für den Beginn der Verjährungsfrist entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht auf die Geltendmachung der Bürgenverpflichtung durch den Gläubiger an. Der Gesetzgeber ist bei der Neufassung des § 771 BGB durch das Gesetz zur Mo-
  193. -9-
  194. dernisierung des Schuldrechts vom 26. November 2001 (BGBl. I S. 3138)
  195. ausdrücklich davon ausgegangen, dass „der Anspruch des Gläubigers
  196. gegen den Bürgen gleichzeitig mit der Hauptforderung“ entsteht (Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses des Deutschen
  197. Bundestages vom 9. Oktober 2001, BT-Drucks. 14/7052, S. 206). Auch
  198. der Grundsatz der Akzessorietät, d.h. der Abhängigkeit der Forderung
  199. aus der Bürgschaft von der Hauptschuld im Hinblick auf Entstehung,
  200. Durchsetzbarkeit und Erlöschen, spricht dafür, dass die Fälligkeit der
  201. Bürgschaftsforderung mit der Fälligkeit der Hauptschuld eintritt. Überdies
  202. widerspräche es dem mit dem Rechtsinstitut der Verjährung verfolgten
  203. Regelungszweck, den Schuldner vor unangemessen langer Inanspruchnahme zu schützen und Rechtsfrieden herzustellen, die Fälligkeit der
  204. Bürgschaftsforderung von einer Leistungsaufforderung des Gläubigers
  205. abhängig zu machen und diesem damit die Möglichkeit zu eröffnen, den
  206. Verjährungsbeginn und die Notwendigkeit verjährungsunterbrechender
  207. Maßnahmen nach seinem Belieben hinauszuzögern (Senat, Urteile vom
  208. 29. Januar 2008 - XI ZR 160/07, WM 2008, 729, 732 Tz. 24, für BGHZ
  209. vorgesehen, und vom 11. März 2008 - XI ZR 81/07, Urteilsumdruck, S. 6
  210. Tz. 11, jeweils m.w.Nachw.).
  211. 19
  212. c) Die Kläger zu 3) und 4) hatten mit Erklärung des Rücktritts im
  213. Jahr 1998 Kenntnis im Sinne von § 199 Abs. 1 BGB von den Umständen,
  214. die sowohl die Fälligkeit des Anspruchs auf Rückgewähr als auch der
  215. Bürgschaftsverpflichtung der Beklagten begründeten.
  216. - 10 -
  217. III.
  218. 20
  219. Die Entscheidung des Berufungsgerichts kann auch nicht mit anderer Begründung aufrecht erhalten werden (§ 561 ZPO).
  220. 21
  221. 1. Auch bei einer Bürgschaft auf erstes Anfordern, die die Hauptschuldnerin möglicherweise zu stellen hatte und von deren Vereinbarung
  222. zu Gunsten der Kläger zu 3) und 4) im Revisionsverfahren ausgegangen
  223. werden soll, beginnt die Verjährungsfrist grundsätzlich mit der Fälligkeit
  224. der Hauptforderung.
  225. a) Die Bürgschaft auf erstes Anfordern ist kein Sicherungsmittel
  226. 22
  227. eigener Art, sondern stellt lediglich eine besondere Form der Bürgschaft
  228. dar, die den Gläubiger bei der Durchsetzung privilegiert (BGHZ 151, 229,
  229. 235; 152, 246, 251; 154, 378, 385). Sie weist gegenüber einer selbstschuldnerischen Bürgschaft keine den Beginn der Verjährungsfrist beeinflussende Besonderheit auf. Ihre Eigenart erschöpft sich darin, im Bürgschaftsprozess bis zur Grenze des Rechtsmissbrauchs Einwände des
  230. Bürgen gegen die Zahlungspflicht zunächst auszuschließen. Deren Klärung bleibt nach Zahlung durch den Bürgen einem späteren Rückforderungsprozess
  231. vorbehalten
  232. (BGH,
  233. Urteile
  234. vom
  235. 27. Februar
  236. 1992
  237. - IX ZR 57/91, WM 1992, 773, 776 und vom 28. September 2000
  238. - VII ZR 460/97, WM 2000, 2373, 2375; Senat, Urteil vom 10. September
  239. 2002 - XI ZR 305/01, WM 2002, 2192, 2193; BGH, Urteil vom 28. Juni
  240. 2007 - VII ZR 199/06, WM 2007, 1609, 1610 Tz. 17). Zu der für den
  241. Verjährungsbeginn entscheidenden Frage, wann der die Fälligkeit auslösende Sicherungsfall eingetreten ist, weicht damit die Bürgschaft auf erstes
  242. Anfordern
  243. nicht
  244. von
  245. den
  246. allgemein
  247. für
  248. selbstschuldnerische
  249. - 11 -
  250. Bürgschaften geltenden Regeln ab (vgl. BGH, Urteile vom 5. April 1984
  251. - VII ZR 167/83,
  252. - VII ZR 460/97,
  253. WM 1984,
  254. WM 2000,
  255. 892 f.,
  256. 2373,
  257. vom
  258. 2375
  259. 28. September
  260. und
  261. vom
  262. 28. Juni
  263. 2000
  264. 2007
  265. - VII ZR 199/06, WM 2007, 1609, 1610 f. Tz. 18). Der Anspruch aus einer
  266. Bürgschaft auf erstes Anfordern entsteht folglich ebenfalls mit Fälligkeit
  267. der gesicherten Forderung (BGHZ 152, 246, 251; BGH, Beschluss vom
  268. 12. September 2002 - IX ZR 497/00, WM 2002, 2325), sodass auch bei
  269. dieser Form der Bürgschaft der Lauf der Verjährungsfrist grundsätzlich
  270. zu diesem Zeitpunkt beginnt.
  271. 23
  272. b) Die Gegenansicht (vgl. Palandt/Heinrichs, BGB 67. Aufl. § 199
  273. Rdn. 3;
  274. Staudinger/Horn,
  275. BGB
  276. Bearb. 1997
  277. Vorbem.
  278. zu
  279. §§ 765 ff.
  280. Rdn. 27; Gay NJW 2005, 2585, 2586 f.; kritisch dazu OLG Brandenburg,
  281. Urteil vom 9. Mai 2007 - 4 U 187/06, zitiert nach juris Tz. 35; Bräuer
  282. NZBau 2007, 477, 478) übersieht, dass die Inanspruchnahme des Bürgen bei der Bürgschaft auf erstes Anfordern nicht die materielle Bürgenhaftung beeinflusst, sondern nur die Berücksichtigung von Einwendungen des Bürgen im Zahlungsprozess modifiziert. Die von den Parteien
  283. des Bürgschaftsvertrages bei Vereinbarung einer Bürgschaft auf erstes
  284. Anfordern vielfach vorgesehenen, besonderen förmlichen Anforderungen
  285. beschreiben die Voraussetzungen, die dem Gläubiger die Möglichkeit
  286. einer von nicht offensichtlichen und nicht liquide beweisbaren Einwendungen entlasteten Klage eröffnen, nicht aber den Zeitpunkt, von dem ab
  287. der Gläubiger die Leistung verlangen kann. Die strengen förmlichen Voraussetzungen für die Inanspruchnahme dienen vielmehr dem Schutz des
  288. Bürgen. Diesem Schutzzweck widerspricht es, die Fälligkeit einer Bürgschaft auf erstes Anfordern von einer ordnungsgemäßen Zahlungsaufforderung abhängig zu machen und damit dem Gläubiger die Möglichkeit
  289. - 12 -
  290. zu geben, den Beginn der Verjährung, die ebenfalls dem Schutz des
  291. Schuldners dient, beliebig hinauszuzögern.
  292. 24
  293. 2. Die Parteien haben auch keine abweichende Vereinbarung zur
  294. Fälligkeit der Bürgschaft oder unmittelbar zum Verjährungsbeginn getroffen, die den gesetzlichen Regelungen vorgehen könnte (vgl. OLG Frankfurt, WM 2007, 1369, 1370; MünchKomm/Krüger, BGB 5. Aufl. 2007,
  295. § 271 Rdn. 7; Palandt/Heinrichs, BGB 67. Aufl. § 199 Rdn. 3).
  296. 25
  297. a) Eine ausdrückliche Regelung zur Fälligkeit der Bürgschaftsverpflichtung findet sich in der Bürgschaftsurkunde nicht. Jedoch wird in einem einleitenden Abschnitt die Verpflichtung der Hauptschuldnerin aus
  298. dem Bauträgervertrag wiedergegeben, Sicherheit solle durch eine
  299. "selbstschuldnerische, unwiderrufliche und auf erstes Anfordern fällig
  300. gestellte Bürgschaft" geleistet werden. Dies kann von dem Revisionsgericht ausgelegt werden, weil weitere tatsächliche Feststellungen nicht
  301. erforderlich sind und dadurch der Rechtsstreit zu einer abschließenden
  302. Entscheidung geführt wird (vgl. BGHZ 65, 107, 112; 124, 39, 45; 139,
  303. 357, 366 f.).
  304. 26
  305. b) Gegen eine von der gesetzlichen Regel abweichende Vereinbarung der Parteien zur Fälligkeit der Bürgschaft sprechen Wortlaut und
  306. systematische Einordnung des von der Revision dafür in Anspruch genommenen Einleitungssatzes der Bürgschaftsurkunde sowie die für die
  307. Auslegung bedeutsamen beiderseitigen wirtschaftlichen Interessen.
  308. 27
  309. Nach dem Wortlaut haben die Parteien in dem Einleitungssatz keine Vereinbarung zur Fälligkeit der Bürgschaft getroffen, sondern es wird
  310. - 13 -
  311. lediglich eine Verpflichtung der Hauptschuldnerin zur Bestellung einer
  312. bestimmten Sicherheit wiedergegeben. Die Festlegungen der Parteien
  313. zur Bürgschaftsverpflichtung der Beklagten beginnen erst im nachfolgenden Absatz, der mit den Worten "dies vorausgeschickt" eingeleitet wird.
  314. In der Beschreibung der Bürgenhaftung findet sich keine Regelung zur
  315. Fälligkeit, die die Geltendmachung der Bürgschaft durch die Gläubiger
  316. verlangt. Es ist auch keine Regelungslücke erkennbar, die es rechtfertigen würde, zur Ergänzung des von den Parteien Gewollten auf den den
  317. Bauträgervertrag beschreibenden Einleitungssatz zurückzugreifen.
  318. Ebenso liefern die beiderseitigen wirtschaftlichen Interessen der
  319. 28
  320. Parteien im Zeitpunkt des Vertragsschlusses keinen Anhalt dafür, dass
  321. die Fälligkeit der Bürgenverpflichtung von einer Leistungsaufforderung
  322. der Kläger zu 3) und 4) abhängen sollte. Das Rechtsinstitut der Verjährung dient dem Schutz des Schuldners, von dem nicht über einen unangemessenen Zeitraum hin die Bereitstellung seiner Leistungsfähigkeit
  323. verlangt werden kann, und sichert damit nach Ablauf der Verjährungsfrist
  324. den Rechtsfrieden. Dieser Schutzintention widerspräche es, bei Fehlen
  325. einer ausdrücklichen Vereinbarung durch Auslegung dem Gläubiger einer Bürgschaftsforderung die Rechtsmacht zu eröffnen, den Verjährungsbeginn nach seinem Belieben dadurch hinauszuzögern, dass er
  326. den Fälligkeitszeitpunkt der Bürgschaftsforderung durch eine Leistungsaufforderung bestimmen kann. Besondere wirtschaftliche Interessen der
  327. Parteien, die hier eine Abweichung von diesem allgemeinen Grundsatz
  328. (vgl. Senat, Urteile vom 29. Januar 2008 - XI ZR 160/07, WM 2008, 729,
  329. 731 f.
  330. Tz. 24,
  331. für
  332. BGHZ
  333. vorgesehen,
  334. und
  335. vom
  336. 11. März
  337. 2008
  338. - XI ZR 81/07, Urteilsumdruck, S. 6 Tz. 11) rechtfertigen könnten, sind
  339. nicht erkennbar. Auch bei einer Bürgschaft, die den Rückgewähranspruch des Erwerbers nach Rücktritt von einem Bauträgervertrag sichert,
  340. - 14 -
  341. ist dem Bürgen eine Durchsetzung seines Bürgschaftsanspruchs innerhalb der mit Fälligkeit des Rückforderungsanspruchs beginnenden Verjährungsfrist ohne weiteres zumutbar. Die bürgende Bank, die vom Rücktritt nicht zwingend informiert sein muss und auch über detaillierte
  342. Kenntnisse zur Höhe der verbürgten Erstattungsforderung nicht immer
  343. verfügen wird, hat das von dem Bürgen bei verständiger Sicht zu akzeptierende Interesse, dass mit einer Klärung ihrer möglichen Bürgenhaftung innerhalb der mit Fälligkeit der Hauptforderung beginnenden Verjährungsfrist zumindest begonnen wird.
  344. 29
  345. 3. Die Beklagte hat die Einrede der Verjährung nicht rechtsmissbräuchlich erhoben. Soweit die Revisionserwiderung diesen Vorwurf auf
  346. eine Erklärung der Beklagten zur Regelung der Freigabe des erworbenen
  347. Grundstücks aus der grundpfandrechtlichen Haftung gemäß § 3 MaBV
  348. stützen will, ist ein bedeutsamer rechtlicher Zusammenhang mit der Verjährung der Bürgschaftsverpflichtung weder dargetan noch ersichtlich.
  349. - 15 -
  350. IV.
  351. 30
  352. Nach alledem war das Berufungsurteil aufzuheben und die Klage
  353. der Kläger zu 3) und 4) abzuweisen.
  354. Nobbe
  355. Müller
  356. Mayen
  357. Joeres
  358. Maihold
  359. Vorinstanzen:
  360. LG Passau, Entscheidung vom 25.08.2006 - 4 O 269/06 OLG München, Entscheidung vom 06.03.2007 - 9 U 4639/06 -