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1 year ago
  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. IM NAMEN DES VOLKES
  3. URTEIL
  4. XI ZR 183/15
  5. Verkündet am:
  6. 24. Januar 2017
  7. Herrwerth,
  8. Justizangestellte
  9. als Urkundsbeamtin
  10. der Geschäftsstelle
  11. in dem Rechtsstreit
  12. Nachschlagewerk:
  13. ja
  14. BGHZ:
  15. nein
  16. BGHR:
  17. ja
  18. ZPO § 256 Abs. 1
  19. Zur Zulässigkeit einer Feststellungsklage, mit der der Verbraucher nach Widerruf seiner auf Abschluss des Verbraucherdarlehensvertrags gerichteten Willenserklärung die Umwandlung des Verbraucherdarlehensvertrags in ein Rückgewährschuldverhältnis geltend macht.
  20. BGB § 495 Abs. 1, §§ 355, 312d (Fassung bis zum 10. Juni 2010)
  21. Zu den Anforderungen des Deutlichkeitsgebots an die bei Abschluss eines Verbraucherdarlehensvertrags als eines Fernabsatzvertrags erteilte Widerrufsbelehrung.
  22. BGH, Urteil vom 24. Januar 2017 - XI ZR 183/15 - OLG Stuttgart
  23. LG Stuttgart
  24. ECLI:DE:BGH:2017:240117UXIZR183.15.0
  25. -2-
  26. Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
  27. vom 24. Januar 2017 durch den Vizepräsidenten Prof. Dr. Ellenberger, den
  28. Richter Dr. Joeres sowie die Richterinnen Dr. Menges, Dr. Derstadt und
  29. Dr. Dauber
  30. für Recht erkannt:
  31. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des 6. Zivilsenats des
  32. Oberlandesgerichts Stuttgart vom 14. April 2015 wird zurückgewiesen.
  33. Auf die Anschlussrevision der Kläger wird unter Zurückweisung
  34. des Rechtsmittels im Übrigen das vorbezeichnete Urteil im Kostenpunkt aufgehoben, soweit das Berufungsgericht über die Kosten des Rechtsstreits in erster Instanz erkannt hat.
  35. Das Urteil der 8. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart vom
  36. 28. März 2014 wird dahin abgeändert, dass die Kläger als Gesamtschuldner 81% und die Beklagte 19% der Kosten des
  37. Rechtsstreits erster Instanz tragen.
  38. Die Kosten des Revisionsverfahrens trägt die Beklagte.
  39. Von Rechts wegen
  40. -3-
  41. Tatbestand:
  42. 1
  43. Die Kläger verlangen die Feststellung, zwei Verbraucherdarlehensverträge seien aufgrund des von ihnen erklärten Widerrufs "beendet worden". Die
  44. Beklagte macht im Wege der Hilfswiderklage für den Fall des Erfolgs der Feststellungsklage die Rückzahlung eines Teils der Darlehensvaluta geltend.
  45. 2
  46. Die Kläger schlossen mit der Beklagten am 9. September 2009 und am
  47. 11. September 2009 im Wege des Fernabsatzes zwei Verbraucherdarlehensverträge über jeweils 100.000 €. Die Beklagte belehrte die Kläger über ihr Widerrufsrecht wie folgt:
  48. -4-
  49. -5-
  50. -6-
  51. 3
  52. Am 16. April 2013 widerriefen die Kläger ihre auf Abschluss der Darlehensverträge gerichteten Willenserklärungen.
  53. 4
  54. Das Landgericht hat der Feststellungsklage stattgegeben, die Klage auf
  55. Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten abgewiesen und auf die Hilfswiderklage die Kläger als Gesamtschuldner zur Zahlung der bisher noch nicht
  56. getilgten Darlehensvaluta - 183.799,14 € - verurteilt. Die Berufung der Beklagten, mit der sie das landgerichtliche Urteil angegriffen hat, soweit das Landgericht zu ihrem Nachteil erkannt hat, hat das Berufungsgericht zurückgewiesen.
  57. Zugleich hat es die Kostenentscheidung des Landgerichts dahin abgeändert,
  58. von den Kosten des Rechtsstreits in erster Instanz trügen der Kläger 86% und
  59. die Beklagte 14%. Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Begehren auf vollständige Abweisung der Klage weiter. Die Kläger
  60. erstreben mit der Anschlussrevision eine Änderung der ihnen nachteiligen Entscheidung über die Kosten des Rechtsstreits in erster Instanz.
  61. Entscheidungsgründe:
  62. A. Revision der Beklagten
  63. 5
  64. Die Revision der Beklagten hat keinen Erfolg.
  65. I.
  66. 6
  67. Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
  68. -7-
  69. 7
  70. Die Feststellungsklage der Kläger sei zulässig. Insbesondere verfügten
  71. die Kläger über das erforderliche Feststellungsinteresse. Eine "Verrechnung der
  72. wechselseitigen Ansprüche der Parteien" ergebe keinen Saldo zugunsten der
  73. Kläger, so dass ihnen eine Leistungsklage verschlossen sei. Im Übrigen sei im
  74. konkreten Fall zu erwarten, dass "bereits ein Feststellungsurteil zur endgültigen
  75. Streitbeilegung" führe.
  76. 8
  77. Den Klägern habe das Recht zugestanden, ihre auf Abschluss der Darlehensverträge gerichteten Willenserklärungen nach den für Verbraucherdarlehensverträge geltenden Regelungen zu widerrufen. Die Frist, innerhalb derer
  78. der Widerruf zu erklären gewesen sei, sei am 16. April 2013 auch noch nicht
  79. abgelaufen gewesen, weil die Beklagte die Kläger unzureichend über den Beginn der Widerrufsfrist unterrichtet habe. Die Beklagte habe den unzutreffenden
  80. Eindruck erweckt, soweit es für das Anlaufen der Frist auf den Vertragsschluss
  81. ankomme, sei der Tag, in den dieses Ereignis falle, bei der Fristberechnung
  82. mitzurechnen. Dies habe den für Fernabsatzverträge geltenden Vorgaben, die
  83. hier beachtlich gewesen seien, widersprochen. Auf die Gesetzlichkeitsfiktion
  84. des Musters für die Widerrufsbelehrung könne sich die Beklagte nicht berufen,
  85. da sie bei der Formulierung der Widerrufsbelehrungen vom Muster abgewichen
  86. sei. Ihr fortbestehendes Widerrufsrecht hätten die Kläger nicht rechtsmissbräuchlich ausgeübt.
  87. II.
  88. 9
  89. Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Überprüfung im Ergebnis
  90. stand.
  91. -8-
  92. 10
  93. 1. Zu Recht ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, die Feststellungsklage der Kläger sei zulässig.
  94. 11
  95. a) Grundsätzlich gilt allerdings, dass ein Kläger, der die Umwandlung eines Verbraucherdarlehensvertrags in ein Rückgewährschuldverhältnis geltend
  96. macht, vorrangig mit der Leistungsklage auf der Grundlage der § 357 Abs. 1
  97. Satz 1 BGB in der bis zum 12. Juni 2014 geltenden Fassung (künftig: a.F.) in
  98. Verbindung mit §§ 346 ff. BGB gegen die Beklagte vorgehen muss. Ist dem
  99. Kläger eine Klage auf Leistung möglich und zumutbar und erschöpft sie das
  100. Rechtsschutzziel, fehlt ihm, was auch in der Revisionsinstanz von Amts wegen
  101. zu prüfen ist (Senatsurteil vom 1. Juli 2014 - XI ZR 247/12, WM 2014, 1621
  102. Rn. 18; BGH, Urteile vom 8. Juli 1955 - I ZR 201/53, BGHZ 18, 98, 105 f. und
  103. vom 11. Oktober 1989 - IVa ZR 208/87, WM 1990, 243), das Feststellungsinteresse, weil er im Sinne einer besseren Rechtsschutzmöglichkeit den Streitstoff
  104. in einem Prozess klären kann.
  105. 12
  106. So verhält es sich im Regelfall, wenn die Klage auf die Feststellung zielt,
  107. dass sich ein Verbraucherdarlehensvertrag mit den aus § 357 Abs. 1 Satz 1
  108. BGB a.F. in Verbindung mit §§ 346 ff. BGB resultierenden Rechtsfolgen in ein
  109. Rückgewährschuldverhältnis umgewandelt hat:
  110. 13
  111. Eine Leistungsklage ist dem Kläger möglich. Dass eine "Saldierung" der
  112. aus § 357 Abs. 1 Satz 1 BGB a.F. in Verbindung mit §§ 346 ff. BGB resultierenden wechselseitigen Ansprüche regelmäßig nicht zu einem Überschuss
  113. zu Gunsten des Klägers führt, steht der Leistungsklage entgegen der Rechtsauffassung des Berufungsgerichts nicht entgegen. Wechselseitige Ansprüche
  114. nach § 357 Abs. 1 Satz 1 BGB a.F. in Verbindung mit §§ 346 ff. BGB unterliegen keiner automatischen Verrechnung (Senatsurteil vom 10. März 2009
  115. - XI ZR 33/08, BGHZ 180, 123 Rn. 19 f., Senatsbeschlüsse vom 22. September
  116. -9-
  117. 2015 - XI ZR 116/15, ZIP 2016, 109 Rn. 7 und vom 12. Januar 2016
  118. - XI ZR 366/15, WM 2016, 454 Rn. 16). Bis zur Aufrechnung hat der Kläger einen Zahlungsanspruch auf Rückgewähr der von ihm auf die Darlehensverträge
  119. erbrachten Leistungen, den er im Wege der Leistungsklage geltend machen
  120. kann.
  121. 14
  122. Eine Leistungsklage ist regelmäßig auch zumutbar. Dem Kläger ist die
  123. Ermittlung der von ihm erbrachten Leistungen, die er nach § 357 Abs. 1 Satz 1
  124. BGB a.F. in Verbindung mit §§ 346 ff. BGB zurückverlangen kann, ohne weiteres möglich. Entsprechend haben die Kläger im Zusammenhang mit der Begründung der Anschlussrevision ihre auf beide Darlehensverträge erbrachten
  125. Zins- und Tilgungsleistungen beziffert. Soweit ein Kläger daneben Nutzungsersatz auf von ihm erbrachte Zins- und Tilgungsleistungen beansprucht, kann er
  126. sich auf die widerlegliche Vermutung berufen, die Beklagte habe, sofern zu
  127. Gunsten des Klägers spiegelbildlich § 497 Abs. 1 Satz 2 BGB in der zwischen
  128. dem 1. August 2002 und dem 10. Juni 2010 geltenden Fassung Anwendung
  129. findet, Nutzungen in Höhe von zweieinhalb Prozentpunkten über dem Basiszinssatz und sonst Nutzungen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gezogen (Senatsurteil vom 12. Juli 2016 - XI ZR 564/15, WM 2016,
  130. 1930 Rn. 58, zur Veröffentlichung bestimmt in BGHZ). Einer aufwändigen Vorbereitung einer bezifferten Zahlungsklage bedarf es daher nicht.
  131. 15
  132. Eine Leistungsklage erschöpft schließlich regelmäßig das Feststellungsziel. Wie der Senat mit Beschluss vom 12. Januar 2016 (XI ZR 366/15,
  133. WM 2016, 454 Rn. 5 ff.) entschieden hat, deckt sich das Begehren, die Umwandlung eines Verbraucherdarlehensvertrags in ein Rückgewährschuldverhältnis feststellen zu lassen, in Fällen wie dem vorliegenden, dem kein verbundener Vertrag zugrunde liegt, wirtschaftlich mit dem Interesse an der Rückgewähr der auf den Verbraucherdarlehensvertrag erbrachten Leistungen. Nur auf
  134. - 10 -
  135. den Austausch dieser Leistungen ist das Rückgewährschuldverhältnis gerichtet.
  136. Es unterscheidet sich darin maßgeblich vom Verbraucherdarlehensvertrag
  137. selbst, der als Dauerschuldverhältnis eine Vielzahl in die Zukunft gerichteter
  138. Pflichten statuiert, die durch den Austausch von Zahlungen nicht vollständig
  139. abgebildet werden können. Deshalb geht das Feststellungsinteresse des Klägers wirtschaftlich in einer auf § 357 Abs. 1 Satz 1 BGB a.F. in Verbindung mit
  140. §§ 346 ff. BGB gestützten Leistungsklage vollständig auf. Darin liegt der maßgebliche Unterschied zu den Fallkonstellationen, die Gegenstand früherer Entscheidungen des Senats (Senatsurteile vom 27. Mai 2008 - XI ZR 132/07,
  141. WM 2008, 1260 Rn. 48 f. und vom 15. Dezember 2009 - XI ZR 110/09,
  142. WM 2010, 331 Rn. 10) und des XII. Zivilsenats auf dem Gebiet des gewerblichen Mietrechts (BGH, Urteile vom 7. Mai 2008 - XII ZR 69/06, BGHZ 176, 301
  143. Rn. 37 und vom 3. Juli 2002 - XII ZR 234/99, NJW-RR 2002, 1377, 1378) waren
  144. und in denen die dortigen Kläger die Feststellung des Fortbestands des Dauerschuldverhältnisses begehrten.
  145. 16
  146. b) Hier ist die Feststellungsklage allerdings abweichend von der Regel
  147. ausnahmsweise zulässig, weil im konkreten Fall gesichert ist, dass der Rechtsstreit die Meinungsverschiedenheiten der Parteien endgültig bereinigt (vgl. Senatsurteile vom 27. Juni 1995 - XI ZR 8/94, BGHZ 130, 115, 119 f., vom
  148. 30. April
  149. 1991
  150. - XI ZR 223/90,
  151. WM 1991,
  152. 1115,
  153. vom
  154. 30. Mai
  155. 1995
  156. - XI ZR 78/94, WM 1995, 1219, 1220, insoweit in BGHZ 130, 59 nicht abgedruckt, und vom 5. Dezember 1995 - XI ZR 70/95, WM 1996, 104). Die Beklagte hat mit ihrer Hilfswiderklage eine Abrechnung vorgenommen, gegen die die
  157. Kläger vor dem Landgericht sachlich nichts erinnert haben. Damit ist zu erwarten, dass ein dem Feststellungsantrag rechtskräftig stattgebendes Erkenntnis
  158. zu einer endgültigen Klärung sämtlicher Streitpunkte führen wird.
  159. - 11 -
  160. 17
  161. c) Da die Kläger, was ihrem Antrag durch Auslegung zu entnehmen ist,
  162. mit der Feststellung der Umwandlung der Verbraucherdarlehensverträge in
  163. Rückgewährschuldverhältnisse der Sache nach die Feststellung des Bestehens
  164. von Leistungspflichten nach § 357 Abs. 1 Satz 1 BGB a.F. in Verbindung mit
  165. §§ 346 ff. BGB zum Gegenstand ihrer Feststellungsklage gemacht haben, ist
  166. sie auch nicht deshalb unzulässig, weil die Kläger die Wirksamkeit des Widerrufs als eine nicht feststellungsfähige bloße Vorfrage geklärt sehen wollten (vgl.
  167. dazu Senatsbeschlüsse vom 14. Oktober 2008 - XI ZR 173/07, - XI ZR 248/07
  168. und - XI ZR 260/07, juris).
  169. 18
  170. 2. Ebenfalls im Ergebnis richtig hat das Berufungsgericht angenommen,
  171. die Beklagte habe die Kläger fehlerhaft über ihr Widerrufsrecht belehrt, so dass
  172. bei Erklärung des Widerrufs die Widerrufsfrist noch nicht abgelaufen gewesen
  173. sei.
  174. 19
  175. a) Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, den Klägern
  176. habe nach § 495 Abs. 1 BGB in Verbindung mit § 355 BGB in der zwischen
  177. dem 8. Dezember 2004 und dem 10. Juni 2010 geltenden Fassung (künftig:
  178. a.F.) und Art. 229 § 22 Abs. 2, §§ 32 und 38 EGBGB ein Widerrufsrecht zugestanden, über das die Kläger gemäß § 355 BGB a.F. und ergänzend nach den
  179. Vorgaben für Fernabsatzverträge zu belehren gewesen seien.
  180. 20
  181. b) Die Annahme des Berufungsgerichts, die Beklagte habe den gesetzlichen Anforderungen an die inhaltliche Ausgestaltung der Widerrufsbelehrungen
  182. nicht genügt, hält rechtlicher Überprüfung im Ergebnis stand.
  183. 21
  184. aa) Freilich hat die Beklagte die Kläger entgegen der Rechtsauffassung
  185. des Berufungsgerichts über die Voraussetzungen, von denen der Beginn der
  186. Widerrufsfrist abhing, richtig belehrt.
  187. - 12 -
  188. 22
  189. (1) Die Widerrufsbelehrungen genügten § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB a.F.
  190. Anders als von der Revisionserwiderung eingewandt, machten sie schon durch
  191. den Zusatz "in Textform mitgeteilt wurden" am Ende der Auflistung nach den
  192. Worten "Die Frist beginnt einen Tag, nachdem Ihnen" deutlich, dass das Anlaufen der Widerrufsfrist die Erteilung auch der Widerrufsbelehrung in Textform
  193. voraussetzte. Im Übrigen ergab sich dies aus ihrer Verschriftlichung bei gleichzeitigem Verweis auf die Erteilung eines Exemplars "dieser Widerrufsbelehrung". Mit der Widerrufsbelehrung, die Gegenstand des von der Revisionserwiderung als Beleg für ihre Auffassung angeführten Urteils des VIII. Zivilsenats
  194. vom 9. Dezember 2009 (VIII ZR 219/08, WM 2010, 721 Rn. 14) war, ist die von
  195. der Beklagten erteilte Widerrufsbelehrung nicht vergleichbar.
  196. 23
  197. (2) Außerdem teilten die Widerrufsbelehrungen die weiteren Bedingungen des § 355 Abs. 2 Satz 3 BGB a.F. und des § 312d Abs. 2 und 5 Satz 2
  198. BGB in der zwischen dem 4. August 2009 und dem 10. Juni 2010 geltenden
  199. Fassung (künftig: a.F.) für das Anlaufen der Widerrufsfrist hinreichend deutlich
  200. mit.
  201. 24
  202. Der Verweis auf § 312c Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BGB in der hier maßgeblichen, zwischen dem 8. Dezember 2004 und dem 10. Juni 2010 geltenden
  203. Fassung (künftig: a.F.) und auf § 1 BGB-InfoV in der zwischen dem
  204. 8. Dezember 2004 und dem 10. Juni 2010 geltenden Fassung (künftig: a.F.)
  205. umschrieb hinreichend deutlich die Voraussetzungen, von denen nach § 312d
  206. Abs. 2 und 5 Satz 2 BGB a.F. das Anlaufen der Widerrufsfrist außerdem abhängig war. Eine Verweisung auf eine konkret bezeichnete gesetzliche Vorschrift stellt, wenn der Gesetzestext - wie hier das Bürgerliche Gesetzbuch und
  207. die BGB-Informationspflichten-Verordnung - für jedermann ohne weiteres zugänglich ist, keinen Verstoß gegen das Deutlichkeitsgebot dar, sondern dient im
  208. Gegenteil der Verständlichkeit, Übersichtlichkeit und Vollständigkeit der Beleh-
  209. - 13 -
  210. rung (Senatsurteil vom 22. November 2016 - XI ZR 434/15, Umdruck Rn. 19,
  211. zur Veröffentlichung bestimmt in BGHZ).
  212. 25
  213. Entgegen den Einwänden der Revisionserwiderung machten die von der
  214. Beklagten erteilten Widerrufsbelehrungen auch hinreichend klar, das Anlaufen
  215. der Widerrufsfrist hänge von der Mitteilung der Vertragsbedingungen einschließlich der Allgemeinen Geschäftsbedingungen nach § 312c Abs. 2 Satz 1
  216. BGB a.F. in Textform ab. Insoweit genügten die Angaben in der Auflistung unter
  217. der Überschrift "Widerrufsrecht", das Anlaufen der Widerrufsfrist setze die Mitteilung einer Vertragsurkunde, des schriftlichen Darlehensantrags des Verbrauchers oder einer Abschrift der Vertragsurkunde oder des Darlehensantrags des
  218. Verbrauchers und der für den Vertrag geltenden Allgemeinen Geschäftsbedingungen in Textform voraus. Damit waren die "Vertragsbestimmungen einschließlich der Allgemeinen Geschäftsbedingungen" im Sinne des § 312c
  219. Abs. 2 Satz 1 BGB a.F. ausreichend bezeichnet.
  220. 26
  221. (3) Entgegen der von der Revisionserwiderung geteilten Rechtsmeinung
  222. des Berufungsgerichts verunklarte schließlich auch die Kombination des am
  223. Wortlaut des § 312d Abs. 2 BGB a.F. orientierten Zusatzes, die Frist beginne
  224. nicht "vor dem Tag des Abschlusses des Darlehensvertrags", mit der Einleitung
  225. "Die Frist beginnt einen Tag, nachdem …" den Fristbeginn nicht. Auch in ihrer
  226. Kombination erweckten beide Angaben nicht den - unzutreffenden - Eindruck,
  227. im Falle der Abgabe und des Zugangs von Antrag und Annahme am selben,
  228. der Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen nachfolgenden Tag sei die Widerrufsfrist nicht nach § 187 Abs. 1 BGB, sondern nach § 187 Abs. 2 BGB zu berechnen (a.A. Buchmann, K&R 2008, 12, 14).
  229. 27
  230. bb) Überdies gaben die - nur in der Widerrufsbelehrung zum Darlehensvertrag Nr.
  231. vor die Unterschriftszeile der Darlehensnehmer gesetz-
  232. - 14 -
  233. ten - Hinweise der Beklagten zum Widerrufsrecht mehrerer Darlehensnehmer
  234. und - unter der Unterschriftszeile - zu den Folgen des Widerrufs nur eines Darlehensnehmers die Rechtslage korrekt wieder (Senatsurteil vom 11. Oktober
  235. 2016 - XI ZR 482/15, WM 2016, 2295 Rn. 13 ff., zur Veröffentlichung bestimmt
  236. in BGHZ).
  237. 28
  238. cc) Indessen belehrte die Beklagte die Kläger, was der Senat nach den
  239. Grundsätzen der objektiven Auslegung selbst bestimmen kann (Senatsurteile
  240. vom 12. Juli 2016 - XI ZR 564/15, WM 2016, 1930 Rn. 15 und vom 11. Oktober
  241. 2016 - XI ZR 482/15, WM 2016, 2295 Rn. 12), undeutlich über die Rechtsfolgen
  242. des Widerrufs.
  243. 29
  244. (1) Weil die Verbraucherdarlehensverträge zwischen den Parteien als
  245. Fernabsatzverträge zustande kamen, traf die Beklagte trotz des Vorrangs des
  246. Widerrufsrechts nach § 495 Abs. 1 BGB vor dem Widerrufsrecht nach § 312d
  247. Abs. 1 Satz 1 BGB a.F. gemäß § 312d Abs. 2 und 5 Satz 2, § 312c Abs. 2
  248. Satz 1 Nr. 1 BGB a.F. und § 1 Abs. 1 Nr. 10 BGB-InfoV a.F. die damals noch
  249. geltende fernabsatzrechtliche Verpflichtung, ihre Vertragspartner auch über die
  250. Rechtsfolgen des Widerrufs zu belehren. Dazu gehörten auch die - systematisch § 357 Abs. 1 Satz 1 BGB a.F. zugehörigen - Modifikationen bei der Wertersatzpflicht nach § 312d Abs. 6 BGB a.F.
  251. 30
  252. (2) Hätte es die Beklagte - wie unter der Überschrift "Widerrufsfolgen"
  253. geschehen - dabei bewenden belassen, die Kläger über die Widerrufsfolgen in
  254. Übernahme der Wendungen der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV in
  255. der hier maßgeblichen, zwischen dem 4. August 2009 und dem 10. Juni 2010
  256. geltenden Fassung (künftig: a.F.) zu unterrichten, hätte ihre Widerrufsbelehrung
  257. - anders als von der Revisionserwiderung behauptet - den gesetzlichen Vorgaben genügt. Dem mit Art. 3 Nr. 1 des Gesetzes zur Änderung der Vorschriften
  258. - 15 -
  259. über Fernabsatzverträge bei Finanzdienstleistungen vom 2. Dezember 2004
  260. (BGBl. I S. 3102) so wie hier maßgeblich gefassten § 1 Abs. 4 Satz 2 BGBInfoV a.F. war zu entnehmen, der Verordnungsgeber (vgl. BVerfGE 114, 196,
  261. 235 ff.; 303, 311 ff.) erachte die von ihm selbst und damit auf gleicher Rangstufe eingeführte Verpflichtung zur Belehrung über die Widerrufsfolgen als erfüllt,
  262. wenn der Unternehmer das Muster für die Widerrufsbelehrung gemäß der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV a.F. verwende. Ausweislich der Begründung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung der Vorschriften über Fernabsatzverträge bei Finanzdienstleistungen (BT-Drucks. 15/2946, S. 27) sollte der
  263. in den Gestaltungshinweis (6) des Musters übernommene Satz "Dies kann dazu
  264. führen, dass Sie die vertraglichen Zahlungsverpflichtungen für den Zeitraum bis
  265. zum Widerruf gleichwohl erfüllen müssen" den Vorgaben des § 312d Abs. 6
  266. BGB a.F. Rechnung tragen (vgl. Dörrie, ZBB 2005, 121, 133 f.; kritisch zu Gestaltungshinweis [6] Mohrhauser, Der Fernabsatz von Finanzdienstleistungen
  267. an Verbraucher, 2006, S. 65 Fn. 285; Rott, BB 2005, 53, 57 f.). Entsprechend
  268. genügte der Unternehmer seinen Belehrungspflichten ohne Rücksicht auf das
  269. Eingreifen der Gesetzlichkeitsfiktion des Musters für die Widerrufsbelehrung
  270. auch dann, wenn er zu den Widerrufsfolgen die Formulierungen des Musters
  271. übernahm (vgl. Senatsbeschluss vom 27. September 2016 - XI ZR 309/15,
  272. WM 2016, 2215 Rn. 9).
  273. 31
  274. (3) Die Beklagte hat aber, was die Revisionserwiderung richtig hervorhebt, durch den Zusatz nach der Überschrift "Verpflichtung zur Zahlung von
  275. Zinsen und Entgelten bei Vertragsausführung vor Ablauf der Widerrufsfrist" die
  276. bis dahin klare Belehrung über die Widerrufsfolgen verunklart. Sie hat von den
  277. zwei Voraussetzungen, von denen nach § 312d Abs. 6 BGB a.F. die Verpflichtung zur Leistung von Wertersatz abhing, nur eine bezeichnet. Nach § 312d
  278. Abs. 6 BGB a.F. hatte der Verbraucher abweichend von § 357 Abs. 1 Satz 1
  279. BGB a.F. (dazu Greenwood, Der Verbraucherschutz beim Fernabsatz von Fi-
  280. - 16 -
  281. nanzdienstleistungen, 2013, S. 218; Knöfel, ZGS 2004, 182, 185; außerdem
  282. Hartmann, CR 2010, 371, 377) Wertersatz für die erbrachte (Finanz-) Dienstleistung nach den Vorschriften über den gesetzlichen Rücktritt nur zu leisten,
  283. wenn er vor Abgabe seiner Vertragserklärung auf diese Rechtsfolge hingewiesen worden war und wenn er ausdrücklich zugestimmt hatte, dass der Unternehmer vor Ende der Widerrufsfrist mit der Ausführung der Dienstleistung beginne. Der Zusatz in der Widerrufsbelehrung der Beklagten erweckte demgegenüber den Eindruck, es genüge für die Wertersatzpflicht, wenn der Verbraucher ausdrücklich zustimme, dass die Beklagte "mit der Ausführung des Vertrags vor Ablauf der Widerrufsfrist" beginne. Der Zusatz war damit nicht nur unvollständig, sondern außerdem, weil er suggerierte, die Wertersatzpflicht hänge
  284. von geringeren Anforderungen ab als gesetzlich vorgesehen, zusätzlich geeignet, den Verbraucher von der Ausübung des Widerrufsrechts abzuhalten (vgl.
  285. Senatsurteil vom 23. Juni 2009 - XI ZR 156/08, WM 2009, 1497 Rn. 17).
  286. 32
  287. c) Das Berufungsgericht hat entgegen den Angriffen der Revision treffend erkannt, dass sich die Beklagte auf die Gesetzlichkeitsfiktion des Musters
  288. für die Widerrufsbelehrung gemäß § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV in der bis zum
  289. 10. Juni 2010 geltenden Fassung nicht berufen kann, weil sie in erheblicher
  290. Weise von dem Muster abgewichen ist (Senatsurteil vom 12. Juli 2016
  291. - XI ZR 564/15, WM 2016, 1930 Rn. 22 ff.).
  292. 33
  293. d) Auf die Kausalität des Belehrungsfehlers für das Unterbleiben des Widerrufs kommt es nicht an. Entscheidend ist nur, ob die Belehrung durch ihre
  294. missverständliche Fassung objektiv geeignet ist, den Verbraucher von der Ausübung seines Widerrufsrechts abzuhalten (Senatsurteile vom 12. Juli 2016
  295. - XI ZR 564/15,
  296. WM 2016,
  297. 1930
  298. Rn. 26
  299. - XI ZR 482/15, WM 2016, 2295 Rn. 23).
  300. und
  301. vom
  302. 11. Oktober
  303. 2016
  304. - 17 -
  305. 34
  306. 3. Die Erwägungen, die das Berufungsgericht zu einer rechtsmissbräuchlichen Ausübung des Widerrufsrechts angestellt hat, sind revisionsrechtlich
  307. nicht zu beanstanden (vgl. Senatsurteil vom 12. Juli 2016 - XI ZR 564/15,
  308. WM 2016, 1930 Rn. 42 ff.).
  309. B. Anschlussrevision der Kläger
  310. 35
  311. Die Anschlussrevision der Kläger, die sich gegen die vom Berufungsgericht getroffene Entscheidung über die Verteilung der Kosten der ersten Instanz
  312. richtet, hat teilweise Erfolg. Eine Anschließung, die sich allein auf den Kostenpunkt beschränkt, ist zwar nicht erforderlich, gleichwohl aber zulässig (vgl.
  313. BGH, Urteil vom 27. Juni 1955 - II ZR 232/54, BGHZ 17, 392, 397 f.; BFHE 102,
  314. 563, 566 f.). Sie führt hier zum einen - den Klägern günstig - zu einer Korrektur
  315. der Kostenquote gemäß dem Obsiegen und Unterliegen der Parteien. Dabei
  316. bemisst der Senat den Wert der Klage gemäß den Grundsätzen des Senatsbeschlusses vom 12. Januar 2016 (XI ZR 366/15, WM 2016, 454 Rn. 5 ff.) mit
  317. 42.546,60 € statt wie das Berufungsgericht mit 29.000 €. Da das Landgericht
  318. die Kläger auf die Widerklage als Gesamtschuldner verurteilt hat, haften sie
  319. zum anderen gemäß § 100 Abs. 4 Satz 1 ZPO auch für die Kostenerstattung
  320. - 18 -
  321. als Gesamtschuldner (vgl. BAG, Urteil vom 10. Mai 2016 - 9 AZR 434/15, juris
  322. Rn. 48) und nicht nur - wie von der Anschlussrevision beantragt - nach Kopfteilen. Weil für die Korrektur der Kostenentscheidung das Verbot der Verschlechterung nicht gilt (BGH, Urteil vom 14. Juli 1981 - VI ZR 35/79, MDR 1981, 928),
  323. die in der gesamtschuldnerischen Haftung anstelle einer Haftung nach Kopfteilen liegt (vgl. BGH, Beschluss vom 27. Januar 2011 - V ZB 255/10, NJWRR 2011, 588 Rn. 6), kann der Senat auf eine Haftung der Kläger nach § 100
  324. Abs. 4 Satz 1 ZPO und nicht nur nach § 100 Abs. 1 ZPO erkennen.
  325. Ellenberger
  326. Joeres
  327. Derstadt
  328. Menges
  329. Dauber
  330. Vorinstanzen:
  331. LG Stuttgart, Entscheidung vom 28.03.2014 - 8 O 545/13 OLG Stuttgart, Entscheidung vom 14.04.2015 - 6 U 66/14 -