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688 lines
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1 year ago
  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. IM NAMEN DES VOLKES
  3. URTEIL
  4. X ZR 117/13
  5. Verkündet am:
  6. 20. Oktober 2015
  7. Hartmann
  8. Justizangestellte
  9. als Urkundsbeamtin
  10. der Geschäftsstelle
  11. in der Patentnichtigkeitssache
  12. -2-
  13. Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
  14. vom
  15. 20.
  16. Oktober
  17. 2015
  18. durch
  19. den
  20. Vorsitzenden
  21. Richter
  22. Prof.
  23. Dr. Meier-Beck, die Richter Gröning, Dr. Grabinski und Dr. Deichfuß sowie die
  24. Richterin Dr. Kober-Dehm
  25. für Recht erkannt:
  26. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des 5. Senats
  27. (Nichtigkeitssenats) des Bundespatentgerichts vom 15. Mai 2013
  28. abgeändert.
  29. Die Klage wird abgewiesen.
  30. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
  31. Von Rechts wegen
  32. -3-
  33. Tatbestand:
  34. 1
  35. Die Beklagte ist Inhaberin des deutschen Patents 198 60 756 (Streitpatents), das am 23. Dezember 1998 angemeldet worden ist. Nach Abschluss
  36. eines Einspruchsverfahrens lautet Patentanspruch 1, dem neun weitere Ansprüche unmittelbar oder mittelbar nachgeordnet sind, wie folgt:
  37. "Verfahren zur Übertragung von Rückkanal-Daten in einer Ebene7-Verbindung gemäß dem OSI-Referenzmodell (L7-Verbindung)
  38. zwischen einem Endgerät und einem Server des Paketvermittlungsnetzes, zumindest auf einer Teilstrecke des Rückkanals
  39. wahlweise schmalbandig über das Paketvermittlungsnetz und
  40. POTS/ISDN-Leitungen oder breitbandig über einen BreitbandRückkanal, mit folgenden Schritten:
  41. a) Aufbau einer L7-Verbindung zwischen dem Endgerät (1) und
  42. dem Server (4) über das Paketvermittlungsnetz (3),
  43. b) schmalbandiges Übertragen von Rückkanal-Daten vom Server
  44. (4) zum Endgerät (1), wobei die Daten vom Server zu einem
  45. Switch (5), vom Switch (5) über das Paketvermittlungsnetz zu
  46. einem Einwählknoten (31) des Endgeräts (1) in das Paketvermittlungsnetz und vom Einwählknoten (31) an das Endgerät (1)
  47. übertragen werden, und wobei der Switch (5) kein Einwählknoten in das Paketvermittlungsnetz ist,
  48. c) wiederholtes Prüfen beim Switch (5), der Teil des Paketvermittlungsnetzes (3) ist oder zu diesem Zugang hat, ob ein durch ein
  49. Netzwerkmanagement ausgelöstes Steuersignal zum Übergang
  50. auf eine Rückkanal-Datenübertragung via Breitband-Rückkanal
  51. bis zum Endgerät vorliegt,
  52. d) Zuschalten einer Übertragung via Breitband-Rückkanal während der bestehenden L7-Verbindung bei Vorliegen eines entsprechenden Steuersignals, wobei die Rückkanal-Daten zunächst breitbandig vom Server (4) zum Switch (5) übertragen
  53. und dann vom Switch (5) auf den Breitband-Rückkanal bis zum
  54. Endgerät gegeben werden, und ohne dass die auf den Breit-
  55. -4-
  56. band-Rückkanal gegebenen Daten auf ihrem Weg zum Endgerät den Einwählknoten (31) in das Paketvermittlungsnetz durchlaufen,
  57. e) Zurückwechseln auf eine schmalbandige Übertragung der
  58. Rückkanal-Daten, sofern ein entsprechendes weiteres Steuersignal des Netzwerkmanagements vorliegt, wobei
  59. f) eine L7-Verbindung zwischen dem Endgerät (1) und dem Server (4) stets unter Zwischenschaltung des Switches (5) hergestellt wird, insbesondere Daten vom Endgerät zum Server und
  60. vom Server zum Endgerät unter Zwischenschaltung des Switches übertragen werden,
  61. g) allein der Switch (5) prüft, ob ein durch ein Netzwerkmanagement ausgelöstes Steuersignal zum Übergang auf eine Rückkanal-Datenübertragung via Breitband-Rückkanal vorliegt, und
  62. wobei
  63. h) das Paketvermittlungsnetz das Internet ist."
  64. Die Klägerin macht mit ihrer Nichtigkeitsklage geltend, der Gegenstand
  65. 2
  66. des Streitpatents sei nicht patentfähig. Die Beklagte hat das Streitpatent in der
  67. Fassung, die es im Einspruchsverfahren erhalten hat, und hilfsweise mit zwei
  68. geänderten Anspruchssätzen verteidigt. Das Patentgericht hat das Streitpatent
  69. für nichtig erklärt. Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten, der die
  70. Klägerin entgegentritt.
  71. -5-
  72. Entscheidungsgründe:
  73. 3
  74. Die zulässige Berufung führt zur Abweisung der Klage.
  75. 4
  76. I. Das Streitpatent betrifft ein Verfahren zur Übertragung von RückkanalDaten in einer Verbindung auf Ebene 7 des OSI-Referenzmodells (OSI = Open
  77. Systems Interconnection) zwischen einem Endgerät und einem Server in einem
  78. Paketvermittlungsnetz.
  79. 5
  80. 1. Nach den Ausführungen in der Streitpatentschrift soll die Übertragung
  81. der Daten dabei wahlweise schmalbandig, also mit geringem Datendurchsatz,
  82. etwa über POTS- oder ISDN-Leitungen (POTS = Plain Old Telephony System,
  83. ISDN = Integrated Services Digital Network), oder breitbandig mit hohem Datendurchsatz erfolgen können. Die Patentschrift führt dazu aus, dass für eine
  84. breitbandige Übertragung inzwischen vielfach Satelliten eingesetzt werden,
  85. über die ein schnelles Herunterladen von Daten aus dem Internet möglich ist.
  86. Als andere breitbandige Übertragungstechnik sind Verbindungen mittels ADSLTechnik (Assymetric Digital Subscriber Line) bekannt.
  87. 6
  88. 2. Das technische Problem besteht vor diesem Hintergrund darin, eine
  89. den Bedürfnisses des Nutzers angepasste, flexible Nutzung der unterschiedlichen Übertragungsarten zu ermöglichen.
  90. 7
  91. 3. Zur Lösung dieses Problems schlägt das Streitpatent ein Verfahren mit
  92. folgenden Merkmalen vor (Merkmalsgliederung des Patentgerichts in eckigen
  93. Klammern):
  94. 1. Verfahren zur Übertragung von Rückkanaldaten in einer Ebene-7-Verbindung gemäß dem OSI-Referenzmodell (L7Verbindung) zwischen einem Endgerät und einem Server des
  95. als Paketvermittlungsnetz dienenden Internets [1.1] [1.3.h].
  96. -6-
  97. 2. Die Übertragung erfolgt zumindest auf einer Teilstrecke des
  98. Rückkanals wahlweise
  99. a) schmalbandig über
  100. Leitungen oder
  101. das
  102. Internet
  103. und
  104. POTS/ISDN-
  105. b) breitbandig über einen Breitbandrückkanal [1.2].
  106. 3. Die Herstellung der L7-Verbindung zwischen dem Endgerät
  107. (1) und dem Server (4) erfolgt stets unter Zwischenschaltung
  108. eines Switches (5),
  109. a) der Teil des Internets ist oder zu diesem Zugang hat
  110. [1.3.c.3],
  111. b) der kein Internet-Einwählknoten ist [1.3.b.5] und
  112. c) über den insbesondere die Daten vom Endgerät zum Server und vom Server zum Endgerät übertragen werden
  113. [1.3.f].
  114. 4. Das Verfahren weist folgende Schritte auf:
  115. 4.1. Aufbau einer L7-Verbindung zwischen dem Endgerät (1)
  116. und dem Server (4) über das Internet (3) [1.3.a];
  117. 4.2. Schmalbandiges Übertragen von Rückkanaldaten vom
  118. Server (4) zum Endgerät (1) [1.3.b.1], indem die Daten
  119. übertragen werden:
  120. a) vom Server zum Switch (5) [1.3.b.2],
  121. b) vom Switch (5) über das Internet zu einem InternetEinwählknoten (31) des Endgeräts (1) [1.3.b.3] und
  122. c) vom Einwählknoten (31) an das Endgerät (1) [1.3.b.4];
  123. 4.3. Wiederholtes Prüfen allein beim Switch (5), ob ein durch
  124. ein Netzwerkmanagement ausgelöstes Steuersignal zum
  125. Übergang auf eine Rückkanal-Datenübertragung via
  126. Breitbandrückkanal bis zum Endgerät vorliegt [1.3.c.1,
  127. 1.3.c.2 und 1.3.g];
  128. 4.4. Zuschalten einer Übertragung via Breitbandrückkanal
  129. während der bestehenden L7-Verbindung bei einem entsprechenden Steuersignal [1.3.d.1 und 1.3.d.2], indem
  130. -7-
  131. a) die Rückkanaldaten zunächst breitbandig vom Server
  132. (4) zum Switch (5) übertragen werden [1.3.d.3]
  133. b) und dann vom Switch (5) auf den Breitbandrückkanal
  134. bis zum Endgerät gegeben werden [1.3.d.4],
  135. c) ohne auf ihrem Weg zum Endgerät den InternetEinwählknoten (31) zu durchlaufen [1.3.d.5];
  136. 4.5. Zurückwechseln auf eine schmalbandige Übertragung
  137. der Rückkanaldaten, sofern ein entsprechendes weiteres
  138. Steuersignal des Netzwerkmanagements vorliegt [1.3.e].
  139. 8
  140. 4. Einige Merkmale bedürfen der Erläuterung:
  141. 9
  142. a) Patentanspruch 1 betrifft nach Merkmal 1 eine Verbindung auf Ebene 7 des OSI-Referenzmodells (L7-Verbindung) zwischen einem Endgerät und
  143. einem Server des Paketvermittlungsnetzes. Das Merkmal nimmt damit Bezug
  144. auf das OSI-Modell, eines der gängigen Modelle zur Darstellung der verschiedenen Schichten einer Kommunikation in einem Paketvermittlungsnetz. Nach
  145. diesem Modell ist die Kommunikation in sieben übereinander gelagerte Schichten aufgeteilt. Die jeweils darunter liegende Schicht stellt Dienste zur Verfügung, die in der darüber liegenden Schicht genutzt werden können. Die Ebene 7 ist die oberste Schicht, die als application layer oder Anwendungsschicht
  146. bezeichnet wird. Hier werden die Funktionen bereitgestellt, die dem Nutzer, typischerweise einem Menschen, die übermittelten Daten anwendbar zur Verfügung stellen, sie etwa auf dem Bildschirm darstellen. Eine solche L7Verbindung besteht beispielsweise zwischen einem Server des Internets und
  147. einem Personal-Computer eines Nutzers. Der Nutzer stellt über das Endgerät
  148. eine Verbindung zu einem Server des Internets her, um von dort Daten zu erhalten.
  149. 10
  150. Das Verfahren befasst sich mit der Übertragung von Rückkanal-Daten in
  151. einer L7-Verbindung, also der Übertragung von Daten vom Server zum Endgerät, nicht in die Gegenrichtung (Hinkanal).
  152. -8-
  153. 11
  154. b) Nach Merkmal 1 und Merkmal 2 geht es, wie das Patentgericht zutreffend angenommen hat, um die Übertragung von Daten, die eine bestimmte Anwendung betreffen, im Rückkanal einer L7-Verbindung. Das Streitpatent nimmt
  155. von vornherein nur die Übertragung von Rückkanal-Daten in einer bestimmten
  156. Anwendung in den Blick, etwa in einer Streaming- oder einer E-MailAnwendung, und zielt darauf, eine Übertragung von Rückkanal-Daten für diese
  157. bestimmte Anwendung zu ermöglichen, die wahlweise entweder nur schmalbandig oder aber schmal- und breitbandig erfolgt. Es befasst sich dagegen nicht
  158. mit der Frage, mit welcher Bandbreite die Daten in mehreren, gleichzeitig bestehenden L7-Verbindungen übertragen werden. Für dieses Verständnis von
  159. Patentanspruch 1 spricht auch, dass in den weiteren Merkmalen bei Nennung
  160. von Endgerät und Server stets der bestimmte Artikel verwendet wird. In die
  161. gleiche Richtung weisen etwa Absätze 34 und 35 der Beschreibung, in denen
  162. es darum geht, auf welche Weise bestimmte Daten von einem (bestimmten)
  163. Internet-Server heruntergeladen werden können.
  164. 12
  165. c) Die Übertragung der Rückkanal-Daten erfolgt nach Merkmal 2 zumindest auf einer Teilstrecke des Rückkanals wahlweise schmalbandig oder breitbandig. Das Verfahren setzt damit voraus, dass zwischen dem Server und dem
  166. Endgerät beide Verbindungsarten hergestellt werden können.
  167. 13
  168. d) Die Daten werden im Rückkanal nach dem beanspruchten Verfahren
  169. grundsätzlich zunächst schmalbandig auf dem in Merkmal 4.2 näher beschriebenen Weg übertragen. Unter bestimmten Voraussetzungen wird jedoch eine
  170. breitbandige Übertragung während der bestehenden L7-Verbindung zugeschaltet (Merkmal 4.4). Mit dem Begriff des Zuschaltens grenzt das Streitpatent das
  171. unter Schutz gestellte Verfahren von einem Wechsel des Übertragungswegs
  172. ab, der, wie in Absatz 31 der Beschreibung ausdrücklich vermerkt ist, nicht beansprucht wird. Der schmalbandige Übertragungsweg im Rückkanal bleibt also
  173. während des Bestehens der L7-Verbindung stets erhalten (siehe auch Absät-
  174. -9-
  175. ze 16 und 48 der Beschreibung), wird jedoch bei Vorliegen eines entsprechenden Steuersignals durch das Zuschalten einer Übertragung via BreitbandRückkanal ergänzt. Die Zuschaltung des breitbandigen Rückkanals ermöglicht
  176. es, in kurzer Zeit große Datenmengen vom Server zum Endgerät zu übertragen.
  177. 14
  178. Entgegen der von der Klägerin erstmals in der mündlichen Verhandlung
  179. vor dem Senat vertretenen Auffassung kann der Umstand, dass die zuvor auf
  180. einer Verbindung mit längerer Laufzeit versandten Datenpakete möglicherweise
  181. ihren Empfänger noch nicht erreicht haben, während nachfolgend schon weitere Datenpakete auf einer anderen Verbindung auf den Weg gebracht worden
  182. sind, nicht ausreichen, um ein Zuschalten im Sinne des Streitpatents anzunehmen. Hierbei handelt es sich lediglich um eine kurzfristig auftretende Folge eines Wechsels der Verbindungsart.
  183. 15
  184. Soweit in Merkmal 4.3 von einem "Übergang" auf eine RückkanalDatenübertragung via Breitband-Rückkanal die Rede ist, folgt aus dem erläuterten Verständnis von Merkmal 4.4, dass damit kein Wechsel des Übertragungswegs, sondern lediglich das Zuschalten des breitbandigen Übertragungswegs
  185. gemeint ist.
  186. 16
  187. e) Das Steuersignal, auf welches hin die Übertragung im BreitbandRückkanal zugeschaltet wird, wird durch ein Netzwerkmanagement ausgelöst
  188. (Merkmal 4.3). Unter einem Netzwerkmanagement versteht der Fachmann, bei
  189. dem es sich nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Patentgerichts
  190. um einen Diplom-Ingenieur der Fachrichtung Nachrichtentechnik handelt, der
  191. über mehrjährige Erfahrung auf dem Gebiet der Übertragung von Daten in Telekommunikationsnetzen verfügt, jedwedes Kontroll- oder Steuersystem, das
  192. Elemente eines Netzwerks überwacht oder steuert. Wer welche Kriterien festlegt, nach denen das Netzwerkmanagement ein entsprechendes Steuersignal
  193. auslöst, lässt Patentanspruch 1 offen.
  194. - 10 -
  195. 17
  196. f) Sofern ein weiteres Steuersignal festgestellt wird, bewirkt dies nach
  197. Merkmal 4.5 ein Zurückwechseln auf eine schmalbandige Übertragung der
  198. Rückkanal-Daten. Die zuvor erfolgte Zuschaltung des breitbandigen Übertragungswegs für die Rückkanal-Daten wird damit rückgängig gemacht: Die breitbandige Übertragung der Rückkanal-Daten entfällt mit der Folge, dass diese
  199. nun wieder allein auf dem schmalbandigen Weg übertragen werden.
  200. 18
  201. g) Sowohl das Zuschalten des breitbandigen Übertragungswegs (Merkmal 4.4) als auch die Rückgängigmachung dieser Zuschaltung (Merkmal 4.5)
  202. erfolgen während der bestehenden L7-Verbindung. Dies ist im Patentanspruch
  203. zwar nur für das Zuschalten ausdrücklich gesagt, gilt aber, wie das Patentgericht zutreffend angenommen hat, auch für das Zurückwechseln. Wie die Beschreibung hierzu erläutert (Absatz 18), ist es dadurch möglich, innerhalb einer
  204. bestehenden L7-Verbindung dynamisch zwischen einer nur schmalbandigen
  205. Übertragung und einer kombinierten schmal- und breitbandigen Übertragung zu
  206. wechseln. Zu einer Unterbrechung der Verbindung auf der Anwendungsebene
  207. kommt es dabei nicht. Eine solche Änderung der Übertragungsart kommt insbesondere dann in Betracht, wenn im Rückkanal große Datenmengen übertragen werden sollen (Absatz 19). Gegenstand des Verfahrens nach Patentanspruch 1 ist danach nur eine unter bestimmten Voraussetzungen erfolgende
  208. Änderung des Übertragungswegs innerhalb einer bestimmten, zuvor hergestellten L7-Verbindung, dagegen befasst es sich nicht mit der Übertragungsart in
  209. möglicherweise parallel bestehenden L7-Verbindungen.
  210. 19
  211. h) Patentanspruch 1 sieht ferner eine bestimmte Reihenfolge der Verfahrensschritte vor. Nach dem Aufbau der L7-Verbindung werden die Daten im
  212. Rückkanal zunächst nur schmalbandig übertragen. Entweder bleibt es dabei
  213. oder es findet bei Vorliegen eines entsprechenden Steuersignals ein Zuschalten
  214. eines breitbandigen Übertragungswegs statt mit der Folge, dass die Übertragung der Daten im Rückkanal sowohl schmalbandig als auch breitbandig er-
  215. - 11 -
  216. folgt. Dieser Zustand kann beibehalten werden oder die Zuschaltung kann,
  217. wenn ein entsprechendes weiteres Steuersignal festgestellt wird, wieder aufgehoben werden.
  218. 20
  219. i) Eine zentrale Rolle in dem beanspruchten Verfahren kommt dem
  220. Switch zu. Die L7-Verbindung wird stets unter Zwischenschaltung des Switches
  221. hergestellt. Auch die Übertragung der Daten im Hinkanal wie im Rückkanal erfolgt stets über den Switch. Dies gilt sowohl für die schmalbandige als auch für
  222. die breitbandige Übertragung (Merkmal 3, 4.2a und b, 4.4a und b). Zudem ist
  223. allein der Switch die Stelle, bei der die wiederholte Prüfung auf das Vorliegen
  224. von Steuersignalen des Netzwerkmanagements stattfindet. Für die Prüfung des
  225. Steuersignals, das ein Zuschalten der breitbandigen Übertragung auslöst, ist
  226. dies in Merkmal 4.3 ausdrücklich gesagt. Der Switch prüft aber auch, ob ein
  227. Steuersignal für das Zurückwechseln nach Merkmal 4.5 vorliegt.
  228. 21
  229. II. Das Patentgericht ist zu dem Ergebnis gelangt, der Gegenstand des
  230. Streitpatents beruhe nicht auf erfinderischer Tätigkeit und hat dies im Wesentlichen wie folgt begründet:
  231. 22
  232. Das Verfahren nach Patentanspruch 1 habe sich für den Fachmann in
  233. naheliegender Weise aus dem US-Patent 5 852 721 (K8) und dem Beitrag "Performance Modeling for Packet Networks with Satellite Overflow Channels" von
  234. Yuill und Pickholtz, IEEE Transactions on Communications, Vol. Com-29, No. 6,
  235. S. 808 ff. (K9) ergeben.
  236. 23
  237. K8 beschreibe ein Verfahren zur Übertragung von Rückkanal-Daten im
  238. Rahmen des Datenaustauschs zwischen Anwendungen. Die Übertragung der
  239. Rückkanal-Daten erfolge somit im Rahmen einer L7-Verbindung zwischen einem Endgerät und einem Server eines Paketvermittlungsnetzes. Im zweiten
  240. Ausführungsbeispiel sei ein Verfahren beschrieben, bei dem zumindest auf einer Teilstrecke des Rückkanals die Daten wahlweise schmalbandig oder breit-
  241. - 12 -
  242. bandig übertragen würden. Das Verfahren könne so ausgebildet sein, dass von
  243. der Übertragung der Daten über den breitbandigen Satellitenkanal auf eine
  244. schmalbandige terrestrische Übertragung umgeschaltet werde. Auf diesem
  245. Weg würden die Daten vom Server zum Switch und weiter über das Paketvermittlungsnetz und den Einwählknoten an das Endgerät übertragen.
  246. 24
  247. K8 sehe vor, dass die breitbandige und die schmalbandige Verbindung
  248. einander als Ausweichmöglichkeiten dienten, beschreibe aber auch, dass der
  249. Switch bei Überlastung des breitbandigen Kanals den schmalbandigen Kanal
  250. zuschalte. Der Fachmann verstehe dies als ein Zuschalten während einer bestehenden L7-Verbindung, zumal es fachmännischem Bestreben entspreche,
  251. eine bestehende Verbindung nach Möglichkeit nicht zu unterbrechen. Für den
  252. Fachmann ergebe sich daraus die Notwendigkeit, dass beim Switch wiederholt
  253. geprüft werde, ob der schmalbandige Rückkanal überlastet sei und ein Steuersignal einen Übergang zur Rückkanal-Datenübertragung via BreitbandRückkanal auslöse, da es unfachmännisch wäre, zwar ein Zuschalten des
  254. schmalbandigen Kanals bei Überlastung des breitbandigen Kanals vorzusehen,
  255. im umgekehrten Fall der Überlastung des schmalbandigen Kanals dagegen ein
  256. Zuschalten des breitbandigen Kanals zu unterlassen. Ein entsprechendes
  257. Steuersignal werde aus Sicht des Fachmanns ersichtlich durch ein Netzwerkmanagement ausgelöst, da nur dieses den Überblick über die Zustände und
  258. Belastungen der Kanäle habe. Erfolge eine Zuschaltung des breitbandigen Kanals, durchliefen die Daten den in Merkmalsgruppe 4.4 beschriebenen Weg.
  259. Für den Fachmann ergebe sich bei einem solchen Verfahren weiter die Notwendigkeit, ein Zurückwechseln auf die schmalbandige Übertragung für den
  260. Fall vorzusehen, dass die Überlast im breitbandigen Übertragungsweg wegfalle.
  261. 25
  262. K8 sehe für die Satelliten-Übertragung der Rückkanal-Daten vor, dass
  263. die Verbindung zwischen Endgerät und Server stets unter Zwischenschaltung
  264. des Switches hergestellt werde.
  265. - 13 -
  266. 26
  267. Nicht vorbekannt sei danach lediglich, dass die Daten bei einer terrestrischen Übertragung zwingend den Switch passierten und dass allein dieser prüfe, ob ein durch ein Netzwerkmanagement ausgelöstes Steuersignal zum Übergang auf eine breitbandige Rückkanal-Datenübertragung vorliege.
  268. 27
  269. In der Praxis habe sich hiervon ausgehend dem Fachmann die Aufgabe
  270. gestellt, das in der K8 gelehrte Verfahren hinsichtlich der zeitlichen Abläufe und
  271. der bei der Datenübertragung entstehenden Kosten zu optimieren. Insoweit habe er bereits der K8 die Anregung entnommen, mit der Übertragung der Rückkanal-Daten im kostengünstigeren schmalbandigen Kanal zu beginnen statt im
  272. teureren breitbandigen Satellitenkanal. Eine Anregung hierzu ergebe sich auch
  273. aus K9. Diese Druckschrift betreffe dasselbe technische Gebiet der "hybriden
  274. Netzwerke" wie das Streitpatent. Die Auffassung der Beklagten, K9 befasse
  275. sich nur mit Datenpaketen, nicht aber mit einer L7-Verbindung, treffe nicht zu.
  276. Der Fachmann entnehme K9, dass Satellitenkanäle zwar breitbandig, aber mit
  277. hohen Verzögerungszeiten behaftet seien, während terrestrische Kanäle zwar
  278. schmalbandig arbeiteten, jedoch wesentlich kürzere Verzögerungszeiten aufweisen könnten. Er entnehme K9 ferner unmittelbar und eindeutig, dass man
  279. nicht nur einen breitbandigen Kanal als primären Kanal und einen schmalbandigen Kanal als sekundären Überlaufkanal nutzen, sondern auch das umgekehrte Szenario wählen könne. Dies veranlasse den Fachmann, solches auch
  280. für eine Anordnung nach K8 in Betracht zu ziehen, zumal dieses Dokument bereits vorsehe, dass die beiden Kanäle einander als Ausweichmöglichkeiten dienen könnten. Zur Steigerung der Effizienz und zur Reduktion der Kosten werde
  281. der Fachmann daher den Verkehr zum und vom Server generell über den gemäß der Lehre der K8 bereits mit Intelligenz ausgestatteten Switch lenken, diesen mit der Funktionalität des in K9 beschriebenen Queuing-Switches ausstatten und ihm die Prüfung zuweisen, ob ein durch ein Netzwerkmanagement
  282. ausgelöstes Steuersignal zum Übergang auf eine Breitband-Übertragung vorliege.
  283. - 14 -
  284. 28
  285. III. Diese Beurteilung hält der Überprüfung im Berufungsverfahren nicht
  286. stand.
  287. 29
  288. 1. Das Patentgericht hat, wie die Berufung zu Recht rügt, den Offenbarungsgehalt der K8 nicht zutreffend bestimmt. In K8 fehlt es nicht nur an einer
  289. Vorwegnahme der Merkmale 3 und 4.3, vielmehr sind auch die Merkmale 4.2a
  290. und b sowie Merkmal 4.5 nicht offenbart.
  291. 30
  292. a) K8 beschreibt Verfahren und Vorrichtungen zum selektiven Abrufen
  293. von Informationen aus einem Server über eine terrestrische oder eine Satelliten-Schnittstelle. Eingangs der Beschreibung der K8 wird zum Hintergrund der
  294. Erfindung ausgeführt, dass der Zugang zum Internet regelmäßig auf einem
  295. schmalbandigen Weg (insbesondere über eine terrestrische Verbindung) erfolgt, wobei etwa SLIP (Serial Line IP) oder ISDN genutzt wird. Der typische
  296. Nutzer sende viel weniger Daten in das Internet als er herunterlade. Häufig wolle er größere Datenmengen aus dem Internet abrufen, weswegen es wünschenswert sei, in eine Richtung - für das Herunterladen von Informationen eine schnelle Verbindung, insbesondere eine Satelliten-Verbindung, bereitzustellen. K8 befasst sich insbesondere mit der Möglichkeit der Nutzung einer
  297. schnellen Satelliten-Verbindung zum Herunterladen von Daten, während die
  298. herkömmliche langsame Verbindung zur Übermittlung von Daten in das Netzwerk genutzt wird.
  299. 31
  300. Ein erstes Ausführungsbeispiel befasst sich damit, dass das Herunterladen - also die Übertragung von Daten im Rückkanal - stets über die schnelle
  301. Verbindung (via Satellit) erfolgt. Ein zweites Ausführungsbeispiel beschreibt die
  302. Möglichkeit des Nutzers, für bestimmte Anwendungen das Herunterladen über
  303. die terrestrische Verbindung statt über die Satelliten-Verbindung zu wählen
  304. (Sp. 1, Z. 57 bis 65, Sp. 13, Z. 23 ff.).
  305. - 15 -
  306. 32
  307. Hierfür soll ein System zum Abruf von Daten von einem Quell-Computer,
  308. der mit einem Netzwerk verbunden ist, sowohl eine langsame als auch eine
  309. schnelle Verbindung umfassen, die das anfragende Endgerät mit dem Netzwerk
  310. verbinden, sowie Mittel, mit denen bestimmt werden kann, ob entweder der
  311. schnelle oder der langsame Weg für das Herunterladen der Daten vom QuellComputer zu dem anfragenden Endgerät gewählt wird (Sp. 1, Z. 66 bis Sp. 2,
  312. Z. 6). Das Endgerät erstellt dazu ein Daten-Anfrage-Paket, das über die terrestrische Verbindung zum Quell-Computer geschickt wird. Die Mittel zum Auswählen der Verbindung umfassen einen Treiber im Endgerät, der das DatenAnfrage-Paket modifiziert um festzulegen, ob die angeforderten Daten entweder
  313. über die schnelle oder über die langsame Verbindung heruntergeladen werden
  314. (Sp. 2, Z. 16 bis 20). Das Endgerät umfasst sowohl eine Schnittstelle für den
  315. Empfang von Daten über die terrestrische Verbindung als auch eine Schnittstelle für den Empfang von Daten über die Satelliten-Verbindung. Nachstehend ist
  316. die Figur 1 der K8 wiedergegeben:
  317. - 16 -
  318. 33
  319. In der Beschreibung des ersten Ausführungsbeispiels wird erläutert, dass
  320. alle angefragten Daten über die schnelle Satelliten-Verbindung heruntergeladen
  321. werden (Sp. 3, Z. 43 bis Sp. 13 Z. 21). K8 führt hierzu aus, durch welche technische Maßnahmen es erreicht werden kann, dass das Daten-Anfrage-Paket
  322. vom Endgerät (110) über die terrestrische Verbindung zum Quell-Computer
  323. (140) gesendet wird, die von dort übermittelten Datenpakete dagegen über die
  324. Satelliten-Verbindung (160, 170, 175, 180) zum Endgerät gesendet werden.
  325. - 17 -
  326. 34
  327. Nach einem zweiten Ausführungsbeispiel (Sp. 13, Z. 23 bis Sp. 17,
  328. Z. 67) soll es möglich sein, die heruntergeladenen Informationen wahlweise
  329. über eine schnelle oder eine langsame Verbindung zu empfangen. Ein Bedarf
  330. hierfür könne - so die K8 - aus verschiedenen Gründen entstehen. Er könne
  331. sich beispielsweise bei Anwendungen ergeben, bei denen die Laufzeit der Daten wichtig sei, weshalb der Weg über die terrestrische Verbindung bevorzugt
  332. werde, die eine kürzere Laufzeit als die Satelliten-Verbindung aufweise, oder
  333. daraus, dass die Nutzung der Satelliten-Verbindung teuer sei, so dass der Nutzer hierauf aus Kostengründen für Anwendungen verzichte, bei denen die
  334. schmalbandige Verbindung ausreiche. Um solchen Bedürfnissen Rechnung zu
  335. tragen, solle der Nutzer die Möglichkeit haben, die Satelliten-Verbindung wahlweise zu umgehen und die terrestrische Verbindung zu nutzen, um Informationen aus dem Internet zu erlangen (Sp. 13, Z. 36 bis Sp. 14 Z. 2).
  336. 35
  337. K8 erläutert dies näher dahin, dass das Endgerät beispielsweise eine
  338. graphische Benutzer-Schnittstelle aufweisen kann, die dem Nutzer erlaubt, eine
  339. Liste von Anwendungen zu erstellen, für die die terrestrische Verbindung genutzt wird. Vorzugsweise werde dem Nutzer ermöglicht, während laufender
  340. Nutzung ("on the fly") festzulegen, dass alle Anwendungen oder aber eine bestimmte Anwendung über den terrestrischen Weg laufen soll(en) (Sp. 14, Z. 35
  341. bis 45). Ferner könne vorgesehen werden, dass das Endgerät automatisch die
  342. terrestrische Verbindung wähle, wenn die Satelliten-Verbindung nicht richtig
  343. funktioniere (Sp. 14, Z. 46 bis 53 und Sp. 17, Z. 57 bis 59). In ähnlicher Weise
  344. könne der Hybrid-Gateway feststellen, dass die Satelliten-Verbindung überlastet sei und daraufhin einen Teil der Daten über die terrestrische Verbindung
  345. leiten, um die Überlastung zu verringern. Dazu könnten ausgewählte Datenpakete, die der Hybrid-Gateway empfange, modifiziert und in das Internet zurückgeschickt werden, um sie über die terrestrische Verbindung umzuleiten (Sp. 14,
  346. Z. 53 bis 59 und Sp. 17, Z. 5 bis 49). Satelliten-Verbindung und terrestrische
  347. Verbindung könnten schließlich zur Problembehebung im System dienen. So
  348. - 18 -
  349. könne die Satelliten-Verbindung als Ausweichmöglichkeit genutzt werden, wenn
  350. die terrestrische Verbindung ausfalle und umgekehrt (Sp. 14 Z. 60 bis 64).
  351. 36
  352. K8 beschreibt sodann näher die Wege, die die Daten nehmen, wenn die
  353. Möglichkeit besteht, zwischen der terrestrischen und der Satelliten-Verbindung
  354. zu wählen und nimmt hierbei Bezug auf die nachstehend abgebildete Figur 15:
  355. 37
  356. Sollen die Daten über die Satelliten-Verbindung heruntergeladen werden,
  357. nimmt das Daten-Anfrage-Paket den Weg A, die angeforderten Daten nehmen
  358. den Weg B (Sp. 15, Z. 13 bis 31). Sollen die Daten dagegen über die terrestrische Verbindung heruntergeladen werden, nimmt das Daten-Anfrage-Paket den
  359. Weg C, die angeforderten Daten nehmen den Weg D (Sp. 15, Z. 32 ff.).
  360. 38
  361. b) K8 geht insofern von einer anderen Situation aus als das Streitpatent,
  362. als die Übermittlung von Daten im Rückkanal über eine breitbandige Verbindung der Regelfall ist. Dabei soll dem Nutzer, wie im zweiten Ausführungsbeispiel beschrieben, die Möglichkeit eröffnet werden, für einzelne Anwendungen
  363. - 19 -
  364. oder Gruppen von Anwendungen ausnahmsweise eine schmalbandige Übertragung auch im Rückkanal zu wählen. Die Übertragung von Daten im Rückkanal in einer bestimmten Anwendung soll danach grundsätzlich entweder breitbandig oder aber schmalbandig erfolgen. Dabei soll es möglich sein, den Übertragungsweg entweder im Vorhinein zu wählen oder während einer laufenden
  365. Anwendung ("on the fly") zu wechseln. K8 beschreibt ferner verschiedene Situationen, in denen ein solcher Wechsel nicht vom Nutzer veranlasst wird, sondern automatisch erfolgt, etwa bei einem Versagen eines Verbindungswegs.
  366. 39
  367. aa) K8 mag zu entnehmen sein, dass es möglich sein soll, Daten einer
  368. bestimmten Anwendung zunächst nur im breitbandigen Übertragungsweg zu
  369. übermitteln und sodann - bei bestehender L7-Verbindung - eine schmalbandige
  370. Übertragung zuzuschalten.
  371. 40
  372. In der von der Klägerin hierfür herangezogenen Passage der Beschreibung (K8, Sp. 14, Z. 53 bis 59) heißt es, dass der Hybrid-Gateway, der dem
  373. Switch im Streitpatent entspricht, im Fall einer Überlastung der breitbandigen
  374. Verbindung zu deren Entlastung einen Teil der Daten ("a portion of the data")
  375. über die terrestrische Verbindung lenken könne. Hierzu sollen ausgewählte Datenpakete, die der Hybrid-Gateway empfängt, geändert und in das Internet zurückgeschickt werden, damit sie über die terrestrische Verbindung geleitet werden. Dies lässt auch ein Verständnis zu, wonach die Gesamtheit der innerhalb
  376. der betroffenen Anwendung zu übertragenden Datenpakete aufgeteilt wird in
  377. einen Teil, der über die Satelliten-Verbindung, und einen anderen Teil, der über
  378. die terrestrische Verbindung geleitet wird. Damit offenbart K8 ein Zuschalten
  379. einer Übertragung im schmalbandigen Kanal während der bestehenden L7Verbindung.
  380. 41
  381. bb) Dagegen ist der Übergang von einer nur schmalbandigen Übertragung zu einer Kombination von schmalbandiger und breitbandiger Übertragung,
  382. also die Zuschaltung einer breitbandigen Übertragung, in K8 nicht vorwegge-
  383. - 20 -
  384. nommen. K8 offenbart damit nicht, dass während einer bestehenden L7Verbindung und damit innerhalb einer bestimmten Anwendung eine breitbandige Übertragung zugeschaltet wird.
  385. 42
  386. cc) Nicht offenbart ist ferner Merkmal 4.5. K8 verhält sich nicht dazu, ob
  387. und unter welchen Voraussetzungen das Herunterladen von Daten über die
  388. schmalbandige Verbindung wegfällt, die Zuschaltung also wieder aufgehoben
  389. wird und die angeforderten Daten nur noch über die breitbandige Verbindung
  390. übermittelt werden. Ebenso wenig enthält K8 Ausführungen zu einem Zurückwechseln auf eine nur schmalbandige Übertragung.
  391. 43
  392. dd) Auch an einer Vorwegnahme der Merkmale 3, 4.2a und 4.2b fehlt es.
  393. Die Übertragung von Daten in der L7-Verbindung zwischen dem Endgerät und
  394. dem Server (dem Quell-Computer) erfolgt nach K8 nicht stets unter Zwischenschaltung des Switches. Der Hybrid-Gateway ist vielmehr nicht involviert, wenn
  395. von vornherein der terrestrische Übertragungsweg gewählt wird. Für diesen Fall
  396. erfolgt die Datenübertragung im Rückkanal über den aus Figur 15 ersichtlichen
  397. Weg D und im Hinkanal über den Weg C. Beide schließen den Hybrid-Gateway
  398. nicht ein.
  399. 44
  400. 2. Die Beurteilung des Patentgerichts, der Gegenstand von Patentanspruch 1 sei dem Fachmann im Prioritätszeitpunkt durch den Stand der Technik
  401. nahegelegt gewesen, erweist sich danach ebenfalls als unzutreffend.
  402. 45
  403. a) Die in K8 enthaltenen Ausführungen haben den Gegenstand von Patentanspruch 1 nicht nahegelegt.
  404. 46
  405. K8 sieht vor, dass die Übertragung von Rückkanal-Daten grundsätzlich
  406. breitbandig erfolgt. Die Entgegenhaltung beschreibt zudem die Möglichkeit, für
  407. die Übertragung der Daten ausnahmsweise den terrestrischen Kanal zu wählen
  408. und erläutert, dass dies etwa im Hinblick auf die mit der durch die bei der Übertragung per Satellit verbundene Laufzeitverzögerung in Betracht kommen kann,
  409. - 21 -
  410. wenn es für eine Anwendung besonders auf eine kurze Laufzeit ankommt
  411. (Sp. 13, Z. 38 bis 46). Schließlich spricht die K8 neben der Möglichkeit, bei
  412. Problemen in einer Verbindungsart auf die andere zu wechseln, auch die Möglichkeit an, zur Behebung solcher Probleme auf dem breitbandigen Übertragungsweg eine schmalbandige Übertragung zuzuschalten (Sp. 14, Z. 53 bis
  413. 59).
  414. 47
  415. Hieraus ergab sich jedoch für den Fachmann keine Anregung zur Entwicklung eines Verfahrens, das dem Nutzer die Möglichkeit bietet, flexibel, nach
  416. seinen jeweiligen Prioritäten, zwischen den verschiedenen Übertragungswegen
  417. zu wechseln oder diese zu kombinieren und solche Maßnahmen auch wieder
  418. rückgängig zu machen. Eine andere Beurteilung ist auch nicht im Hinblick auf
  419. das Interesse des Fachmanns daran geboten, dass das Verfahren auch eine
  420. minimale Laufzeitverzögerung ermöglichen solle. Wie bereits ausgeführt spricht
  421. K8 diesen Gesichtspunkt an, schlägt hierzu aber lediglich vor, ausnahmsweise
  422. eine terrestrische Übertragung der Rückkanal-Daten zu wählen.
  423. 48
  424. Der Auffassung des Patentgerichts steht zudem entgegen, dass ein Verfahren nach dem Gegenstand von Patentanspruch 1 eine Ausgestaltung des
  425. schmalbandigen Übertragungswegs erfordert, bei der die Stelle einbezogen ist,
  426. die die entsprechenden Signale auswertet. Nach der in K8 beschriebenen Vorgehensweise ist jedoch der Hybrid-Gateway als Stelle, die eine Änderung der
  427. Übertragungsart steuern kann, nur in den Satellitenübertragungsweg eingeschaltet. Eine Anregung, auch für den Fall, in dem sich der Nutzer für eine
  428. Übertragung der Rückkanal-Daten auf dem terrestrischen Weg entscheidet, den
  429. Hybrid-Gateway in den Übertragungsweg einzubeziehen, gibt K8 nicht. Soweit
  430. die Klägerin die Ansicht vertritt, dies ergebe sich aus fachlicher Sicht aus der
  431. Lektüre der K8 zwangsläufig, steht dem entgegen, dass sowohl nach der Beschreibung als auch nach Figur 15 der K8 die auf terrestrischem Weg übertragenen Rückkanal-Daten gerade nicht über den Hybrid-Gateway laufen.
  432. - 22 -
  433. 49
  434. b) Eine Anregung zu einer Entwicklung in diese Richtung erhält der
  435. Fachmann auch nicht aus K9.
  436. 50
  437. aa) Dieser Aufsatz befasst sich mit der Frage, wie ein möglichst effektiver Verkehr der Datenpakete in einem Paketvermittlungsnetz erreicht werden
  438. kann. Hierzu wird eingangs geschildert, dass Verzögerungen im Paketvermittlungsnetz insbesondere durch begrenzte Kanalkapazitäten und durch Laufzeitverzögerungen bewirkt werden. Terrestrische Kanäle wiesen eine geringe Laufzeitverzögerung, aber begrenzte Kapazitäten auf. Dagegen seien Satellitenkanäle von höherer Kapazität, doch ergäben sich daraus, dass sie sich im geostationären Orbit befinden, erhebliche Laufzeitverzögerungen. Die Autoren führen
  439. hierzu aus, es sei bevorzugt, Pakete grundsätzlich über einen terrestrischen
  440. Kanal zu senden, solange dieser ausreichende Kapazitäten bereitstelle. Bei
  441. erhöhtem Datenverkehr könne es aber sinnvoll sein, einen Satellitenkanal als
  442. Überlaufkanal einzusetzen, um die Leistungsfähigkeit des gesamten Netzwerks
  443. zu erhöhen. Bei Überschreiten eines bestimmten Schwellwerts würden die ansonsten im terrestrischen Netzwerk übertragenen Pakete sowohl im Satellitenkanal als auch im terrestrischen Kanal befördert (S. 808, r. Sp. oben). In dem
  444. Aufsatz wird sodann ein mathematisch-statistisches Modell vorgestellt, mit dem
  445. besser erfasst werde, unter welchen Randbedingungen die Leistungsfähigkeit
  446. des Netzwerks durch Einschalten eines Satelliten-Überlaufkanals erhöht werde,
  447. wobei auch der Fall einbezogen ist, dass ein Satellitenkanal als Überlauf für
  448. mehrere terrestrische Kanäle dient. Mit diesem Modell soll es möglich sein, die
  449. Beziehung zwischen dem Durchsatz von Datenpaketen und der Verzögerungszeit bei zeitweiliger Überlastung der terrestrischen Kanäle besser zu bestimmen.
  450. 51
  451. bb) K9 enthält zwar den Hinweis, dass ein Paketnetzwerk so ausgestaltet
  452. werden könne, dass entweder der Satellitenkanal als primärer Kanal und ein
  453. terrestrischer Kanal als Überlaufkanal vorgesehen werden könne oder aber
  454. - 23 -
  455. umgekehrt zu verfahren sei. Der Aufsatz erörtert jedoch ganz allgemein, wie die
  456. Leistungsfähigkeit eines Paketvermittlungsnetzes erhöht werden könne. Er befasst sich nicht mit einer Ebene-7-Verbindung und auch nicht speziell mit der
  457. Übertragung von Daten im Rückkanal, sondern mit Vorgängen in der Ebene 4
  458. des OSI-Modells. Anhaltspunkte dafür, dass der Fachmann die K9 dahin versteht, dass sie von der Datenübertragung innerhalb einer bestimmten L7Verbindung als einfachstem Fall ausgehe, hat die Berufungserwiderung nicht
  459. aufgezeigt. Aus K9 erhielt der Fachmann mithin keine Anregung, ein Verfahren
  460. vorzuschlagen, das innerhalb einer bestimmten Verbindung die Zuschaltung
  461. eines breitbandigen Übertragungswegs für Rückkanal-Daten ermöglicht.
  462. Schließlich zeigt K9 weder einen Switch noch befasst sich der Aufsatz mit der
  463. Ausgestaltung der verschiedenen Übertragungswege, insbesondere damit,
  464. dass die Datenübertragung in beide Richtungen auf beiden Wegen stets unter
  465. Einschaltung des Switches vonstattengeht.
  466. 52
  467. c) Der abweichenden Beurteilung der Technischen Beschwerdekammer
  468. des Europäischen Patentamts vom 3. November 2009, die das parallele europäische Patent 998 093 widerrufen hat (Anlage K4), vermag der Senat nicht
  469. beizutreten.
  470. 53
  471. aa) Die Technische Beschwerdekammer hat den Gegenstand von Patentanspruch 1 des europäischen Patents auch in der dort als Hilfsantrag 1 verteidigten Fassung, die mit dem Gegenstand von Patentanspruch 1 des Streitpatents nahezu identisch ist, als nicht patentfähig angesehen. Sie hat angenommen, ausgehend von K8 - dort D23 - als nächstliegendem Stand der Technik
  472. stelle sich dem Fachmann die objektive Aufgabe einer dynamischen Festlegung
  473. der Bandbreite einer Anwendungsverbindung. Zwar lasse K8 nicht eindeutig
  474. erkennen, ob generell von einem Umschalten zwischen einer Übertragung über
  475. Satellit oder einer terrestrischen Übertragung oder auch von einem Zuschalten
  476. ausgegangen werden könne. Jedoch werde der Durchschnittsfachmann auf-
  477. - 24 -
  478. grund seines allgemeinen Fachwissens vor dem Hintergrund eines Routens von
  479. ausgewählten Datenpaketen für die Übertragung solcher Pakete über den
  480. schmalbandigen Kanal nicht extra den breitbandigen Kanal abschalten, sondern
  481. eine Nutzung beider Kanäle in Betracht ziehen, weil ein Abbau und Aufbau der
  482. Breitbandkanal-Verbindung viel zu aufwändig und uneffektiv wäre. Damit habe
  483. für den Fachmann ein Zuschalten eines zusätzlichen Übertragungskanals nahegelegen. Hiervon ausgehend stelle sich dem Fachmann die weitere unabhängige objektive Teilaufgabe, die Zeitverzögerung der Datenübertragung zu
  484. minimieren, was es nahelege, die Möglichkeit vorzusehen, bei einer zunächst
  485. schmalbandigen Übertragung von Rückkanal-Daten eine Übertragung im Breitbandkanal zuzuschalten.
  486. 54
  487. bb) Diese Einschätzung vermag der Senat nicht zu teilen. Ihr liegt die
  488. Annahme der Technischen Beschwerdekammer zugrunde, dem Fachmann
  489. stelle sich ausgehend von K8 die Aufgabe einer dynamischen Festlegung der
  490. Bandbreite einer Anwendungsverbindung. Diese Annahme steht nicht in Einklang mit der Rechtsprechung des Senats, nach welcher die Definition des
  491. technischen Problems nicht dazu dient, eine Vorentscheidung über die Frage
  492. der Patentfähigkeit zu treffen. Danach ist es weder zulässig, Elemente, die zur
  493. patentgemäßen Lösung gehören, bei der Formulierung der Aufgabe zu berücksichtigen, noch darf ohne weiteres unterstellt werden, dass dem Fachmann die
  494. Befassung mit einer bestimmten Aufgabenstellung nahegelegt war (BGH, Urteil
  495. vom 13. Januar 2015 - X ZR 41/13, GRUR 2015, 352 Rn. 15 ff. mwN - Quetiapin). Die Frage, welche Anregung sich für den Fachmann aus dem Stand der
  496. Technik ergibt, ist vielmehr erst bei der Prüfung der Patentfähigkeit zu stellen.
  497. Wie bereits ausgeführt ergibt sich aus K8 keine Anregung zu einer Weiterentwicklung des dort beschriebenen Verfahrens zum Gegenstand von Patentanspruch 1. Von einer dynamischen Festlegung der Bandbreite ist dort keine Rede, vielmehr ist die Übermittlung von Daten auf einem anderen Rückkanal dort
  498. - 25 -
  499. nur für bestimmte Ausnahmefälle, insbesondere für den Fall vorgesehen, dass
  500. in dem eigentlich bestimmten Rückkanal Schwierigkeiten auftreten.
  501. 55
  502. cc) Der Senat teilt weiterhin nicht die Auffassung der Technischen Beschwerdekammer, K8 nehme auch Merkmal 3 vorweg. K8 offenbart nicht, dass
  503. die Herstellung der L7-Verbindung zwischen dem Endgerät und dem Server
  504. stets unter Zwischenschaltung eines Switches erfolgt. Sowohl aus Figur 15 als
  505. auch in der zugehörigen Beschreibung ergibt sich, dass die Rückkanal-Daten
  506. im terrestrischen Kanal über den Weg "D" laufen, der gerade nicht den HybridGateway einbezieht. Dem steht nicht entgegen, dass der Hybrid-Gateway in
  507. bestimmten Situationen veranlassen kann, dass Daten nicht über den breitbandigen, sondern über den terrestrischen Rückkanal geleitet werden (Sp. 17,
  508. Z. 5 ff.).
  509. 56
  510. dd) Die Entscheidung der Technischen Beschwerdekammer enthält
  511. schließlich keine Ausführungen dazu, inwiefern Merkmal 4.5 durch K8 vorweggenommen oder nahegelegt worden ist.
  512. - 26 -
  513. 57
  514. IV. Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 121 Abs. 2 PatG und
  515. § 91 Abs. 1 ZPO.
  516. Meier-Beck
  517. Gröning
  518. Deichfuß
  519. Grabinski
  520. Kober-Dehm
  521. Vorinstanz:
  522. Bundespatentgericht, Entscheidung vom 15.05.2013 - 5 Ni 81/11 -